Frage zum Kauf eines Steinway-Flügels

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pianoleen

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20. Okt. 2024
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Hallo zusammen,

ich habe seit einigen Jahren einen Yamaha C3-Flügel und spiele nun mit dem Gedanken, mir mit einem Steinway einen Traum zu erfüllen. Um genau zu sein, habe ich einen A-188 im Auge, der mir über Umwege von privat angeboten wurde. Der Flügel ist aus dem Jahr 2008, wurde aber nur bis 2013 gespielt, da der Besitzer gestorben ist. Seine Frau hat ihn als Erinnerungsstück behalten, sie zieht aber nun im nächsten Jahr in eine Senioren-WG und da kann das Schätzchen nicht mit umziehen.

Sie hat den Flügel nun für den Verkauf stimmen lassen und ich habe ihn ausführlich angespielt. Was soll ich sagen, am liebsten hätte ich ihn direkt ins Auto gepackt :003: Optisch sieht er wie ein Neuinstrument aus, wenn man von zwei kleinen Macken im Lack absieht.

Folgende Fragen ergeben sich für mich:

1. Kann es problematisch sein, wenn ein Flügel über 10 Jahre nicht gespielt wurde? Leidet da irgendetwas? Beispielsweise im Hinblick auf die Mechanik der Klaviatur? Auf was sollte ich generell achten bei einem Flügel, der über einen so langen Zeitraum gar nicht mehr gespielt wurde.

2. Was wäre eurer Meinung nach ein solcher Flügel noch wert, vorausgesetzt es ist alles in Ordnung? Es ist schwierig im Internet Preise zu finden, da es vom ungefähren Baujahr kaum vergleichbare Instrumente gibt. Es scheinen so gut wie keine jungen gebrauchten Instrumente auf dem Markt zu sein.

3. Natürlich stelle ich mir noch die Vernunfts-Frage! Muss es so ein neuer Flügel überhaupt sein, oder kann ich nicht auch einen generalüberholten kaufen? Eigentlich wollte ich mir innerhalb der nächsten 2 Jahre einen generalüberholten A-188 kaufen. Preislich sicherlich eine ganze Ecke günstiger, wenn es über 100 Jahre alte Instrumente sind, die fachgerecht aufgearbeitet wurden.
Konkret geht es mir hier auch um die Frage des Wertverlusts. Hat der junge Flügel aus 2008 potentiell einen höheren Wertverlust im Vergleich zu einem generalüberholten, über 100 Jahre wiederaufgearbeiteten Steinway-Flügel? Oder führt gerade der Originalzustand zu einem Vorteil, trotz des höheren Anschaffungspreises.

Ich bin sehr gespannt auf eure Einschätzung und hoffe auf zahlreiche Antworten. :002:

Liebe Grüße
Pia Noleen

Ps. Das sind wirklich meine beiden Vornamen. Meine Eltern scheinen meine sich entwickelnde Vorliebe für das Piano-Spiel bereits vorhergesehen zu haben. :005:
 
Zu 3) Wenn dir das Instrument so gut gefällt und du es dir leisten kannst - warum nicht?
Mit kaum einem anderen Objekt wirst du so viel Zeit verbringen.

Zu 1) Unwahrscheinlich. Wenn etwas eingerostet (bildlich oder buchstäblich) wäre, hättest du das wohl beim Spielen schon bemerkt. Die Stimmung scheint er auch zu halten.
Du kannst prüfen, ob die Tasten gleichmäßig sind, oder ob eine schwergängiger als die benachbarten ist. Ob irgendwo Anzeichen von Rost, Schimmel oder Rissen im Holz sind. Du kannst vor dem Kauf einen Klavierbauer zur Begutachtung mitnehmen. Die Kosten dafür sollten in Relation zum Kaufpreis vernachlässigbar sein.

Zum Preis: Hast du vor, den Flügel in absehbarer Zeit zu verkaufen? Der Wertverlust ist nur dann interessant, wenn du ihn verkaufen willst. Einen guten Flügel behält man üblicherweise sehr lange.
Was er wert ist, hängt davon ab, wieviel du bereit bist, auszugeben. Ein neuer A kostet ~ 100k. Der Wert ist also 5-stellig - aber das wusstest du wohl schon vorher. Genaueres kann dir der im vorigen Absatz vorgeschlagene Klavierbauer sagen.
Ein sorgfältig restaurierter Flügel ist vermutlich auch nicht viel billiger, und du musst weitersuchen und hoffen, dass du einen passenden findest. Dieser aus 2008 ist jetzt verfügbar.
 
Ich habe so den Eindruck, dass S&S aus dem Zeitrahmen bei Händlern ETWA mit dem damaligen NP angeboten werden (±40%). Privat sollte doch etwas günstiger sein (./.10k).
Ist aber nur ein alter Eindruck, aber wenn ich damit jetzt die Profis hervorlocke, ist es gut,
 
Hallo Pianoleen,

Zu 1: dito zu @Flieger. Ein solches Instrument geht durch Rumstehen nicht kaputt, abgesehen wenn die klimatischen Bedingungen nicht ok sind (dauerhaft ausserhalb 40-70% Luftfeuchte) und direkte Sonneneinstrahlung. Wenn eines der beiden Dinge vorliegt, würde ich auf jedenfall einen Klavierbauer hinzuziehen.

zu 2: mal konkret: ein A-188 aus dem Baujahr in neuwertigem Zustand kostet bei einem Händler mit (5J.) Garantie, Lieferung und Stimmung vor Ort so um die 70k€. Zum Vergleich hier:
Bj. 2010, 72,9k€ - https://www.kleinanzeigen.de/s-anze...-garantie-original-hamburg/2762850454-74-1666
Bj. 1996, 64k€ - https://www.kleinanzeigen.de/s-anzeige/steinway-sons-fluegel-a-188-bj-1996/2655854059-74-2725

Beim Privatkauf fallen natürlich diese gesamten Servicekosten weg plus der Händler muss seinen Betrieb unterhalten und möchte ja auch noch etwas verdienen. Wenn also der Flügelzustand mechanisch, optisch und akustisch vergleichbar neuwertig ist, kann die Frau schon um die 60k€ sehen wollen. Wie gesagt der Flügel ist im Vergleich zu vielen Gebrauchtangeboten *fast neu* und hat einen derzeitigen Listenpreis von 123.500€, den man ins Verhältnis setzen muss.

Zu 3: mit einem guten generalüberholten Flügel kannst du durchaus 20-30k€ sparen. Wenn er dann gut überholt ist, muss er von Klang und Spielart nicht unbedingt schlechter sein. Wertverlust: der wird bei diesem jungen Baujahr sicher höher ausfallen als bei dem generalüberholten, weil er einfach schlicht einen höheren Wert hat.
 
Vielen Dank schonmal für eure Antworten bis hier her. Ich werde auf jeden Fall noch einen Klavierbauer hinzuziehen und ihn das gute Stück vor Ort begutachten lassen. Da wir sehr ländlich wohnen, ist die Auswahl Umkreis auch nicht sonderlich groß. Ich möchte mich nicht nur auf das Urteil einer Person stützen, daher auch mein Post hier. Den Gesamteindruck wird er natürlich vor Ort am besten einschätzen können. Wenn ich aber ein paar Infos von euch vorab habe, kann ich ihn vor Ort da auch gerne drauf ansprechen.

Zum Wertverlust: Ich habe nicht vor, das gute Stück bald wieder zu verkaufen. Aber das Leben kennt eben auch Unwegbarkeiten und ich bin grundsätzlich ein eher vorsichtiger Mensch, daher möchte ich den Faktor nicht unberücksichtigt lassen.

Sehr weitergeholfen hat mir bereits eure Preiseinschätzung, vielen Dank dafür!

Ich freue mich natürlich noch über weitere Stimmen. :002:
 
Den einzigen Schaden, den das Instrument evtl. nehmen könnte, wäre durch stark schwankende Luftfeuchtigkeit (z.B. sehr feucht - sehr trocken) oder durch Motten. Ist aber eher unwahrscheinlich und das wird der Gutachter auch merken.
Steinways aus den 20ern klingen und spielen sich tatsächlich deutlich anders als heutige Instrumente, ich habe auch mal einige getestet. Außerdem haben sie kein Mittelpedal, evtl. brauchst du mal eines. Mir haben sie tatsächlich nicht so gut gefallen. Ich glaube, du weißt schon, was du willst. Wenn du es dir leisten kannst und möchtest, kauf ihn ruhig. Aber investiere vorher nochmal in einen gescheiten Gutachter, denn es geht ja um sehr viel Geld. Bedenke auch, dass du deinen jetzigen noch verkaufen kannst und dadurch auch ein bisschen was reinkommt. Viel Freude!
 
@Stilblüte , die Info mit dem Mittelpedal stimmt so nicht. Flügel mit 3. Pedal gab es schon deutlich vor 1900, aber bei den Modellen O, M und S waren sie Sonderausstattung. D, C, B und A hatten das 3. Pedal ab ca. 1900 serienmäßig, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht (habe gerade keine Unterlagen griffbereit).
 

PS: 60.000 erscheint mir von privat deutlich zu hoch. Bei Weschenfelder steht ein A von 1990 im Originalzustand mit allem Schnick und Schnack für 57.500.
 
Meines Wissens gab es das dritte Pedal zwar bei allen Modellen aus New York ab ca. 1900 serienmäßig, aber nicht bei denen aus Hamburg. Für die Hamburger Modelle war es noch bis etwa Mitte der 1980er Jahre nur als aufpreispflichtige Sonderausstattung erhältlich, serienmäßig hatten die bis dahin nur zwei.

Ob ein 34 Jahre alter A-Flügel im Originalzustand für 57,5 k€ ein gutes Angebot ist, verglichen mit einem nur 16 Jahre alten Instrument für angenommen 60k€, das noch dazu davon nur 6 Jahre gespielt wurde?

Ich weiss nicht. Wenn ein Instrument gegen 40Jahre alt wird, auch wenn es wenig gespielt wurde, ist durch die Alterung der Materialien eigentlich immer mit klanglichen Einbußen zu rechnen und in näherer Zukunft auch mit spieltechnischen Sanierungsmaßnahmen.

Es hängt natürlich vom eigenen Anspruch und dem konkreten Zustand ab, aber meines Erachtens wäre das jüngere private Angebot hier wahrscheinlich ein wesentlich besseres Investment und zöge für die nächsten Jahrzehnte wohl erst mal keine größeren Folgekosten nach sich. Darf man fragen, wieviel es kosten soll?
 
Vielleicht noch eine ketzerische Anmerkung zu einer kostenpflichtigen professionellen Beurteilung. Meiner Erfahrung nach fallen manche dieser Beurteilungen nicht immer ganz so unabhängig und objektiv und kompetent aus, wie es wünschenswert wäre - auch wenn sie natürlich so vorgegeben werden.

Etwa dann, wenn hinter den Kulissen andere, sprich finanzielle Interessen im Spiel sind, und dem Kunden ein älteres gebrauchtes Instrument empfohlen wird, von dem der Fachmann schon ahnt, dass in einigen wenigen Jahren neue Hammerköpfe, oder Röllchen oder Saiten oder Filzgarnierungen, oder Wirbel usw fällig werden... Dann kann er am Sanierungsprogramm gut verdienen, was ok ist, wenn er den Kunden darauf gefasst gemacht hat. Aber ob und inwieweit er das im Voraus auch tut, ist letztlich Vertrauenssache.

Umgekehrt kann man ein Instrument natürlich auch einem Kunden madig machen, wenn man es selbst (oder ein "Kollege") ankaufen möchte, um es mit wenig Aufwand gut herzurichten und dann anderweitig lukrativ zu veräussern.

Ich will hier kein Misstrauen schüren, oder sonstwie provozieren, aber ich habe unlängst beim privaten Gebrauchtkauf meines Steinway gelernt, dass in diesem Geschäft heute nicht selten mit harten Bandagen gekämpft wird... Auch gegen gutes Geld wird man mit etwas Pech nicht immer realistische Einschätzungen oder sorgfältige Reparaturen bekommen. Klavierkauf ist Vertrauenssache, also "Augen auf beim Eierkauf"...
 

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