Na, weil es doch langweilig ist, ein Stück zweimal genau gleich zu spielen. Okay, sowas darf man im Zeitalter der CD nicht mehr laut sagen, vielleicht nichtmal mehr denken...
...
Ich meine eigentlich Kontrolle im Sinne gestalterischer Freiheit. Sich die Freiheit nehmen, es anders zu machen. Jedesmal anders. Oder sich wenigstens die Option dafür offenzuhalten.
Nun gut. Ich würde es nicht ausschließen, dass man es kontrollieren
kann. Dass man also auch in höherem Tempo einzelne Töne anders spielen kann, - wenn man will. Insbesondere, wenn man im Sinne von Viola so schnell denken kann wie man spielt und sein Spiel "bewusst durchdringt". Aber was ich meine, ist eigentlich: Warum sollte man sich darauf
konzentrieren, jeden Ton kontrollieren zu können? Wenn ich ein Stück in fortgeschrittenerem Übestadium spiele, dann denke ich dabei nicht mehr an die Kontrolle der einzelnen Töne. Wenn ich spontan das Stück anders spiele, dann tue ich das nicht mit dem Gedanken "Ich spiele diesen und jenen Ton jetzt anders". Das passiert nicht mehr bewusst. Was bewusst passiert ist eher das, was Klavigen beschrieben hat:
Und nun erhebt sich die Frage: Muss ich da wirklich jeden einzelnen ton kontrollieren? Zunächst üben wir auch diese Arpeggien ja mal langsam, damit wir genau wissen, welche Töne dazu gehören uind da können wir noch die einzeltöne kontrollieren. Im richtigen Tempo kontrollieren wir nur nach das vorgestellte Klangbild, allerdings sind wir durchaus in der LAge, auch bei diesem Tempo jede Unregelmässigkeit zu registrieren und das so lange zu verbessern, bis wir zufriedenn sind.
Ich denke dann nicht mehr in Tönen und ihrer Kontrolle, sondern in dem Klangbild, das ich innerlich höre. Wenn das, was meine Finger produzieren, dem nicht entspricht, verändere ich die Fingertätigkeit, bis der Klang meiner Vorstellung entspricht. Natürlich ist das letztlich ein Kontrollieren jedes Tones. Aber eben "globaler", von der Vorstellung her.
Was ist die eigentliche musikalische Aussage? Ich glaube, da haben wir sehr verschiedene Ansichten.
...
Ob man das so vergleichen kann?
Sprache hat Wörter und sie hat einen Inhalt.
In der Musik sind die Töne selbst der Inhalt. Musik bildet nichts ab was außerhalb ihr liegt. Jedenfalls solange es sich um "absolute Musik" handelt, zum Beispiel eine Sonate oder ein Thema mit Variationen ^_^
Ich sehe Musik durchaus als eine Form der Sprache an. Auch die Musik hat einen Inhalt, nur halt keinen begrifflichen. Und wie die verbale Sprache hat auch die Musik ihre Ausdruckselemente. In der Sprache sind das die Buchstaben, Wörter und Sätze, in der Musik die Töne, Tonfolgen und Phrasen. Natürlich gibt es inhaltlich große Unterschiede zwischen Musik und Sprache. Die Sprache hat einen begrifflichen Inhalt, der genau deswegen so unmittelbar bildlich bewusst wird. Die Musik hat einen nichtbegrifflichen Inhalt, der nur gefühlt werden kann, nicht aber als Bild bewusst wird. Weil die bildliche Vorstellung, die wir von der Sprache her gewohnt sind, fehlt, meinen wir, die Musik stünde für sich selbst. Aber in Wahrheit steht die Musik direkt für Gefühle, sie ist die äußere Entsprechung innerer Befindlichkeit. Wir könnten niemals einen so starken Drang zur Musik haben, könnten uns durch Musikmachen und Musikhören niemals so befriedigt fühlen, wenn das nicht so wäre.
Wenn ich nun ein Stück in fortgeschrittenerem Übestadium spiele, dann konzentriere ich mich auf den Inhalt der Musik, also auf das, was das Stück direkt gefühlsmäßig aussagt. Ich mache dann quasi eine emotionale Aussage mit Hilfe des Stückes bzw. verhelfe dem Stück und indirekt dem Komponisten zu seinem Ausdruck. Aber um mich darauf einlassen zu können, kann ich mich nicht mehr mit Fragen der Kontrolle in bezug auf einzelne Töne aufhalten. Auch dieses So-schnell-denken-wie-man-spielt bezieht sich dann nicht mehr auf die Kontrolle der Töne, sondern auf die emotionale Aussage, die als "Klangbild" in mir entsteht und dann schließlich "physisch" zu Musik wird.
Ich muss hinzufügen, dass diese Beschreibung etwas idealtypisch ist. Es gelingt mir nicht immer, die technische Seite eines Stückes so loszulassen, dass ich mich wirklich ganz auf den emotionalen Ausdruck konzentrieren kann. Das richtige Loslassen gelingt mir sogar nur selten.
Grüße von
Fips