Ohne Lehrer

So, ich kann offiziell mitteilen, dass ich das Rondo abgebrochen habe. Es überfordert mich grandios. Ich habe das jetzt seit gut zwei Monaten am Wickel. Ich habe mich durch die 8 Seiten durchgearbeitet, vieles geht auswendig, vieles sitzt gut. Aber ebensoviel überfordert mich komplett.
-Die 16tel bekomme ich an vielen Stellen auch mit intensivem üben nicht wirklich auf ein annähernd akzeptables Tempo.
Diese merkwürdige Notenfolgen in den Takten 25, 27, 29 in der LH bringe ich immer wieder durcheinander, da ist irgendwie kein System hinter. Die Takte 110-115 gehen auch nur ziemlich langsam.

Insgesamt wundert mich der von Henle vergebene Schwierigkeitsgrad 4. Ich hab von Chopin schon so einiges mit SG4 oder auch 4-5 gespielt, das war nicht ansatzweise so schwer wie das Rondo. Wobei man bei einer passenden Frage für den KL wäre: Was tut man, um seine Fähigkeiten beim Tempo generell zu steigern außer Geduld und üben? Und die nächste spannende Frage: Was sucht man sich für Literatur, wenn diese Schwierigkeitsgrade offenbar doch lange nicht alles aussagen?
 
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Was tut man, um seine Fähigkeiten beim Tempo generell zu steigern außer Geduld und üben?
Das ist immer abhängig davon, um welche technische Herausforderung es geht. Schnelle Sprünge übt man anders als schnelle Läufe. Um letztere geht es aber vermutlich. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, z.B.:
  • Punktierte Rhythmen (lang-kurz bzw. kurz-lang), dabei immer auf dem langen Ton entspannen
  • im Tempo Gruppen von 3 oder 4 Tönen spielen, auf dem letzten Ton anhalten (innerhalb eines Laufs wandert der lange Ton dann)
  • 3 oder 4 Töne langsam, 3 oder 4 Töne schnell, immer im Wechsel (auch hier wandern Start- und Endpunkte)
  • Betonungsverschiebungen (Dreier- bzw. Vierergruppen)
  • in kleinen Abschnitten im Tempo üben und diese Abschnitte zu immer größeren Einheiten zusammensetzen (sowohl von vorne nach hinten als auch von hinten nach vorne)
Solche Übungen wirst du doch auch mit deinem Lehrer besprochen haben, oder?
 
Hast du zu denen auch einige Übungsideen?
Damit du gleich eine konkrete Vorstellung hast ... es geht mir dabei speziell um die linke Hand in Ragtimes. Also meist Sprünge zwischen oktaviertem Bass und Akkorden.
Ich suche nach "Zielübungen", weil ich gerade die Akkorde manchmal nicht so recht treffe (je nach Tempo natürlich).

Bei schnellen Läufen suche ich meist nach Sequenzen und übe dann gezielt diese Sequenz UND das Umsetzen zwischen ihren Wiederholungen (falls das nicht innerhalb der Sequenz praktischer ist).
Ich hoffe, es ist verständlich, was ich damit meine.
Ich danke dir auf jeden Fall für einige Tipps zum Üben der Sequenzen ... das werde ich definitiv mal an den längeren Läufen in Mozarts Fantasia in d-Moll (KV 397) ausprobieren ... diese Läufe "laufen" noch nicht so recht :cry2:

Im Grunde habe ich immer nur die letzte deiner Übungen wirklich genutzt ... und das mit dem "im Tempo" ist doch auch Übungssache ... zumindest bei mir.
 
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Hast du zu denen auch einige Übungsideen?
Um Sprünge schnell und sicher zu beherrschen, empfehle ich folgende Übungen:
Generell ist es wichtig, herauszufinden, ob während des Sprungs ein Bogen durch die Luft sinnvoll ist, und falls ja, wie groß dieser Bogen ist: Ein zu großer Bogen kostet viel Zeit, ein zu kleiner Bogen erschwert die Koordination und Treffsicherheit.
  • Ausgangstaste spielen - Finger auf Zieltaste bereitlegen, ohne sie zu spielen (mit geöffneten und danach mit geschlossenen Augen, dabei den Armwinkel und dessen Veränderung beim Sprung verinnerlichen)
  • Ausgangstaste spielen - Zieltaste nach guter Vorbereitung spielen (wieder mit Hinschauen und danach "blind")

Speziell zum Ragtime:
  • Bass-Akkord
  • Akkord-Bass
  • Bass-Akkord-Bass
  • Akkord-Bass-Akkord
  • Bass-Akkord-Bass-Akkord
  • usw., das Gleiche dann mit unterschiedlichen Start- und Zielpunkten
 
OK Danke.
Dann übe ich das ja im Grunde schon ganz richtig und muss wohl nur etwas mehr Geduld mit mir haben.
 
Ich suche nach "Zielübungen", weil ich gerade die Akkorde manchmal nicht so recht treffe (je nach Tempo natürlich).
Versuch mal, dir die zu spielenden Akkorde visuell vorzustellen und sie dann blind zu spielen. Wenn du weißt , auf welche Tasten zu willst, ist das Treffen reine Übungssache.

Bei schnellen Läufen suche ich meist nach Sequenzen und übe dann gezielt diese Sequenz UND das Umsetzen zwischen ihren Wiederholungen (falls das nicht innerhalb der Sequenz praktischer ist).

Die Übung ist nicht verkehrt, aber verfolgst du auch das richtige Ziel? Sprungsicherheit beruht auf Tastensicherheit und exakten Erfahrungswerten über die Lage von Tasten. Die erwirbt man nicht, indem man verzweifelt immer die selben Takte wiederholt. Ich übe lieber viele Sprünge wenig als wenige Sprünge viel.
 
Das ist immer abhängig davon, um welche technische Herausforderung es geht. Schnelle Sprünge übt man anders als schnelle Läufe. Um letztere geht es aber vermutlich. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten, z.B.
Vielen Dank für die Tips. Werd ich mal probieren. Ja, es geht um lange Läufe, ich weiß nicht, ob du das Rondo kennst?
Solche Übungen wirst du doch auch mit deinem Lehrer besprochen haben, oder?
Nein... 🙁
 
So, ich kann offiziell mitteilen, dass ich das Rondo abgebrochen habe. Es überfordert mich grandios...
Insgesamt wundert mich der von Henle vergebene Schwierigkeitsgrad 4...

Es handelt sich doch um das Beethoven-Rondo Op. 51,1, gelle?

Was die Schwierigkeit anbelangt, so gibt es zwei verbreitete Rankings: Das von Henle und das von Wolters (Handbuch der Klavierliteratur). Letzteres empfinde ich oft als zutreffender. Wolters gibt dem Rondo (auf einer Skala von 1-15) eine 7-8, wobei er sagt, ein durchschnittlicher Schüler brauche für eine Stufe rund ein dreiviertel Jahr. Demnach würde das Rondo nach ca. 5 bis 6 Jahren erreichbar sein. Du spielst, soweit ich weiß, seit 2 (oder 3?) Jahren. Also brauchst du dich nicht grämen...

Abgesehen von allen Rankings: Nach zwei bis drei Jahren kann man im Durchschnitt einfach noch nicht erwarten, Sechzehntel-Läufe im Allegro-Tempo (also rund 120-130 für eine Viertel) flüssig spielen zu können -oder sind die Klavierlehrer anderer Meinung?
 
ich kann offiziell mitteilen, dass ich das Rondo abgebrochen habe. Es überfordert mich grandios.
Lieber Ralph_hh,

ich verstehe deine Enttäuschung! Aber einerseits ist dieses Rondo wirklich nicht leicht und andererseits hast du nun deine Eingangsfrage beantwortet:
Seltsamerweise komme ich auch alleine sehr gut klar. Ich übe fleißig, dank der Pandemie zurzeit eher deutlich mehr als vorher. Zur Zeit Beethovens Rondo 51.1. Beim Üben merke ich, dass ich das ständige Feedback des Lehrers nicht unbedingt benötige. 9 Jahre Querflöte waren genug, um jede Frage, wie irgend etwas gespielt werden sollte beantworten zu können, und ich bin ausreichend in der Lage, an meinem Übestück zu merken, wann etwas noch nicht so klingt, wie es soll, oder wenn das Tempo noch lange nicht stimmt. Der gelegentliche Soll Ist Vergleich mit dem YouTube Video vom. Profi hilft auch sehr.
Ein guter Unterricht hätte dir sicher weiter geholfen. Was z.B. Passagen und Läufe angeht, sind hilfreiche Übestrategien wie von @Demian nur dann hilfreich, wenn man in der technischen Umsetzung einigermaßen fit ist. Eine gute Armführung ist das eine, Leichtigkeit, ein "so wenig Spannung wie nötig, so viel Entspannung wie möglich" das andere. Viele meinen, sie müssten sich bei schnelleren Passagen besonders anstrengen und drücken wie der Teufel. Mit 100kg auf dem Rücken kann man aber keinen 100m-Lauf gewinnen.

Dann ist es auch sehr wichtig, wie man solche Passagen innerlich hört, wie man sie versteht. Es hilft oft, sie melodisch zu denken wie Koloraturen in der Oper. Wie sind die Sechzehntel strukturiert, wo sind Höhepunkte, wie phrasiere ich, wie artikuliere ich?

Mit Takt 25 ff. meinst du diesen Ausschnitt, oder?

Beethoven.PNG

Es ist interessant, dass aus meiner Sicht diese Stelle eine der leichtesten ist. Ich glaube aber zu verstehen, was du meinst. Links verlierst du die Orientierung, oder? Da könnte man z.B. nur die Oberstimme der Terzen spielen mit links und die Achtel strukturieren. Eine Möglichkeit ist, dass du die ersten drei Achtel als eine Einheit hörst und spielst. Also spielst du nur mit links fis' - g' - a'. Staccato getupft, etwas witzig und lustig klingen sie, du kannst sie aber auch mal variieren, z.B. legato oder in anderen Lagen spielen. Öfters wiederholen.

Dann nur g' - a' - g' -a', die nächsten vier Achtel. Wichtig ist dabei, das erste g' auftaktig zu denken - das nächste a' ist ein Taktschwerpunkt (ZZ 2 beim alla breve). Mehrmals hintereinander spielen.

Strukturelement Nr. 3 wäre dann fis' h' h', fis' ebenso auftaktig denken.

Später die Terzen hinzunehmen und wie bei einem Puzzle die Elemente aneinander fügen. Man kann die Phrase auch anders strukturieren. Oder einen Text dazu erfinden. Klar ist aber, dass hier links "führt" und rechts nur Begleitung ist.

Du könntest ja das Stück oder einzelne Teile daraus mal mit deinem Lehrer probieren, wenn du wieder Unterricht und überhaupt noch Lust dazu hast. Du hast dir da aber auch ein schwieriges Stück vorgenommen und das gleich ohne Lehrer. Keine Schande, das jetzt wieder wegzulegen. :)

Liebe Grüße

chiarina
 
Die Übung ist nicht verkehrt, aber verfolgst du auch das richtige Ziel? Sprungsicherheit beruht auf Tastensicherheit und exakten Erfahrungswerten über die Lage von Tasten. Die erwirbt man nicht, indem man verzweifelt immer die selben Takte wiederholt. Ich übe lieber viele Sprünge wenig als wenige Sprünge viel.
Bei den Sequenzen geht es um längere Läufe ... die lassen sich eigentlich immer in Sinnvolle Teile von 6 - 8 Tönen unterteilen.
Ich trainiere nicht einzelne Takte ... schließlich will ich am ende das Stück durchspielen können.
Trotzdem Danke für diesen Tipp ... mir hilfts nicht direkt, aber es gibt ja immer auch stille Leser.

In der angesprochenen Fantasie von Mozart sind diese Unterbrechungen (im "geraden" Ablauf nach oben bzw. unten) sogar immer an der selben Stelle in den einzenen Oktaven.
Wenn du einfach A-Dur über zwei Oktaven hinweg spielst, dann wirst du wahrscheinlich die Wechsel von cis auf d bzw. von gis auf a in ähnlicher Weise nutzen.
Mit "Sequenzen" meinte ich die "Stücke" zwischen diesen "Umsetzpunkten" (ganz sicher wieder falsche Begriffe, aber Klavier ist nunmal nicht mein Hauptinstrument ... das sind bundierte Saiteninstrumente, bei denen nennt sich das "Lagenwechsel").
Ich weiß, dass der Begriff "Sequenz" eigentlich eine etwas andere Bedeutung hat.

Natürlich mache ich das Anfangs langsam und ganz bewusst. Mein Ziel ist meistens auch da schon, den Lauf ohne "Sprünge" zu spielen (Optimum wäre für mich eine flüssige Bewegung über den ganzen Lauf).
Natürlich muss ich dafür das Körpergedächtnis trainieren, bis ein Lauf quasi "automatisch" kommt und flüssig durchläuft.


Die Frage zur Übung von Sprüngen bezog sich auf was ganz anderes (linke Hand, Ragtime).
Bei einem konkreten Beispiel, welches ich aktuell (auch) wieder übe (Maple Leaf Rag) geht es um Akkorde im Dunstkreis von As/Gis-Dur .. ich weiß, ziemlich genau, wo die Finger hin müssen, und die Finger gehen und wollen auch genau da hin ... sie treffen nur eben manchmal nicht.
 
Ich kann mich so richtig nicht von dem Stück trennen, es ist zu schön und nach viel viel Arbeit klingen viele Stellen mittlerweile auch echt ganz passabel.
Das größte Problem bei dem Stück ist das Niveau verbunden mit der Länge von 8 Seiten, bei denen sich nur wenig wiederholt. Ich kann mich mit einer einzelnen Seite gut eine Stunde beschäftigen, danach ist bei mir aber meist die Luft raus. Wenn ich mir dann jeden Tag eine Seite vornehme, ist die erste wieder Geschichte, wenn ich bei der letzten angelangt bin. Und wenn ich versuche, am ganzen Stück dranzubleiben, wird es schnell oberflächlich.
 

Psychologischer Trick:
Teile das Stück mal in Abschnitte (Formteile) ein. Stelle dir dann vor, dass jeder Abschnitt ein kleines, in sich abgeschlossenes Stück ist. Dann hast du nicht einen großen Brocken, sondern sozusagen mehrere kleine Stücke, die du wie ein kleines Repertoire übst. Die „Stücke“, die gut laufen, legst du zwischendurch für eine Weile zur Seite, und greifst sie nur gelegentlich auf, wenn du mit den Arbeitsschwerpunkten etappenweise weitergekommen bist.

Am Ende setzt du die Stückchen zu einem Großen, Ganzen zusammen.
 
Am Ende setzt du die Stückchen zu einem Großen, Ganzen zusammen.
Insgesamt ein wirklich guter Trick.
Ich empfehle zusätzlich noch, zwischendurch auch mal zwei der Teile so hintereinander weg zu spielen, wie sie im Stück vorkommen (natürlich immer wieder andere Paare) ... ansonsten könnten einige Übergänge am Ende problematisch werden. Schließlich willst du ja am ende das Stück spielen ... und nicht "X" verschiedene Teile.

Mir hlft es beim Üben immer wieder sehr, das Stück einfach nur zu hören, und dabei "im Kopf" mitzulesen (nicht wrklich die Noten, sondern die Bewegungsabläufe ... manchmal spiele ich dabei sogar "Luftpiano".
Ich kann mich so richtig nicht von dem Stück trennen, es ist zu schön und nach viel viel Arbeit klingen viele Stellen mittlerweile auch echt ganz passabel.
Das größte Problem bei dem Stück ist das Niveau verbunden mit der Länge von 8 Seiten, bei denen sich nur wenig wiederholt.
Geht es noch immer um das Rondo?
Wenn das ein echtes Rondo ist, dann müssen sich die Formen irgendwie wiederholen ... vielleicht nicht 1:1, aber wenigstens "erkennbar ähnlich".
Eigentlich solte es da sowas wie einen formalen "Kehrreim" geben, der immer wiederkehrt.
 
Geht es noch immer um das Rondo?
Wenn das ein echtes Rondo ist, dann müssen sich die Formen irgendwie wiederholen ... vielleicht nicht 1:1, aber wenigstens "erkennbar ähnlich".
Eigentlich solte es da sowas wie einen formalen "Kehrreim" geben, der immer wiederkehrt.
Den "Kehrreim" gibt es, er ist aber denkbar kurz, da fällt nicht viel weg beim lernen. 😉
 
@Ralph_hh:
Das ist mir beim Hören dann auch aufgefallen.
Allerdings gibt es neben dem Kehrreim auch noch einige andere "Motive", die immer wiederkehren.

Die Schwierigkeit dürfte darin liegen, dass Beethoven die Themen stark variiert ... und so sind einige Teile eben so mit Läufen "zugeballert", dass man sie nicht mehr leicht wiedererkennt oder sie sind rhythmisch verändert.
Im Kern handelt es sich dabei aber oft um alte Bekannte.
 
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