Zunächst einmal würde ich zwischen "Belohnung" und "Anerkennung" unterscheiden - Belohnungen sind ja meist materieller Art; Anerkennung hingegen kann man auf ganz unterschiedliche Weise ausdrücken, sei es durch Lob, anerkennende Worte, Applaudieren etc. Anerkennung ist weiterhin ebenso wie Kritik eine Form des feedbacks - und feedback darf m.E. in einem Klavierunterricht nicht fehlen.
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PS: Ich habe z.B. gerade im Unterricht ein Stück erarbeitet, das ich nunmehr flüssig spielen kann und das m.E. recht gut läuft. Allerdings gefällt mir mein Vortrag bisher nicht hundertprozentig und auch nicht achtzigprozentig. Ich habe bereits mehrmals versucht, herauszufinden, warum er mir nicht gefällt, bin aber noch nicht dahintergekommen. Daher werde ich das Stück meiner KLin in der nächsten Stunde komplett vorspielen und sie fragen, was ihrer Meinung nach daran nicht stimmt. Und dann muss sie ja was dazu sagen!
Liebe Debbie,
ich kann leider in diesem Rahmen nicht wirklich differenziert auf das Thema eingehen. Allein über das Thema "Feedback" kann man schon Doktorarbeiten schreiben.
Also nur kurz:
Was würdest du sagen, wenn deine Klavierlehrerin dir, nachdem du ein vorher holpriges Stück wirklich schön gespielt hast, eine Belohnung in Form von Geld, Gummibärchen etc. geben würde?
Was würdest du sagen, wenn sie statt Geld loben würde: "Das hast du gut gemacht. Dein Spiel hat sich sehr verbessert!"
Wie würdest du reagieren, wenn du spürst, dass sie sich mit dir mitfreut und strahlend sagt: "Ich freu mich so, dass du das so schön gespielt und das Problem von letzter Woche gelöst hast! Es klingt wunderbar und nun können wir den Chopin spielen, den wir uns vorgenommen haben."
Welche Reaktion gefällt dir am besten?
Das sind drei verschiedene Möglichkeiten (gibt noch mehr :p ) einer speziellen Form des Feedbacks, nämlich der positiven Anerkennung.
Im ersten Fall ist es eine materielle Belohnung. Im zweiten Fall ein Lob. Bei beiden gibt es ein ganz klares Gefälle zwischen den beiden Beteiligten: der Lehrer ist der Lobende, derjenige, der beurteilt, wertet und Belohnungen verteilen darf, der Schüler ist derjenige, der beurteilt wird, der gelobt wird, der belohnt wird. Beide Formen sind stark mit der
Person des Schülers verbunden, nicht mit seinem
Verhalten, was ein höchst bedeutender Unterschied ist (wenn jemand mehr zum Lob wissen will, verlinke ich zum gefühlten 100000sten Mal
Die Neue Familienkonferenz: Kinder erziehen ohne zu strafen: Amazon.de: Thomas Gordon: Bücher :p )!
Bei diesen beiden Formen besteht u.v.a. die Gefahr, dass der Schüler bestrebt ist, das zu tun, was der Lehrer sagt. Die Anerkennung des Lehrers kann durch regelmäßige Belohnungen und regelmäßiges Lob das vorrangige Ziel des Schülers werden und die Sache an sich in den Hintergrund treten. Die intrinsische Motivation wird geschwächt.
Regelmäßige Belohnungen und Belobigungen werden auch häufig als Mittel zum Zweck, als Möglichkeit zur Kontrolle und Manipulation eingesetzt (pädagogisches Lob .....) und das dient nicht der Bildung von Eigenverantwortung, Eigenmotivation und einem Arbeiten/Üben, das letztlich dazu befähigen soll, auf eigenen Füßen zu stehen. Ich weigere mich auch, ein solches Bild von Kindern zu haben (geschweige denn, mit ihnen so umzugehen) - die sind alles andere als blöd und merken viel. Ich geh da ganz mit Kulimanauke.
Sind also Lob und Belohnung
Beurteilungen des Schülers, so stellt sich das Feedback in Beispiel 3 (oben) ganz anders dar. Dort redet die Lehrperson über
sich selbst (Ich-Botschaft), sie drückt
ihre Freude über das schöne Spiel der Schülerin aus. Das meinte auch Rebecca und ich habe es in meinem ersten Beitrag zu diesem Thema mit "mitfreuen" ausgedrückt. Dies ist ein wesentlicher Unterschied zu Beispiel 1 und 2!
Klavierunterricht sollte ein Experimentierfeld für viele eigene Erfahrungen sein, bei dem selbstverständlich die Feedbackkultur eine große Rolle spielt. Wie das Feedback ausgedrückt wird, kann aber sehr verschieden sein. Grundsätzlich haben im Unterricht Schüler und Lehrer eine gemeinsame Basis, die darin besteht, dass ich als Lehrer einen erheblichen Wissensvorsprung habe, weswegen der Schüler aus
eigenem Antrieb heraus die Entscheidung getroffen hat, bei mir Unterricht zu nehmen. Der Unterricht erfolgt also aus einer intrinsischen Motivation heraus. Diese Motivation hat zur Folge, dass der Schüler mit dem Lehrer arbeiten
will - diese gemeinsame Arbeit als Team erfordert ständige Interaktion, die ohne Feedback gar nicht möglich ist. Da bin ich ganz bei dir, Debbie, keine Sorge. :D Es ist aber ein Unterschied, ob der Schüler ein Feedback vom Lehrer will, darunter auch Möglichkeiten und Tipps, wie er sich selbst helfen kann und sich etwas selbst erarbeiten kann
(ganz schlechter Unterricht ist z.B, immer nur so zu lehren.: "mach das hier so, hier so, hier mehr forte, da weniger,.................. . Selbstverständlich sind auch solche Elemente vorhanden, aber durch solche ausschließlichen "Anweisungen" lernt der Schüler, immer nur das zu tun, was der Lehrer sagt, anstatt selbst zu hören, selbst nach Lösungen zu suchen.....................) oder eine Belohnung. Ich meine, eine Belohnung verhindert sogar die Interaktion eines Feedbacks, weil sie einseitig ist.
Wenn du Feedback willst, liebe Debbie, bezieht sich das doch immer auf die Sache selbst, dein Klavierspiel! Es bezieht sich nicht darauf, ob du eine Sache gut oder schlecht gemacht hast, das hoffe ich jedenfalls. Das Erste bezieht sich also auf die Sache, das zweite auf die Person. Ich bin dafür, mich auf das Klavierspiel zu konzentrieren! :D
Liebe Grüße
chiarina