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Ich finde diese Art des Unterrichtens mangel-haft im ursprünglichen Wortsinn. Es ist für den Schüler wichtig zu wissen und zu verstehen, was gut war, und warum es gut war. Dabei gibt es natürlich vielfältige Art der Rückmeldung, z.B. "Es hat mir gefallen" oder "es hat mich berührt, ich habe gerne zugehört", oder "das war schon besser als vorher". So eine Rückmeldung ist wichtig und besser als nichts, aber sie ist trotzdem unvollständig. Was genau war denn besser? "Ich habe jetzt besser verstanden, wie du diese Stelle denkst, weil deine Dynamik deutlicher war" oder "Deine Klangbalance im Stück war durchweg schöner und musikalisch sinnvoller als noch letzte Woche, da hast du sicher viel Zeit investiert".Wenn ich im Unterricht etwas Geübtes vorspiele, dann sagt mein Lehrer häufig direkt danach: "Du hast schon viel gut gemacht, aber darüber reden wir wie immer nicht."
Und dann geht es im Unterricht nur um die Sachen, die ich besser machen sollte
Ich kann mir nicht vorstellen, dass so etwas tatsächlich passiert. Oder sagen wir - ein gewisses Mindestmaß an musikalischen und pädagogischen Fähigkeiten sollte vorhanden sein, damit ein Lehrer an seinen Schülern wirklich sinnvoll wachsen kann.Thomas Bernhard schreibt in "Der Untergeher" Glenn Gould habe seinen durchschnittlichen Salzburger Hochschullehrer durch sein geniales Schüler sein zu einem großartigen Lehrer gemacht.
Ist denn das Ziel wirklich, dass es kaum mehr auffällt? Oder meintest du, dass du besser im Alltag damit zurechtkommst? So wie es da steht klingt es für mich, als wäre es eine Art nervige Behinderung, die du dir abtrainieren wolltest. Das stimmt doch sicher nicht?Zu mir: bei mir wurde von ein paar Jahren eine leichte Form des Asperger-Syndroms festgestellt worden. Ich habe da sehr viel dran gearbeitet und im Großen und Ganzen fällt das kaum mehr auf.
"Manchmal" ist gut... Ich denke, die Regel ist, dass man auch Musikstudenten erst einmal beibringen muss, den Notentext wirklich zu lesen, zu verstehen und daraus Schlüsse zu ziehen (ich war keine Ausnahme!). Das fängt schon dabei an, die Notwendigkeit für Urtext bewusst zu machen. Glaub bloß nicht, dass die Musikstudenten plötzlich alle Bögen, Punkte, Dynamikangaben und sonstige Spielangaben beachten und ausführen, nur weil sie plötzlich in einer staatlich anerkanten Studienanstalt Klavierspielen..."Also bleibt meine Ursprungsfrage: kann man im Amateurbereich erwarten, dass man in einem Stück nicht mal was übersieht, also böse gesagt "drüber schludert"? "
Selbstverständlich! Sogar bei Musikstudenten ist das manchmal so.
Ich vermute, dass zwei Dinge dich beschäftigen:
1) Der Ärger über dich selbst, dass du etwas noch nicht so ausgeführt hast, wie du wolltest
2) Die Sorge, dass du deinen Lehrer enttäuschst oder gar verärgerst
Zu 1) Das hört nie mehr auf. Das ist Teil des Wesens des Musizierens. Je erfahrener man wird, desto treffsicherer kann man vorausahnen, ob es so klingen wird, wie man wollte. Aber es gibt niemanden, dem das immer gelingt. Und in den Noten kann man auch nach Jahrzehnten noch tolle Entdeckungen machen. Es bringt gar nichts sich beim Üben oder Spielen über sich in dieser Hinsicht aufzuregen.
Zu 2) Es ist die Aufgabe des Lehrers, nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen. Dass der Schüler Fehler macht ist für den Lehrer so, wie für den Bäcker Brötchen zu backen. Ein Vorwurf hat im gewöhnlichen Unterrichtskontext nichts zu suchen. Wenn man doch mal einen wahrnimmt, liegt das entweder an der Kommunikationsweise des Lehrers (man kann sich u.U. mal in Rage reden) und war gar keiner, oder es war allerhöchstens ein fachlicher Vorwurf. Persönliche, menschliche Enttäuschung ist beim Unterricht mit Erwachsenen völlig fehl am Platz.