bei der hier stattfindenden Diskussion stellt sich mir die Frage, was ist denn das Ziel des Klavierspielens ?
Genau ein Stück so nachzuspielen wie ein xy das schon einmal gespielt hat.
ist zwar ot,aber oK:was ist also der Sinn?
nein,es ist absolut nicht und niemals der Sinn oder das Ziel Werk x genau so spielen zu wollen wie Meister y,erstens weils ohnehin kaum funktionieren wird (man höre mal die paar allesamt nicht so wahnsinnig gelungenen Versuche einiger guter Pianisten auf YT , Horowitz' (--schon wieder er --) Version der 2.ungar.rhapsodie abzukupfern,zweitens weil das Schwachsinn ist,kann man ja gleich die CD einlegen.
warum also dann,ums noch besser zu spielen? wird auch nicht funktionieren,es gibt von den meisten Werken auch für große Virtuosen schwerlich überbietbare Aufnahmen aus der Vergangenheit,und unsereins wird dieses Niveau sowieso nicht einmal annähernd erreichen oder ihm auch nur ernstlich nahe kommen.
was bleibt also übrig:
ganz einfach:die Musik,das Wunder der Noten,die Geheimnisse darin zu ergründen,die Berufsmusiker haben es da gegenüber Amateuren leichter,da sie ein fundierteres theoretisches Rüstzeug in Sachen Harmonielehre,Kontrapunkt und Komposition(und natürlich auch Technik,Interpretation) auf der Uni erworben haben.
Du siehst dir also ein Werk,das du erarbeiten möchtest, an,egal ob sauschwer oder scheinbar (!) unkompliziert,und beginnst es zu erkunden,ist oft wie einen neuen Kontinent entdecken,diese Komponisten waren einzigartige Genies,dann beginnt die Arbeit,das alles raus zu arbeiten,technisch durchzuackern,oft ändert man (mir geht es oft so) dann plötzlich die ursprüngliche Meinung,eine Interpretation,von der man immer dachte "genau so muss es sein",gefällt einem dann nicht mehr,denn man entdeckt Nuancen,Artikulationsweisen,die man erst bei der Arbeit am Stück endeckt,Tips von anderen Musikern sind da auch oft sehr nützlich,wenn man auf was hingewiesen wird,das man noch nicht entdeckt hatte.
Kleines Beispiel: ein Freund von mir(Berufsmusiker) liebte Brendels Interpretation von Schuberts B Dur Sonate,studierte sie ein,um sie im Konzert zu spielen,als er fertig war mit dem Stück gefiel ihm Brendel überhaupt nicht mehr,da er während der Arbeit eine völlig neue Sicht des Stückes gewann.(was natürlich nicht heißt ,dass er es "besser" spielte als Brendel,nur eben anders,obwohl er zuvor glaubte, das wäre die ultimative Interpretation,also durchaus zur "Nachahmung"geeignet)
Oder aus eigener Erfahrung:Gavrilows Version der Campanella war für mich immer DIE Interpretation schlechthin,keine andere ließ ich drüber stehen,natürlich wäre es Schwachsinn,das nachahmen zu wollen,weil der technisch so turmhoch über unsereins steht,als ich das Werk studieren anfing,gefiel mir plötzlich vieles nicht mehr bei ihm,entdeckte ich Feinheiten,die bei ihm untergehen,die ganze Aussage des Werkes bei seiner version passte mir nicht mehr, und ich kam zu einer völlig neuen Sicht des Stückes.
Den Werken "gerecht" zu werden ist eine Zielvorstellung,schwer oder gar nicht erreichbar mitunter, aber eben ein lohnendes Ziel.
Es gibt auch niemals eine "endgültige" Interpetation eines Werkes denke ich,denk an Karl Böhms Mozart Aufnahmen:zu seiner Zeit(60er,70er Jahre) war das DER Mozart Stil,das letzte Wort schien gesprochen zu sein,heute dirigiert man Mozart völlig anders (nicht immer schöner,aber oft aufregender,weil in diesen Partituren eben unendlich viele Möglichkeiten stecken).
oK,soviel meine Meinung zum "Ziel" des Klavierspielens:
wenn an einem Tag der Komponist mir über die Schulter schaute und er vielleicht sagte, "das war diesmal gar nicht mal so übel",was gäbe es schönere Belohnung für unser Streben?