Hallo Nonsens,
wenn es Dein Traum ist, Kirchenmusik zu studieren, dann mach es doch. Ich denke immer, es ist das beste, erstmal das zu studieren, was dem eigenen Traum am nächsten kommt. Deinen eigenen persönlichen, induviduellen Weg wirst Du sowieso gehen.
Beispiel 1: Peter Planyavsky war bis 2004 Domorganist im Wiener Stephansdom. Die dortige Orgel auf der Westempore hatte extreme Schwachstellen. So sprach beispielsweise das große C bei einigen Pedalregistern sehr spät an. Er musste jahrelang für eine neue Orgel kämpfen. 2004 hat er seine Stelle freiwillig aufgegeben, da der Dommusikassistent ihm aus dem Amt vergrault hat. Selbst wenn Du mal eine Stelle an einer Kathedralkirche haben solltetst, muss nicht immer alles gut sein!
Beispiel 2: Ein bekannter von mir ist evangelischer Kantor mit A-Examen. Sein Hauptimstrument ist aus den 60er Jahren und hat um die 40 Register auf drei Manualen und Pedal. Das ist zwar nicht riesengroß, aber man kann eigentlich alle Arten von Orgelmusik ganz gut darauf umsetzen, zumal die Orgel erst vor kurzem komplett gereinigt und von der Intonationen her grundtöniger gemacht wurde. Und ich denke mir mir immer: Lieber eine zweitklassige Orgel mit erstklassigem Spieler als umgekehrt. Nun weiß ich aber aus persönlichen Gepsrächen auch, dass er mit vielem nicht zufrieden ist. Die ganze Liturgie wird wenig feierlich gehalten (ist eine unierte Landeskirche), die Gottesdienste haben die Vorgabe, nicht zu lang zu sein, etc. Seine musikalische Arbeit wird vom Seelsorgeteam nicht so richtig wertgeschätzt. Er kann sein Können kaum ausspielen und seine persönliche musikalische Linie nicht richtig entfalten.
Beispiel 3: Eine weitere Bekannte ist katholische Kirchenmusikern, hatte irgendwann jedoch keinen Bock mehr nervige, zickige Chormitglieder und rechthaberische Leute aus dem Kirchenvorstand und ist heute Musiklehrerin am Gymnasium. Dort wird ihre Arbeit geschätzt.
Beispiel 4: Ich selbst habe einen Bachelor in Jazz-Komposition und schon während des Studiums angefangen, in der Kirche Orgel zu spielen. Da ich als Modul auch Instrumentalpädagogik mit Hautfach Klavier hatte, habe ich nach dem Studium einfach angefangen, an mehreren Musikschulen auf Honorarbasis zu arbeiten, da volle Stellen so gut wie gar nicht mehr ausgeschrieben werden und wenn doch, gehört immer JeKits dazu. Jetzt habe ich die freiberufliche Tätigkeit und die C-Stelle und mir bleiben monatlich undgefähr 2.200 € netto. Ich schätze mich sehr glücklich, in meiner Gemeinde ein entspanntes Klima zu haben, das Glück haben viele nicht. Vielen Musikern ist die Freiberuflichkeit zu riskant, ich aber habe die Freiheit, das zu tun, was mir am meisten liegt.
Da siehst Du es: Vier Musiker und vier grundverschiedene Biografien. Jeder ist auf seine Art seinen Weg gegangen.