Mir liegt es sehr am Herzen, das noch weiter auszuführen und damit meine beiden vorherigen Posts zu ergänzen :) :
Die Basis aller Kommunikationsmodelle, besonders der von Gordon und Rosenberg, beruht auf einem humanistischen Menschenbild:
"Keiner weiß besser, was ihm gut tut und für ihn notwendig ist, als der Betroffene selbst. Wir können einander also nicht beibringen, was für uns gut ist. Nicht mit noch so ausgeklügelten Techniken. Aber wir können einander dabei unterstützen, es selbst herauszufinden.“
(Schmid, Peter F.:
Der personenzentrierte Ansatz Carl R. Rogers)
Als ich die Ausbildung als Kursleiterin des
Gordon-Modells machte, hatte unser Dozent, der mit Rogers noch gearbeitet hatte und mit ihm befreundet gewesen war, sich sehr viel Zeit genommen, um über das dem Modell zugrunde liegende Menschenbild zu sprechen. Ich hatte mich zunächst darüber gewundert, dass ihm das so wichtig war. Aber je mehr ich darüber erfuhr und je mehr ich darüber nachdachte, desto klarer und grundlegend erschien es mir.
Mir wurde klar, dass unsere Art der Kommunikation immer etwas darüber aussagt, wer wir sind, was wir wollen und was wir sein wollen. Und dass Kommunikation nur authentisch und damit klar sein kann, wenn sich die Art unserer Kommunikation mit dem deckt, was wir für Vorstellungen von uns und der Gesellschaft haben, in der wir leben.
Wenn ich denke; "der ist ein Idiot, was ein Trottel, was für falsche Ansichten...", kann ein noch so gut formuliertes Aktives Zuhören oder eine Ich-Botschaft nicht klar rüberkommen, denn meine Körpersprache oder mein Tonfall wird andere Signale senden.
Dieses Menschenbild will also niemanden "bekehren"! Rogers identifizierte sich sehr mit den Schriften Lao-tses, der sagte:
„Wenn ich Menschen nicht dazwischenfahre, passen sie auf sich selbst auf,
Wenn ich Menschen nicht befehle, verhalten sie sich von selbst richtig.
Wenn ich Menschen nicht predige, werden sie von selbst besser,
Wenn ich mich Menschen nicht aufdränge, werden sie sie selbst.“
(Rogers, C. / Rosenberg, R.: Die Person als Mittelpunkt der Wirklichkeit 1980; Seite 196)
Es ist nicht einfach, dieses Menschenbild in die Tat umzusetzen. Schon allein deshalb, weil in unserer Gesellschaft genau das Gegenteil propagiert wird. Es entspricht allerdings sehr meinen Bedürfnissen und Vorstellungen von einer Gesellschaft, in der ich leben möchte.
Ich möchte sowohl meine Wünsche, Gefühle, Gedanken aussprechen können wie auch wissen, was andere für Wünsche, Gefühle und Gedanken haben. Oft traut man sich das aber nicht oder ist es einfach nicht gewohnt.
Wenn solche Tabus fallen würden und wir über unsere jeweiligen Bedürfnisse frei sprechen würden, wäre das aus meiner Sicht ein großer Fortschritt! Wir würden uns verständlich machen, aber auch andere verstehen. Stattdessen reden wir oft in Verschlüsselungen und Codes, reden eher über andere als über uns selbst!
Eine Kritik an diesem Menschenbild, die ich immer wieder höre, lautet, dass ja alles beliebig sei, wenn jeder dürfe, was er wolle. Sie sehen das Chaos schon am Horizont winken.
Das ist nicht so. Ich nehme natürlich Einfluß! Und zwar, indem ich meine Gefühle, Gedanken, Absichten, meine Reaktionen auf die Handlungen anderer sehr ernst nehme und klar artikuliere! Ich artikuliere meine persönlichen Grenzen etc. und nehme dadurch absolut Einfluß.
Das humanistische Menschenbild Rogers erkennt die Bedürfnisse aller Menschen als gleichwertig an, es ist "personenzentriert" und hat den Menschen mit seinen Bedürfnissen, Gedanken, Gefühlen im Fokus.
Ich bin so glücklich mit dem Gordon-Modell, das auf diesem Menschenbild aufbaut, weil ich mich damit in aller Klarheit vertreten kann und damit Einfluß und auch Autorität ausübe, aber das Gleiche auch allen anderen Menschen zubillige. Das gilt besonders im Konfliktfall - das Gordon-Modell ist ein Konfliktlösungsmodell und vertritt eine Sprache der Annahme, sowohl der eigenen wie der fremden Bedürfnisse. Es hilft mir sehr bei Konflikten sowohl privat als auch im Unterricht.
Wer mehr wissen möchte, kann die "Familienkonferenz" nach Thomas Gordon lesen oder andere Bücher von ihm wie "Managerkonferenz", "Gute Beziehungen", Lehrer-Schüler-Konferenz"... .
Liebe Grüße
chiarina
P.S.: Lieber
@Dreiklang: aus den genannten Gründen analysiere ich keine anderen Menschen!