Was Hänschen nicht lernt...


Gemach, gemach!

Heute geht es weiter mit dem ängstlichen Persönlichkeitstypus.

Nach 4 Jahren und 6 Monaten stillen Mitlesens traut er sich, sich in einem Klavierforum anzumelden.
Er stellt seine Fragen gewählt, vor-und umsichtig, um keine hasenbeinschen "ich nehme kein Blatt vor den Mund " Kommentare zu provozieren.

Er agiert gewissenhaft, kontrolliert ein 4.Mal seine finanziellen Möglichkeiten und betritt nach einigen schlaflosen Nächten ein Klaviergeschäft. Schüchtern fragt er einen Angestellten, ob er ein- oder 2 mal den Flohwalzer auf verschiedenen Klavieren anspielen darf.

Er darf und kauft ein Mittelklasse-Silent-Piano. Mit Rücksicht auf die Nachbarn und die User, die ausschließlich ein akustisches Klavier präferieren.

Er schreibt im Forum rein sachbezogene Beiträge, ohne Fotos. Chiarina wird seine Heldin.

;-)

Meine Beiträge zu den Persönlichkeiten sind augenzwinkernd zu verstehen.
Ich beschreibe gesunde Persönlichkeitszüge, die wir meist gemischt, mehr oder weniger in uns vereinen.

Wenn ein gewisser Grad überschritten wird kann eine Persönlichkeitsstörung vorliegen, die zu einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität des Betroffenen und seiner Angehörigen führen kann. Darum geht’s hier nicht.

Wie wichtig die unterschiedlichen Typen für unsere Gesellschaft sind, beschreibt Francoise Lelord in seinem Buch "Der ganz normale Wahnsinn" recht eindrucksvoll:

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realistische Zielsetzung zu haben. Aus mir wird kein Konzertpianist mehr werden.

Die gute Nachricht: Auch von den klavierübenden Kindern werden die aller-aller-allerwenigsten Konzertpianisten, und von diesem winzigen Prozentsatz wiederum kann ein noch vielviel winzigerer Prozentsatz von seiner Konzerttätigkeit leben. :001:

Wo die eigenen Grenzen liegen, weiß man erst, wenn man an sie stößt. ;-)
 
Hallo Sam:)
Ich bin 39 und hab vor knapp 4 Monaten begonnen Klavier zu spielen.
Ich kann nur sagen, ich hab so viel Freude damit und es klappt echt gut.
Meine Lehrerin sagt auch, es ist nie zu spät.
Ich hab mir ein Klavier (epiano) bei einem Händler vor Ort gemietet um erstmal zu testen. Das würde ich dir empfehlen.
Im November werde ich es jetzt kaufen, da ich sicher bin, dass ich weitermachen werde.
Trau dich!
LG Arya
 
Wie wichtig die unterschiedlichen Typen für unsere Gesellschaft sind, beschreibt Francoise Lelord in seinem Buch "Der ganz normale Wahnsinn" recht eindrucksvoll:

Die erfahrung habe ich auch schon mehrmals machen dürfen. So sehr anstrengend die Gegenwart eines "Reichsbedenkenträgers" ist, so wichtig ist er. *)

Grüße
Häretiker

*)
Und nochmal explizit für Sternchensammler: Es handelt sich hierbei nur um das grammatische Geschlecht. Genau wie bei "die Geisel".
 
Ich komme nochmal auf die Ausgangsfrage zurück, weil ich selbst auch mit 31 Jahren angefangen habe und inzwischen 10 Jahre spiele, mit Höhen und Tiefen. Hier meine (vielleicht unsortierten) Gedanken zum Thema später Anfang:

Klavier spielen oder Klavier üben?
Die wichtigste Frage, die du dir stellen solltest, ist: Gefällt dir nur der Gedanke Klavier spielen zu können oder hast du wirklich Lust am Lernen? Viele wollen spielen können, aber der Weg dahin ist weit und teilweise anstrengend.

Zeit
Du bist 31, hast (wahrscheinlich) einen Beruf, Frau, Kinder usw. Du wirst dir aber ungefähr eine Stunde täglich frei schaufeln müssen, um Klavier zu üben. Ich würde mir bereits jetzt überlegen, was ich dafür hinten rüber fallen lasse. Und wenn es bedeutet, den Netflix Account zu löschen. :001:

Kontinuität
Ein Instrument zu lernen ist kein Hobby wie Motorrad fahren, wo man die Maschine auch mal ein halbes Jahr in der Garage stehen lässt, um dann wieder loszufahren. Längere Pausen werfen dich zurück und können demotivieren. Trotzdem lassen sie sich nicht vermeiden, speziell als Erwachsener. Beruflicher Stress, kranke Kinder, Beziehungskrisen, pflegebedürftige Angehörige, Scheidungen, Umzüge, all das fordert seinen Tribut.

Ziele
Du wirst erreichbare Ziele haben müssen. Das kennt jeder Sportler, von Null an direkt auf einen Ultramarathon zu trainieren funktioniert für die meisten Menschen nicht. Du wirst sehr lange Stücke spielen, die du vielleicht nicht besonders beeindruckend findest. Da kommt es darauf an, wie viel Spaß dir das eigentliche Üben macht. Und ob du auch an einem Hirtenlied Freude haben kannst. Und: Wirklich schwierige Stücke wirst du als Spätanfänger nie so beherrschen, dass sie irgendjemand hören möchte. Du wirst auch über Jahre selbst bei einfachen Stücken immer wieder Flüchtigkeitsfehler machen, dich verspielen. Und ein flüssiges Vom-Blatt-Spiel liegt für die meisten Spätanfänger völlig außer Reichweite.

Ich will niemanden davon abbringen, mit dem Klavier anzufangen, ich möchte nur ein bisschen ein realistischeres Bild zeichnen statt einfach stereotyp zu sagen "Wenn du es wirklich willst, kannst du es schaffen!!!" Das stimmt in diesem Fall schlicht nicht, denn die meisten erwachsenen Anfänger hören wieder auf, weil sie völlig falsche Vorstellungen hatten. Da bestätigt auch meine KL, was der User @hasenbein sagt.
Wenn man aber die Zeit frei hat und sie in das Klavier investieren möchte und wenn man damit zufrieden ist, dauerhaft kleine Brötchen zu backen, kann Klavierspielen ein sehr spannendes und erfüllendes Hobby sein.
 
Klavier spielen oder Klavier üben?
Die wichtigste Frage, die du dir stellen solltest, ist: Gefällt dir nur der Gedanke Klavier spielen zu können oder hast du wirklich Lust am Lernen?

Das ist in der Tat die wichtigste Frage. :super:

"Lernen" = Entdecken neuer Welten / verborgener Zusammenhänge, eine Prise Herausforderung / Abenteuer, ein Ausloten der eigenen Grenzen und ihre schrittweise Überwindung und im Gegensatz zu thrillenden Sportarten vollkommen gefahrlos. :pokal:

Ich bin verrückt nach Üben, nach diesem Aneignungsprozess, der mitunter detektivischen Observation von musikalischen Sinnzusammenhängen ... und nicht zuletzt nach dem Gefühl, wenn der Groschen [endlich] gefallen ist. :herz: Takt für Takt, Phrase für Phrase, egal ob es Tage oder Wochen braucht. :blume:
 
Lernen" = Entdecken neuer Welten / verborgener Zusammenhänge, eine Prise Herausforderung / Abenteuer, ein Ausloten der eigenen Grenzen und ihre schrittweise Überwindung und im Gegensatz zu thrillenden Sportarten vollkommen gefahrlos.

Genau so ist es!
Und dann gibt es Stücke, die sind wie eine recht ausladende Insel, nur mit hohem Geröll, kaum Strand. Und du musst erst den steinigen Weg hochkraxeln, um zu sehen, dass eingebettet in dieses Gebirge eine wunderschöne Landschaft, Wasserfälle und was weiß ich noch alles ist.

Üben ist toll!!
 
Ich will niemanden davon abbringen, mit dem Klavier anzufangen, ich möchte nur ein bisschen ein realistischeres Bild zeichnen statt einfach stereotyp zu sagen "Wenn du es wirklich willst, kannst du es schaffen!!!" Das stimmt in diesem Fall schlicht nicht, denn die meisten erwachsenen Anfänger hören wieder auf, weil sie völlig falsche Vorstellungen hatten. Da bestätigt auch meine KL, was der User @hasenbein sagt.
Eben.

Ich sage das doch nicht aus Ekelpaketigkeit, sondern weil ich der Meinung bin, dass weltfremde Vorstellungen (auch und insbesondere aus der "tschakka, ich kann alles schaffen"-Abteilung) nicht hilfreich sind und über kurz oder lang zu Frustration führen. Und ich sage das, weil ich nun mal inzwischen genug erwachsene Schüler kennengelernt und selber unterrichtet habe, um sagen zu können, was typisch oder wahrscheinlich ist.

Aber so ist das halt heutzutage: Wenn Du nicht "ermutigst", "empowerst" und "sugarcoatest", sondern sehr klar und ungeschminkt Realitäten benennst, bist Du ein blödes Arschloch, dessen "Ton daneben ist". Merke generell: Wird Dein "Ton" kritisiert, heißt das meistens (nicht immer!), dass Du etwas klar ausgesprochen hast, was von den anderen vielleicht sogar auch in gewisser Weise bereits gewusst wurde, aber nicht gewünscht wurde, dass es offen im Raum steht.
 
Ich weiß zwar nicht, ob Samweiss noch mitliest, kann aber auch gerne meine Erfahrungen teilen: ich habe - ein paar viele Jahre älter - als Späteinsteiger mit dem Klavierspielen begonnen. Geringe Vorkenntnisse aus der Kindheit sind zwar vorhanden, Noten lesen konnte ich mehr oder weniger auch, ansonsten musste ich auch von vorne anfangen. Aber das geht, und ich spiele nach nun fast vier Jahren mit großartiger Unterstützung meiner Klavierlehrerin immer noch sehr sehr gerne!! Aber es ist ein mühsamer Weg (nicht negativ gemeint), manchmal könnte ich vor Frust in die Tasten beißen :008:.
Den Beitrag von EMoll kann ich unterschreiben, man sollte realistisch sein und bleiben. Ich finde furchtbar viele Stücke wunderschön und kaufe mir die Noten - um festzustellen, dass ich diese Stücke vorerst mal gar nicht spielen kann. Meine Notensammlung wächst also stetig ... Aber man muss ja Ziele haben ...
Meine Empfehlung: einfach loslegen, Unterricht nehmen und Spaß haben - und vor allen Dingen dabei bleiben, auch wenn es augenscheinlich nicht weitergeht. Es geht weiter (sofern man auch übt).
Und nun bin ich wieder wech und lese weiter fleißig mit :023:
 
Ist es nicht egal, ob ein erwachsener Anfänger dabei bleibt, oder es nach einiger Zeit wieder bleiben lässt. Wir alle habe in unserem Leben so viel begonnen und dann irgendwann gelassen. Ist doch in Ordnung. Bereuen tut man doch eher was man im Leben nicht gemacht hat. Also im schlechtesten Fall, weiß man, hinterher, dass man für sich nichts verpasst hat.
 

Natürlich ist es egal, ob man dabei bleibt oder nicht. Das muss eh jeder für sich selbst entscheiden. Mir geht es eher darum, auch ein bisschen Durchhaltevermögen an den Tag zu legen. Am Anfang kommt man schnell voran; die Stücke, die man dann spielen kann, sind ganz nett... Aber - ich spreche jetzt einmal von mir - ich möchte gerne auch andere Stücke spielen, und das dauert eben. Einen Entertainer (der wurde mal irgendwo genannt) spiele ich nicht nach vier Jahren, mag auch an meinem Fleiß liegen. Aber wenn man sich wirklich wünscht, Klavier zu spielen, sollte man einfach versuchen, dabei zu bleiben. Und auch einmal eine blöde Phase durchstehen.
Hier war beispielsweise der Wunsch, ein bestimmtes Stück bzw. Musik in dieser Art spielen zu können. Der Unterricht beginnt und man stellt fest, dass dieses oder jenes Stück doch nicht so schnell (schön) spielbar ist. Jetzt kommt wieder mein Aufruf, weiter machen! Vun nix kütt nix, wie der Kölner sagt :005:
 
Ich habe mit 58 angefangen und lerne nun vier Jahre Klavier. Jetzt bin ich pensioniert und kann stundenlang üben. Es gefällt mir immer noch, auch wenn ich den Entertainer nur in einer vereinfachten Form und noch lange nicht perfekt spiele. Aber ohne fleissiges üben geht nichts und bei einigen Stücken scheint mir selbst das nicht immer zu helfen (im Moment beisse ich mir gerade bei Bach Prelude in C-Minor BWV 999 die Zähne aus...).
 
Man tut gut daran zu lernen, das Streben nach dem Vorwärtskommen gleichzeitig mit einem grundsätzlichen Zufriedensein existieren zu lassen. Denn man ist niemals fertig und es gibt immer noch mehr. Besser, perfekter, höher, gekonnter. Das hört nicht auf, und das ist auch gut so. Aber beim Klavier haben wir das große Glück, dass es schon für die allerersten Anfänge wirklich schöne Literatur gibt und man sofort toll musizieren kann. Ein "wenn ich erst..." sollte man sich abgewöhnen. Das ist wie "wenn ich erst in Rente bin, wird alles besser". Kann sein, aber ich hab ja noch 40 Jahre. :005:
 
Ein "wenn ich erst..." sollte man sich abgewöhnen. Das ist wie "wenn ich erst in Rente bin, wird alles besser". Kann sein, aber ich hab ja noch 40 Jahre. :005:
und genauso, möchte ich hinzufügen, sollte man es nicht versäumen, sich auch im Hier und Jetzt im Leben etwas Vergnügen, Entspannung, und so weiter zu gönnen.

Das Allerblödeste was Dir passieren kann, ist, wenn Du eine Woche nach Eintritt der Rente, nach einem Leben voller Askese, zusammen mit einer sorgfältig zusammengesparten Menge Geld, die Radieschen von unten zu sehen bekommst... :019:
 
(im Moment beisse ich mir gerade bei Bach Prelude in C-Minor BWV 999 die Zähne aus...).
Gerade dieses Stück ist eines von jenen, die zeigen, ob ein Lehrer was drauf hat: Es ist ausgezeichnet für Einsteiger als "erstes schnelles Stück" geeignet und, WENN DIE GRUNDSÄTZLICHE TECHNIK RICHTIG VERMITTELT WURDE, in kürzester Zeit im Endtempo spielbar. Die Übearbeit beschränkt sich im Wesentlichen dann darauf, sich den Akkordablauf zu merken. Spielst Du es hingegen momentan langsam und hoffst, es vielleicht mal eines Tages schnell zu können, wurde es Dir falsch vermittelt.
 
Danke für den Gratisratschlag. Dann werde ich mich mal an die "Übearbeit" machen.
 
Gerade dieses Stück ist eines von jenen, die zeigen, ob ein Lehrer was drauf hat: Es ist ausgezeichnet für Einsteiger als "erstes schnelles Stück" geeignet und, WENN DIE GRUNDSÄTZLICHE TECHNIK RICHTIG VERMITTELT WURDE, in kürzester Zeit im Endtempo spielbar.
Wie hoch soll das Endtempo sein? Auch langsamer gespielt klingt dieses Stück überzeugend.
 
Die Frage für den Lernenden muss sein: Kann ich frei wählen, dieses Stück in verschiedenen Tempos - langsam, mittel, voll schnell etc. - sicher zu spielen, ohne rauszufliegen, ungenau zu werden oder im Tempo zu driften?

Nur dann kann ich es tatsächlich, alles andere ist Selbstbelügung.

Welches Tempo ich am liebsten mag oder für am passendsten halte, ist eine davon völlig unabhängige Überlegung.

"Och, naja, eigentlich klingt es ja langsamer sogar besser, dann habe ich nebenbei nicht den Stress, es so schnell können zu müssen" ist eine Ausrede des Faulen und/oder Unfähigen (oder der Ratlosen und mit schlechtem Lehrer Geschlagenen...). Sehr ähnlich dem Versagertypen, der sich die Hässliche, Dicke zur Frau nimmt und denkt: "Naja, sie ist ja auch viel netter als diese eingebildeten gutaussehenden Frauen, und sie läuft mir wenigstens nicht gleich weg, wenn ich wieder so losermäßig drauf bin."
 

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