Betonung von Synkopen und begriffliche Abgrenzung zu anderen Bindungen

Zurück zu den Synkopen. Habe zwei synthetische Einspielungen angehängt zum Vergleich für Interessierte.

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Beide Fassungen sind aus derselben Übersetzung entstanden, die ich beispielhaft aus den Noten von Scott Joplins Entertainer (erste Seite) angefertigt habe – nur eben mit unterschiedlicher Umsetzung.
Beim bloßen Hören keinerlei Unterschied feststellbar.
 
Da hast du wohl recht. Eben gesehen, dass die Betonung der Synkopen nur meiner Einbildung entsprungen sind, eigentlich regelmäßig gar nicht da sind. Der Nerd ist nicht nur taub, sondern auch blind gewesen. Also beste Voraussetzungen, Musik zu machen.
(gucke nach rechts)(gucke nach links)(gucke nach vorn mit der hand an der stirn)(erschrecke vor dem Publikum :017:)(Ab, stolpernd.:030:)

Auf die Art hatte ich mir ja schon mal n blaues Auge geholt. Aber gut, eine Impfung bringts ja auch nicht.

Irgenďwann häng ich hier eine noch mal korrigierte Fassung an. Erst mal rauskriegen, warum die Synkopen nicht betont werden und die Metrik überarbeiten. Es wäre natürlich ein leichtes, zu sagen, diese oder jene Note mit einer bestimmten Betonung zu versehen. Mit dem Anspruch, das zu generellisieren, ohne natürlich auf die Möglichkeit der notenbezogenen Betonungen in Einzelfällen zu verzichten, reizt mich das Thema mehr.
 
Zuletzt bearbeitet:
Schade, dass ich das nicht mehr in den letzten Beitrag reineditieren kann, still und klammheimlich, da das Thema ja eigentlich durch ist. Andererseits interessiert vielleicht den einen oder anderen, wie die Sache ausging.

@Stefan379: Jetzt sollte ein Unterschied hörbar sein. Hab die Sache auch etwas langsamer gemacht, steht ja eh fett drüber in den Noten, "Not fast".
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Die Quintessenz ist sodann: Eine Note übernimmt dann die Betonung des nächsten Schlags, wenn seine Betonung stärker ist als die Betonung ihrer eigentlichen Position im Takt und sie mit mindestens mit der Hälfte ihre nominalen Länge in den folgenden Schlag hineinreicht.
Bei händisch eingespielter Musik gibt es sicher Freiheiten diesbezüglich. Dafür kriegte man es wohl kaum so exakt deckungsgleich hin, so dass in der abschließenden Fassung die richtigen Synkopen eher rechts kommen, die falschen (zu stark betonten Noten danach) eher links. Kopfhörer zur Hand? Habe nämlich die beiden Kanäle aus den verschiedenen Dateien entnommen und zusammengemixt – hier zeigt Computermusik ihre Vorteile auf autodidaktischem theoretischen Gebiet:
Den Anhang entertainer_beide.mp3 betrachten
 
Ich lese gerade in Wolfgang Mefferts "Harmonielehre Band 2", dass es neben der sogenannten Antizipation - die Vorziehung der Takteins - auch das Gegenteil gibt, die Retardation. Das ist, in meinen Worten wiedergeben, wenn der Raum der Takteins mit einer Pause begonnen wird.

Das wirft Fragen auf, die ich mir aber einfach mal provisorisch beantworte:
  • Spricht man auch von Retardation, wenn nicht eine Pause die Zählzeit anteilig belegt, sondern die verlängerte Note des Vortaktes um weniger die Hälfte ihrer Länge in den Takt hineinreicht? (Wohl ja, denn die Musiker betonen gerne ihre Freiheit von Penibilität in begrifflichen Dingen.)
  • Gilt entsprechendes nicht nur für die Takteins, sondern auch für die anderen Grundschläge des Taktes, auch kleinere Unterteilungen? (Wohl ja, denn wie wir bereits wissen, ist Musik ziemlich fraktal. Gröbere Strukturen finden sich in kleineren wieder.)
Ich muss meinen Algorithmus anpassen: Jede Note nimmt grundsätzlich* die Betonung desjenigen Schlages an, der im taktmetrischen Bereich ihrer vollen, um die Hälfte vorverlegten Länge von keiner anderen Note der Stimme "belegt" wird.
*) Ausnahmen sind immer möglich, aber nicht implizit, müssen halt als Besonderheit einer Note oder eines harmonischen Akkords angegeben werden. Dass das die Computermusik auch nicht lebendig macht, da sie eben statisch deskriptiv/präskripitiv ist, darüber haben wir uns ja schon unterhalten.
Menschen halten sich an die Regel, wenn sie überhaupt soviel feinmotorische Kontrolle entwickelt haben, nur da, wo sie es für richtig halten oder ihr Instrumentallehrer, der sich vom Film "Whiplash" hat inspirieren lassen, sonst einen Stuhl nach ihnen werfen würde.

Nachtrag: Hörbeispiel auf einem Frei-Schnauze-Instrument: Takt 1 gerade, die weiteren drei reichen um ein Achtel in den nächsten Takt hinein. Takt 3 betont die d'-Achtel auf "1und" nicht, eh leicht, T4 betont sie, T5 verlängert d' zudem auf ein Viertel und verkürzt das folgende' entsprechend auf ein Achtel.
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Zuletzt bearbeitet:
  • Gilt entsprechendes nicht nur für die Takteins, sondern auch für die anderen Grundschläge des Taktes,

Wenn das Orchester den Weiner Walzer richtig spielt: ja.

"...
Es gibt jedoch bei der Ausführung und Interpretation
eines Wiener Walzers ein großes Problem für den Außen-
stehenden, dem Nichteingeweihten: Es existiert ein kom-
plexes Regelwerk, wann welche Zählzeiten verzögert oder
vorgezogen werden. Nicht jede „2“ wird vorgezogen; eben-
sowenig wird jede „3“ verzögert gespielt. Und: Dieses Re-
gelwerk ist nicht schriftlich fixiert.
Es ist – um wieder
einmal die Ethnologie zu bemühen – mündlich tradiert,
ein Spezialwissen, das in den Orchestern weitergegeben
wird, dessen klangliches Ergebnis sich in die Ohren der
Österreicher eingebrannt und eben zu einer speziellen na-
tionalen bzw. regionalen Walzertradition geführt hat. Zur
Untermauerung dieser Beobachtung sei hinzugefügt, dass
es Untersuchungen gibt, die zeigen, dass die Wiener Phil-
harmoniker einen Walzer mit jenen genannten Verzöge-
rungen spielen, die New Yorker Philharmoniker unter
Leitung von Leonard Bernstein eben nicht.
..."
Quelle: sonic.de

Grüße
Häretiker
 
Letztens habe ich bei einem Stück in meinen Klavierübungen die dritten Viertel der 3/4-Takte in die Länge gezogen, schon beim Zählen, und ich hab es nicht rausbekommen, bis mir der KL eine andere Zählvariante vorgeschlagen hat. Muss daran gelegen haben, dass ich da unlängst irgendwo aufgeschnappt habe, dass Walzer nicht einfach nur 3/4-Takt ist. Österreicher bin i ned.

Die Österreicher sprechen auch so, wenn sie nicht ganz andere Wörter verwenden, dass die n-te lange Silbe verzögert und/oder vorgezogen wird, wenn der Mond längs zur Traversale der Milchstraße ... oder so. Das heißt, entweder haben sie den Wiener Walzer in ihre Sprachvarietät integriert oder umgekehrt ist der Wiener Walzer von ihrer Sprachvarietät inspiriert? Jedenfalls sind sie konsistent, Sprache und Wiener Walzer.

Hab mal meinen Ausführungen oben mal ein (synthetisches) Hörbeispiel hinzugefügt, so es dem einen oder anderen zum Verständnis verhelfen möge, was ich mein.
 
Die Österreicher sprechen auch so, wenn sie nicht ganz andere Wörter verwenden, dass
DIE ÖSTERREICHER gibt es nicht! Der Wiener, der Tiroler, der Burgenländer, der Wachauer, der Osttiroler, der (oder auch die) Vorarlberger*in und alle anderen Regionen haben überaus eigenständige Dialekte, selbst die Stadtteile von Wien sind durchaus unterschiedlich (gewesen)!
 

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