Schüler wollen keine Details besprechen..?

Das scheitert noch viel mehr an fehlender Musikalität - weil man noch gar nicht gelernt hat, die Feinheiten der Dynamik, der Artikulation des Timings etc. überhaupt zu hören, die so etwas wie Perfektion ausmachen.

Das Problem ist nämlich unlösbar: was einem gestern noch perfekt vorkam, offenbart seine Mängel, sobald man gelernt hat, genauer und feiner zu hören. Und je mehr man hört, um so schwieriger wird es, eine wenigstens subjektive Perfektion zu erreichen. Insofern ist Perfektion nicht nur für Anfänger, sondern auch für professionelle Konzertpianisten ein immerzu unerreichbares Ideal.

Vermutlich aus genau diesem Grund hört sich kein professioneller Musiker seine eigenen Aufnahmen mit Vergnügen an. Was für einen staunenden Amateur "perfekt" ist, ist es für den Profi leider noch lange nicht.

Ich kann mir vorstellen, dass das mit ein Grund ist, warum Depressionen bei Musikern so häufig anzutreffen sind. Das ist zumindest mein Eindruck.
Hier habe ich einen link dazu gefunden:

https://www.rollingstone.de/studie-musiker-depressionen-angst-1148921/
 
Vielleicht sind unter den Musikern auch einfach überdurchschnittlich viele Menschen, die für Depressionen grundsätzlich anfällig sind, weil diese Eigenschaften sie auf der anderen Seite auch zu besonders leidenschaftlichen, empfindsamen Musikern machen?
 
Ich glaube nicht, dass sich bei den Wiener Philharmonikern ähnliche Zahlen ergeben würden, wie im angloamerikanischen Pop.
 
Zuletzt bearbeitet:
In der heutigen Zeit, in der Narzissmus und Selbstdarstellerei immer pandemischer um sich greifen, werden diese Selbstzweifel aber immer seltener.

Ernstliches Lampenfieber beobachte ich bei jungen Leuten beispielsweise immer seltener. Selbstüberschätzung (oder auch einfach eine gewisse "Schmerzbefreitheit") hingegen wird immer häufiger.

Man muss sagen: Diese "es gibt keine Fehler, du bist was Besonderes, alle sind begabt, bla..."-Pädagogik seit den 70ern ist insofern durchaus erfolgreich. Allerdings ist das keineswegs sonderlich gut zu bewerten.
 
Man muss sagen: Diese "es gibt keine Fehler, du bist was Besonderes, alle sind begabt, bla..."-Pädagogik seit den 70ern ist insofern durchaus erfolgreich. Allerdings ist das keineswegs sonderlich gut zu bewerten.
Besonders ungut ist der Umstand, dass dieses Phänomen schon Tradition hat. "Seit den 1970ern" impliziert die Fortsetzung über ganze Generationen hinweg. Bei Laienchören aus der Tradition des 19. und 20. Jahrhunderts (Gründungsjahr ist oft Teil des Vereinsnamens) ist das ebenfalls zu beobachten. Viele Vereine haben im internen Archiv Programmzettel, Festhefte, Presseberichte, teilweise sogar Mitschnitte einstiger Veranstaltungen aufbewahrt - oft erstaunlich, auf welch hohem Leistungsniveau Laiensänger in den 1950ern und 1960ern musiziert haben. Teilweise hat man offensichtlich ein Absinken des künstlerischen Anspruchs auch akzeptiert in der Hoffnung, leichter an Sängernachwuchs zu kommen. Zurückgehende Mitgliederzahlen und Überalterung sind ja schon seit Jahrzehnten ein großes Problem, der deutsche Männerchor sterbe schon länger vor sich hin als der von ihm besungene deutsche Wald, ist in den Zeitungen der Chorverbände zu lesen.

Auch dort ist vielerorts die Bereitschaft, anspruchsvolle Aufgaben zu bewältigen und auf Erfolge mal Wochen oder gar Monate hinzuarbeiten, stark rückläufig. Laienmusizieren solle schließlich Spaß machen - und Begriffe wie "Chordisziplin" nimmt man als Dirigent besser nicht mehr in den Mund. Hierarchien müssen flach sein, "Macht" ist identisch mit "Machtmissbrauch"... - was soll angesichts solcher Einstellungen dann zu erwarten sein? Alles soll schnell gehen, auch der Weg zum Erfolg?

Ernstliches Lampenfieber beobachte ich bei jungen Leuten beispielsweise immer seltener. Selbstüberschätzung (oder auch einfach eine gewisse "Schmerzbefreitheit") hingegen wird immer häufiger.
Allerdings sind die älteren Leute auch nicht grundsätzlich bessere Menschen. Sie stellen den größten Prozentsatz der Mitglieder in den immer weniger leistungsbereiten Laienchören und schicken uns Berufsmusikern "seit den 70ern" ihre Kinder in unsere Klavierunterrichtsstunden. Kritikbewusstsein und richtigen Selbsteinschätzungen förderlich sind solche Entwicklungen wahrlich nicht. Eher die Ausnahme ist der Karriereweg des ersten Supertalentsiegers, der anschließend bei Dieter Bohlen ausstieg, um ein ernsthaftes klassisches Gesangsstudium zu absolvieren und in seriösere Gefilde zu wechseln. Das erfordert Persönlichkeitsstärke und Mut - ich habe immer wieder die Gelegenheit, mit ihm als Pianist, Kapellmeister und Arrangeur zusammenzuarbeiten.

Möglicherweise kippt der Trend generell wieder in die Richtung von Qualitätsbewusstsein und Leistungswille, da kurzlebige Karrieren, Oberflächlichkeit und Austauschbarkeit ihrerseits auch immer häufiger für Unzufriedenheit vielerorts sorgen.

LG von Rheinkultur
 
Ich glaube nicht, dass sich bei den Wiener Philharmonikern ähnliche Zahlen ergeben würden, wie im angloamerikanischen Pop.

In dem Artikel werden ja auch "die in der Regel stets unsichere ökonomische Perspektive oder fehlende Anerkennung" als häufige Gründe für die psychische Gefährdung angegeben. Das sind Punkte, die auf die Wiener Philharmoniker eher nicht zutreffen.

Trotzdem sind tiefe Sinnkrisen auch bei klassischen Musikern keine Seltenheit. Es gibt genügend prominente Beispiele.
 
Erklärt ja umso mehr, warum ein Anfänger mit seinem Stück zufrieden ist, während der KL immer noch was zu verbessern hätte.

Es muss aber doch zumindest versucht werden, die "Hörfähigkeit" zu schulen. Die kommt doch nicht auf einmal vom Himmel gefallen!

Dass das Ergebnis nicht perfekt ist, ist doch überhaupt nicht das Thema! Wichtig ist es, dass die SuS ein Gespür dafür erlernen, das gewisse Etwas, die Gestaltung, gewissermaßen die "Suprasegmentlia des Musizierens" zu erkennen und über die Jahre der Ausbildung hinweg peu-à-peu auch hörbar zu machen.

Ab wann sollte man als Lehrkraft damit beginnen, wenn nicht von Anfang an? :001:

Ich persönlich würde auch von Anfang an die musikalische Analyse dazunehmen, damit sie von Anfang an zur Routine gehört.

Ich glaube, wenn junge Schüler neu anfangen, dann tun sie das selten aus der schieren Begeisterung zur Musik. Meist sind es die Eltern, die sagen "mach doch mal" oder man versucht sich, weil ein Kumpel so cool Klavier spielt oder man will halt mal was in der Richtung machen, das da auf CD oder bei Youtube so toll klingt. (Bei Erwachsenen, die wissen, was sie wollen, mag das ganz anders aussehen.) Ich habe keine Ahnung, wie man nun in so einem Kind die Begeisterung für die Musik weckt. Aber bevor die mal geweckt ist, ist da vermutlich viele Mühe vergebens.

  • Vorbilder (Anregungen) sind immens wichtig! Wenn´s gut läuft, sind´s gute Vorbilder (Anregungen). Der klavierspielende Kumpel ist jedenfalls ein besseres Vorbild als der delinquente Kumpel.
  • Du vermutest: "tun sie das selten aus der schieren Begeisterung zur Musik". Wie meinst Du das? Die "schiere Begeisterung" legt sich (falls sie sich legt) erfahrungsgemäß dann, wenn man merkt, dass es mit "schierer Begeisterung" allein nicht getan ist, sondern dass ein langer und wenig glorioser Weg beschritten werden muss, ehe etwas Begeisterndes herauskommt. Begeisterungen flauen ab, sobald erkannt wird, wie viel Arbeit in dem "Begeisternden" steckt, und dass der Weg dahin mit sehr, sehr kleinen Brötchen gepflastert ist.
  • Begeisterung wird durch "Vorbild plus x" geweckt. "Vorbild" muss in diesem Fall nicht Mamma oder Pappa persönlich sein, aber die innere Kultur der Herkunftsfamilie ist in den (ich behaupte kühn:) meisten Fällen ausschlaggebend dafür, ob das Kind überhaupt (!!) irgendeine Begeisterung entwickelt (daher der Doppelbegriff Vorbild/Anregung). Der geheimnisvolle Faktor x ist ebenjenes Mysterium, über das Generationen von wissenschaftlichen Pädagogen streiten. Das psychologische Phänomen (nur unzureichend erfasst mit dem Begriff "Motivation") ist allenfalls näherungsweise verstanden.
  • Ich bin alles andere als der Typ Vollblutmusiker. Trotzdem machte ich schon als Kleinkind auf allem Musik, was sich irgendwie dazu eignete (Motivation). Eltern sehen so etwas und schenken dem Kind z. B. Kinderinstrumente. In meinem (bescheidenen) Fall darf ich Dir versichern, dass der Wunsch von innen heraus kam.
  • Was noch lange nicht bedeutet, dass so ein Kind auch nur in die Nähe von Perfektion gerät. Es gibt beim Musizieren noch viele andere freudvolle Erlebnisse als "Perfektion". Selbstwirksamkeit zum Beispiel.

Also nimmt man das Ergebnis aller Mühen, nämlich das Spielen eines Stückes und stülpt dem Schüler das über und erwartet eine 1:1 Kopie.

  1. Es gibt "richtig" und es gibt "falsch".
  2. Es gibt "gutes" und es gibt "schlechtes" Musizieren.
Die für teures Geld sorgfältig ausgebildete Lehrkraft soll den SuS beibringen, richtig und gut zu musizieren. Dafür gibt es Regeln. Es müssen erst die Regeln erlernt werden, um ein evtl. vorhandenes "individuelles Etwas on top" herausbilden zu können. Picasso beherrschte die Regeln der Malerei perfekt, ehe er sie aufbrach.
 
Diese "Zufriedenheit" ist eine Seuche.

Aufgabe des KL ist es, den Schüler UNZUFRIEDEN zu machen, und zwar in einer Weise, die möglichst bewirkt, dass der Schüler, statt deswegen das Klavierspielen sein zu lassen, in Aktion tritt, weil er zufriedener werden will. Zum Beispiel indem er ihm zeigt, wie er möglichst effektiv und schnell in Richtung zufriedenstellenderes Spiel kommen kann.

Auch in Sachen Geschmacksbildung ist das so: Aufgabe des KL ist es, den Schüler unzufrieden mit langweiligen oder schlechten Stücken zu machen und in ihm den Wunsch nach wirklich "nahrhaften" Stücken zu wecken.

Wie gesagt: In der heutigen Komfortgesellschaft mit ihrer "alles ist OK"-Kultur und -Pädagogik wird das aber immer schwieriger.
 

Da muss man halt mal die Daumenschrauben anziehen.
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O.k., ertappt! :018: Ich habe lange erfolgreich versucht, die alltäglichen pädagogischen Hilfsmittel unserer Zunft zur Entwicklung einer intrinsischen Motivation und einer stabilen und Frustrationstoleranz entwickelnden Persönlichkeit zu verheimlichen, aber es hat offenbar nichts genützt. Na dann:

1.)
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2.)
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3.)
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4.) 100 x Abschreiben:

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Liebenswürdige und sanftmütige Grüße von eurer :024:

chiarina
 

Diesen dilettantischen Satz mit seinen zahllosen Fehlern und Mängeln abschreiben zu lassen verstößt gegen Art. 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen. Einem Verfahren vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag wirst du dich nun kaum noch entziehen können. Selber Schuld! :012:
 
O.k., ertappt! :018: Ich habe lange erfolgreich versucht, die alltäglichen pädagogischen Hilfsmittel unserer Zunft zur Entwicklung einer intrinsischen Motivation und einer stabilen und Frustrationstoleranz entwickelnden Persönlichkeit zu verheimlichen, aber es hat offenbar nichts genützt. Na dann:

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4.) 100 x Abschreiben:

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Liebenswürdige und sanftmütige Grüße von eurer :024:

chiarina
Boah, was für eine absolute Kack-Harmonisierung! Das abschreiben zu müssen ist in der Tat eine echte Strafe - fast so schlimm wie es spielen und hören zu müssen!
 

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