Wie Uebezeit nutzen?

Es gibt sogar 100 Bände uvm. Der Autorenname ist ja ein bisschen verräterisch, umso beachtlicher finde ich den Aufwand.
 
Ich finde, deine Beschreibung des Übens klingt sinnvoll und abwechslungsreich. Warum hast du noch Übezeit übrig? Entweder gehst du beim Üben der Stücke nicht weit genug (was ich vermute) bzw. hörst einfach vor dem nächsten Schritt auf, oder du hast zu wenig Repertoire. Hier genauer zu differenzieren ist vermutlich nur bei einem persönlichen Unterricht möglich. Manchmal können Schüler kluge Dinge benennen und beschreiben, handeln dann aber intuitiv bzw. im Geschehen eben doch anders, unvollständiger, weniger sinnvoll o.ä.
Hast du ein Beispiel dafuer, wie man nicht weit genug geht? Kann mir darunter nichts vorstellen.

Ich uebe an einer Stelle so weit, bis es regelmaessig unsauber wird. Also z.b. spiele ich einen Takt mehrmals, um erstmal den richtigen Fingersatz zu finden. Wenn sich gut anfuehlt, dann fuege ich Dynamik und Geschwindigkeit hinzu und wiederhole ein paar Mal. Dabei drehe ich soviele Schleifen, bis sich die Bewegung unsicher anfuehlt. Ich hab gemerkt, dass wenn man die Geschwindigkeit erhoeht, sich die Dynamik der Bewegung veraendert. Also das Prinzip "geht es langsam, geht es auch schnell" hab ich noch nicht so einfach umsetzen koennen. Ich achte auch immer sehr darauf zu entspannen und Armgewicht zu nutzen, wo moeglich.
Kadenzen zu üben, allein schon I IV V I in Dur und Moll in allen Tonarten und Umkehrungen, ist übrigens eine sehr sinnvolle Idee, die auch einige Zeit braucht! Danach könntest du mit erweiterten Kadenzen weiterachen, mit Quintfallsequenzen und Zwischendominanten etc
Das hatte meine KL auch vorgeschlagen. Nur wenn man hier im Forum mitliest, dann bekomme zumindest ich den Eindruck, dass man auf diese Weise ohne musikalischen Kontext uebt und das kontraproduktiv oder zumindest ineffizient ist. I-IV-V spiele ich ab und zu mit verschiedenen Begleitfiguren, weil ich die auch verinnerlichen will, zusammen mit einfachen Weihnachtsmelodien oder "Zum Geburtstag viel Glueck", was mir eben grad so durch den Kopf geht. Wobei dann mein Kopf mehr auf die rechte Hand fokusiert ist und die linke Hand dann nicht hinterher kommt. Ist ne ziemliche Herausforderung, so einfache Lieder zu spielen.
Was sagt dein Lehrer, wie du deine Zeit weiter nutzen könntest?
Ausser dem oben genannten halt die Technikuebungen, wie es in China ueblich ist. Ausserdem Czerny und Sightreading (das fragt sie sporadisch ab).
Besser vor dem Tippen Hirn einschalten und ein wenig denken
Warum musst du jemanden, der mitdenkt und hinterfragt, so angehen? Sagt dir dein Klangwille, so einen Ton anzulegen?
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@chiarina
Ich hatte gehofft, dass du dich endlich einklinkst :-D Wenn ich dich richtig verstehe, dann ist Hinhoeren sehr wichtig, bei Stuecken genauso wie bei Technikuebungen. Wenn man das einhaelt, kann man eigentlich alles spielen, auch Hanon. Die Gefahr ist, dass man abschweift, weil man etwas zu oft wiederholt. Hab ich das so richtig verstanden?

Ich glaube, man braucht ein gewisses Spiel-Niveau, um den Profis hier folgen zu koennen. Als Anfaenger muss man einfach auf sie hoeren und weniger hinterfragen, aber es widerstrebt mir total, mein Hirn auszuschalten und nicht darueber nachzudenken. Hat bei mir persoenlich auch damit zu tun, dass der Fortschritt mit Hanon einfacher messbar ist als der beim Klangwillen (?). Davon abgesehen, widersprechen sich die Profis auch ab und zu (scheinbar) :zunge:
 
Zuletzt bearbeitet:
@chiarina Was kommt eigentlich dabei raus, wenn man gar keine Technik isoliert uebt, sondern in seiner ganzen Klavierlaufbahn wirklich nur Stuecke spielt, kein Hanon, kein Czerny?
 
Ich uebe an einer Stelle so weit, bis es regelmaessig unsauber wird.
Das finde ich interessant! Weil's mir vor nicht allzu langer Zeit auffiel, dass es für mich sehr hilfreich (um nicht zu sagen: notwendig) ist, mit etwas gelungenem, guten aufzuhören. Hab ich in dem verlinkten Beitrag beschrieben - und wurde mir dann auch mit wissenschaftlicher Quelle aweng bestätigt.


Üben, bis es Peng wird, wär ja ziemlich genau das Gegenteil. Naja 🤷
 
Ich uebe an einer Stelle so weit, bis es regelmaessig unsauber wird (...) Dabei drehe ich soviele Schleifen, bis sich die Bewegung unsicher anfuehlt.
...was erreichst du damit, außer dass es unsauber wird und sich unsicher anfühlt? Willst du diesen Zustand erreichen, oder warum machst du das?
Nicht ergrimmen: es ist deine Beschreibung in deinen Formulierungen, und das kommt so rüber.
Besser wäre, etwas oft genug so zu spielen/üben, dass es sauber/richtig/gut klingt und sich dabei sicher anfühlt.

(einfache) Kadenzen spielen (gerne in allen Lagen/Umkehrungen) in allen Tonarten:
Das hatte meine KL auch vorgeschlagen. Nur wenn man hier im Forum mitliest, dann bekomme zumindest ich den Eindruck, dass man auf diese Weise ohne musikalischen Kontext uebt und das kontraproduktiv oder zumindest ineffizient ist.
Nein, ganz im Gegenteil! Kadenzen sind ein musikalischer Kontext: sie sind das Baugerüst sozusagen, befasst man sich praktisch mit ihnen, dann "übt man auf diese Weise mit / in musikalischem Kontext.
Und das war eindeutig etlichen Beiträgen hier zu entnehmen.

Also das Prinzip "geht es langsam, geht es auch schnell" hab ich noch nicht so einfach umsetzen koennen.
Das Prinzip ist schon richtig, aber man kann natürlich restlos alles auch falsch/ungeschickt machen (und dann scheinbar berechtigt jammern, dass es ja mimimi gar nicht funktioniert)

Der beliebteste Fehler dabei ist: zu viel sogleich zu schnell machen zu wollen. Statt einen langsam schon gekonnten kompletten Takt, in welchem z.B. 8 oder 12 Klänge aufeinander folgen, sofort komplett im doppelten Tempo zu probieren und das erwartungsgemäß nicht zu schaffen, sollte man sich diese sinnlose Überforderung nicht antun: weil es noch zu viel (!!) ist. Stattdessen den Takt in kleinere Einheiten (2 oder 3 aufeinanderfolgende Klänge) aufteilen und diese dann schneller probieren.
(ein weiterer Fehler beim langsamen spielen sind behäbige, "lahme" Bewegungen, mit denen es zwar langsam klappt, aber schnell sind sie dann kontraproduktiv... aber das zu beschreiben ist sehr langwierig, das erspare ich mir - denn eigentlich kann jeder wahrnehmen/spüren/erkennen, dass man sich anders bewegt, wenn man Klang Nr.2 als Ziel hat, aber blitzschnell bei Klang Nr.1 startet, um sofort im Ziel zu landen)
 
@chiarina Was kommt eigentlich dabei raus, wenn man gar keine Technik isoliert uebt, sondern in seiner ganzen Klavierlaufbahn wirklich nur Stuecke spielt, kein Hanon, kein Czerny?
...wenn die progressive Auswahl der Stücke gut ist, wird man jede "Technik" erlernen (viel üben & guter Unterricht vorausgesetzt)
(schau mal: Stücke wie Beethovens c-Moll Variationen, Chopins Etüden etc --- na, die widmen sich doch speziellen notwendigen "Techniken")

hat man mit irgendeiner speziellen Spielweise langfristig Probleme (buhuhu, die Terzen wollen und wollen nicht funzen), dann sind die GUTEN ÜBUNGEN (Brahms, Busoni, ggf. auch Liszt, Cortot, Goldenweiser) hilfreich, weil man dann das spezielle Problem nicht mit dem Stück verknüpft und sich folglich keine Angststellen dort angewöhnt.
 
Also das Prinzip "geht es langsam, geht es auch schnell" hab ich noch nicht so einfach umsetzen koennen.
Naja, da ist schon oft die Frage: Kannst du es wirklich langsam spielen? Oder schaffst du im langsamen Tempo gerade mal so die richtigen Noten?

Du kannst es auch umgekehrt sehen: Wenn du bei einer leichten Erhöhung des Tempos gleich Fehler machst, dann kannst du es wohl noch nicht so recht.

Wenn du etwas in einem gewissen Tempo wirklich spielen kannst, dann kannst du in dem Tempo nicht nur die richtigen Noten spielen, sondern hast darüber hinaus noch viel Kapazität für die musikalische Gestaltung übrig.
 

Ich rege an, dass wir auf den eigentlichen Threadtitel

Wie Uebezeit nutzen?​

zurückkommen. Das ist nämlich schon sehr interessant, nur leider kam auf 9 Seiten dazu bisher wenig.

Wenn ich - sagen wir mal - 30 Minuten Repertoirestücke (Repertoire heißt für mich als Amateur, dass ich die jederzeit einigermaßen spielen können möchte) habe und ein 1-2 neue Stücke zum Üben von 10 Minuten Spielzeit, dann brauch ich die erste 3/4 Stunde um einfach alles 1x durchzuspielen. Da habe ich am Repertoire nix korrigiert und das Neue sowieso nicht geübt. Es wird also die Zeiteinteilung zum Schlüssel, wenn man als Amateur täglich "nur" 1-2 Stunden Übezeit hat.

Das legt nahe, dass man nur mit einer sehr überlegten Strategie weiterkommen kann. Meine (Amateur-)Strategie ist leider häufig, mich nicht mehr um die Repertoirestücke (irgendwann sind sie dann keine mehr) zu kümmern und in der zur Verfügung stehenden Zeit nur noch Neues zu üben. Aber selbst das löst das Problem ja nicht, denn auch dann ist noch zu wenig Zeit adäquat Neues zu üben. Und wenn man das "Neue" dann irgendwann mal einigermaßen kann, muss man sich ja auch noch Durchspielroutine aneignen (oder auf ein Schülervorspiel vorbereiten) und da kann man nicht mal mehr selektiv üben, sondern muss halt komplett durchspielen.

D.h., dass also verschiedene Aufgaben um die Übezeit konkurrieren, nämlich:
  • Repertoire warmhalten
  • Neues üben
  • Durchspielroutine erlangen
  • (und von mir aus auch noch) Aufwärmen oder Technikübungen (nein, ich meine nicht Hannon)
Mich würde interessieren ob es hierzu Strategien gibt außer der, auf das Problem (einfach) gnadenlos mit Übezeit draufzuhauen ?
 
Zuletzt bearbeitet:
(ein weiterer Fehler beim langsamen spielen sind behäbige, "lahme" Bewegungen, mit denen es zwar langsam klappt, aber schnell sind sie dann kontraproduktiv... aber das zu beschreiben ist sehr langwierig, das erspare ich mir - denn eigentlich kann jeder wahrnehmen/spüren/erkennen, dass man sich anders bewegt, wenn man Klang Nr.2 als Ziel hat, aber blitzschnell bei Klang Nr.1 startet, um sofort im Ziel zu landen)

Ich habe neulich bei Josh Wright gehört, ein ganz typischer Fehler wäre auch, immer im gleichen Tempo zu üben. Irgendwie muss da was dran sein, ich habe nämlich auch schon die Erfahrung gemacht, dass etwas schnell funktioniert hat, aber langsam keineswegs. Muss wohl auch an den unterschiedlichen Bewegungen liegen. 🤔

Das legt nahe, dass man nur mit einer sehr überlegten Strategie weiterkommen kann. Meine (Amateur-)Strategie ist leider häufig, mich nicht mehr um die Repertoirestücke (irgendwann sind sie dann keine mehr) zu kümmern und in der zur Verfügung stehenden Zeit nur noch Neues zu üben.

Ja, ja, sich nicht um das Repertoire kümmern, bis es irgendwann keines mehr ist ... das kommt mir sehr bekannt vor ... Ich spiele das Repertoire nicht jeden Tag.

Wie arbeitet man eigentlich am Repertoire? Ist das wirklich mit einfach Durchspielen getan?
 
@chiarina Was kommt eigentlich dabei raus, wenn man gar keine Technik isoliert uebt, sondern in seiner ganzen Klavierlaufbahn wirklich nur Stuecke spielt, kein Hanon, kein Czerny?
Ich komme dabei z.B. raus :D

Wobei ich "Technik" schon auch "übe", aber meist über das Variieren von Stellen in Stücken oder explizites Erkennen (und Auflösen) unzweckmäßiger Bewegungsabläufe im Stückkontext. Oft kommt dabei übrigens heraus, dass das "technische" Problem gar kein technisches ist, sondern ein musikalisches, wie z.B. eine unmusikalische (oder unzweckmäßige) Phrasierung.
 
Ups, das muss ich richtigstellen. Ich suche beim Ueben immer das Limit. Das ist erreicht, wenn es nur noch mit Fehlern schneller geht. Dann schalte ich einen Gang zurueck, und ich versuche es nicht weiter zu steigern, sondern erst am naechsten Tag. Do hob i mi foisch ausdruckt (sorry, bin Bayer, kann's aber nicht sprechen).
 
Gibt's da auch was für Leute, die erst zwei Jahre lang Klavier spielen? 🤔
Nichts, jedenfalls nichts Sinnvolles. Wie ich schon schrieb, liegen die größten Defizite von Anfängern so gut wie immer in der Entwicklung der Musikalität und der Ausbildung des Gehörs. Solange man hier kein hohes Niveau erreicht hat, sind von der Musik losgelöste technische Übungen immer kontraproduktiv. Was ein Anfänger nach 2 Jahren an technischem Rüstzeug benötigt, findet sich erschöpfend in Bachs Inventionen, einfachen Haydn-Sonaten (oder klassischen Sonatinen), Schumanns Album für die Jugend, Bartóks Mikrokosmos und vielen weiteren Werken.
 

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