Also da die ursprüngliche Frage von Chopienne ja schon anderthalb Jahre her ist, könnte er/sie das erforderliche Niveau ja inzwischen erreicht haben ...
Dennoch würde ich das Werk nicht unterschätzen. Ich halte es für technisch wie musikalisch gleichermaßen anspruchsvoll. Soll heißen, wenn man irgendwie mit heiler Haut durchkommt, ist es noch lange keine Musik.
Der Lento-Teil ist technisch noch überschaubar. Ich persönlich hatte hier vor allem mit der schieren Zahl von Noten und Vorzeichen zu kämpfen, was meinen schlechten Notenlesekenntnissen geschuldet sein mag. Im Grunde läuft ja alles parallel und wenn man das mal begriffen hat, hat man schon mal die richtigen Töne drauf. Knifflig ist jetzt noch das Ineinandergreifen von rechter und linker Hand und man muss ein bisschen probieren, wann welche Hand oben sein muss, damit man keinen Knoten in die Finger bekommt. Da alles recht langsam ist, sind die Sprünge kein Problem.
Musikalisch finde ich, dass man die Oberstimme (die Achtelnoten) als Melodie rausarbeiten muss. Die tiefen Viertel und Halben bilden ein Fundament darunter, dürfen aber nicht als Teil der Melodie gehört werden. Beides voneinander abzusetzen durch Lautstärke, aber auch Anschlagtechnik und geschickten Pedaleinsatz (bitte keinen Brei) fiel mir ziemlich schwer und ich bin noch nicht zufrieden. Wichtig ist auch, das (ziemlich langsame) Tempo zu halten und nicht zu beschleunigen.
Der Agitato-Teil ist schon technisch schwierig, zumal, wenn man ihn auf Tempo bringen will. Hier die immer wieder chromatisch absteigenden Viertel melodisch zusammenzuhalten und die treibenden Triolen flüssig und dennoch nicht zu laut zu spielen, ist schwer, zumal das alles recht schwer zugreifen ist. Fingerlegato geht nicht. Pedal muss sauber und oft gewechselt werden, um keinen Brei zu erzeugen. Gleichzeitig sollte man aber anstreben, die Bassnoten möglichst lange zu halten, was natürlich ein Widerspruch ist ...
Musikalisch sollte man hier die Dynamikanweisungen konsequent einhalten. Da liegt aber genau das Problem: Für die langen cresc. braucht man einiges an Puste, um nicht schon vorzeitig bei seinem persönlichen fff anzukommen.
Der dritte Teil ist alleine von der Notation (und damit vom Lesen her) nochmals komplexer als der Anfang. Ich hab heute noch Probleme, mich in den doppelten Notensystemen zurechtzufinden. Es ist hier, am Höhepunkt, wichtig, viel Geräusch zu erzeugen und man braucht eine gute Anschlagtechnik für ein schönes sffff. @rolf hat ja schon gesagt, dass es sich hier um eine Etüde für laute und leise vollgriffige Akkorde handelt - genau aus diesem Grund habe ich es auch aufbekommen. Musikalisch muss man halt nach dem Höhepunkt kontrolliert zum Ende kommen, das ja recht ruhig und leise verklingt ...
Jetzt, wo ich es aufgeschrieben habe, hört es sich alles gar nicht so schwer an. Dass es aber doch recht anspruchsvoll ist und meine Probleme nicht nur meinem mangenden Können zuzurechnen sind, hört man m. E. an der Aufnahme, die @Pianojayjay hier kürzlich mal eingestellt hat. Ich will ja nicht unverschämt sein, aber ich finde, genau so hört es sich eben an, wenn man es mit 15 einübt (und als erwachsener Mann nicht noch mal überarbeitet). Diese Aufnahme fällt jedenfalls aus meiner Sicht deutlich hinter das zurück, was ich von pianojayjay erwartet hätte.
Ich seh schon, ich rede mich um Kopf und Kragen ... vermutlich müsste ich nun auch mal eine Aufnahme beisteuern, ohje ... mal seh'n!
Schönes Stück, trotzdem, und die meisten Leute werden auch dann schon beeindruckt sein, wenn es nicht perfekt läuft. Meine Frau kann es leider nicht leiden, weshalb ich es auch nur mit schlechtem Gewissen am Flügel üben kann. Und am Digi macht es keinen Spaß.
So. Tschüss.
- Karsten