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Wenn jemand ein simples, halt eine Stimmung transportierendes Stück schreibt, dann hat er vielleicht eine gute Intuition gehabt, aber dabei kann er auch ein miserabler Komponist sein. Wenn ein analytischer orientierter Mensch sagt, dass ein Komponist gut ist, sagt er mehr als jemand, dem es rein ums Gefühl geht, der damit nur ausdrücken würde, dass ihm dessen Sachen eben gefallen.
hallo,
ich zitiere nur einen kleinen Teil, weil ich meine, dass Du etwas sehr wichtiges ansprichst: das simple, aber immerhin eine Stimmung transportierende Stück.
Ich möchte hierzu ein wenig Skepsis ins Spiel bringen (aber mißverstehe mich bitte nicht, das ist keine Kritik an Deinen Überlegungen - ich versuche nur, von diesen aus weitere Überlegungen anzuhängen!)
Kann es sein, dass eine wie aus plumpen, lediglich dreifarbigen Baukastenelementen zusammengestückelte Musik ganz von allein eine Stimmung, und noch dazu für alle verständlich, herstellt? Oder kann es nicht auch sein, dass eher ein außermusikalischer Konsens (ach die schönen traurigen Bilder, ja genau diese Musik dazu - das kann und muss ich so und nicht anders auffassen) diese "Stimmung" produziert?
Hasenbein hat sehr treffend bemerkt, dass viele - speziell populäre und massenhaft konsumierte wie produzierte - Musik sich eher an "Lebensgefühl" richtet bzw. es den modischen Konsens gibt, diese oder jene Musik vermittele dieses oder jenes Lebensgefühl (nur wer xy hört ist cool etc). Damit kommt doch auch ein gewisser merkantiler Aspekt ins Spiel: hier werden Bedürfnisse geweckt, um an deren Deckung ordentlich zu verdienen.
In der Tat ist die im weitesten Sinne "populäre Musik" oder "Unterhaltungsmusik jeglicher Sorte" eben auch eine florierende und gewaltige Umsätze erwirtschaftende Industrie. Hierbei wirkt diese nicht selten durchaus scharlatanisch: der Etikettenschwindel a la "das ist Musik" und damit "das ist auch Kunst" weil es "Alltagskultur ist" verkauft ja mit diesem von außen via Mode hergestellten Lebensgefühl zugleich auch einen vermeintlichen Qualitätsanspruch. --- ja ja, das wirkt herb und provoziert Widerspruch - aber: spricht nicht als Indiz in diese Richtung, dass weniger z.B. stimmliche oder musikalisch formale Elemente sich der großen Beliebtheit erfreuen, sondern stattdessen ein überzogener Personenkult betrieben wird? Der Status des "Stars" ist wichtiger als das, was er/sie tut - ja es ist sogar wichtiger, wie er/sie sich kleidet als wie er/sie z.B. singen kann... :D
Problematisch wird das allerdings erst dort, wo sich innerhalb des formal erstarrten und einfallslosen Genres dennoch musikalische und sprachliche Qualität integrieren will - auch hier hat Hasenbein recht: es gibt gute Popmusiker und gute Kompositionen in diesem Genre! Aber auch diese helfen nicht darüber hinweg, dass das meiste mehr oder weniger industrielle Fließbandprodukte sind.
Möchte man ein bestimmtes, im eigenen Leben vielleicht sogar relevantes Lebensgefühl partout an ein Fließbandprodukt anhängen?... es wird doch allüberall Qualität aufs Panier geschrieben: Kochsendungen z.B. bewirken, dass fast keine Mutti mehr ohne Herrn Lafers Balsamico-Sprühfläschchen auskommt ;) ... die Imitation von "Qualität" ist beliebt, weil natürlich jeder Qualität haben will...
Was die "Comptine" betrifft, so ist ihre Konstruktion wie auch ihr Material schlichtweg trivial - mit Satie hat das gar nichts zu tun. Den klanglichen Untergrund bildet eine permanent wiederholte Figur: G-Em-Bm-D in monotoner Bewegung. Die "Melodie" setzt sich einzig aus Verzierungsfloskeln und jeweils akkordeigenen Tönen zusammen, später setzt ein altbekanntes ausgeleiertes 16telband ein (3erGruppen im 4/4-Zakt) - - diese Rezeptur wird dann eine Oktave höher gesetzt. Wenn diese Comptine wenigstens eine eigenständige Melodie hätte - aber leider besteht diese nur aus aneinandergereihten Floskeln...
bitte mir nicht zu zürnen - ich beanspruche nicht, dass ich hier letzte und unverletzliche Wahrheiten predige: ich versuche lediglich, in dieser Diskussion ein wenig mitzudenken.
Gruß, Rolf