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Auf "1" betonen und "taktweise spielen (üben) - zwei der größten Seuchen! Uaaaah, schauder!Lieber mitom80,
schön, dass du dich entschlossen hast, hier aktiv zu werden, herzlich willkommen! :)) Ich stimme dir obigem Satz sehr zu. Zum körperlichen Erleben eines Pulses hilft eben kein Metronom, sondern Bewegung. Ich bin froh, dass du dabei auch auf die notwendige Ausführung eines pulsierenden Gehens und Klatschens hinweist:
Ein Puls ist fließend und stoppt nicht, er federt und ist in seinem Timing klar und gleichmäßig. So sollte auch die Ausführung eines Klatschens, Gehens ... sein. Verkrampfungen, Stockungen u.ä. sind kontraproduktiv, vielleicht hilft es, zu Beginn mit den Armen zu schwingen, um das Fließende und Atmende eines Pulses zu erleben. Auch das laute und klare Zählen ist zumindest später wichtig.
Dein Ausdruck "militärisch" irritiert mich allerdings. Für mich bedeutet "militärisch" schwer, nach unten denkend wie Soldaten auf ihrem Marsch. Ein Puls ist meiner Meinung nach federnd, eher nach oben gedacht. Wenn man sich Dirigenten anschaut, wird er in den meisten Fällen (wenn er nicht gerade den Sacre dirigiert ... :D) federnd dirigieren. Es gibt einen Weg hin zur "1" und einen Weg weg von der "1" hin zur "2". Ich würde statt "militärisch" lieber das Bild eines Dirigenten, Schlagzeugers (der spielt ebenso federnd) oder Flummis nehmen. Zu weich darf die Ausführung nicht sein, aber zu "hart" auch nicht.
Meine Vorschläge sind:
a) unbedingt über Gehen, Klatschen, Zählen u.ä. ein Pulsgefühl etablieren. Dabei wird zunächst die Grobmotorik genutzt.
Das Ziel ist es dann, die Bewegungen immer kleiner werden zu lassen. Das kann folgendermaßen geschehen:
b) Klatsch-/Klopf-/Sprechübungen im Sitzen am Tisch machen. Die eine Hand klopft den Puls in Vierteln, die andere klopft Halbe, die Füße Ganze. Man kann dazu laut zählen. Es gibt 1001 Variationen dieses Prinzips.
c) am Klavier spielt die eine Hand die Melodie, die andere klopft auf den Oberschenkel. Dabei laut zählen, dann Hände tauschen. Auch hier gibt es endlose Variationen. Man kann die Melodie auf den Klavierdeckel klopfen, den Puls auf den Oberschenkel oder das Ganze am Tisch oder beim Gehen machen. Man kann die Melodie singen, den Puls klatschen. Die Melodie unisono spielen, dazu laut zählen. Die Begleitung spielen und dazu den Puls klopfen und laut zählen ... . Natürlich kann man auch Rhythmussprachen verwenden. Wenn man das immer wieder macht, immer wieder variiert, wird man auch bei beidhändigem Spiel rhythmisch richtig spielen. Wichtig ist, erst mit großen Bewegungen anzufangen, dann die Bewegungen immer kleiner werden zu lassen im Sitzen/am Klavier, so dass schließlich nur das Zählen übrig bleibt. Dann hilft Zählen, weil es mit dem Pulsgefühl über Bewegung verknüpft wurde - diese Erfahrungen werden abgespeichert. Murray Perahia hält "Zählen" für unabdingbar.
d) Manchmal ist es sinnvoll, noch weiter vorn anzufangen, z.B. wenn die Taktzeiten in einem Stück nicht klar sind. Wo ist überhaupt die "1", die "2" ... ?
e) Man lernt auf diese Weise, in welchem Verhältnis der Puls zu den Notenwerten, dem Rhythmus steht. Das laute Zählen, aus meiner Sicht nicht militärisch, sondern pulsierend ausgeführt, so als wollte man Leute zum Tanzen bringen, hilft zum Verständnis des Metrums und Zählzeiten.
f) Ich komme ja aus dem klassischen Bereich und bei dem ist das Metronom vor allem für die Tempokontrolle wichtig. Keinesfalls zur Behebung grundsätzlicher rhythmischer Schwierigkeiten, was aber wohl für alle Sparten gilt.
g) Ich bin leider auch kein Freund von gespielten Akzenten, um das Metrum deutlich zu machen. Was sagte meine letzte Professorin an der Musikhochschule: "Wie schrecklich, dass so viele Studenten hier ankommen und automatisch Betonungen auf der "1" machen!"
Man kriegt solche Betonungen nämlich nur schlecht wieder weg. Takte werden immer zu Phrasen zusammengefasst. Wenn man ein Puls- und Rhythmusgefühl etabliert hat, wird dieses und das Metrum im Hintergrund ablaufen und sich ergänzen mit dem, was im Vordergrund abläuft.
Liebe Grüße
chiarina
Leider etwas, das immer noch von (sicherlich oft wohlmeinenden, aber leider inkompetenten) zu vielen Lehrern auch noch gefördert wird.
tl;dr: "Schwere Zählzeit" bedeutet NICHT, dass die "doller betont" (lauter) ist!