... Mögt ihr Lang Lang...?

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Magst Du Lang Lang...?


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Wie kann so jemand einen Echo Klassik in 2005 erhalten für eine Musik-DVD? Liegt es daran, dass bei der DVD besonderen Wert auf das visuelle gelegt wurde und die hier bezweifelte Musikalität zweitrangig war?

Ich ging davon aus, dass L.L. eine ausgezeichnete Technik besitzt, kenne mich aber auf dem Niveau nicht gut aus. Ich frage mich jedoch, ob die hier oft erwähnte nur mäßige Technik wirklich durch das Ergebnis der Interpretationen belegt werden kann nach dem Motto: "wenn der Klang nicht stimmt, ist die Technik nicht gut". Vielleicht fehlt ihm das musikalische Vorstellungsvermögen gewisse an bestimmten Stellen unverzichtbare Klänge, obwohl er es technisch umsetzen könnte. Auch könnte die Liebe zu Details bei seinen Interpretationen einen höheren Wert als die großen Bögen haben, die die Kritiker bei ihm vermissen. Wenn er Details herausarbeiten kann, die bei anderen Interpretationen nicht deutlich werden, wären seine Interpretationen nicht völlig unvertretbar. Nicht jeder Hörer seiner Einspielungen kann der durchdachten Architektur der Kompositionen in jeder Hinsicht folgen. Kit Armstrong z. B. erkennt mehr musikalische Zusammenhänge als seine professionell ausgebildeten Orchesterkollegen, die das fasziniert.

Jemand schrieb oben, dass er L.L. als sehr offen wahrnimmt und bei den Auftritten das Kind in ihm sieht. Ich hatte den gegenteiligen Eindruck, dass er bei Wetten Dass... jeder Frage von Gottschalk ausgewichen ist und auch auf der Bühne eine Clownmaske trägt und seine inneren Gefühle ziemlich verbirgt.

Wo hier immer Horrowitz' Technik angeführt wird: sicherlich gehören seine Interpretationen zum Besten. Manche sagen ihm aber, wenn ich mich recht erinnere, nach, bei Oktavläufen gerne Noten verschluckt zu haben. Man kann ja darüber streiten, ob das der Interpretation schadet oder nicht, aber von einer perfekten Technik würde das nach meinem Eindruck nicht zeugen, eher von Effekthascherei durch Vortäuschen einer extremen Geschwindigkeit. Habe es aber nur gehört.

Wen ich mir gar nicht anschauen kann, ist Murray Perahia. Sein Gesichtsausdruck ist mit der Musik, die er spielt, nach meinem Empfinden nicht vereinbar. Aber jeder sieht Gesten und hört Klänge und empfindet Musik subjektiv.
 
Also ich empfinde technische Perfektion und Brillanz in jedem einzelnen Tönchen - je nach Stück - schon als einen ganz unbeschreiblichen Hörgenuß...

Lieber Dreiklang,
ich glaube, Schumann hat da was anderes gemeint. Er selbst hat sehr bravouröse und brillante Stücke geschrieben, die abegg-Variationen z.B. und hier liegt es auch in der Absicht des Komponisten, dass die so vorgetragen werden. Hier wird die Virtuosität als Gestaltungsmittel und nicht als "Zur-Schau-Stellung" der eigenen Fähigkeiten verwendet, dasselbe gilt für den Mephisto Walzer. Die zweite Ungarische Rhapsodie ist zweifellos ein bravouröses Virtuosen-Stück, nur LL versucht das noch weiter zu steigern auf Kosten der Musikalität. Franz Liszt, wohl einer der bravourösesten Komponisten aller Zeiten, hat diese Texte Schumanns übrigens sehr geschätzt und sogar eigenhändig ins Französische übersetzt.

Wie kann so jemand einen Echo Klassik in 2005 erhalten für eine Musik-DVD?

Ganz einfach: Indem man mit seinem Produkt erfolgreich ist, also der Markt passt und das ist bei LL aus den hier bereits genannten Gründen der Fall. Es ist ja auch nicht so, dass er nicht fähig ist Klavier zu spielen, es ist auch nicht alles schlecht was er macht, nur ist es eben auch nicht so übermenschlich gut wie oft behauptet wird. Daher spricht auch nichts für Herrn Barenboim dagegen, mir ihm zusammenzuarbeiten. Hier wurden doch einige Vergleiche bereits gebracht. Hört ihr denn den Unterschied nicht?

Wo hier immer Horrowitz' Technik angeführt wird: ... Manche sagen ihm aber, wenn ich mich recht erinnere, nach, bei Oktavläufen gerne Noten verschluckt zu haben...

So so... Hören wir uns mal ein paar berühmte Oktav-Stellen von ihm gespielt an.

Funerailles
Ungarische Rhapsodie Nr.6
Tschaikowski Klavierkonzert Nr.1

Klingt ganz OK für mich! ;)

Viele Grüße!
 

Ärgerlich nur das es sich nur mittels Proxyserver anhören läßt, da offensichtlich irgendwelche Musikrechtemafiosis ihre Hand drauf haben, und man den "netten Hinweis" bekommt daß dieses Video in seinem Lande ned verfügbar sei - nun gut, das sei ein Pluspunkt für Lang Lang...für den interessiert sich die Musikrechtemafia ned :D

Viele Grüße

Styx
 
Wo hier immer Horrowitz' Technik angeführt wird: sicherlich gehören seine Interpretationen zum Besten. Manche sagen ihm aber, wenn ich mich recht erinnere, nach, bei Oktavläufen gerne Noten verschluckt zu haben. Man kann ja darüber streiten, ob das der Interpretation schadet oder nicht, aber von einer perfekten Technik würde das nach meinem Eindruck nicht zeugen, eher von Effekthascherei durch Vortäuschen einer extremen Geschwindigkeit. Habe es aber nur gehört.
da verwechselst du was - die Oktavstellen sind bei Horowitz fast immer derart ok, dass zahllose Pianisten ihr Seelenheil hergäben, um das ebenso zu können ;):)

nein, Horowitz selber hat erklärt, dass in rasanten chromatischen Läufen Töne ausgelassen werden können (man würde es nicht hören) - das betrifft aber keine Oktavpassagen (die sind nicht so schnell wie einstimmige)
 
da verwechselst du was - die Oktavstellen sind bei Horowitz fast immer derart ok, dass zahllose Pianisten ihr Seelenheil hergäben, um das ebenso zu können ;):)

nein, Horowitz selber hat erklärt, dass in rasanten chromatischen Läufen Töne ausgelassen werden können (man würde es nicht hören) - das betrifft aber keine Oktavpassagen (die sind nicht so schnell wie einstimmige)

Ich habe gefunden, was ich in Erinnerung hatte (Romanze mit einem Dreibeiner, S. 149): Über Horowitz' Oktavläufe sagte Glenn Gould: "er markiert sie". Dann wird erklärt, dass sich Pianisten, einschließlich Horowitz, kleiner Tricks bedienten, um Effekte zu erzielen. Weiter steht da aber auch, dass es fraglich sei, ob Horowitz irgendwas von dem, was er spielte, markierte. Gould hatte sicher ein besserer Urteilsvermögen als ich, aber vielleicht hat er sich auch in Horowitz getäuscht oder bewusst etwas falsches über ihn geurteilt.

Na gut, letztendlich bleibt Horowitz' Oktavtechnik bzw. seine Technik überhaupt berühmt, selbst wenn G. etwas an ihm zu kritisieren hatte.

Ich kenne aber auch jemanden, der von L.L. Technik begeistert ist; er hat von klassischer Musik aber keinen blassen Schimmer und kennt Horowitz nicht ;-)
 
Lieber Dreiklang,
ich glaube, Schumann hat da was anderes gemeint. Er selbst hat sehr bravouröse und brillante Stücke geschrieben, die abegg-Variationen z.B. und hier liegt es auch in der Absicht des Komponisten, dass die so vorgetragen werden. Hier wird die Virtuosität als Gestaltungsmittel und nicht als "Zur-Schau-Stellung" der eigenen Fähigkeiten verwendet

Hallo Troubadix,

die abegg-Variationen gibt's auch von Lang Lang - abegg-Variations. Auf YT gibt's auch noch Interpretationen anderer großer Pianisten/innen zu hören.

Ich weiß nicht ganz, wie ich es beschreiben soll: mit seiner Exaktheit und Technik deklassiert Lang Lang andere weltberühmte Größen förmlich zur Mittelklassigkeit.

Da wird nichts mangels Technik mit dem Pedal zusammengeschmiert, da wird nicht verschämt verlangsamt, wenn Virtuosität gefragt ist, da fällt kein Ton aus der Reihe oder gar unter den Tisch mit unperfektem Anschlag.

Und wieder hat der Begriff "Technik beim Klavierspiel" jegliche Bedeutung verloren: so wie Lang sich das Stück denkt, wird es im selbem Augenblick einfach akustische Realität. Und er denkt hochgradig genau...

Wenn man dann noch weiß, wie diffizil pp/ppp an Konzertflügeln zu realisieren ist... bei dem Stück hab' ich mir zum erstenmal gedacht: daß technisch so vollkommen perfektes und ausgefeiltes Klavierspiel überhaupt möglich ist, hätte ich bis dato für unmöglich gehalten.

Und damit wird die Interpretation auch wunderbar schön. Musikalisch-gestalterische Mängel mache ich keine aus (außer dem Anfang: er könnte vielleicht etwas zu schmalzig sein).

So zumindest denke ich heute.
 
Ich weiß nicht ganz, wie ich es beschreiben soll: mit seiner Exaktheit und Technik deklassiert Lang Lang andere weltberühmte Größen förmlich zur Mittelklassigkeit.


Den Ausdruck "Mittelklassigkeit" nehme ich zurück, den Ausdruck "deklassiert" vorerst noch nicht. Insgesamt liefert Lang Lang einen wesentlich klareren, transparenteren, präziseren, differenzierter ausgestalteteren Klang. Richter klingt für mich durchwegs etwas "verwaschen".
 

Den Ausdruck "Mittelklassigkeit" nehme ich zurück, den Ausdruck "deklassiert" vorerst noch nicht. Insgesamt liefert Lang Lang einen wesentlich klareren, transparenteren, präziseren, differenzierter ausgestalteteren Klang. Richter klingt für mich durchwegs etwas "verwaschen".

Ich habe die Aufnahme von Richter nicht angehört!
Der klare Klang von Lang Lang könnte damit zu tun, dass in den Hämmern seiner Flügel feine Scheiben von Sternsaphiren eingefügt worden sind, solche Flügel sind unbezahlbar :D:D:D:D
 
Ich weiß nicht ganz, wie ich es beschreiben soll: mit seiner Exaktheit und Technik deklassiert Lang Lang andere weltberühmte Größen förmlich zur Mittelklassigkeit.

Lieber Dreiklang,

Lang Lang spielt dieses Stück wirklich gut, alles andere zu sagen wäre unfair und das bestätigt meine Aussage, dass nicht restlos alles abzulehnen ist, was der treibt. Das du seine Interpretation aber so sehr über alle andere stellst überrascht mich. An Richters Interpretation habe ich gar nichts auszusetzen, der spielt das Stück mindestens genauso gut. Ich höre dort nichts verwaschenes, nur Schwächen in der Aufnahmequalität.

Hier ist eine etwas bessere Aufnahme.

Die beste Interpretation dieses Stückes die ich kenne spielte der 19jährige Evgeny Kissin 1990 in der Carnegie Hall. Es gibt zwar eine Einspielung auf Youtube, jedoch ist die Qualität dort so schlecht, dass das Ergebnis verfälscht wird und jede Brillanz verloren geht. Auf dieser CD, die ich jedem Klassik-Liebhaber übrigens wärmstens ans Herz lege, klingt das doch sehr viel besser (wer es nicht glaubt, kann sich diesen kurzen Ausschnitt im Vergleich zu dem hier anhören) und da finde ich, kann man beim besten Willen nicht von Deklassierung oder Mittelmäßigkeit reden. Kissin war an diesem Abend einfach unschlagbar! :kuss:

Viele Grüße!
 
Lieber Dreiklang,

Lang Lang spielt dieses Stück wirklich gut, alles andere zu sagen wäre unfair und das bestätigt meine Aussage, dass nicht restlos alles abzulehnen ist, was der treibt. Das du seine Interpretation aber so sehr über alle andere stellst überrascht mich. An Richters Interpretation habe ich gar nichts auszusetzen, der spielt das Stück mindestens genauso gut. Ich höre dort nichts verwaschenes, nur Schwächen in der Aufnahmequalität.

Hier ist eine etwas bessere Aufnahme.

Die beste Interpretation dieses Stückes die ich kenne spielte der 19jährige Evgeny Kissin 1990 in der Carnegie Hall. Es gibt zwar eine Einspielung auf Youtube, jedoch ist die Qualität dort so schlecht, dass das Ergebnis verfälscht wird und jede Brillanz verloren geht. Auf dieser CD, die ich jedem Klassik-Liebhaber übrigens wärmstens ans Herz lege, klingt das doch sehr viel besser (wer es nicht glaubt, kann sich diesen kurzen Ausschnitt im Vergleich zu dem hier anhören) und da finde ich, kann man beim besten Willen nicht von Deklassierung oder Mittelmäßigkeit reden. Kissin war an diesem Abend einfach unschlagbar! :kuss:

Viele Grüße!

Lieber Troubadix,

Danke für Deinen Beitrag! Die Aufnahme von Kissin ist wirklich hörenswert, auch die YT Einspielung, finde ich. Ich denke, man hört trotz Komprimierung alles heraus. Ruhig mal ganz anhören: Schumann - Theme And Variations On The Name 'Abegg' (Evgeny Kissin) - YouTube ;)

Ansonsten, würde ich die öffentlich vergleichenden Diskussionen gerne wieder abbrechen. Ich fühle mich nicht wohl dabei, und wer bin ich, bsp.weise eine Größe wie Richter irgendwo einsortieren zu wollen?

Ich lobe gern, wenn es mir angebracht scheint. Wenn ich etwas weniger gut finde, sage ich i.d.R. lieber gar nichts.

Aber es ist eine gute Hörübung, diese drei Interpretationen miteinander zu vergleichen.
Welcher Pianist greift zu welchen technischen Mitteln, um die Partitur Klang werden zu lassen? Wo klingt es angestrengt, wo feinsinnig, wo schroff, wo filigran?

Auf jeden Fall ist mein Interesse an Lang Lang jetzt geweckt, und ich werde mir mal bei Gelegenheit seine CDs probehören (und falls anhörbare Musik drauf ist, auch kaufen).

Viele Grüße!
Dreiklang
 
Die Aufnahme von Kissin ist wirklich hörenswert, auch die YT Einspielung, finde ich...

Die Aufnahme auf YT von Kissins Abegg-Variationen ist übrigens die aus der Carnegie Hall, nur eben in sehr viel schlechterer Qualität. Wenn dir die YT-Aufnahme schon gefällt, wird sie dich in guter Qualität begeistern. Wie gesagt, ich kann die CD nur empfehlen und das nicht nur wegen den Abegg-Variationen...
und sie ist das Geld mehr wert, als jede Lang Lang CD... :floet:

Viele Grüße!
 
Mögen kann ja ein dehnbarer Begriff sein. Stellenweise höre ich schon zu aber ihm dabei zuzusehen - um Gottes Willen - nein Danke!
 

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