Was ist Rhythmus?

  • Ersteller des Themas newbie123
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Rhythmus ist nicht das gleiche wie Puls. Im Mutterleib hören wir einen Puls und keinen Rhythmus. Puls ist einheitlich. Rhythmus mehrheitlich.
Da stehst du offenbar auf Kriegsfuß mit Heinrich Neuhaus :)
Er sagt nämlich ganz explizit, dass der Puls ein Rhythmus ist (Kapitel über den Rhythmus dritter Absatz)

Rhythmus ist Aneinanderreihung von unterschiedlichen Notenwerten.

lg marcus
 
Da stehst du offenbar auf Kriegsfuß mit Heinrich Neuhaus :)
Er sagt nämlich ganz explizit, dass der Puls ein Rhythmus ist (Kapitel über den Rhythmus dritter Absatz)

Rhythmus ist Aneinanderreihung von unterschiedlichen Notenwerten.

lg marcus

Dann stehst Du aber auch auf Kriegsfuß mit Herrn Neuhaus, wenn Du sagst, Rhythmus ist Aneinanderreihung von unterschiedlichen Notenwerten. Denn ein Puls definiert sich durch die Wiederholung immer des selben Notenwerts.:D
Oder hat Herr Neuhaus sich da selbst wiedersprochen?

Wenn Du sagst, Rhythmus ist Aneinanderreihung von unterschiedlichen Notenwerten, dann ist das im Prinzip richtig.
Ich versuchte allerdings darüber hinaus klar zu machen wie diese Aneinandereihung verschiedener Notenwerte zustande kommt, also wie sozusagen Rhythmus entsteht. ;)
 
Das ist in der Tat nicht so einfach.

Neuhaus meint einerseits Rhythmus sei die "Gliederung der unbegrenzten Zeit", äußert sich aber nicht, wie diese Gliederung aussehen muss. Er sagt dazu nur, dass es NICHT immer derselbe Notenwert sein darf, weil es sonst ein Metrum wäre.

Es muss variieren. Deshalb wählt er als Vergleiche den Puls, Atem, Meereswellen und ähnliche Erscheinungen.

lg marcus
 
Ich zitiere , um alle Unklarheiten zu beseitigen :D :

"Oft und nicht ohne Grund wird der Rhythmus eines musikalischen Werkes mit dem Puls eines lebendigen Organismus vergleichen, nicht mit dem Schwingen eines Pendels, nicht mit dem Ticken einer Uhr, oder dem Klopfen eines MEtronoms (all dies sind Metren, aber keine Rhythmen), sondern mit solchen Erscheinungen wie Puls, Atem, Meereswellen, dem Wogen eines Kornfeldes. [...] Der Puls eines gesunden Menschen schlägt gleichmäßig, er beschleunigt oder verlangsamt sich aber in Abhängigkeit von seinen (physischen oder psychischen) Erlebnissen. Genauso ist es in der Musik"

Es gibt sicher noch viele interessante Textstellen aus diesem Kapitel, aber ich denke, diese klärt deine Frage , Fred. Oder?

lg marcus
 
Ich zitiere , um alle Unklarheiten zu beseitigen :D :

"Oft und nicht ohne Grund wird der Rhythmus eines musikalischen Werkes mit dem Puls eines lebendigen Organismus vergleichen, nicht mit dem Schwingen eines Pendels, nicht mit dem Ticken einer Uhr, oder dem Klopfen eines MEtronoms (all dies sind Metren, aber keine Rhythmen), sondern mit solchen Erscheinungen wie Puls, Atem, Meereswellen, dem Wogen eines Kornfeldes.

Sehr poetisch - aber das ist eine Beschreibung des Metrums, nicht des Rhythmus'

War das von Heinrich Neuhaus?
 
Sehr poetisch - aber das ist eine Beschreibung des Metrums, nicht des Rhythmus'

War das von Heinrich Neuhaus?
Ja, das ist von Heinrich Neuhaus. Er schreibt doch aber, dass diese Sachen wie Puls etc. eben gerade keine Metren sind. Sonst müssten sie ja vollkommen gleichmäßig sein, so wie das Metronom tickt. Aber so einen Puls hat wohl niemand, ich jedenfalls nicht ;)
 
Ja, das ist von Heinrich Neuhaus. Er schreibt doch aber, dass diese Sachen wie Puls etc. eben gerade keine Metren sind. Sonst müssten sie ja vollkommen gleichmäßig sein, so wie das Metronom tickt. Aber so einen Puls hat wohl niemand, ich jedenfalls nicht ;)

Der Begriff Puls ist mir eh suspekt. Rhythmus ist aber etwas völlig anderes als Puls, egal ob der Puls nun metronomisch oder kornfeldartig pulsiert ;)
 
"Oft und nicht ohne Grund wird der Rhythmus eines musikalischen Werkes mit dem Puls eines lebendigen Organismus vergleichen, ...

Ja, der Puls eines Musikstückes kann dem eines lebendigen Organismus ähneln. Das ändert aber nichts an der Tatsache dass der Begriff Puls auf keinen Fall gleichgesetzt werden darf mit dem Begriff Rhythmus. Wiederhole ich mich?


...nicht mit dem Schwingen eines Pendels, nicht mit dem Ticken einer Uhr, oder dem Klopfen eines MEtronoms (all dies sind Metren, aber keine Rhythmen), ...
Jetzt bringst Du den Begriff Metrum noch mit in's Spiel, na gut.
Zunächst haben wir einen Puls. Seine Eigenschaften sind Gleichmäßigkeit und Unbetontheit.
Wenn nun auf diesen Puls Betonungen in regelmäßigen Abständen gesetzt werden, handelt es sich um ein Metrum.
Ein Metrum ist also ein Puls mit regelmäßig wiederkehrenden Betonungen.
Diese Betonungen werden primär durch einen Taktstriche dargestellt. Es können auch Zwischenbetonungen gesetzt werden, z.B. auf die Drei in einem 4/4 Takt. Ein Metrum teilt das immer währende Continuum des Pulses also in regelmäßige Zeitabstände.

Das ist aber immer noch kein Rhythmus!
Und ich wiederhole mich nochmals.

Rhythmus ist nun die Überlagerung von mindestens 2 Pulsen mit verschiedenen Amplituden. Die immer wiederkehrende Zusammenkünfte beider Pulse bilden zeitliche Abgrenzungen. Man nennt dies auch Takte. 2 übereinander gelagerte Pulse erzeugen somit neben Rhythmus auch ein Metrum.

Wenn man beide Pulse in einer rhythmischen Figur zusammen fasst, spricht man von der Resultante.
Die Resultante von 2 gegen 3 wäre:
Viertel Achtel Achtel Viertel
 
Zitat von Fred:
Rhythmus ist nun die Überlagerung von mindestens 2 Pulsen mit verschiedenen Amplituden. Die immer wiederkehrende Zusammenkünfte beider Pulse bilden zeitliche Abgrenzungen. Man nennt dies auch Takte. 2 übereinander gelagerte Pulse erzeugen somit neben Rhythmus auch ein Metrum.
Was du mit Überlagerung von 2 Pulsen meinst, ist mir nicht ganz klar. Wenn ich eine einstimmige Melodie/Motiv habe, dann hat die doch auch einen Rhythmus (meinetwegen Beethovens berühmtes tatata-taaaaaaa)?! Oder wie ist das zu verstehen?

lg marcus
 
Naja, wenn man denn triviale Begriffe unbedingt definieren muß:
Rhythmus ist die Abfolge verschiedener Notenwerte -- aber in Abhängigkeit von der Metrik. Denn folgende Beispiele sind trotz gleicher Notenwerte verschiedene Rhythmen
("." = kurz, "-" = lang, "|" = Taktstrich):
. . | - . . | -
. | . - . | . -

Aber über solche Definitionen kann man lange streiten. Da eigentlich jeder versteht, was mit dem Begriff gemeint ist -- auch wenn es womöglich jeder ein wenig anders versteht -- ist die Definierwut ziemlich entbehrlich. Schon gar nicht muß man darüber tiefsinnig werden und den Rhythmus den Ton auf der Zeitachse bewegen lassen. Weil: so tiefsinnig ist das nicht, denn es heißt schlicht, daß ein Ton eine gewisse Dauer hat, bevor der nächste ihn ablöst. Eine solche Definition ist ziemlich dasselbe, als wollte man den Begriff "Tisch" dadurch definieren, daß er Dinge, die man auf ihm ablegt, im Gravitationsfeld ruhen lasse...

Kinnersch, laßt mal den Tiefsinn besser im Trüben ruhen und geht lieber üben. Da merkt ihr dann schon, was Rhythmus ist.

Mich erinnert diese Definierwut an einen Eintrag in Laabers Klavierlexikon:
"Der Klavierklang ist der von einem besaiteten Tasteninstrumente ausgehende und vom menschlichen Gehör wahrgenommene Sinnesreiz."
Angesichts dieses lexikalischen Meisterwerks eines deutschen Satzes deutscher Definierwut, frage ich mich manchmal, warum der Laaber-Verlag sich mit zwei a schreibt...
__________________________
Jörg Gedan
http://www.pian-e-forte.de
 

Was du mit Überlagerung von 2 Pulsen meinst, ist mir nicht ganz klar. Wenn ich eine einstimmige Melodie/Motiv habe, dann hat die doch auch einen Rhythmus (meinetwegen Beethovens berühmtes tatata-taaaaaaa)?! Oder wie ist das zu verstehen?

lg marcus

Hi marcus,

hier eine graphische Darstellung aus dem Buch "Theory of Rhythm" von Joseph Schillinger. Vielleicht ist es so besser verständlich, wie diese Überlagerung zweier verschiedener Pulse gemeint ist.
Ich finde es gerade spannend solch trivialen Sachen auf den Grund zu gehen. Die Begriffe Puls, Metrum und Rhythmus richtig einzuordnen stärkt auf jeden Fall das Verständnis für Musik. Die Rolle des Rhythmus wird nämlich oft, und gerade bei den Klassikern, unterschätzt.
Wenn wir davon ausgehen, und Schillinger hat das empirisch bewiesen, dass fast alle in unserer Musik gebräuchlichen rhythmischen Figuration auf die Überlagerung zweier verschiedener Pulse zurückzuführen ist, wäre es doch mal an der Zeit für den Musiker zu üben! Und zwar sämtliche binominalen Verhältnisse, bis sagen wir mal 6:7 oder so.
Wer spürt denn schon 4gegen5?
Es sind gerade dies die Urrhythmen auf die unsere Kunstmusik immer wieder zurück greift, und zwar meist in Form von Ausschnitten.

Schön wäre es in diesem Zusammenhang sich auch einmal mit klassischer afrikanischer Musik zu beschäftigen, da gerade dort das Rhythmische einen wesentlich höheren Stellenwert hat als es bei uns erfährt. Wie Du in dem Video siehst, ist Polyrhythmik hier an der Tagesordnung.
Doudou Ndiaye Rose, der Dirigent auf dem Video, ist übrigens einer der anerkanntesten Musiker Afrikas.
 

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