@DonMias @Kref
Schöne Beiträge!
100% Zustimmung. Da ist in der ersten Zeit ein Top-Instrument einfach zu frustrierend. Man kauft auch als erstes Auto tunlichst besser keinen Porsche. Und - wenn es sich vermeiden lässt, eben auch keine Rostlaube.
Mich erstaunt bei Deinem Werdegang, dass Du trotz Deines Gurkenklaviers in der Lage warst, die Sensibilität zu entwickeln, dessen Mängel zu erkennen.
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Ich persönlich hatte zwar ein Gurkenklavier. Aber ich erwähnte ja die Musiklehrerfreunde meines Vaters. Einer von denen hatte ein sehr hübsches, großes Bechstein-Klavier. Sehr altbackenes Eichendesign, bestimmt 70 Jahre alt aber gigantisch groß und immer gut gewartet. Ich weiß noch, wenn ich mit dem minimalen Anschlag, den ich für mein Rippen brauchte, damit da überhaupt ein Ton rauskam, pianissimo eben, auf dieses Instrument schlug, dann war das eher piano und bei weitem nicht das leiseste was man aus dem Instrument hätte rausholen können. Der Anschlag war deutlich leichter als bei meinem und man konnte entsprechend auch noch viel leichter anschlagen. Aber auch die minimale Lautstärke war leiser als auf meinem.
Wenn man aber so draufhaute, dass aus meinem ein forte gekommen wäre, dann dachte man beim Bechstein, die Fenster fallen raus. So kam es mir mit meinen 13 oder 14 Jahren zumindest vor. Man hatte also einerseits dadurch, dass man viel leiser anschlagen konnte, einen viel größeren Bereich, in dem man Kraft bewusst einsetzen konnte, andererseits auch ein viel leiseres pianissimo und ein viel lauteres fortissimo.
Ich hatte wirklich Probleme, auf dem Instrument zu spielen und ich spielte damals auf meinem Klavier Schubert Impromptus und die frühen und mittleren Haydn-Sonaten und die französischen Suiten von Bach (alles nicht besonders toll, denn ich war ein fauler Lerner, aber ich denke, dass das dennoch solider Mittelbau für den Hobbyklimperer ist). Auf dem Bechstein wollte es einfach nicht klappen, selbst auf meinem winzigen und verhunzten Rippen konnte ich schöner spielen.
Das mag nun auch daran liegen, dass ich nie länger als 10 oder 15 Minuten auf dem Bechstein spielte. Da waren so viele Leute drum rum und ich hatte irgendwann keine Lust mehr, mich lächerlich zu machen. Hätte ich ein paar Stunden oder gar Tage Zeit gehabt, hätte ich auf meinem damaligen Niveau wahrscheinlich durchaus aus dem Bechstein was Gutes rausholen können aber ich hätte halt wirklich Zeit gebraucht, mich darauf einzuspielen und diese Fähigkeit möchte ich einem blutigen Anfänger schlicht absprechen.
Gleichzeitig erinnere ich mich aber an das mittelgroße Schimmel-Klavier meines Lehrers. Sicherlich kein tolles Instrument, einfach solide Mittelklasse, in nichts besonders gut, aber auch in nichts wirklich schlecht. Das Instrument ließ sich VON MIR hervorragend spielen. Ich mag Schimmel irgendwie nicht, weiß nicht warum, einfach nicht sexy, vielleicht weil so ein klassisches Schulinstrument, ich wollte es einfach nicht als "das letzte Instrument meines Lebens" haben. Aber es war ein fantastisches Lerninstrument.
Derzeit spiele ich (vorerst aber hoffentlich nicht mehr lange) leider nur digital. Daheim steht ein Clavinova, weil ich aber auf Montage arbeite und ständig monatelang unterwegs bin hab ich mir nun noch ein sehr hochwertiges Stage Piano gekauft, das ich mit auf Reisen nehmen kann. Wie ich heute mit schlechten oder guten akkustischen Instrumenten klarkäme weiß ich gar nicht. Ich weiß aber, dass ich mit dem mittelguten Schimmel meines damaligen Lehrers auch heute gut spielen könnte.