Neubefilzung und -besaitung oder nur Intonation?

  • Ersteller des Themas Karlheinz Klopweisser
  • Erstellungsdatum

Ich vermute mal, dass das ironisch gemeint ist.
Früher hat man nicht gängige Achsen entfernt, poliert und wenn das nicht hilft (was meistens der Fall war), neu betucht. Eine Fitzelarbeit sondergleichen bei dünnen Achsen und wenn man's nicht mit der notwendigen Präzision schafft, dann 'rinse and repeat'. Zeitufwand überproportional groß zum heute gängigen CLP.
Da bringst du etwas durcheinander, denn das hat man noch nie gemacht. Bzw. so etwas machen nur Do It Yourself Freaks ohne Ahnung auf Youtube. Wäre ja auch Unsinn, da man als Profi neue Achsen vorrätig hat und nicht auf die alten angewiesen ist.

Folgende Maßnahmen sind üblich:

Zu aller erst die nachhaltigste Methode: die nicht nicht gängige Achse wird entfernt, die Tuchung mit einer Reibahle etwas geweitet und damit auch gereinigt und dann eine neue Achse eingesetzt. Vor dem Einsetzen der neuen Achse wird diese kurz durch die Haare des Klavierbauers gezogen (falls vorhanden). Dadurch wird etwas Haarfett auf die Achse gebracht. Kann man gerne mal ausprobieren: neue Achse ist minimal zu groß, so dass man jetzt mit der Reibahle nacharbeiten müsste. Stattdessen zieht man die Achse durch die Haare und siehe da: jetzt ist sie geschmeidig gängig.

Die schnellste Methode ist Protec CLP. Hilft meistens und meistens auch langfristig. Aber nicht immer. Vor allem hilft es komischerweise (so gut wie) nie bei Hebegliedachsen.

Früher nahm man auch gerne Ballistol, aber das macht man heute nicht mehr, weil es mehr schadet als nützt.

Zappen: man appliziert Strom auf die Achse. Wie genau das funktionieren soll, weiß ich nicht. Möglicherweise durch die entstehende Wärme? Keine Ahnung, das ist eins von diesen Ami Dingern. Die probieren auf der Suche nach Abkürzungen gerne viel aus und hypen dann die neuen Methoden. Meist stellt sich dann heraus, dass das alles doch nicht von Dauer ist oder Nebenwirkungen hat. Dann verschwindet das wieder. Insbesondere in Sachen intonieren kursieren da die merkwürdigsten Methoden.

Alkohol-Wasser-Mischung auf die Tuchung geben: in der Produktion wird die Garnierung nicht mit feuchtem Leim eingeleimt. Vielmehr wird der Garnierungsstreifen mit Leim bestrichen und dann gewartet, bis der Leim trocken ist. Dann wird das Tuch mit dem getrockneten Leim eingezogen und mit einer Achse fixiert. Diese Achse ist nur vorrübergehend drin. Dann wird das in Alkohol-Wasser-Lösung getaucht. Der Alkohol aktiviert den Leim und das Wasser lässt das Tuch quellen und drückt es in den Leim hinein. Beides verdunstet wieder. Wenn man diesen Prozess jetzt nach Jahren wiederholt, wird das Tuch wieder quellen und sich in den wieder aktivierten Leim hinein drücken. Somit hat die Achse wieder mehr Spiel. Das hab ich mal ausprobiert bei Hebegliedachsen, aber mit keinem Erfolg. Unklar ist auch, welches Mischungsverhältnis ideal ist. Da gehen die Meinungen auseinander.

Was auch sehr gut helfen soll (vor allem bei Hebegliedachsen): Trofex. Das ist eigentlich für Tastengarnierungen gut, aber es hilft angeblich super bei Hebegliedachsen. Ich selber habe es noch nie probiert.

Dass man Graphit gegen steife Achsen nimmt, habe ich noch nie gehört.
 
Ich habe zumindest schom gemerkt, dass die reduzierte Schnabelluft merkbare Auswirkungen darauf hat, wie ich dieses Klavier bedienen muss (Hände UND Füße).
Ja, da musst du die umgewöhnen.
Vielleicht war es doch etwas zu viel, was der Stimmer da "auf die Schnelle" gemacht hat.
Mal eine Frage an die Experten:
Wie viel Schnabelluft wäre denn normal?
Damit ich das auch ungefähr einschätzen kann, frage ich mal nicht nach irgendwelchen Abständen in der Mechanik, sondern danach, wie tief man eine Taste normalerweise eindrücken muss, bevor die Mechanik reagiert?
Meine reagiert momentan fast sofort, und das kommt mir irgendwie nicht so ganz richtig vor.
Es braucht nur einen Hauch einer Idee von Schnabelluft, sozusagen nur ein Mü.

Das Problem, dass ein erneuter Anschlag nicht möglich ist (und das auch nicht reproduzierbar) kenne ich wohl. Wenn es nicht die steife Achse ist und auch nicht ausgespieltes Leder der Hammernuss und auch nicht fehlende Bändchenluft und auch nicht eine Stoßzunge, die sich in der Stoßzungenprallleiste verklemmt, dann ist es ein Problem der Geometrie der Hammernuss. Dann hilft nur noch Folgendes:

Steighöhe verkürzen, Fang enger einstellen, Spieltiefe vermindern.

Wobei Fang enger machen als alleinige Maßnahme auch schon das meiste bewirkt. Das kann man ganz gut auf meinen Videos sehen, die ich oben eingestellt hatte. Und das ist auch eine Maßnahme, die man als Laie ohne Werkzeug hinbekommt.
 
Meiner Erfahrung nach, bei "neuen " Klavieren quasi nicht vorhanden, das oben genannte "Hauch von Nichts..."

Bei älteren Klavieren (wie zum Beispiel meinem altem Kriebel....) ist es sinnvoll ein Ticken mehr Schnablelluft zu haben, da die Mechanik insgesamt nicht mehr so irrsinnig präzise läuft.

Ist so ein bisschen wie bei alten Autos/Moppeds Ventile einstellen. Lieber ein bisschen weiter, dann klappert die Maschine zwar ein bisschen, ist aber vergleichsweise sicherer gegen mechanische Defekte.

Damit ich das auch ungefähr einschätzen kann, frage ich mal nicht nach irgendwelchen Abständen in der Mechanik, sondern danach, wie tief man eine Taste normalerweise eindrücken muss, bevor die Mechanik reagiert?
Meine reagiert momentan fast sofort, und das kommt mir irgendwie nicht so ganz richtig vor.
Auch hier wieder Unterschied alt /neu... Normal ist aber schon, das die Mechanik schon bei leichtem Druck reagieren sollte.
 
Schon wieder ... ich habe jetzt knapp 2 Jahre gebraucht, um mich wieder an das Klavier zu gewöhnen.
Wobei Fang enger machen als alleinige Maßnahme auch schon das meiste bewirkt. Das kann man ganz gut auf meinen Videos sehen, die ich oben eingestellt hatte. Und das ist auch eine Maßnahme, die man als Laie ohne Werkzeug hinbekommt.
Das würde ich gerne ausprobieren.
Ich habe in deinem 2. Video nach etwas geschaut, was irgendwie enger aussieht, als im ersten. Die Kamera war in jedem Fall näher dran ... viel mehr sehe ich da nicht. Vielleicht bin ich aber auch einfach blind (oder doof ... oder beides).
Bei älteren Klavieren (wie zum Beispiel meinem altem Kriebel....) ist es sinnvoll ein Ticken mehr Schnablelluft zu haben, da die Mechanik insgesamt nicht mehr so irrsinnig präzise läuft.
Dann könnte das ja auch bei meinem sein. Vorrausgesetzt, das ermittelte Alter (anh. der Seriennummer) passt, hat der Kasten fast 130 Jahre auf dem Buckel.
Die Stoßzunge muß auch bei langsamen loslassen der Taste wieder unter die Hammernuß gleiten.
Das tut sie ... zumindest tat sie das unter Beobachtung.

Wie gesagt ist mir eine Reproduktion dieses unschönen Verhaltens bisher nicht gelungen. Es tritt auch nur auf, wenn ich gerade ein Stück spielen möchte. Dann passierts ... und irgendwie scheint da auch ein Zusammenhang mit dem rechten Pedal zu bestehen (das Timing scheint den Ausschlag zu geben) ... ohne Pedal passiert es sehr viel seltener (bisher eigentlich garnicht), weswegen ich momentan fast nur Bach übe.

Kann so eine Problematik (blockierte Tasten) auch durch ungünstigen Gebrauch des Pedals entstehen?
 
Wie gesagt ist mir eine Reproduktion dieses unschönen Verhaltens bisher nicht gelungen. Es tritt auch nur auf, wenn ich gerade ein Stück spielen möchte. Dann passierts ... und irgendwie scheint da auch ein Zusammenhang mit dem rechten Pedal zu bestehen (das Timing scheint den Ausschlag zu geben) ... ohne Pedal passiert es sehr viel seltener (bisher eigentlich garnicht), weswegen ich momentan fast nur Bach übe.

Kann so eine Problematik (blockierte Tasten) auch durch ungünstigen Gebrauch des Pedals entstehen?

Wenn es beim rechten Pedal hängen bleibt, sind meist die Tastengarnierungen zu stramm.

Hast Du mal versucht selbige zu drücken?
 
Tastengarnierungen ...

Hast Du mal versucht selbige zu drücken?
Ich habe gerade gelesen, dass ausgelatschte Garnierungen zur Folge haben, dass die Tasten seitlich etwas spiel haben.
Das trifft auf meine Tasten zu ... die haben alle ein bisschen Spiel (aber auch nicht mehr, als bei angeblich neuen Klavieren).
Die Garnierungen habe ich mir selbst allerdings noch nicht angeschaut ... daran hat der Stimmer ja auch nichts gemacht ... da er aber einige Tasten herausgenommen hat, nehme ich mal an, dass ihm wohl aufgefallen wäre, wenn an der Garnierung irgendwas zu straff wäre.

Ich werde mir das gleich mal anschauen.
...
...

Stunden später:

Die Tastengarnierungen erschienen mir nicht besonders stramm ... ein Klavierbauer könnte da aber auch anderer Meinung sein.

Bei zu straffen Garnierungen würde ich aber (mit meinem laienhaften technischen Verständnis) eher davon ausgehen, dass die Taste selbst hängen bleibt (oder nur langsam wieder zurückkommt). Die kehren aber wirklich sofort wieder in die Ruheposition zurück.

Die Tasten lassen sich auch alle sehr einfach herausnehmen ... da hakt nix (zumindest ist mir nichts aufgefallen).

Ein Mysterium.
Vielleicht sollte ich den Klavierbauer einfach nochmal kommen lassen. Ihr stochert nur im Dunkeln (wie denn auch anders ... bei so einer Funzel wie mir als Leuchte?), und mir fehlt ganz offensichtlich nicht nur das know how ... ich kann's scheinbar nichtmal gut beschreiben.
Mein Platz ist ganz offensichtlich viel eher vor, als im Klavier.
 
Der wird auch auf jeden Fall nochmal kommen müssen.

Derweil habe ich eine Notlösung gefunden. Das linke Pedal behebt das Problem sofort.
Mir war aufgefallen, dass das Problem (einzelne Töne bleiben weg und die entsprechenden Tasten sind blockiert) nicht ein mal aufgetreten ist, solange ich das linke Pedal trat.
Also habe ich einfach mal etwas rumgetestet. Ich habe mit Pedal gespielt (wie gewohnt pedalisiert), und wenn ein Ton blockiert, habe ich einmal kurz in einer Pause, das linke Pedal getreten. Zack war die Taste wieder da.
Ich habe jahrelang nur mit durchgetretenem linken Pedal gespielt (ausser an Flügeln), und wollte mir das nun eigentlich so langsam abgewöhnen. Ich könnte auch wieder mit linkem Pedal spielen, und das einfach so einstellen, dass es kaum klangliche Effekte hat.
Aber das ist ja nicht das Ziel ... kurz in Pausen klappt aber ganz gut.

Erstmal nur eine Notlösung und auf keinen Fall ein Dauerzustand.
Daher muss der Techniker sowieso nochmal ran.
 
Also habe ich einfach mal etwas rumgetestet. Ich habe mit Pedal gespielt (wie gewohnt pedalisiert), und wenn ein Ton blockiert, habe ich einmal kurz in einer Pause, das linke Pedal getreten. Zack war die Taste wieder da.
Das Hauptproblem ist wohl, dass die Stoßzunge nicht wieder in die Ruhelage rutscht. Warum auch immer. Wenn man das linke Pedal tritt, dann hat die Stoßzunge wieder Platz. Das spricht also gegen eine steife Achse. Möglicherweise tatsächlich abgenudeltes Leder der Hammernuss. Oder der Effekt, den man in meinen Videos sieht.
 


Zurück
Top Bottom