Unverzichtbares Material für Autodidakten

@Viva la musica
Ich versuche mal eine Umschreibung des Problems:

Erwachsene haben eine Menge Hörerfahrung und wollen alleine schon deshalb, dass sie irgendwann „klingen wie ein Profi“ oder „so schwere Stücke spielen wie ein Profi“. Immerhin sind diese Erwachsenen meist selbst Profis, wenn auch in einem anderen (Berufs-)Bereich. Es werden beim
Hobby dann mehr oder weniger die im Beruf geltenden Maßstäbe angesetzt, was oft Druck und Frustration zur Folge hat - im Gegensatz zu Kindern, die einfach ihr Ding machen. Hinzu kommt natürlich der Druck, den sicherlich auch ein Forum wie dieses auf manch einen ausübt. Hier gehts eben nicht um Pillepalle, sondern auch Späteinsteiger bei clavio bewegen sich bereits auf einem relativ hohen Niveau. Wobei damit nicht gesagt sein soll, dass diese Späteinsteiger einem großen Druck erlegen sind. Da passiert, vermute ich, sehr viel aus intrinsischer Motivation.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein allgemeiner Tipp, wenn du keinen Lehrer hast:
Ich würde es für unverzichtbar halten, nach Video-Tutorials zu schauen. Denn das Lernen der richtigen Technik funktioniert am besten über das Nachahmen richtig vorgeführter Technik.

Ich habe ca 20 Jahre mit Lehrer Klavier und Orgel gelernt und beginne nach mehr als 10 Jahren ohne Lehrer und nur sporadischem Spielen wieder damit, Stücke wirklich zu üben und bis zur Auswendigkeit zu erlernen. Rein autodidaktisch wäre mir das auch mit den Erfahrungen aus meinem Klavierunterricht in der Vergangenheit nicht / kaum möglich.

Mir helfen die Tutorials von


immens weiter, sowohl bei Stücken, die ich mal vor vielen Jahren einigermaßen gespielt habe, als auch bei neuen Stücken.

Für jemanden, der noch ganz am Anfang steht, vielleicht etwas früh. Sobald du dich aber zB an die zweistimmigen Inventionen von Bach rantraust, wäre da schon was dabei (zB BWV 775).

Um sich einen Eindruck zu verschaffen findet man bei YouTube diverse Auszüge aus verschiedenen Tutorials von ihm. Gestoßen bin ich auf seine Tutorials auf der Suche nach einer Aufnahme der Ballade G-Moll von Chopin, wobei ich dieses Video gefunden hatte:


View: https://www.youtube.com/watch?v=QmXKj2dNmtw


Nicht nur die Einspielung ist äußerst feinsinnig und präzise, sondern auch sein Tutorial sehr hilfreich. Wenn auch eher für Fortgeschrittene.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein allgemeiner Tipp, wenn du keinen Lehrer hast:
Ich würde es für unverzichtbar halten, nach Video-Tutorials zu schauen. Denn das Lernen der richtigen Technik funktioniert am besten über das Nachahmen richtig vorgeführter Technik.
Mit der kleinen, aber bedeutsamen Einschränkung, dass auf diese Weise keine Korrektur falsch abgeguckter Bewegungsabläufe erfolgt. Also letztlich wieder: Sackgasse. Aber manch einer findet ja auch in einer Sackgasse ein schönes Eigenheim...
 
Mit der kleinen, aber bedeutsamen Einschränkung, dass auf diese Weise keine Korrektur falsch abgeguckter Bewegungsabläufe erfolgt. Also letztlich wieder: Sackgasse. Aber manch einer findet ja auch in einer Sackgasse ein schönes Eigenheim...
Das stimmt wohl. Die Korrektur fehlt. Aber das ist ja nunmal so, wenn es (zunächst) ohne Lehrer laufen soll...
 
  • Als erwachsener Anfänger wirst du wahrscheinlich kein guter Klavierspieler mehr
Hallo, was soll denn so eine pauschalisierte Aussage! Mit wenig Technik aber musikalischem Empfinden gibt es schon allerhand wunderschöne Stücke, die jeder meistern kann und sich daran erbauen darf. Das nennt man Klavierspielen.

Was soll denn dann ein guter Klavierspieler sein. Da müsste "gut" definiert werden. Professioneller Salonlöwe? Gewinner des Tschaikovsky Wettbewerb?

Also jeder Jogger findet sein Tun sinnvoll und kann sich ganz nach seinem Maß darin erschöpfen. Olympioniken und Weltmeister sind doch nur Ikonen, die die Lust am Joggen triggern. Gleiches gilt für das Klavierspiel, ein meisterhaftes genossenes Konzert steht nicht im Gegensatz zu einer kleinen Bagatelle, einem Chopin Walzer, sondern bietet die Chance auf einer Welle sich mitgetragen zu fühlen. Zumal kein Berufspianist sich zu schade ist, eben auch diese Bagatellen vor Publikum darzubieten.

Und Kinder in Konkurrenz zu Erwachsenen zu setzen ist schon ganz altbacken. Die meisten Kinder werden keine Pianisten, erreichen noch nichtmal den Minimalstandard sich selbst ein Musikstück zu erarbeiten, was aber ein ambitionierter erwachsener Lerner durchaus schaffen kann und meist auch möchte. Schließlich will wohl kaum einer immer abhängig vom KL sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn man Barenboim und co live erlebt (hatte mal Andras Schiff, alle Sonaten), so ist es ja so, dass die nicht nur alle Beethoven Sonaten virtuos spielen können, sondern auch noch auswendig, und auch wirklich ALLE. Das erscheint mir übermenschlich, überirdisch.

Ich vermute, es ist tatsächlich irgendwas mit den Genen, manch einer ist so ein "Wunderkind", die Leute üben und kriegen das halt hin, und andere kratzen niemals auch nur entfernt an diesen Regionen. Das hat mit der Übungsquantität mM nach nur so halb zu tun.

Talent, Veranlagung..? In der Schule war einer, der im Alter von 16 Jahren abartig gut Gitarre spielen konnte (also so richtig Joe Satriani, Van Halen Niveau). Der konnte allein schon vom Lebensalter nicht so ewig viel geübt haben bisher. Andere spielen genauso lange und erreichen niemals so ein Niveau (z.B. ich). Der hatte einfach massiv talent.

Also entweder man kann nach 5 Jahren die Mondscheinsonate spielen, oder eben halt Für Elise.. das liegt eher in der Veranlagung als in der Menge, die man übt.

Und ich glaube auch - wenn man einer dieser Wundermusiker ist, dann spürt man es auch, es zieht einen dazu hin, dann übt man automatisch das "richtige" Instrument.

Der hier


View: https://www.youtube.com/watch?v=DeBk3dD3dmo


hat erst mit 18 oder 19 oder so mit Gitarre angefangen, vorher Schlagzeug. Nun ist er Mitte 40, und ich finde er kann das wirklich beeindruckend gut. Einfach ein talentierter Mensch. Ich spiele schon länger Gitarre als er und auch nicht gerade wenig, aber weit weit davon entfernt.
 
@JanHH
Klar gibt es schon sehr musikalische Menschen, aber die zeichnen sich glaube ich auch dadurch aus, dass Musik ihr Leben ist und sie tatsächlich tage-nächtelang Musik machen. hab auch so geniale Musikfanatiker im Bekanntenkreis, die machen aber tatsächlich 6 Stunden am Tag Musik. Man unterschätzt das leicht, wie viel und ausdauernd und leidenschaftlich die üben...

Was aber vielleicht wirklich angeboren ist, ist das musikalische Gehör oder Gefühl. Meine kleine Tochter hat zb schon bei ihren allerersten Tönen einen immensen musikalischen Ausdruckswillen. ("Mama hör mal, jetzt wirds unheimlich! Tralala jetzt spiel ich fröhlich...") Da wird sie immer besser sein als ich. Diese Essenz von Musik hab ich erst soooo viel später kapiert... das + leidenschaftlicher Übefanatismus macht die Wunderkinder, oder?

Und hängt es von der Schwierigkeit der Stücke ab, wie gut man als Musiker ist? Man kann ja auch Simples sehr ausdrucksstark umsetzen und dann ists gute Musik. Und wer gute Musik macht ist ein guter Musiker.
 
Das ist auch alles schon zigmal diskutiert worden. Ergebnis: Es zählt allein die Zeit, die man mit dem Instrument verbringt.
Es gibt sogar eine Studie, wo man bessere und schlechtere Violinisten unter die Lupe genommen hat und es zeigte sich, dass die besseren in Summe mehr Übungsstunden investiert hatten.
Für den Außenstehenden ist das halt nicht sichtbar. Ich hab mal einen recht versierten, jungen Gitarristen getroffen, der mir erzählt hat, dass er während einer zweijährigen Depriphase jeden Tag 8 h Gitarre gespielt hat. Wer nur eine Stunde am Tag übt, braucht für das gleiche Pensum 16 Jahre.
 
Eben nicht!

Intrinsische Motivation wäre: "Ich spiele Klavier, weil es mir Freude bereitet."
Extrinsische Motivation ist: "Ich spiele nur Klavier, wenn ich gut werden kann."
So einfach ist es nicht.
Beides kann intrinsischer Motivation entspringen.
Extrinsisch wäre, es zu tun, um andere zu beeindrucken oder man gedrängt wird.
 

So einfach ist es nicht.
Beides kann intrinsischer Motivation entspringen.
Extrinsisch wäre, es zu tun, um andere zu beeindrucken oder man gedrängt wird.


Das ist für mich der größte Vorteil als Erwachsener ein Instrument zu lernen. Ich muss mich mit niemandem vergleichen und bin niemandem Rechenschaft schuldig.
Als Kind hätte ich die innere Ruhe zum Üben nicht gehabt und hätte auch nur schwer damit leben können, dass andere Kinder in meinem Umfeld deutlich schneller lernen/ besser sind als ich. So nach dem Motto: Wenn ich nicht die Beste sein kann, dann lasse ich es lieber gleich ganz bleiben.
Heute fällt es mir viel leichter meine eigenen Grenzen zu akzeptieren und mir Mühe nur für mich zu geben.
Wie gut ich einmal werde: Keine Ahnung. Ob sich das jemand außer mir und den Kindern anhören mag: Ebenfalls keine Ahnung.
Aber das Schöne ist: Es ist mir total egal.
Ich freue mich auf das Üben am Klavier, über neue Details, die ich beim Hören von Musik wahrnehme und über die Erkenntnis, dass Üben unweigerlich zu Verbesserung führt. (Sogar bei Dingen, für die ich mich schlicht als unfähig eingeschätzt habe)

LG,
Hekse
 
Wenn man Barenboim und co live erlebt (hatte mal Andras Schiff, alle Sonaten), so ist es ja so, dass die nicht nur alle Beethoven Sonaten virtuos spielen können, sondern auch noch auswendig, und auch wirklich ALLE. Das erscheint mir übermenschlich, überirdisch.

Ich vermute, es ist tatsächlich irgendwas mit den Genen, manch einer ist so ein "Wunderkind", die Leute üben und kriegen das halt hin, und andere kratzen niemals auch nur entfernt an diesen Regionen. Das hat mit der Übungsquantität mM nach nur so halb zu tun.

Talent, Veranlagung..? In der Schule war einer, der im Alter von 16 Jahren abartig gut Gitarre spielen konnte (also so richtig Joe Satriani, Van Halen Niveau). Der konnte allein schon vom Lebensalter nicht so ewig viel geübt haben bisher. Andere spielen genauso lange und erreichen niemals so ein Niveau (z.B. ich). Der hatte einfach massiv talent.

Also entweder man kann nach 5 Jahren die Mondscheinsonate spielen, oder eben halt Für Elise.. das liegt eher in der Veranlagung als in der Menge, die man übt.

Und ich glaube auch - wenn man einer dieser Wundermusiker ist, dann spürt man es auch, es zieht einen dazu hin, dann übt man automatisch das "richtige" Instrument.

Der hier


View: https://www.youtube.com/watch?v=DeBk3dD3dmo


hat erst mit 18 oder 19 oder so mit Gitarre angefangen, vorher Schlagzeug. Nun ist er Mitte 40, und ich finde er kann das wirklich beeindruckend gut. Einfach ein talentierter Mensch. Ich spiele schon länger Gitarre als er und auch nicht gerade wenig, aber weit weit davon entfernt.

So etwas zu meinen ist typisch für Menschen, die die Tatsache, dass sie für die Sache einfach nicht genug Zeit, Sorgfalt und Enthusiasmus investieren, nicht sehen wollen, weil sich dies für sie unangenehm anfühlen würde.

Die eigene Trägheit und/oder mangelnde Interessiertheit wird dadurch weggeredet, indem man behauptet, manche Dinge könne man nur durch "Talent" oder andere gewissermaßen nur durch Gottesgnade erhältliche Eigenschaften erreichen, und daher könne man gar nichts dafür, dass man in dem Bereich nicht viel draufhabe - man sei halt nicht so talentiert.

Dies ist eins der - sorry - dümmsten Narrative, denen man anhängen kann, und zwar egal in welchem Lebensbereich.

Wohlgemerkt ist es vollkommen OK, sich für irgendetwas nicht sehr stark zu interessieren und nicht gut darin zu sein. Und es ist auch vollkommen OK, ein Schluffi zu sein, der nicht viel auf die Kette kriegt. Aber dann bitte einfach dazu stehen und keinen "Talent"- oder "Wunderkind"-Schmarrn daherreden.
 
genug Zeit, Sorgfalt und Enthusiasmus investieren

Mich würde mal Deine/Eure Meinung interessieren:

WENN ein Erwachsener die gleiche Zeit, Sorgfalt, Enthusiasmus für sein Instrument aufwendet wie ein Kind - wäre er dann genauso gut? Also ich meine, die 10 Jahre Übezeit, die Kinder "Vorsprung" hätten, ließen sich in einem Erwachsenenleben zwischen 18 und 70 zeitlich theoretisch ja schon noch einholen. Ein paar Joker haben Erwachsene ja auch gegenüber Kindern (Fokus, Konzentration, Langzeitmotivation)
:denken:
 
Die Lernfähigkeit von Erwachsenen nimmt generell ab. Aber interindividuelle Unterschiede zwischen den Menschen lassen sowieso keine Verallgemeinerung zu.
 
Ich habe mir der Klavierschule Klavier für Erwachsene von Bastien sehr gute Erfahrung gemacht. Den ersten Band habe ich alleine ohne Lehrer gemacht, mittlerweile bin ich aber bei einem Klavierlehrer.

So falsch war das nicht, was ich da in Eigenregie gelernt habe.

Den größten Vorteil eines Klavierlehrers sehe ich darin, dass dieser doch sehr gezielt vorgeht und den Unterricht immer entsprechend anpasst. Es gibt gezielte Übungen, um Schwachpunkte zu verbessern. Wenn man an einem Problem hängt gibt es Tipps wie man da weiterkommt. Das spart viel Zeit und man kommt deutlich schneller voran.
 
Die Lernfähigkeit von Erwachsenen nimmt generell ab.
Ja, sagt man immer so. Aber Beispiel Sprachen: ich habe als Schülerin Latein und Altgriechisch gelernt. Und mit meinem Schulenglisch war ich nicht überlebensfähig wie ich dann im Auslandsstudium feststellte. Inzwischen spreche ich dank Auslandsaufenthalten zwei Fremdsprachen fließend und hänge Kollegen mit ihren Schulsprachkenntnissen locker ab. Alles erst als Erwachsene gelernt.
Jetzt mal übertragen aufs Instrument: nur weil ein Kind mal ein paar Jahre was gelernt hat und dann nicht drangeblieben ist: ist es dann trotzdem besser als ein Erwachsener, der es fokussiert und ausdauernd betreibt?

(Klar, Kinder die dranbleiben und es mit Ehrgeiz betreiben, da hat man natürlich keine Chance...)
 
Du hast mit Deinem Einwand recht.
Genau genommen nimmt nach neuerer Ansicht mit zunehmendem Alter nicht die globale Lernfähigkeit ab, sondern die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung und die Wahrnehmungsgeschwindigkeit. Daneben haben verschlechterte sensorische Fähigkeiten im Alter einen negativen Einfluss auf die Gedächtnisleistung.Wer weniger Informationen aufnimmt, kann auch nur weniger Informationen speichern und in das Langzeitgedächtnis aufnehmen.
Streß und depressive Erkrankungen haben neben degenerativen oder auch demyelinisierenden Hirnerkrankungen einen weiteren auch altersbezogenen negativen Einfluss.
Die Leistungsfähigkeit bei wissensgebundenen (kristallinen) Aufgaben bleibt bei sonst gesunden älteren Menschen wohl erhalten.
Die genauere wissenschaftlich Untersuchung von altersbezogenen Lernkurven bei Musikern wäre hochinteressant ! Leider habe ich hier noch nicht von detaillierten Studien gehört.
 
@godowsky
Wow, das war ja mal eine fundierte Auskunft!! Vielen Dank!!! Passende Untersuchungsobjekte für so eine Studie fänden sich hier ja zuhauf ..

aber ich folgere: wir haben in jedem Alter noch Lernhoffnung! Das ist doch mal wirklich ermutigend! :006:
Macht ja nicht unbedingt was, wenn man weniger und langsamer lernt, wenn man weiß, was das Wichtige ist....

Lieber @thda - genau dafür brauchst du also den KL, weil wir haben keine Lern-Ressourcen mehr, die wir verschwenden dürfen...

puh, grad nochmal die Kurve zum Thema des Fadens gekriegt...😅
 

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