Chiarina, ich bezweifle nicht, dass so ein Kind derartige Botschaften des KL verstehen kann.
Ich sage nur, dass es nicht dazu führen wird, dass sich das häusliche Übeverhalten ändert. Ein kleines Kind denkt zu Hause nicht "oh ja, ich weiß ja jetzt, warum Üben wichtig ist" o.ä. und übt dann deswegen. Sondern es verhält sich nahezu immer "nach Lust". Erwachsene sind dafür zuständig, dass das Kind unabhängig vom "Lust-Zustand" das Vereinbarte auch tatsächlich tut.
Lieber hasenbein,
wenn ich so ein Gespräch führe, ist einerseits das Ziel, dass der Schüler weiß, dass ich mit der Situation unzufrieden bin. Ich möchte ihm das selbst sagen und nicht den unklaren Weg über die Eltern wählen, bei dem ich nicht weiß, was dort überhaupt kommuniziert wird.
Andererseits ist das Ziel, dass ich herausfinden möchte, wo es hakt (z.B. durch aktives Zuhören). Gründe für ein Nicht-Üben können sehr vielfältig sein. Das überlasse ich nicht den Eltern. Natürlich wird im Anschluss mit den Eltern gesprochen. Dann habe ich aber für mich die Situation geklärt und weiß, wo man ansetzen sollte.
Außerdem bin ich wie
@Musikanna der Meinung, dass auch Siebenjährige eine altersangemessene Verantwortung für ihr Üben haben. Grundschulkinder müssen auch Hausaufgaben machen und auch in der Schule tragen sie eine altersangemessene Verantwortung.
Ich bin weder Klavierlehrerin, noch Pädagogin, aber ich glaube, ich würde einem Kind bei mehrmaligem „Unvorbereitet-Sein“ nicht rückmelden, dass es mich ärgert, dass das so ist und ich dadurch immer das Gleiche machen müsse und mich langweilen würde.
Bei einem Jugendlichen (der in den meisten Fällen bereits selbstständiger ist und das eigene Verhalten und Erleben auch schon besser reflektieren und kommunizieren kann) würde ich so einen Schritt irgendwann versuchen. Bei einem siebenjährigen Kind allerdings nicht.
Liebe devasya,
danke für deinen ausführlichen Beitrag! Mein eigener Beitrag war allerdings in erster Linie an Anna gerichtet, die von einem siebenjährigen Kind nicht gesprochen hatte sondern von Schülern allgemein. Erst als
@hasenbein eingewendet hatte, dass man das mit einem siebenjährigen Kind so nicht machen könne, habe ich gesagt, dass das auf jeden Fall ginge.
Du stößt dich nach meinem Eindruck hauptsächlich an dem im Fallbeispiel geäußerten Gefühl "ich ärgere mich", oder? Du würdest das nicht sagen.
Vielleicht würdest du dich aber auch nicht ärgern und dann wäre das Gefühl ja auch falsch. Als Alternative hatte ich sowieso "ich bin überrascht/verwundert" geschrieben.
Es ist aber wichtig, authentisch zu sein. Ein Schüler merkt, wenn der Lehrer verärgert ist und es ist besser, das auszusprechen als wenn der Ärger "hintenraus" kommt (Körpersprache, Tonfall....). Es kommt auch darauf an, wie ich das sage und welche Beziehung ich zu dem Schüler habe. Wenn die Beziehung idealerweise von Verständnis, Aufmerksamkeit und Wertschätzung geprägt ist, ist es überhaupt kein Problem, Ärger auszudrücken.
Ein Baby, ein Kindergarten- oder Grundschulkind hat in seinem Leben schon viele Frustrationen und Ärger erfahren. Jeder, der Familie hat, weiß um die täglichen Konflikte, die im Zusammenleben von Familienmitgliedern durch die unterschiedlichen Bedürfnisse entstehen.
Gefühle wie Angst, Trauer, Ärger, Frust etc. sind völlig normal und sie schaden nur, wenn auf ihnen herumgetrampelt wird und man nicht drüber spricht. Wobei Ärger und Wut sog. Zweitgefühle sind, hinter denen sich oft Erstgefühle wie Scham, Angst und Trauer verbergen.
Wenn ich mit einem Siebenjährigen nun in einem Gespräch in wertschätzender Weise über meinen Ärger spreche, versteht er mich besser. Das ist viel besser, als wenn ich ihn wütend anschaue oder anfahre, wenn ich meine Stimme erhebe. Nun könnte man der Meinung sein, ein Lehrer dürfe eben nicht ärgerlich sein oder frustriert oder gelangweilt. Ich sage dann, dass das sehr inhuman gegenüber einem Lehrer wäre, denn er ist auch nur ein Mensch.
Ich bin deswegen so glücklich mit der humanistischen Psychologie, weil es dort keine Gewinner und Verlierer gibt, weil jeder so sein kann, wie er ist und auch so angenommen wird. Wenn ich als Lehrerin mir selbst einen Maulkorb verpassen würde, weil ich eine Rolle spiele (die des Pädagogen), wäre ich m.E. der Verlierer. Das ist nicht mein Verständnis einer Lehrer-Schüler-Beziehung. Gleichzeitig gestehe ich das dem Schüler ebenso zu und es entsteht eine fruchtbare Beziehung, in der Konflikte schnell gelöst werden und Klavier gespielt werden kann.
Übrigens: ob ich tatsächlich ärgerlich würde, weiß ich nicht. Ich werde selten ärgerlich, weil ich meist schon vorher handle. Aber WENN ich ärgerlich wäre, würde ich das auch einem Dreijährigen sagen - ganz sicher! :D
Liebe Grüße
chiarina