Meinen Traum wahrmachen: Beethovens Pathetischer Mond

Also mit der Ausfuehrungsart meine ich, dass sich bei mir zunaechst durch das Notenbild eine bestimmte Klangvorstellung bildet (beim Ungeuebten mag diese noch ungenau sein, aber mit der Zeit und Erfahrung wird diese immer genauer, auch mit der Zeit der Beschaeftigung mit dem Stueck natuerlich) und dass ich dann auch weisz, wie ich diese Klangvorstellung manuell am Klavier umsetzen kann. Ein geschickter Fingersatz gehoert natuerlich dazu, auch entsprechen Handhaltung oder Armeinsatz, aber es geht vor allem um das Wissen, wie die relative Staerke der Toene zueinander, Legato, Portato, Staccato manuell umzusetzen sind, ohne "sich abzumuehen", d.h. ohne uebermaeszigen Kraftaufwand. Sonst: Ermuedung, geistig und koerperlich! Wie @rolf schon mehrfach erwaehnt hat, geht es dabei darum, ein Repertoire an Grundfertigkeiten bereit zu haben, die man dann einsetzen kann. D.h. aus Erfahrung und Uebung weisz man, wie solche Stellen zu spielen sind. Fuer den wenig Geuebten ist dann eine Sonate wie die Pathetique schwer, weil nur ganz wenige Grundfertigkeiten vorhanden sind und eigentlich alle an dem Stueck geuebt werden muessen. Zudem erwirbt man sich jede einzelne ja nicht von heute auf morgen sondern erst nach z.T jahrelangem Ueben. Der Profi kann so eine Sonate eben in 2 Wochen lernen, weil er quasi schon alle darin vorkommenden Grundbausteine kann und nur noch zusammensetzt. Der wenig Geuebte aber, musz einen Groszteil der Grundbausteine erst lernen.
Genau deswegen ist es ja geschickter, kuerzere Stuecke mit weniger Grundbausteinen zuerst zu ueben, sich dabei allmaehlich den Grundstock der Grundbausteine zu erwerben und dann eben die mehr Grundbausteine erfordernden Stuecke zu lernen, also die allgemein als schwieriger bezeichneten.
Bei Dir fehlen mit Verlaub sehr viele Grundbausteine, aber Dein Ehrgeiz und Fleisz sind beachtlich. Deswegen finde ich es ja schade und etwas, naja sagen wir ungeschickt, keinen Unterricht zu nehmen. Jeder Lehrer waere froh, jemanden zu unterrichten, der ehrgeizig uebt. Je nach Geschicklichkeit und Fleisz koenntest Du dann sehr schnell Fortschritte machen.
Um hier nochmal sinngemaesz "die Bibel" Kratzert zu zitieren: Jeder Interessierte (also auch mit brauchbarem Gehoer Ausgestattete) koenne ordentlich Klavierspielen lernen, sofern eben nicht irgendwelche physiologische Probleme dagegen sprechen (fehlende Finger z.B.). D.h. heiszt natuerlich nicht, dasz jeder kuenstlerisches Niveau erreicht, das ist etwas ganz anderes, "ordentlich spielen zu koennen" ist dazu notwendig aber nicht hinreichend.
Das Irre am Klavierspiel ist, dass man auf die Qualitaet des Klanges (und die faengt beim Klavier mit der Beziehung zwischen zwei Toenen an) so wenig Wert legt. Beim Streichinstrument nimmt man ja auch nicht den Bogen in die Faust, kratzt irgendwie auf den Saiten herum und drueckt nur ungefaehr die richtigen Stellen am Griffbrett frei nach dem Motto, "ich habe den richtigen Fingersatz gewaehlt, also ist es richtig". Jeder erkennt sofort, dass da Katzenmusik herauskommt. Beim Klavier kommt natuerlich die richtige Tonhoehe aber sonst eben leider auch nicht mehr.
Es ist halt schwer, uebers Internet Tipps zu geben, v.a. wenn es sich eigentlich darum handelt, Grundfertigkeiten zu erlernen. Auszerdem bin ich kein Klavierlehrer :-D.

Ich musz Dir sogar widersprechen, nein Du bist nicht da, wo Fortgeschrittene am Anfang des Einstudierens waeren. Du kennst ja ungefaehr die Noten, wenn auch teilweise etwas ungenau, die kennte auch der Profi "am Anfang" wahrscheinlich weniger (gut, die Pathetique ist zu beruehmt, aber prinzipiell), aber der Profi kann alles in der Sonate eben von Anfang an schoen spielen, da er die entsprechenden Grundfertigkeiten hat.
Da bin ich wieder bei meinem schon frueher angefuehrten Beispiel: Du bist ein "Chinesisch-Anfaenger", der sich mit groszem Aufwand und Lexikon darangemacht hat, ein langes chinesisches Weltklassegedicht zum auswendigen Vortrag zu lernen. Der Muttersprachler dagegen finge mit ganz anderen Voraussetzungen an...

Viele Gruesze,
Jannis
 
@jannis Danke für die (Mühe der) Beschreibung, habe sie ganz gelesen und den Inhalt aufgenommen. Ich galube, da gibt es nichts zu kommentieren/hinzuzufügen.

Grüsse, Schubi
 
Ich musz Dir sogar widersprechen, nein Du bist nicht da, wo Fortgeschrittene am Anfang des Einstudierens waeren. Du kennst ja ungefaehr die Noten, wenn auch teilweise etwas ungenau
Wenn man wie Schuberto die Noten erst zwei Stunden lang "dechiffrieren" muß, ist schon klar, daß da was vorn und hinten nicht stimmt. ;-)

Man sollte bei unbekannten Stücken, die man sich vornimmt, ohne Vorbereitung zumindest jeweils ein System langsam in die Tasten übertragen können, sonst ist das Stück zu schwer. Das kann man durch Üben von viel leichter Literatur trainieren.
 
@FuenfTon: Aber genau das meint doch Schuberto mit "dechiffrieren". Auf dem Wort wurde auch schon viel zu lang herumgeritten.
Abgesehen davon, dass Stuecke viel zu schwer sein koennen, obwohl man jeweils ein System langsam in die Tasten uebertragen kann, naemlich z.B. dann, wenn zu viele verschiedene Bewegungsmuster neu gelernt werden muessen, um das Stueck im Tempo spielen zu koennen. In Zeitlupe kann ich auch Liszt-Etuden oder Rach3 ohne geuebt zu haben spielen, trotzdem sind mir die Brocken zu schwer.
Viele Gruesze,
Jannis
 
@FuenfTon: Aber genau das meint doch Schuberto mit "dechiffrieren". Auf dem Wort wurde auch schon viel zu lang herumgeritten.
Abgesehen davon, dass Stuecke viel zu schwer sein koennen, obwohl man jeweils ein System langsam in die Tasten uebertragen kann, naemlich z.B. dann, wenn zu viele verschiedene Bewegungsmuster neu gelernt werden muessen, um das Stueck im Tempo spielen zu koennen. In Zeitlupe kann ich auch Liszt-Etuden oder Rach3 ohne geuebt zu haben spielen, trotzdem sind mir die Brocken zu schwer.
Viele Gruesze,
Jannis

Ich weiss auch nicht, warum man sich da auf dem Wort "dechiffrieren" hier so heissläuft. Ich habe Klavier im französischsprachigen Ausland begonnen/gelernt. Und da sagt man zur "Erstübersetzung" des Notentextes am Klavier halt wirklich "déchiffrer/déchiffrage". Ich weiss auch nicht was an dem eingedeutschten Term (déchiffrieren) so merkwürdig ist, dass man sich (mich) ständig daran aufhängt. Ist (fast) noch schlimmer als die Partiturdiskussion, wo wir hier "partition pour piano" sagen. :dizzy:
 
Ich weiss auch nicht, warum man sich da auf dem Wort "dechiffrieren" hier so heissläuft. Ich habe Klavier im französischsprachigen Ausland begonnen/gelernt. Und da sagt man zur "Erstübersetzung" des Notentextes am Klavier halt wirklich "déchiffrer/déchiffrage". Ich weiss auch nicht was an dem eingedeutschten Term (déchiffrieren) so merkwürdig ist, dass man sich (mich) ständig daran aufhängt. Ist (fast) noch schlimmer als die Partiturdiskussion, wo wir hier "partition pour piano" sagen. :dizzy:

Sollte aber vorhersehbar gewesen sein, dass das hier unter deutschen Muttersprachlern zu Missverständnissen führen muss.
Dechiffrieren hat im Deutschen nämlich eine speziellere Bedeutung: Knacken von Geheimschrift und verschlüsselten Objekten.
Niemals sowas Banales wie das Lesen von Klaviernoten

Grüße
Manfred
 
Sollte aber vorhersehbar gewesen sein, dass das hier unter deutschen Muttersprachlern zu Missverständnissen führen muss.
Dechiffrieren hat im Deutschen nämlich eine speziellere Bedeutung: Knacken von Geheimschrift und verschlüsselten Objekten.
Niemals sowas Banales wie das Lesen von Klaviernoten

Grüße
Manfred

Naja zu Missverständnissen hat das sicher nicht geführt, max. etwas wo Reibung findet, wenn man Reibung sucht. Die Benutzung des Wortes ist ja so starr nicht. Ich habe mir da echt nichts weiter (anstössiges) gedacht, bei der Benutzung des Wortes....

Laut Duden:

SYNONYME ZU DECHIFFRIEREN
aufdecken, auflösen, aufschlüsseln, das Geheimnis lüften, decodieren, durchschauen,enträtseln, entschlüsseln, entziffern, erschließen, herausfinden; (gehoben) entschleiern; (bildungssprachlich) eruieren; (umgangssprachlich) dahintergucken, dahinterkommen

Lassen wir es dabei?

Grüsse, Schubi
 
Naja zu Missverständnissen hat das sicher nicht geführt, max. etwas wo Reibung findet, wenn man Reibung sucht. Die Benutzung des Wortes ist ja so starr nicht. Ich habe mir da echt nichts weiter (anstössiges) gedacht, bei der Benutzung des Wortes....

Laut Duden:

SYNONYME ZU DECHIFFRIEREN
aufdecken, auflösen, aufschlüsseln, das Geheimnis lüften, decodieren, durchschauen,enträtseln, entschlüsseln, entziffern, erschließen, herausfinden; (gehoben) entschleiern; (bildungssprachlich) eruieren; (umgangssprachlich) dahintergucken, dahinterkommen

Lassen wir es dabei?

Grüsse, Schubi

Also alles Begriffe, die man auf das Lesen und Verstehen eines Textes in einer Schrift und Sprache die einem geläufig sind nicht anwenden würde.
 
Also alles Begriffe, die man auf das Lesen und Verstehen eines Textes in einer Schrift und Sprache die einem geläufig sind nicht anwenden würde.

Naja, Noten zu lesen und umzusetzen wie eine geschriebene Schriftsprache vermögen wohl nur sehr weit Fortgeschrittene. Wenn sich ein "Normalo" ans Klavier und zum ersten Mal einen (für ihn mittelschweren) unbekannten Notentext versucht wiederzugeben, dann kann man schon (oft) Termini wie entziffern, erschließen, herausfinden; (umgangssprachlich) dahintergucken, dahinterkommen damit verbinden, finde ich.
 

Naja, Noten zu lesen und umzusetzen wie eine geschriebene Schriftsprache vermögen wohl nur sehr weit Fortgeschrittene.
Noten flüssig lesen kann man in ein paar Monaten problemlos lernen. So wie mit Buchstaben und Wörtern auch.
Wenn sich ein "Normalo" ans Klavier und zum ersten Mal einen (für ihn mittelschweren) unbekannten Notentext versucht wiederzugeben, dann kann man schon (oft) Termini wie entziffern, erschließen, herausfinden; (umgangssprachlich) dahintergucken, dahinterkommen damit verbinden, finde ich.
Nur bei ganz blutigen Anfängern finden die Finger noch nicht von selbst zu den richtigen Tasten. Worum man sich bei einem Stück auf dem eigenen technischen Niveau noch kümmern muß, ist die musikalische Gestaltung.
 
Ja, aber das auch zu hören was man sieht (so wie man die Worte und ganze Sätze mit einem Blick erfassen und verstehen kann)? Kann ich nur bei gaaaaaaaaanz einfachen Sachen.
Lesen und Hören sind grundverschiedene Dinge. Man kann zum Beispiel einen Text flüssig lesen und verstehen, ohne ihn innerlich vorlesen und verbalisieren zu müssen. Ab einer bestimmten Lesegeschwindigkeit ist das auch gar nicht mehr möglich.

Ein Stück vom Blatt singen zu können ist natürlich trotzdem sehr praktisch, aber man kann sich natürlich auch mit einem Klavier behelfen. :-D
 
Lesen und Hören sind grundverschiedene Dinge. Man kann zum Beispiel einen Text flüssig lesen und verstehen, ohne ihn innerlich vorlesen und verbalisieren zu müssen. Ab einer bestimmten Lesegeschwindigkeit ist das auch gar nicht mehr möglich.

Das bezweifle ich stark. Wenn ich einen Text lese, dann höre ich ihn innerlich. Das geht beliebig schnell - man muss die Wörter ja nicht in der Geschwindigkeit artikulieren können. Bei Noten ist es genauso - ich höre die Musik, wenn ich Noten sehe. Wenn ich ein unbekanntes Stück vom Blatt spiele, ist das doch auch gar nicht anders möglich - ohne inneres Hören gibt es keine Klangvorstellung, und ohne Klangvorstellung kann man nicht wissen, wie eine Phrase sinnvoll gespielt werden muss. Lesen und (inneres) Hören sind für mich untrennbar miteinander verbunden.

LG, Mick
 
Zuletzt bearbeitet:
Zitat von Schuberto:
Naja, Noten zu lesen und umzusetzen wie eine geschriebene Schriftsprache vermögen wohl nur sehr weit Fortgeschrittene.

1) Noten flüssig lesen kann man in ein paar Monaten problemlos lernen. So wie mit Buchstaben und Wörtern auch.

2) Nur bei ganz blutigen Anfängern finden die Finger noch nicht von selbst zu den richtigen Tasten. Worum man sich bei einem Stück auf dem eigenen technischen Niveau noch kümmern muß, ist die musikalische Gestaltung.

1) Einzelne Noten schnell zu lesen kann man eventuell in ein paar Monaten lernen, dies aber auf dem Klavier schnell umzusetzen ist eine ganz andere Geschichte, um so mehr wenn es sich um (gebrochene) Akkorde etc handelt.

2) Also wenn man die Noten/Tasten nicht automatisch beim Notenlesen findet dann ist man ein blutiger Anfänger? Korrektes On-Tempo-Prima-Vista-Spiel (ohne musikalische Gestaltung, bei technisch passenden Stücken) als Normalfall für Nicht-Anfänger ? :dizzy:
 
Wenn ich mich verspielt habe, war der Standardspruch einer Lehrerin in meiner Jugend, ich solle nur so schnell spielen, wie ich lesen kann.
 
Ein wichtiger Aspekt des Lesens kann hierbei auch auf die Noten übertragen werden:

Man liest in Wörtern, nicht in Buchstaben. Hierzu das klassisches Beispiel:

Gmäeß eneir Sutide eneir elgnihcesn Uvinisterät ist es nchit witihcg, in wlecehr Rneflogheie die Bstachuebn in eneim Wrot snid, das ezniige was wcthiig ist, ist, dass der estre und der leztte Bstabchue an der ritihcegn Pstoiion snid. Der Rset knan ein ttoaelr Bsinöldn sien, tedztorm knan man ihn onhe Pemoblre lseen. Das ist so, wiel wir nciht jeedn Bstachuebn enzelin leesn, snderon das Wrot als gseatems.

Ähnlich ist es mit den Noten und den Tasten am Klavier - wer sich Strukturen merkt, der kann diese als Ganzes übertragen und muss sich nicht jede Einzelne Note merken.
Ein einfaches Beispiel wäre eine aufsteigende Tonleiter: Ich kenne niemanden, der sich hier jede einzelne Note merkt, und wer diese dann noch im Notentext erkennen kann, hat 8 Informationen (etwa c-d-e-f-g-a-h-c) zu 2 verdichtet ( C Dur Tonleiter, aufwärts).

So lässt sich nicht nur schneller auswendig lernen, sondern wird erst das Prima Vista - Spiel möglich gemacht: Die Strukturen vorrauschend erkennen, kombiniert mit einer Klangvorstellung, das ist wohl das Ziel eines guten Prima Vista - Spielers.

Dies erfordert natürlich einiges an Übung und Erfahrung.

Ich könnte mir vorstellen, das, je atonaler die Musik wird, umso schwieriger das Prima Vista - Spiel wird, eben weil die bekannten und in der Musiktheorie behandelten Strukturen (oder allgemein: Harmonien) eigentlich völlig fehlen und jedes Mal anders auftreten.

Hierzu hätte ich aber gern noch ein Statement eines der Leute, die das Prima Vista - Spiel beherrschen. (Vielleicht @rolf oder @mick?)

Ich selbst spiele nur einfachste Melodien oder Leadsheets vom Blatt.

Ludwig
 

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