Ich war eine Woche nicht da und habe deshalb nicht geantwortet.
Es haben sich doch spannende Diskussionen ergeben, auch wenn die teilweise überhaupt nichts mehr mit dem zu tun hatten, was ich meinte... :floet:
Diese ganzen THeorien mit dem Fallenlassen, Loslassen, dem Lockerbleiben, legen alle die volle Konzentration auf die eine Hälfte des Spielvorgangs - während gleichzeitig die andere Hälfte verleugnet wird.
Und wenn es dann trotz Loslassens nicht funktioniert, dann ist man eben noch nicht locker/gelöst genug. Und so kann man Jahre und Jahrzehnte verbringen.
Ich glaube, du meinst da immernoch ein anderes Lockersein als "mein" Loslassen. Wenn es trotz Loslassens nicht funktioniert, dann hat man schlicht und ergreifend zu wenig geübt. Loslassen hat nichts mit Übeaufwand/-Strategie zu tun, viel mehr mit der Art und Weise, wie man grundsätzlich spielt. Vielleicht könnte man auch sagen, "gelöst" Klavierspielen, souverän, man steht nicht in den Dingen, sondern über dem Dingen, vielleicht wie eine Art Allmacht? :D
Dann widerspricht es auch nicht, angespannt zu sein, während man loslässt.
Das Gefühl stellt sich (tendentiell) automatisch ein, wenn man ein Stück gut kann und oft vorgespielt hat. Aber man kann es wohl auch bewusst herbeiführen (!).
--- Das ist übrigens genau das, was du weiter hinten als Virtuosität beschreibst: Virtuos ist, wenn ich nicht höre, dass es schwer fällt (was etwas anderes ist, als dass ich höre, dass es schwer ist). Ich höre / sehe das nicht, wenn es tatsächlich so ist, wenn also alles mit Leichtigkeit passiert - man über den Dingen steht.
@Viola: Was du in deinem "Instanzenmodell" ((8) es erinnert doch daran)) beschreibst bzw. was passiert, wenn man die bessere Seite in den Vordergrund stellt, erinnert mich an die Beschreibung eines Flow. Im Prinzip ist es doch das - alle Ängste, Zweifel und Hemmungen loslassen und in der Musik aufgehen. Ich finde, man kann dabei alles Esoterische weglassen.
Ich denke, Loslassen bedeutet, daß man darauf verzichtet, beim Spielen seine Gedanken und Pläne der Interpretation einzubringen, sondern sich stattdessen von der Musik leiten zu lassen...
Auf diesen Beitrag Bezug nehmend: - Was du beschreibst, ist etwas anderes, als ich meine. Jedenfalls kommst du von einer anderen Richtung, wenn doch mölicherweise das Ziel auch dasselbe ist. Allerdings ist dein Beitrag noch idealistischer und theoretischer. Sich vond er Musik leiten lassen - was heißt das schon? Das Gefühl habe ich, wenn ich bereits das geschafft habe, was ich durch meinen Blog zu erklären versuche. Ich versuche zu beschreiben, wie sich das manuell anfühlt, auch wenn natürlich die Gedankliche Ebene dafür eine sehr maßgebliche Rolle spielt. Trotzdem Zielt mein Blog nicht ganz so stark auf die Einstellung zur Musik als solche ab, sonern eher auf die Einstellung beim Spielen und wie sich das anfühlt.
Ich gebe zu, irgendwie ist das dasselbe und ein extrem schmaler Grat - ich kann das jetzt auch nicht weiter definieren, sorry.
@ Fips: Deinen Beitrag fand ich gut und kann das nachvollziehen. Ich stimme übrigens total damit überein, dass es nicht richtig ist, sich selbst beim Interpretieren außen vor zu lassen. Allerdings ist dann die Frage, was Interpretieren überhaupt heißt - Ravel sagte sinngemäß, man solle seine Musik nicht Interpretieren, nur spielen. Vielleicht meinte er aber damit eben, dass ma nicht versuchen soll, irgendwelche Versteckten Absichten seinerseits "zwischen den Zeilen" zu suchen, sondern die Musik so offenbar zu nehmen und spielen, wie sie ist. Dass man Phrasen spielt, Vorhalte betont und die musikalische Struktur und Atmosphäte herausbringt, ist ja eigentlich logisch.
Wenn man das im Kopf hat - bzw. daran denkt, ist das schon kein laufen lassen mehr. ...
Ähnliches gilt für das Loslassen. Man nimmt es sich vor und tut es dann. Solange man denkt "ich lasse los", hat man garantiert noch nicht losgelassen. Aber das Loslassen ist etwas schwerer als einen Lauf zu spielen.
Das sehe ich nicht so. Ich bin der Meinung, dass man schon bewusst loslassen kann, denn man kann sich ja auch bewusst entspannen. Und "loslassen" bedeutet eigentlich nichts anderes, als kontrollierte geistige und mentale Entspannung der Einstellung und sonstigem, dem automatisch und bewusst die Entspannung der (nicht benötigten) Muskeln folgt.
Feuchtwanger schrieb, man solle herumstehen und Klavierspielen wie ein Affe, mit hängenden Armen und schlacksig - das triffts ziemlich gut.
Wenn ich nie absichtlich loslassen könnte - wie soll ich es dann lernen?
- Problemstellung...
- Recherche
- Hypothesenbildung
- Überprüfung - neue Hypothesenbildung (zB neuer Fingersatz)...
es klappt immer noch nicht, das Problem wurde nicht behoben
- Depression...
- Aufgabe (Loslassen)...
- Illumination (Erleuchtung)
Ich glaube, ein erfahrener Klavierspieler (oder Sportler, Autor, Erfinder, Architekt, sonstwas) wird sich dieser Reihenfolge früher oder später unbewusst oder bewusst bewusst (:D) und schaltet die Punkte "Depression" und "Aufgabe" irgendwann aus. Oder zumindest schaltet er sie erst dann an, wenn ihm klar wird, dass die Erleuchtung noch nicht im kurz/mittelfristigen Bereich seines Könnens liegt.
Das "erarbeiten" klingt nach Anstrengung und Mühsal,... braucht es einfach seine Zeit. Das nötige Wissen und die Erfahrung erlangt man oft garnicht durch das aktuell zu lernende Stück, sondern hat es bereits vorher durch das Spielen anderer Stücke erworben.
...
Ich rede hier nicht der Verkrampfung das Wort! Die angesprochene Schludrigkeit ist nicht das Ergebnis von zu wenig Verkrampfung, sondern von zu unkonzentriertem Spiel.
Ich wollte wirklich nie behaupten, dass man durch irgendein Loslassen nötige Übezeit einsparen kann - nur unnötige. Wenn ich mit Holzschuhen Joggen gehe, komme ich auch irgendwann an und muss den Weg zurücklegen, aber vielleicht bin ich ohne schneller, obwohl ich die gleiche Wegstrecke gehen musste.
Was die Schludrigkeit angeht, stimme ich dir zu. Mein Blog bezieht sich auf die Situation, dass man grundsätzlich weiß, wie man effektiv und nachhaltig übt und nicht auf hyperaktive, unmotivierte Klavierschüler.
@ Clara:
Ich finde das Singen nach wie vor und unbedingt essentiell für das Musizieren, wie ich ja auch schon oft geschrieben habe. Ich frage mich, warum nicht bei jedem Musikstudium Gesang im Nebenfach Pflicht ist.
So, das war viel Text, entschuldigung, aber ich musste ja die letzte Woche abarbeiten *g*