Comptine d'un autre été: L'après midi

Wie findet ihr Comptine d'un autre été: L'après midi?

  • Ich find's göttergleich!

    Stimmen: 38 48,1%
  • Ich kann es nichtmehr erhören!

    Stimmen: 41 51,9%

  • Umfrageteilnehmer
    79
Hallo miteinander,

dem aktuellen Umfrageergebnis zur Folge gibt es momentan 32 bekennende Comptine-Fans und 31 bekennende Comptine-Hasser.

Das allein sagt ja noch gar nichts.

Die Profis hier sind sich offensichtlich einig, das es sich bei Comptine um "Nicht-Musik" handelt, dass sie sie auf keinen Fall hören wollen, langweilig finden etc.

Allerdings muss man die Tatsache zur Kenntnis nehmen, dass es eine ganze Menge Menschen gibt, denen Comptine gefällt. Interessant ist es doch zu fragen, warum das so ist:

Einen Erklärungs versuch hat Chiarina bereits unternommen:

Zitat von chiarina:
Der die Comptine schön findende Hörer nun wird nach meiner Theorie (Leute, beschwert euch, wenn ihr euch falsch wiedergegeben fühlt!) durch den Klangraum zu Anfang so gefangengenommen, dass ihm eine Entwicklung der klanglichen Mittel, die auch den Verstand befriedigen würde, herzlich egal ist. Die Priorität des Hörens liegt nur auf dem immer wiederkehrenden Klang. Intensives Zuhören ist nicht erforderlich, also könnte die Comptine dazu dienen, eigenen Gedanken nachzuhängen, die wahrscheinlich viel mit der Stimmung der Comptine zu tun haben.

Mit dieser Vermutung hat Chiarina sicher recht; ich frage mich aber weitergehend, warum gefällt offenbar vielen Menschen, derartige Musik, bei der intensives Zuhören nicht erforderlich ist?

Vermuten könnte man z.B.:
1)Das musikalische Empfinden des Hörers ist relativ wenig entwickelt und undifferenziert - Musik, die intensives Zuhören erfordert, würde dieser Hörer nicht verstehen und genießen könnnen, daher bevorzugt er Stücke wie comptine, die anspruchsvoll erscheinen wollen, aber äußerst leicht zu hören sind;

2) Die Comptine ist eine Filmmusik. Filmmusik im allgemeinen hat immer recht viele Liebhaber, das sie mit bestimmten Filmen, die dem Hörer möglicherweise gut gefallen haben assoziiert wird;

3) Die Tatsache, dass diese Art von "Musik" "ankommt", zeigt, dass Musik von vielen Menschen nicht um ihrer selbst Willen gehört wird, sondern lediglich den passenden akkustischen Hintergrund zu einem bestimmten Ambiente, einer bestimmten Situation und Stimmung bieten soll. Zu diesem Zweck werden ja auch zunehmend klassische Werke instrumentalisiert, indem CDs wie "Arien zum Autofahren", "Bach fürs Büro", "Barock zum Baden", "Klassik zum Kochen" etc. angeboten werden.

Was sind eurer Meinung nach die Gründe?
(Ich meine diese Frage gehört schliesslich auch zum Thema dieses Fadens).

LG

Debbie digitalis
 
Niemand hat hier meines Wissens behauptet, dass Stücke wie die Comptine dasselbe wie die Originale leisten.

hallo Chiarina,

so ganz 100%ig ist das leider nicht, hier war schon mancherlei zu lesen, was stutzig macht: etwa von nichtvorhandenen Septimakkorden, die trotzdem vorhanden sein sollen; und auch von der Präsentation des Maestro Tiersen als neuem Beethoven... :D

die "authentischen Gefühle" sind ein sehr starker und gewichtiger Ausdruck - solche beim feierabendlichen Abspannen und sich unterlassen Lassen von einem Traumschiff? Sich entspannt im Sofa zurücklehnen ist ja nach dem Tagwerk jedem gegönnt! Ob das allerdings in Sachen authentischer Gefühle der Höhepunkt des Tages ist?...

Gefühle, Emotionen, Stimmungen sind ja durchaus unterschiedlich in ihrer Intensität: wenn jemand sagt "ich liebe Orangenmarmelade" ist das sicher ganz was anderes, als wenn derselbe sagt "ich liebe meine Kinder".

Ich sehe keinen Grund, "ich liebe Orangenmarmelade" genauso zu bedenken wie "ich liebe meine Kinder" - würde man das, so hätte man genau die Beliebigkeit, gegen welche Du Dich ja ebenso vehement wendest.

In diesem Sinne bin ich nicht davon überzeugt, dass ich den Wirkungen der trivialen Imitation kein Misstrauen entgegenbringen soll.

herzliche Grüße, Rolf
 
Vermuten könnte man z.B.:
1)Das musikalische Empfinden des Hörers ist relativ wenig entwickelt und undifferenziert - Musik, die intensives Zuhören erfordert, würde dieser Hörer nicht verstehen und genießen könnnen, daher bevorzugt er Stücke wie comptine, die anspruchsvoll erscheinen wollen, aber äußerst leicht zu hören sind;

2) Die Comptine ist eine Filmmusik. Filmmusik im allgemeinen hat immer recht viele Liebhaber, das sie mit bestimmten Filmen, die dem Hörer möglicherweise gut gefallen haben assoziiert wird;

3) Die Tatsache, dass diese Art von "Musik" "ankommt", zeigt, dass Musik von vielen Menschen nicht um ihrer selbst Willen gehört wird, sondern lediglich den passenden akkustischen Hintergrund zu einem bestimmten Ambiente, einer bestimmten Situation und Stimmung bieten soll. Zu diesem Zweck werden ja auch zunehmend klassische Werke instrumentalisiert, indem CDs wie "Arien zum Autofahren", "Bach fürs Büro", "Barock zum Baden", "Klassik zum Kochen" etc. angeboten werden.

hallo Debbie,

1) ist ja völlig ok - - - bis auf den markierten Satzteil: da hebt eine gewisse Verlogenheit der Sache - Comptine - an, auf die so mancher reinfällt. Wer dagegen sagt "ich hör sowieso nur nebenher Musik", der hat dann auch für solche Fälle die angemessene Wertschätzung; schließlich muss niemand der Musik einen hohen Stellenwert einräumen - interessanterweise geschieht dies aber doch sehr oft, und auch sehr oft und vehement bzgl. des Trivialen. Anzumerken ist, dass sich jede Form der Trivialität ausgerechnet in kommerziellen "Musikalien" gehäuft findet...

2) dagegen spricht ja ganz und gar nichts, solange es dabei bleibt

3) eine Maßnahme, die sicher nicht nur auf Musik zutrifft: Reduktion auf einen Zweck... in anderen Lebensbereichen kann das zu argem Zwist führen... :D, etwa wenn Lieschen dem Fritzchen den Kopf wäscht a la "ich bin hier nicht nur die Putze" oder so...

Unbehagen bereiten alle drei Möglichkeiten - und sie kommen sicher alle drei vor! - allerdings dann, wenn von hier die Übertragung auf anderes ausgeht...

herzliche Grüße, Rolf
 
hallo Chiarina,

so ganz 100%ig ist das leider nicht, hier war schon mancherlei zu lesen, was stutzig macht: etwa von nichtvorhandenen Septimakkorden, die trotzdem vorhanden sein sollen; und auch von der Präsentation des Maestro Tiersen als neuem Beethoven... :D

die "authentischen Gefühle" sind ein sehr starker und gewichtiger Ausdruck - solche beim feierabendlichen Abspannen und sich unterlassen Lassen von einem Traumschiff? Sich entspannt im Sofa zurücklehnen ist ja nach dem Tagwerk jedem gegönnt! Ob das allerdings in Sachen authentischer Gefühle der Höhepunkt des Tages ist?...

Gefühle, Emotionen, Stimmungen sind ja durchaus unterschiedlich in ihrer Intensität: wenn jemand sagt "ich liebe Orangenmarmelade" ist das sicher ganz was anderes, als wenn derselbe sagt "ich liebe meine Kinder".

Ich sehe keinen Grund, "ich liebe Orangenmarmelade" genauso zu bedenken wie "ich liebe meine Kinder" - würde man das, so hätte man genau die Beliebigkeit, gegen welche Du Dich ja ebenso vehement wendest.

In diesem Sinne bin ich nicht davon überzeugt, dass ich den Wirkungen der trivialen Imitation kein Misstrauen entgegenbringen soll.

herzliche Grüße, Rolf


Hallo Rolf,

ach so, du meinst, dass die Tiefe der Gefühle unterschiedlich ist, dass also beim Hören eines Chopin-Nocturnes beispielsweise nicht nur die verschiedenen Nuancen und vielfältige Gefühlsfacetten angesprochen werden (und natürlich nicht nur das, lieber Gomez ;) - auch der Verstand bekommt einiges zu bieten), sondern dass auch die Tiefe jeder einzelnen Gefühlsfacette erheblich größer ist als beim Hören der Comptine. Dass also z.B. das Gefühl Melancholie bei Chopin wesentlich intensiver ist als bei der Comptine. Wenn ich dich richtig verstanden habe.

Das finde ich auch, Jedenfalls geht es mir selbst so, was aber nicht heißen muss, dass es anderen ebenso geht. Nur trauen sich wahrscheinlich Comptine-Liebhaber gar nicht mehr, hier das Wort zu ergreifen, was ich auch verstehen kann.

Aber warum sollte man einem weniger intensiven Gefühl, wenn es denn überhaupt so ist, misstrauen? "Ich liebe Orangenmarmelade" hat doch auch seine Berechtigung (ich liebe sie übrigens wirklich :D ).

Viele Grüße

chiarina

P.S.: Debbie, ich habe erst gerade deinen Post gelesen. Gibt's das echt? Klassik zum Kochen :confused: ? Das finde ich ja echt gruselig. Weil es impliziert, es gäbe klassische Musik für einen bestimmten Zweck. Deine Frage interessiert auch mich schon die ganze Zeit, aber über Vermutungen komme ich da nicht hinaus.

P.S.S.: Rolf, ich gebe dir natürlich absolut recht in deinem Punkt 1.
 
Nur trauen sich wahrscheinlich Comptine-Liebhaber gar nicht mehr, hier das Wort zu ergreifen, was ich auch verstehen kann.

Aber warum sollte man einem weniger intensiven Gefühl, wenn es denn überhaupt so ist, misstrauen? "Ich liebe Orangenmarmelade" hat doch auch seine Berechtigung (ich liebe sie übrigens wirklich :D ).

...die Liebhaber/innen der großen Schutzheiligen bringen noch ganz andere Sachen zustande, da brauchst Du keine Sorgen haben... :D
https://www.clavio.de/forum/152699-post28.html

...schön, dass die - sagen wir mal: - schlichteren bis schlichtesten Gefühlchen oder Regungen eine sehr hohe Gleichschätzung erfahren ---- würdest Du das konsequenterweise (wenn gerecht, dann gerecht, was sich rächt...), da ja schon mehr oder weniger intensiv recht gleich beachtet werden sollen, auch auf die niedersten Regungen und Gefühle anwenden, oder gibt es bzgl. Gefühle/Regungen auch Grenzen?

alles was Gefühl ist, ist heilig - - alles, was man ausm CD-Player, Ohrknopf etc. hört ist Musik, und darum heilig - - - - und siehe: alles ward gut, und zwar gleich gut... ... ... ... ... frag mich bitte nicht, warum, aber solchen denkbaren Konsequenzen vermag und vor allem will zumindest ich mich nicht anschließen.

(((nicht zürnen: ich unterstelle Dir dergleichen nicht - ich gebe nur zu bedenken, was für Folgen sich ergeben können)))

herzliche Grüße, Rolf
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
P.S.: Debbie, ich habe erst gerade deinen Post gelesen. Gibt's das echt? Klassik zum Kochen :confused: ? Das finde ich ja echt gruselig. Weil es impliziert, es gäbe klassische Musik für einen bestimmten Zweck.


@ Chiarina:
Das gib's wirklich, und noch einiges mehr in dieser Richtung.

Hier kannst du solch eine CD z.B. erwerben bzw. auch noch eine Kundenrezension dazu lesen:

http://www.amazon.de/s/ref=nb_sb_noss?__mk_de_DE=%C5M%C5Z%D5%D1&url=search-alias%3Dpopula

LG

Debbie digitalis
 
Bei der Klassifizierung der Gefühle in solcher höherer oder minderer Qualität kann man leicht auf Glatteis kommen.

Hier war von einer Oma die Rede, die beim Ansehen des Traumschiffs, glücklich erscheint. Hier sollte man sich jeder Wertung enthalten.

Und wo ist die Grenze von erhabenen zu minderwertigen Regungen.

Der Leser eines Arztromans, der weint, wenn die Sprechstundenhilfe endlich den Arzt heiraten darf, ist in diesem Moment ergriffen.

Ich misstraue jedem, der diesem Leser einreden möchte, dass seine Gefühle nicht echt seien.

Als ich früher- als junger Mensch - heimlich (ging nur so) im Radio Rock´n Roll gehört habe und mein Vater das doch mitkriegte, sagte er_

Mein Sohne, diese Musik richtet sich an die niederen Instinkte des Menschen.

Mein Vorteil war, dass ich ihm das schon damals nicht glaubte.
 
...die Liebhaber/innen der großen Schutzheiligen bringen noch ganz andere Sachen zustande, da brauchst Du keine Sorgen haben... :D
https://www.clavio.de/forum/152699-post28.html

...schön, dass die - sagen wir mal: - schlichteren bis schlichtesten Gefühlchen oder Regungen eine sehr hohe Gleichschätzung erfahren ---- würdest Du das konsequenterweise (wenn gerecht, dann gerecht, was sich rächt...), da ja schon mehr oder weniger intensiv recht gleich beachtet werden sollen, auch auf die niedersten Regungen und Gefühle anwenden, oder gibt es bzgl. Gefühle/Regungen auch Grenzen?

alles was Gefühl ist, ist heilig - - alles, was man ausm CD-Player, Ohrknopf etc. hört ist Musik, und darum heilig - - - - und siehe: alles ward gut, und zwar gleich gut... ... ... ... ... frag mich bitte nicht, warum, aber solchen denkbaren Konsequenzen vermag und vor allem will zumindest ich mich nicht anschließen.

(((nicht zürnen: ich unterstelle Dir dergleichen nicht - ich gebe nur zu bedenken, was für Folgen sich ergeben können)))

herzliche Grüße, Rolf


Hallo Rolf,

nicht ich zürne dir, sondern du wirst gleich mir zürnen, was ich jetzt schon wieder von mir gebe :) .

Ich bin nämlich der Ansicht, dass Gefühle keineswegs heilig sind, aber durch und durch zu respektieren. Jedes Gefühl!

Die Handlungen, die durch diese Gefühle hervorgerufen werden können, sind allerdings je nachdem klar zu verurteilen.

Also auch hier für mich eine Trennung zwischen Gefühl und Verhalten.

Übrigens bin ich damit nicht allein (Kommunikation, Psychologie ... ) :D

Viele Grüße, auf dass nun der Sturm der Entrüstung folge .... ;)

chiarina
 
Ich bin nämlich der Ansicht, dass Gefühle keineswegs heilig sind, aber durch und durch zu respektieren.

Sag' lieber "akzeptieren". "Respektieren" ist ein wenig unklar und hat auf jeden Fall eine Bedeutung, mit der dein Satz nicht wahr wäre. Aber selbst mit "akzeptieren" ist der Satz ein wenig vage. Wenn du damit meinst, dass man jemandem aus seinen Gefühlen prinzipiell keinen Strick drehen darf - wenn man so will -, sondern nur aus dem Verhalten, das er aufgrund dieser Gefühle an den Tag legt, dann glaube ich, dass das in einem gewissen Rahmen doch nicht stimmt.

Deine These legt sich freilich für ethisch relevante Gefühle wie Ärger nahe. Wenn jemand unberechtigt sauer ist, aber auf dieser Basis nicht handelt, kann man ihm sein Gefühl nicht vorwerfen.

Anders sieht es aber bei ästhetisch relevanten Gefühlen aus: Nehmen wir an, A hat einen ausgefeilteren Geschmack und verabscheut die Comptine, während B von dem Stück ganz begeistert ist. A kann dem B freilich keine ethischen, aber - nach seinen Maßstäben - durchaus ästhetische "Vorwürfe" machen - und zwar die Begeisterung selbst und nicht die daraus folgenden oder nicht folgenden Handlungen. Freilich haben diese ästhetischen Vorwürfe ganz andere Konsequenzen als ethische. Aber sie können immerhin dazu führen, dass A keine großen Sympathien gegenüber B hat und es vermeiden will, sich mit B abzugeben. Das ist ein ästhetisches Urteil von A, das sich darin gründet, dass die Begeisterung von B ihre Adäquatheitsbedingungen (für A) nicht erfüllt.
Die praktische Akzeptanz dieser Begeisterung (sehr von der ästhetischen zu unterscheiden) ergibt sich dann nicht zuletzt aus ethischen Überlegungen; B dafür brüsk abzulehnen, wäre eben nicht anständig. Es bleibt aber, dass B in seinem Verhalten nichts falsch gemacht hat und dass die Inadäquatheit (für A) seiner Gefühle trotzdem in einem eingeschränkten Rahmen rechtfertigbare praktische Konsequenzen hat, nämlich indem A bewusst näheren Kontakt vermeidet.
Es gibt im Übrigen auch keinen Grund, warum A nicht versuchen sollte, dem B seine Begeisterung auszureden und ihn an eine andere Geschmackswelt heranzuführen, sofern das auf eine ethisch zulässige (namentlich nicht erniedrigende) Weise geschieht. Auch eine Form des Nicht-Akzeptierens und Nicht-Respektierens, wenn man so will...
 

Sag' lieber "akzeptieren". "Respektieren" ist ein wenig unklar und hat auf jeden Fall eine Bedeutung, mit der dein Satz nicht wahr wäre. Aber selbst mit "akzeptieren" ist der Satz ein wenig vage. Wenn du damit meinst, dass man jemandem aus seinen Gefühlen prinzipiell keinen Strick drehen darf - wenn man so will -, sondern nur aus dem Verhalten, das er aufgrund dieser Gefühle an den Tag legt, dann glaube ich, dass das in einem gewissen Rahmen doch nicht stimmt.

Deine These legt sich freilich für ethisch relevante Gefühle wie Ärger nahe. Wenn jemand unberechtigt sauer ist, aber auf dieser Basis nicht handelt, kann man ihm sein Gefühl nicht vorwerfen.

Anders sieht es aber bei ästhetisch relevanten Gefühlen aus: Nehmen wir an, A hat einen ausgefeilteren Geschmack und verabscheut die Comptine, während B von dem Stück ganz begeistert ist. A kann dem B freilich keine ethischen, aber - nach seinen Maßstäben - durchaus ästhetische "Vorwürfe" machen - und zwar die Begeisterung selbst und nicht die daraus folgenden oder nicht folgenden Handlungen. Freilich haben diese ästhetischen Vorwürfe ganz andere Konsequenzen als ethische. Aber sie können immerhin dazu führen, dass A keine großen Sympathien gegenüber B hat und es vermeiden will, sich mit B abzugeben. Das ist ein ästhetisches Urteil von A, das sich darin gründet, dass die Begeisterung von B ihre Adäquatheitsbedingungen (für A) nicht erfüllt.
Die praktische Akzeptanz dieser Begeisterung (sehr von der ästhetischen zu unterscheiden) ergibt sich dann nicht zuletzt aus ethischen Überlegungen; B dafür brüsk abzulehnen, wäre eben nicht anständig. Es bleibt aber, dass B in seinem Verhalten nichts falsch gemacht hat und dass die Inadäquatheit (für A) seiner Gefühle trotzdem in einem eingeschränkten Rahmen rechtfertigbare praktische Konsequenzen hat, nämlich indem A bewusst näheren Kontakt vermeidet.
Es gibt im Übrigen auch keinen Grund, warum A nicht versuchen sollte, dem B seine Begeisterung auszureden und ihn an eine andere Geschmackswelt heranzuführen, sofern das auf eine ethisch zulässige (namentlich nicht erniedrigende) Weise geschieht. Auch eine Form des Nicht-Akzeptierens und Nicht-Respektierens, wenn man so will...


Hallo Kleines Cis,

akzeptieren ist für mich auch o.k.. Ich unterscheide nur (bis jetzt?) gar nicht zwischen ästhetisch und ethisch relevanten Gefühlen. Darüber muss ich erst mal nachdenken.

Ich finde es überhaupt nicht ethisch verwerflich, wenn A keinen Kontakt mit B will. Das ist doch sein Gefühl und hat genauso Akzeptanz verdient. Nur wie sich dieses Gefühl ausdrückt, kann beurteilt werden: A könnte Häme und Spott über B ausgiessen, er könnte ihn mobben etc. Das wären für mich verurteilungswerte Handlungsweisen. Würde A jedoch B aus dem Weg gehen, zu B aber einen höflich-freundlichen Umgangston wahren, fände ich das völlig in Ordnung. Gefühle sollten doch auf allen Seiten akzeptiert werden!

Aber ein Gefühl zu akzeptieren heißt ja nicht, es zu teilen. Da A die Begeisterung von B stört, kann er natürlich versuchen, ihm das auszureden oder dergleichen. Die Frage ist immer nur, wie das geschieht, s.o.. Wertschätzend immer, mit Häme oder Arroganz nach meiner Empfindung nicht.

Viele Grüße

chiarina
 
Anders sieht es aber bei ästhetisch relevanten Gefühlen aus: Nehmen wir an, A hat einen ausgefeilteren Geschmack und verabscheut die Comptine, während B von dem Stück ganz begeistert ist. A kann dem B freilich keine ethischen, aber - nach seinen Maßstäben - durchaus ästhetische "Vorwürfe" machen - und zwar die Begeisterung selbst und nicht die daraus folgenden oder nicht folgenden Handlungen. Freilich haben diese ästhetischen Vorwürfe ganz andere Konsequenzen als ethische. Aber sie können immerhin dazu führen, dass A keine großen Sympathien gegenüber B hat und es vermeiden will, sich mit B abzugeben. Das ist ein ästhetisches Urteil von A, das sich darin gründet, dass die Begeisterung von B ihre Adäquatheitsbedingungen (für A) nicht erfüllt.

@Kleines Cis,

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wie ein solcher von dir abstrakt bezeichneter "ästhetischer Vorwurf" des A aussehen sollte, der sich auf die Begeisterung des B selbst bezieht. Ein Vorwurf ist doch immer eine wertende Stellungnahme, die den Adressaten des Vorwurfs eines wie auch immer schuldhaft gearteten Verhaltens bezichtigt. Insofern hat doch auch dein "ästhetischer Vorwurf" eine ethisch relevante Komponente, da deiner Gedankenführung zur Folge, dem Comptinen-Hörer seine Begeisterung als ästhetisch nicht adäquat vorgeworfen wird. Wo bleibt da die Toleranz des A gegenüber dem B und die Freiheit des B, seinen eigenen (wenn auch eventuell schlechten) Musikgeschmack zu haben und kundzutun???


LG

Debbie digitalis
 
Hai, Chiarina!

Für mich hat Wertschätzung nichts, aber auch gar nichts mit einem Aufgeben
der eigenen Ziele, Werte, Ideale, Meinungen, Interessen zu tun!!!

Genau das war meiner Rede Sinn - wie hast Du mich so mißverstehen können?
Oder - an welcher Stelle habe ich mich so mißverständlich ausgedrückt?

Indem ich den Schüler so annehme, wie er ist, kann ich ihm eine Menge zumuten.
Er vertraut mir, weil er spürt, dass mir an ihm etwas gelegen ist.
Mein Anliegen ist es, aus den Schülern so viel wie möglich herauszuholen.
Das geschieht am besten durch Selbsterfahrung. Was ich selbst erfahre und tue,
ist ein ganz anderer Erkenntnisgewinn als wenn ich etwas gesagt bekomme.
Das heißt aber nicht, dass ich den Schülern keine klaren Anleitungen gebe.
Ich bin m.M.n. sogar sehr klar. Aber man sollte immer dem Entdeckungswillen
der Schüler so viel Raum wie möglich geben.

Auch da sind wir völlig d'accord - nichts anderes habe ich geschrieben,
nur die Akzente etwas anders gesetzt - in der Hoffnung, daß Du mir zustimmst:
Die Entdeckerfreude des Schülers muß unter Umständen erst geweckt werden,
und zu einem Erkenntnisgewinn mußt Du dem Schüler womöglich erst verhelfen -
da ist im Hintergrund eine Menge unmerklicher Aktivität erforderlich.

Herzliche Grüße!

Gomez
 
Zitat von chiarina:
Da A die Begeisterung von B stört, kann er natürlich versuchen, ihm das auszureden oder dergleichen. Die Frage ist immer nur, wie das geschieht, s.o.. Wertschätzend immer, mit Häme oder Arroganz nach meiner Empfindung nicht.

Eben. Und das ist aber doch irgendwie auch eine Form des Nicht-Akzeptierens. Wenn es plötzlich mit der Akzeptanz von p kompatibel ist, was gegen p zu tun, dann wird der Begriff der Akzeptanz doch recht verwässert.

Was du vermutlich meinst, ist, dass man aufgrund seiner Gefühle zu niemandem gemein, erniedrigend oder sonst irgendwie ethisch verwerflich sein darf. Das ist klar, aber das darf man sowieso nicht - nicht wegen Gefühlen und nicht wegen 100 anderen Sachen. Außer vielleicht manchmal, wenn der andere seinerseits ethische Maßstäbe verletzt hat, was aber auch nicht klar ist.

Wobei man allerdings auch Akzeptanz auch neu definieren kann und zwar anhand ungefähr so eines Satzes: "Akzeptiert werden muss, was nicht zu Ausnahmen von gewissen ethischen Maßstäben berechtigt." Das kann man freilich machen, und dann stimme ich dir in Hinblick auf Gefühle auch zu. Das dürfte wohl das ausdrücken, was du im Sinn hast.

Mir ging es im Grunde darum, mich gegen die Respektforderung zu wehren, und auch darauf hinzuweisen, dass auch Gefühle per se und nicht nur das aus ihnen resultierende Verhalten Konsequenzen haben können.

Zitat von Debbie digitalis:
Ein Vorwurf ist doch immer eine wertende Stellungnahme, die den Adressaten des Vorwurfs eines wie auch immer schuldhaft gearteten Verhaltens bezichtigt.

Es hat einen Grund, dass der "Vorwurf" im "ästhetischen 'Vorwurf'" in Anführungsstricherln stand, aber ich hätte den Grund auch nennen sollen. Nämlich, dass es sich bei diesem Vorwurf nicht um einen Sprechakt, im Sinne einer Beschwerdeführung gegenüber dem B, handelt. Der A hält das dem B erst mal nur für sich selbst zuschlechte.* Grundsätzlich konnte A diesen "Vorwurf" allerdings durchaus auch aussprechen, nur wird das in der Praxis in den allermeisten Fällen durch ethische Bedenken verhindert.

*Wie heißt eigentlich das Gegenteil von "zugutehalten"? Mir geht da grad ein Wort ab...
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Ich bin nämlich der Ansicht, dass Gefühle keineswegs heilig sind, aber durch und durch zu respektieren. Jedes Gefühl!

...auch die eines vierschrötigen Jesuiten für noch vor dem Stimmbruch befindliche zarte Chorknaben?...

ich wüsste nicht, warum solch ein Kuttenträger (für dergleichen...) Respekt zu erwarten hat... dasselbe gilt hier für Akzeptanz... :D

aus trüben Quellen gespeiste "Gefühle" verdienen, dass man ihnen eher mit Vorsicht wenn nicht gar Misstrauen begegnet, und ich wüsste nicht, warum man trübe Quellen nicht als trübe Quellen bezeichnen darf ;)

von einem verallgemeinerndem beliebigen (und damit letztlich willkürlichen) Gutheißen oder Respektieren oder Akzeptieren von allem, was sich Gefühl nennt, rate ich Abstand zu nehmen - - indiskutable Ursachen inklusive ihrer Konsequenzen werden weder Respekt noch Akzeptanz bei mir finden, wenn man mich zu solchen Reaktionen überreden will; überhaupt hat überreden wenig Chancen - überzeugen wäre was anderes, aber dazu bedarf es guter Gründe und guter Argumente.

herzliche Grüße, Rolf
 
"Schlechte Kompositionen musst du nicht verbreiten, im Gegenteil, sie mit aller Kraft unterdrücken helfen.

Du sollst schlechte Kompositionen weder spielen noch, wenn du nicht dazu gezwungen bist, sie anhören."

Die Regeln von RS sind immer wieder sehr modern....
 
...auch die eines vierschrötigen Jesuiten für noch vor dem Stimmbruch befindliche zarte Chorknaben?...

aus trüben Quellen gespeiste "Gefühle" verdienen, dass man ihnen eher mit Vorsicht wenn nicht gar Misstrauen begegnet

Ob man es Gefühle nennen darf, ist sicher nicht im Sinne der hier vorhergehenden Meinungen. Würde eher sagen "niedere Triebe", aber egal, Hauptsache man wird aufgerüttelt...

Ja, Schumann sagte noch so einiges, was zu zitieren manchen Post einsparen könnte...

Klavirus
 
Ob man es Gefühle nennen darf, ist sicher nicht im Sinne der hier vorhergehenden Meinungen. Würde eher sagen "niedere Triebe", aber egal, Hauptsache man wird aufgerüttelt...

ich passe mich an und bin zunächst mal wohlwollend :D , unterstelle also den besagten Kuttenträgern, dass sie zusätzlich zu den niederen Trieben auch noch die entsprechenden Gefühle hegen und pflegen - letzteren verweigere allerdings ich jeglichen Repekt, erstere gilt es zum Schutze anderer (z.B. der Chorknaben) zu unterbinden.

...dass zitierend hier des Schumannjahres gedacht wird, hat mich richtig gefreut!!!

herzliche Grüße, Rolf
 
ich passe mich an und bin zunächst mal wohlwollend :D , unterstelle also den besagten Kuttenträgern, dass sie zusätzlich zu den niederen Trieben auch noch die entsprechenden Gefühle

Sehr human..., aber zusätzlich ist da wohl nichts, es sei denn "anstatt", wenn man es denn verwechselt.

Kein Mensch macht plötzlich sich Beschwerden
und möchte gerne einer werden.
Nimmt sich dazu ein Beispiel her,
vermeinend, dass der eines wär.
Und nach paar Wochen sagt ihm einer:
"Nun bist Du nicht einmal mehr keiner!"


Klavirus
 

Zurück
Top Bottom