... Mögt ihr Lang Lang...?

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Magst Du Lang Lang...?


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ich bleibe dabei, dass es zahlreiche Virtuosen gab und gibt, welche Herrn L-L sowohl im musikalischen als auch im rein virtuosen Bereich überflüssig machen

rolf, besonders stört mich an diesem Satz das Wort "überflüssig".

Niemand, der eine völlig neue ungekannte Dimension des hochgradig perfekten, durchdachten und hochdifferenzierten Klavierspiels eröffnet, kann wirklich "überflüssig" sein.

Rubinstein, als hochprominenter Vertreter der Altherrenriege, fällt jedenfalls mit seiner Campanella schon mal glatt durch. Das Animato ganz am Schluß dermaßen zu verlangsamen, ist ein schwerer musikalischer Bruch im ganzen Stück. Und aus dem angestrengten Spiel hört man deutlich heraus, daß ihm halt einfach die Technik dazu fehlt, es vernünftig schnell zu spielen, so wie es da hingehören würde.

Das gleiche hat sich sicher auch Lang Lang gedacht, als er sich mit dieser Interpretation auseinandersetzte.

Und ich rede gar nicht mal davon, daß ich - wie so oft bei anderen Pianisten - bei Rubinstein ein leicht schmutziges Spiel heraushöre, das ihm offenbar gut genug war, um diese Interpretation der Öffentlichkeit zu zeigen.

Lang Lang hat das jedenfalls nicht gereicht, und das hört man überdeutlich heraus.

(und noch etwas: ich möchte gar nicht wissen, wieviel Arbeit es sein muß, auf einem so hohen Niveau noch sämtliche Schmutzigkeit aus seinem Spiel zu elimenieren)
 
rolf, besonders stört mich an diesem Satz das Wort "überflüssig".
das braucht dich nicht zu stören: ohne die übertriebene Werbemaschinerie müsste man L-L nicht mit Pollini u.a. vergleichen (was in der Klammer nach dem Satz mit diesem Wort erklärt war)
...was Rubinsteins angeblich (!) mangelhafte Technik betrifft, kennst du gewiß das Zitat "mir sind seine Fehler lieber als meine richtigen Töne" ;) -- nebenbei: es gibt genügend Rubinsteinaufnahmen ohne live-Patzerchen; aber weil wir schon dabei sind: Beethoven op.57 gespielt von Rubinstein :)
es ist machbar und geschieht oft, vor dem piu mosso der Campanella zu schnell zu spielen... evtl. läuft dir mal eine liveAufnahme von Watts über den Weg
 
rolf, besonders stört mich an diesem Satz das Wort "überflüssig".

Niemand, der eine völlig neue ungekannte Dimension des hochgradig perfekten, durchdachten und hochdifferenzierten Klavierspiels eröffnet, kann wirklich "überflüssig" sein.

Rubinstein, als hochprominenter Vertreter der Altherrenriege, fällt jedenfalls mit seiner Campanella schon mal glatt durch. Das Animato ganz am Schluß dermaßen zu verlangsamen, ist ein schwerer musikalischer Bruch im ganzen Stück. Und aus dem angestrengten Spiel hört man deutlich heraus, daß ihm halt einfach die Technik dazu fehlt, es vernünftig schnell zu spielen, so wie es da hingehören würde.

Das gleiche hat sich sicher auch Lang Lang gedacht, als er sich mit dieser Interpretation auseinandersetzte.

Und ich rede gar nicht mal davon, daß ich - wie so oft bei anderen Pianisten - bei Rubinstein ein leicht schmutziges Spiel heraushöre, das ihm offenbar gut genug war, um diese Interpretation der Öffentlichkeit zu zeigen.

Lang Lang hat das jedenfalls nicht gereicht, und das hört man überdeutlich heraus.

(und noch etwas: ich möchte gar nicht wissen, wieviel Arbeit es sein muß, auf einem so hohen Niveau noch sämtliche Schmutzigkeit aus seinem Spiel zu elimenieren)

Ich zitiere deine Aussage "bei Rubinstein ein leicht schmutziges Spiel heraushören" die mir doch bedenklich scheint ! Die Bessesenheit mit der Du Lang Lang verteidigst
ist doch schon fragwürdig.
Ich möchte mal darann erinnern , dass wir vor Jahren schon so ähnlich Diskussionen über eine Pianisten führten, ist dir der Name Ivo Pogorelich ein Begriff ?
Martha Argerich nannte ihn ein Genie. Ich denke, dass dazumal die Diskussionen über Pogorelich wesentlich interessanter waren, alls dieses LANGweilige sich immer wiederhollende Geschwätz über seine Technik und die beleidigenden Aussagen der grossen alten Meister. Diese sind es die den Stamm der Eiche zeichnen der direkt mit der Wurzel verbunden sind, Lang Lang ist nichts anderes alls ein Ast der beim rechten Sturm abrechen wird. Über Pogorelich wird auch nicht mehr viel gesprochen, eines steht aber fest, er ist Lang Lang zweifelslos weit überlegen. Seine Aufnahme der Chopin Preludes gilt alls die Besten aller Zeiten, darüber kann man auch diskutieren, seine Einspielung der Beethoven Sonate op. 111 ist doch einzigartig, es gibt sonst noch Aufnahmen mit denen man sich beschäftigen kann. Überigens alle beim gleichen Label aufgenommen wie bei Lang Lang. Kannst Du mir eine Erklärung abgeben wieso die gleichen Dirigenten die Pogorelich in den Himmel hoben dies heute mit Lang Lang tun , obwohl die Beiden grundverschieden sind, etwas stimmt doch da nicht. Ein Künstler hat eine Linie die ihn auszeichnet, dazu gehören auch die Dirigenten wo ist die geblieben, beim grossen Gewinn ?

Cordialement
Destenay
 
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es gibt genügend Rubinsteinaufnahmen ohne live-Patzerchen

und genau das ist mein Problem, hab ich jetzt erkannt ;) woher weiß ich denn, daß die beste YT-Aufnahme, die ich finde, auch seine beste war? Vielleicht war es seine schlechteste, oder eine mittelklassige? Es gibt sein Gesamtwerk für 190 Euro bei amazon zu kaufen, aber ich hab' es nicht...

Kurzum: wenn ich nicht alle Einspielungen aller bedeutenden Pianisten genau kenne, dann kann ich ja gar keine vernünftigen Aussagen über Lang Lang in Relation zu anderen treffen.

Man trifft zwar ab und an auf YT auf sehr schönes und ordentliches Klavierspiel - aber eine Garantie für irgendetwas ist das nicht. Und manchmal trifft man schlechtes - aber auch davon kann man nichts wirklich ableiten...

Ich ziehe also alle meine Aussagen betreffs der Qualität von Lang Lang und anderer Pianisten hiermit zurück, schlicht weil ich ja gar keine wirklich Fundierten treffen kann ("revoco" :oops: - :D)

Ende gut, alles gut. :D

Was unterm Strich bleibt, ist, daß mir persönlich die Abegg-Variationen von Lang Lang tatsächlich immer noch sehr gefallen, und besonders auch seine Haydn-Sonate. Meine Ohrmuschel wird also ausreichend schön umschmeichelt.
 
und genau das ist mein Problem, hab ich jetzt erkannt ;) woher weiß ich denn, daß die beste YT-Aufnahme, die ich finde, auch seine beste war? Vielleicht war es seine schlechteste, oder eine mittelklassige? Es gibt sein Gesamtwerk für 190 Euro bei amazon zu kaufen, aber ich hab' es nicht...

Kurzum: wenn ich nicht alle Einspielungen aller bedeutenden Pianisten genau kenne, dann kann ich ja gar keine vernünftigen Aussagen über Lang Lang in Relation zu anderen treffen.

Man trifft zwar ab und an auf YT auf sehr schönes und ordentliches Klavierspiel - aber eine Garantie für irgendetwas ist das nicht. Und manchmal trifft man schlechtes - aber auch davon kann man nichts wirklich ableiten...

Ich ziehe also alle meine Aussagen betreffs der Qualität von Lang Lang und anderer Pianisten hiermit zurück, schlicht weil ich ja gar keine wirklich Fundierten treffen kan

Ende gut, alles gut.

Was unterm Strich bleibt, ist, daß mir persönlich die Abegg-Variationen von Lang Lang tatsächlich immer noch sehr gefallen, und besonders auch seine Haydn-Sonate. Meine Ohrmuschel wird also ausreichend schön umschmeichelt.

Alle Achtung vor Dir, dass nenne ich Reife :D:D:D

Cordialement
Destenay
 
Ich denke man sollte besonders ältere Pianisten nicht über youtube Vergleichen, da die Qualität der Aufnahmen eher dürftig sind (bei neuen Aufnahmen von Lang Lang ist die Qualität wiederum sehr gut).

Aber wenn man schon bei youtube ist sollte man sich auf jeden Fall Valentina Lisitsa anschauen. Sie hat zwar keine großen internationalen Wettbewerbe gewonnen, jedoch würde ich sie gewiss zu den besten und bedeutendsten modernen Pianistinnen zählen.

Hier mal ihre Aufnahme von Liszt Totentanz (teuflisch schwer):

Liszt Totentanz - YouTube

oder vielleicht Liszts La Campanella:

Liszt La Campanella HQ - YouTube

und zum Abschluss Liszts Don Juan Paraphrasen:

Liszt Reminiscences de Don Juan (1) HQ - YouTube

Ich respektiere Lang Lang, finde aber Lisitsa weitaus präziser, seriöser und musikalischer. Und vorallem für uns ist es gut, dass sie eine sehr starke youtube Präsenz hat mit vielen exzellenten Aufnahmen und keine ist mittelklassik, was ich bei Lang Lang nicht unbedingt behaupten könnten (Obwohl ich Don Juan bei Lang Lang auf mindestens einer Ebene mit ihrer Aufnahme setzten würde, wenn nicht gar höher). Aber bei Lisitsa gibt es eben noch viel mehr dieser Glanzperlen. Sie spielt ja auch ziemlich ähnliche Stücke wie Lang Lang.


EDIT: Wenn wir schon von Technik reden:

http://www.youtube.com/watch?v=tVuP1BjbhAg

Lang Lang könnte nie so spielen :D
 
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Und noch etwas zu Lang Lang selber....

Lang Lang - Rachmaninoff Prelude Op. 23 No. 5 - YouTube

Das ist einfach der Grund dafür, dass ich einfach sagen muss, dass Lang Lang nie zu den besten Pianisten gehören wird, es sind nicht seine guten Aufnahmen (die es ja durchaus gibt), die das machen, sondern seine sehr schlechten und oberflächlichen, wie dieses Rachmaninoff Prelude.

Hier einmal im Vergleich Lisitsa (Interpretatorisch liegen Welten dazwischen, trotz des nicht so passenden outfittes :P )

Rachmaninoff Prelude in g minor op. 23 #5 HQ - YouTube

Ich glaube ein guter Pianist lässt schwierige Stücke einfach aussehen und ein schlechter Pianist lässt einfache Stücke schwierig aussehen, und wohl oder übel gehört Lang Lang (und ich selber) zu der letzteren Sorte.
 
Ich denke man sollte besonders ältere Pianisten nicht über youtube Vergleichen, da die Qualität der Aufnahmen eher dürftig sind (bei neuen Aufnahmen von Lang Lang ist die Qualität wiederum sehr gut).

Aber wenn man schon bei youtube ist sollte man sich auf jeden Fall Valentina Lisitsa anschauen. Sie hat zwar keine großen internationalen Wettbewerbe gewonnen, jedoch würde ich sie gewiss zu den besten und bedeutendsten modernen Pianistinnen zählen.

Hier mal ihre Aufnahme von Liszt Totentanz (teuflisch schwer):

Liszt Totentanz - YouTube

oder vielleicht Liszts La Campanella:

Liszt La Campanella HQ - YouTube

und zum Abschluss Liszts Don Juan Paraphrasen:

Liszt Reminiscences de Don Juan (1) HQ - YouTube

Ich respektiere Lang Lang, finde aber Lisitsa weitaus präziser, seriöser und musikalischer. Und vorallem für uns ist es gut, dass sie eine sehr starke youtube Präsenz hat mit vielen exzellenten Aufnahmen und keine ist mittelklassik, was ich bei Lang Lang nicht unbedingt behaupten könnten (Obwohl ich Don Juan bei Lang Lang auf mindestens einer Ebene mit ihrer Aufnahme setzten würde, wenn nicht gar höher). Aber bei Lisitsa gibt es eben noch viel mehr dieser Glanzperlen. Sie spielt ja auch ziemlich ähnliche Stücke wie Lang Lang.


EDIT: Wenn wir schon von Technik reden:

Valentina Lisitsa plays Rachmaninoff Etude Op. 39 No. 6 "Little Red Riding Hood" - YouTube

Lang Lang könnte nie so spielen :D

eine kleine Anmerkung: ich kenne weltweit keinen Konzertveranstalter, Kritiker , Musikmanager und all die Mitarbeiter die in der Musikszene wichtiges zu sagen haben, die Aufnahmen auf Youtupe anhören. Diese wollen alle CDs um Urteile abzugeben, böse Mäuler behaupten sie wollen sich nur eine Sammlung aufbauen. Für junge begabte Künstler ist dies zumteil fatal, da sie die Kosten gegen 15000 euro nicht aufbringen können

Cordialement
Destenay
 
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Man könnte doch...

im Unterforum "Werke, Komponisten, Musiker" einen Faden für einen entsprechenden Virtuosen starten, wenn man ihn gerne mag.

Mit dem Ziel, ihn oder sie zu beleuchten, die bisherige Leistung, die besonderen Stärken, die Schwächen, vielleicht Details aus ihrem Leben, oder Sinnsprüche, was auch immer.

Mich persönlich würde es schon interessieren, wie Lisita, oder auch Kissin, oder auch andere, von unseren Experten hier gesehen und eingeordnet werden. Ebenso z.B. besonders gelungene Einspielungen von diesen und so fort.

Man könnte sich auf youtube beziehen, oder halt auch mal CDs nennen, die bemerkenswert sind.

Also ich ermuntere mal jeden dazu ;)

Nicht, daß wir in der Umfrage "Mögt ihr Lang Lang" der Reihe nach alle Pianisten abhandeln :D:D:D

Aber ich möchte natürlich die begonnene Diskussion keinesfalls abwürgen.
 
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Ich hatte Anfang des Jahres auch eine Diskussion mit einem Freund, der sehr begeistert von LL war. Eigentlich hat er keinen Bezug zur klassischen Musik, und ich hatte mich schon gewundert, dass er diesen überhaupt kennt.

Da ich zur selben Zeit Lisitsa entdeckt hatte, gab es einen kleinen Disput.

Dank youtube konnten wir Interpretationen der gleichen Stücke anschauen/hören, wobei ich ihn dann überzeugen konnte, dass LL´s Interpretationen sowohl der Touch als auch der Kick fehlt.

Ausserdem finde ich, dass er mit seiner Clownerei die Stücke die er spielt vergackeiert.

Rudl
 
Da gibt es bisher, nach meinem begrenzten Erfahrungsschatz und meiner privaten Meinung, nur einen, der diesen Rachmaninoff gescheit spielt: Kissin
Ich weiß nicht, Lugansky spielt den Anfangsteil etwas prononcierter, was mir besser gefällt. (Allerdings übertreibt er den Übergang zum Mittelteil für meinen Geschmack ein wenig.)

Aber auch Horowitzens Variante ist nicht von schlechten Eltern.

Und neben Gilels wirkt selbst Kissin zahm. :D:D

Merke: Auch andere Pianisten haben schöne Töchter. :D:D
 

Ich finde gerade andersrum, aber danke, trotzdem! Ja, ich hab diese Aufnahmen auch schon gehört. Vor allem hab' ich was peinliches festgestellt: Rachmaninoff schreibt drüber "wie ein Marsch" als Vortragsanweisung, und er schreibt sogar eine Metronomzahl dazu.

D.h. er wollte es gerne in einer bestimmten Art und Geschwindigkeit gespielt haben.

Kissin spielt viel schneller, aber: ich finde genau das paßt am besten zur Komposition, zu den Tönen selbst. Einen Marsch würde ich einfach schon anders komponieren.

Kissin geht rein in die Tasten, läßt das Instrument mit dem Pedal richtig frei klingen, legt Kraft, Ausdruck, Wucht, ungebremste Stärke und Geschwindigkeit in das Stück, und all das paßt super zu diesen Noten, finde ich.

Aber vermutlich nicht ganz zu Rachmaninoff's Intentionen?

Der Fluß reißt bei Kissin nicht ab, und darf es auch nicht, bei diesem Stück, finde ich. Hm, also, zu lahm, zergliedert, oder trocken gespielt wird dieses Stück für mich persönlich musikalisch "wertlos"... und gerade der Anfang muß schon zeigen, wo's nachher langgeht.

So wie Kissin es spielt, wird das insgesamt zu Klaviermusik der Extraklasse. Aber das ist schon wieder eine private Meinung von mir, die sicherlich nicht von den Experten geteilt wird?

... und was mach ich mit meinen ganzen "privaten" Amateur-Meinungen...?? :cool:
Einfach mal den Mund halten?? :floet:
 
Der Fluß reißt bei Kissin nicht ab, und darf es auch nicht, bei diesem Stück, finde ich. Hm, also, zu lahm, zergliedert, oder trocken gespielt wird dieses Stück für mich persönlich musikalisch "wertlos"... und gerade der Anfang muß schon zeigen, wo's nachher langgeht.
Gerade am Anfang klingen bei Kissin einige Läufe recht fahrig (gerade im Vergleich zu Lugansky). Trotzdem hast Du insoweit recht, daß bei diesem Stück Kissin eine der besseren Interpretationen vorgelegt hat. Aber bei seiner wie bei den anderen genannten (und auch ungenannten) Versionen gibt es Aspekte, die mir mehr, und solche, die mir weniger gefallen. Vom Traum von der letztgültigen Interpretation habe ich mich aber auch schon längst verabschiedet... Insgesamt bleibt es jedoch Jammern auf hohem (und höchstem) Niveau.

... und was mach ich mit meinen ganzen "privaten" Amateur-Meinungen...?? :cool:
Einfach mal den Mund halten?? :floet:
Gar nicht nötig. Umgekehrt: Wenn alle einer Meinung wären, wärs doch erst richtig fad. :D:D
 
Große Namen beginnen mit L...

wir messen Beethoven nicht an Wellingtons Sieg, Tschaikowski nicht an der Ouvertüre solenelle ;) also sollten wir den Komponisten Liszt auch nicht an seinen Sünden messen - Sonate und Mephistowalzer enthalten keinerlei (!) vordergründige Virtuosität, ganz im Gegenteil: sie wird ganz eingesetzt, aber eben auch ganz im Sinn der musikalisch-dramatischen Aussage.
Das visionär anmutende Spätwerk Liszts setzt Ausdrucksmittel früherer Schaffensphasen folgerichtig und konsequenter als jemals zuvor fort. Ganz subjektiv empfinde ich es nicht als "Sünde", sondern als äußerste Zuspitzung im Lebenswerk eines zur Vollendung gelangten Ausnahmekünstlers, der niemandem mehr etwas beweisen muss. Die h-moll-Sonate und der Mephistowalzer sind zwei der zahlreichen Gipfelpunkte im Liszt'schen Lebenswerk, in denen Virtuosität und musikalisch-dramatischer Gehalt in perfektem Einklang stehen - wer würde sich erdreisten, dies in Frage zu stellen? Auch andere Komponisten (Schumanns "Geistervariationen" könnte man nennen) haben in End- und Krisenphasen ihres Schaffens der Nachwelt Rätsel hinterlassen - ein weiteres Diskussionsthema?
...etwas unwohl ist mir allerdings, Herrn L-L zu sehr im Kontext von Liszt zu betrachten... ich bleibe dabei, dass es zahlreiche Virtuosen gab und gibt, welche Herrn L-L sowohl im musikalischen als auch im rein virtuosen Bereich überflüssig machen (ja, das klingt herb, aber die Werbemaschine tut L-L keinen Gefallen, wenn sie ihn als neuen Horowitz präsentieren will - technisch ist ihm seine Landsmännin Wang schon überlegen, zu schweigen von den schon genannten...)
Natürlich hinkt ein Vergleich mit Liszt - man hätte auch andere Namen nennen können. Wenn natürlich bei den Youtube-Beispielen ganz aktuell die "Glöckchen-Etüde" genannt wird, landet man beim Argumentieren automatisch bei Liszt. Zahlreiche Virtuosen sind Lang Lang musikalisch und technisch überlegen? Selbst wenn man einwenden mag, dass man über Geschmack trefflich streiten kann, lässt sich diese These in der Tat eindrucksvoll belegen - gerade mit Podiumsgrößen, die ein vordergründiges Zirkus-Brimborium im Zusammenhang mit dem eigenen Auftritt niemals dulden würden - der "originale" Horowitz hatte das nicht nötig, ein "neuer" Horowitz könnte ebenfalls dankend darauf verzichten. Nun kommt aber die entscheidende Frage: Wem hat Lang Lang seine Popularität und seinen medienwirksamen Erfolg denn primär zu verdanken? Den Experten (auch hier im Forum) mit einschlägigem Fachwissen, Urteilsvermögen -und Kenntnis von Interpretationen, die noch besser gelungen sind? Oder vielen Halb-, Gering- oder Nichtswissenden, die möglicherweise ihre ersten Erfahrungen mit virtuoser Klavier-Solo-Literatur ausgerechnet durch Lang Lang vermittelt bekommen?
Rudl
Ich hatte Anfang des Jahres auch eine Diskussion mit einem Freund, der sehr begeistert von LL war. Eigentlich hat er keinen Bezug zur klassischen Musik, und ich hatte mich schon gewundert, dass er diesen überhaupt kennt.
Ein Beispiel unter etlichen: Begeisterung über Lang Lang, solange sich die Vergleichsmöglichkeiten (Alternativ-Interpretationen) in überschaubaren Grenzen halten. Andere sind vielleicht von André Rieu begeistert, ohne allzu viele Aufnahmen von David Oistrach u.a. zu kennen - wieder andere bejubeln Paul Potts, ohne jemals Opern-Produktionen aus der Mailänder Scala verfolgt zu haben... - ich glaube, es ist immer eine Frage der Hör(er)perspektive und der Hör(er)erwartung im Einzelfall, die mitunter über Top oder Flop entscheidet.
ich bleibe dabei, dass es zahlreiche Virtuosen gab und gibt, welche Herrn L-L sowohl im musikalischen als auch im rein virtuosen Bereich überflüssig machen
Rolf kann ich beipflichten, wenn es um die Feststellung der Überlegenheit anderer (vielfach weniger massenkompatibel präsentierten) Virtuosen geht. Beim Prädikat "überflüssig" habe ich allerdings ein wenig Bauchschmerzen. Interpretationen von Blendern und Nichtskönnern empfinde ich ebenfalls als überflüssig, mit oder auch ohne Anführungszeichen. Das (optische) Blendwerk bei Lang Langs Auftritten stammt ja nicht von ihm selbst, sondern von denen, die diese Darbietungen wie einen Diskotheken-Liveact inszeniert haben. Wenn man z.B. viele Dokumente aus dem Wei-Tsin-Fu-Diskurs zum Vergleich heranzieht, wäre das Prädikat "überflüssig" vielfach angemessen. Vor einem derartigen Hintergrund würde ich einen Lang Lang nicht in die Phalanx der Nichtskönner einreihen können: Klavier spielen und musikalisch eindrucksvoll gestalten kann er ohne Zweifel. Dass Pollini, Aimard und vergleichbare Persönlichkeiten in ganz anderen Sphären agieren, macht Lang Lang nicht überflüssig - vor allem nicht für jene, die ihn (aus welchen Gründen auch immer) zu bewundern pflegen. Solange Konkurrenz das Geschäft belebt, überzeugt man eben, indem man einfach nur besser spielt als die anderen...
 
Das visionär anmutende Spätwerk Liszts setzt Ausdrucksmittel früherer Schaffensphasen folgerichtig und konsequenter als jemals zuvor fort. Ganz subjektiv empfinde ich es nicht als "Sünde", sondern als äußerste Zuspitzung im Lebenswerk eines zur Vollendung gelangten Ausnahmekünstlers, der niemandem mehr etwas beweisen muss.
Ich hatte Rolf so verstanden, daß man Liszt gerade an den genannten Kompositionen messen kann (und sollte), da es sich dabei eben nicht um "Sünden" handelt. Ansonsten hast Du ja den Diskussionsgegenstand sehr gut auf den Punkt gebracht.
 

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