Die "Konzepte" divergieren nicht nur zwischen den Ländern, sondern sogar von Schule zu Schule.
Paragraph Eins: Jeder macht seins.
Dahinter steckt ein grundsätzlich nicht verkehrter Gedanke. Aber wie immer gibt es dann rasch eine Art Wettlauf um das "spannendste" Konzept.
Hier wurden z. B. sämtliche Schulen der Stadt aufgefordert, ihr Konzept vorzulegen. Da hat sich dann jede Schule genötigt gefühlt, sich irgendwie zu profilieren.
Na ja, aber aus den von mir verlinkten Artikeln zu Beginn dieses Fadens ging klar hervor, dass ein wichtiger Punkt zur Verbesserung der Schulqualität eben der Wettbewerb ist. Dass die Schulen autonomer werden, Schwerpunkte setzen können (musisch, naturwissenschaftlich...) und Dinge anbieten, die andere Schulen nicht anbieten. Insofern halte ich unterschiedliche Konzepte für absolut sinnvoll! Konzept meint da natürlich auch die Struktur jeder Schule.
Deswegen halte ich auch die Abstrafung der erwähnten Schule in Berlin mit Frontalunterricht für sehr negativ. Der Schulleiter hat ein Konzept erstellt (vielleicht nicht nur den Frontalunterricht), mit dem er sehr gute Ergebnisse erzielt und das auch zu ihm, den Kollegen und seinen Schülern passt. Alle sind zufrieden und da ist es ganz verfehlt, von außen dieser Schule ein pädagogisches Konzept überzustülpen. Das heißt aber nicht, dass dieses Konzept des reinen Frontalunterrichts an anderen Schulen auch das Beste wäre.
Vorteile Frontalunterricht
Beim Frontalunterricht ist die Autorität des Lehrers sehr wichtig und das ist absolut positiv gemeint. Er tritt in direkt in Beziehung zur Klasse und wenn er Autorität hat, Fakten interessant vermitteln kann und gute Klassengespräche führt, kann das sehr produktiv sein. Die Klientel der Berliner Schule braucht vermutlich eine straffe Führung und kommt mit Gruppenarbeit u.a. nicht zurecht.
Grundsätzlich gibt es immer noch viel Frontalunterricht an Schulen, denn er eignet sich sehr gut zur Wissensvermittlung (schnelle und effiziente Vermittlung von Unterrichtsinhalten - kognitives Wissen), zeigt die fachliche und menschliche Autorität des Lehrers und spart dem Lehrer Zeit in der Vor- und Nachbereitung. Zudem hat der Lehrer eine größere Kontrolle über die Schüler, hat sie im Auge (direkter Blickkontakt - mehr Disziplin), erhält Informationen über die einzelnen Schüler (wer beteiligt sich am Unterrichtsgespräch, hört zu, ist abgelenkt.....), schafft eine gemeinsame Lernbasis für alle Schüler und bietet so einen sicheren Informationsrahmen.
Was also die kognitive Wissensvermittlung angeht, ist der Frontalunterricht sehr sinnvoll und aus meiner Sicht ein wichtiger Teil eines gelungenen Unterrichts.
Nachteile Frontalunterricht
Frontalunterricht hängt allerdings maßgeblich von der Person des Lehrers ab. Ist er in der Lage, ein Klassengespräch zu führen, das möglichst viele Schüler anspricht? Besitzt er genügend Autorität? Weiß er, was er will und warum er wie eine Stunde strukturiert etc.? Arbeitet er mit Druck oder kann er motivieren...?
Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass die Individualität des Schülers und seine Art zu lernen (Lerntyp...) beim Frontalunterricht nicht berücksichtigt wird.
Der Frontalunterricht ist besonders dann keine geeignete Methode, wenn es um die ANWENDUNG des zuvor vermittelten Lernstoffs geht. Dazu später mehr.
Durch Frontalunterricht in seiner schlechten Form wird der Schüler zudem zum Konsumieren verführt: der Lehrer redet, der Schüler hört zu oder meistens nicht, denn es melden sich immer die gleichen Schüler. Der Lehrer lässt in einem solchen Fall dem Schüler kaum Interaktionsräume - die Interaktionen laufen oft nach einem Frage-Antwort-Schema ab. In einem wirklich guten Klassengespräch könnte dieser Aspekt vermieden werden und das ist vermutlich auch die Herausforderung, von der Klafina sprach.
Frontalunterricht vernachlässigt auch die soziale Komponente unter den Schülern.
Aus all diesen Gründen ist reiner Frontalunterricht in der Regel abzulehnen. Ich plädiere für eine methodische Vielfalt (übrigens wie auch im Klavierunterricht), der sich nach der Person des Lehrers richtet ("Was macht mir Spaß, für welche Unterrichtsformen bin ich besonders geeignet?"...), nach dem zu vermittelnden Lernstoff und den Zielen für die Schüler.
Gruppenarbeit, Projektarbeit, Freiarbeit, Wochenplanarbeit etc. können sinnvoll gestaltet sehr gewinnbringend sein für die Schüler und sind wie Frontalunterricht ebenso wichtige Bausteine eines gelungenen Unterrichts. Die Schüler können den zuvor vermittelten Lernstoff nun auf ihre individuelle Weise (Lerntyp) anwenden und erlangen dabei viele weitere Kompetenzen wie Sozialkompetenz, Methodenkompetenz, Selbstvertrauen, Selbstmotivation etc. .
Aber auch hier kann was Gutes oder Schlechtes herauskommen. Ich verlinke hier einen Auszug aus einem, wie ich finde, sehr gelungenen Buch von Klippert (einfach auf Leseprobe klicken), der die Problematik deutlich macht:
https://www.beltz.de/fachmedien/pae...tails/31216-methodenlernen_in_der_schule.html .
Insgesamt sollte jeder Unterricht aus solchen Bausteinen bestehen, aber wie das nun genau aussieht, sollte unterschiedlich sein dürfen. Jeder Lehrer und jede Klasse ist anders.
Liebe Grüße
chiarina
P.S.: Ich hatte weiter vorn als Beispiel für ein gelungenes Konzept eine Schule verlinkt. Die Grundschule hat sich gut auf das eingestellt, was die Schüler mitbringen und was ihnen vermittelt werden soll.