Tach zusammen.
Ich möchte mal einen völlig anderen Ansatz zu Stilblütes "Problem" äußern - auf die Gefahr hin, dass ich hier ins Fett trete ;)
Es ist aus einem Buch, an dem ich schreibe.
"Loslassen" ist in Bezug auf Klavierspiel ganz allgemein ein wichtiges Thema für mich, aber das hat weniger mit Muskulatur und Konzentrations usw zu tun sondern mit der Schrotung vom Ego. Ich versuche das mal auszuführen, mal sehen, ob ich das so in Worte fassen kann, dass der ein oder die andere mir folgen kann:
Es gibt zwei Instanzen in uns, nennen wir sie Geist und Verstand. Oder Seele und Ego.
Die erste Instanz: aus Angst, Wut oder Ehrgeiz spielen!
Das Ego will andauernd etwas: zB perfekt Klavier spielen. Es will zB Klavier spielen können (oder Tennis, das ist egal), weil es sich davon Vorteile verspricht: berühmt sein, Anerkennung erhalten, geliebt werden, besser sein als xy... das Ego denkt somit in hirachischen Struckturen. Damit befindet es sich in der Dualität bzw in eine Haltung der Trennung oder Spaltung. Es trennt somit in "gut" und "böse", schlechtes Klavierspiel und gutes Klavierspiel. Andauernd wird also beurteilt. Ist man dann halbwegs bei den "Guten" in der Oberliga angekommen und hat eine Menge anderer Spieler hinter sich gelassen, kommt der Gedanke auf: "nicht gut genug" oder "noch besser". Diese Haltung ist gefährlich! Diese Haltung muss man lernen zu überwinden, also "loszulassen"! Schafft man das nicht, diese Gedanken aus dem Ego zu überwinden, dann scheitert man, es passieren Aussetzer, man verkrampft usw. Und jetzt kommt der eigentliche Grund des Egos, warum es so kontraproduktiv arbeitet: es will uns vernichten, uns unglücklich machen, uns scheitern lassen! Warum? Weil wir uns tief drinnen minderwertig und kümmerlich erleben und finden sollen! Dann ist die Trennung vom Geist/von der Seele und der Welt perfekt. Das Ego gaukelt uns also vor, dass es uns mit seinen Mitteln (Verstand, Angst, Druck) zu einem göttlichen Spiel leiten will. Doch dieses göttliche, überirdische Klavierspiel werden wir auf diese Weise nie erreichen! Das können wir nur anders mit unserer zweiten Instanz erreichen.
Die zweite Instanz: aus Spaß und Freude spielen!
Nennen wir sie Seele, Geist, oder Heiligen Geist...
Diese Instanz will eigentlich gar nichts außer in Freude und in Frieden in sich ruhen. Alles, was IST, ist gut so wie es IST. Alle Handlungen, die aus dieser inneren Haltung geschehen, sind Handlungen aus der Liebe heraus. Auch diese Instanz kann üben! Aus Liebe! Aus Freude! Sie liebt alles, was IST, es wird nichts beurteilt. Die Vorteile liegen auf der Hand: wenn nichts beurteilt wird, kann nichts gut, schlecht oder besser oder schlechter sein. Das würde dem Ego natürlich niemals in den Kram passen! Das Ego sabotiert daher nach allen Kräften diese Instanz! Es schaltet sich "plötzlich" ein und flüstert einem diverse Dinge ein: vorsicht, jetzt kommt Deine Stress-Stelle!! Das Ego ist der Saboteur jeglichen göttlichen Spieles! Die göttliche Instanz kann nur einfach SEIN, so wie sie ist. Sie kann nie besser oder schlechter sein als andere, denn für sie gibt es nur das JETZT! Und genau da wollen im Grunde genommen alle hin und genau das wollen die Leute erleben, egal ob beim Tennis oder in der Musik: Leute die jenseits von Gedanken des Egos sind, jenseits des Verstandes, Leute, die am Rande des Wahnsinns (positiv gemeint) balancieren. Leute, die durchlässig für göttliche Musikerlebnisse sind! Sie erinnern "die anderen" daran, dass es eine andere Ebene des SEINS gibt, die nichts mit Beurteilungen zu tun hat, die einem nur die Verbundenheit der ganzen Welt vermittelt, die Ebene des SEINS, die sich jeglichem Verstand (Ego) entzieht.
Somit ist jeder, der ein Instrument lernt angetreten, sich mit seinem "wahren Selbst" zu beschäftigen, mit dem, was er "in Wirklichkeit" ist: reiner Geist/Seele.
Diese Gedanken sind in unserer Gesellschaft nicht unbedingt in der Norm. Sie werden eher belächelt und damit bekämpft. Wir sind eine Gesellschaft, in der das Ego triumphiert! Daher gibt es immer mehr (!) unglückliche Leute, Leute, die "echte" Probleme haben, oder wenn sie sie mal nicht habe, dann machen sie sich eben welche. Beziehungen werden geschrotet anstatt durch Beziehungen das Ego zu schroten.
Nun, es gibt sie ja, die "wahren Meister". Daher gibt es auch Hoffnung. Doch woher können diese wahren Meister das, was sie können? Kein Lehrer der Welt unterrichtet letztendlich, wie man das eigene Ego überwindet, oder threadthematisch: "loslässt". Eher im Gegenteil. Alles wird versucht auf eine Ebene des Verstandes (Egos) herunter zu brechen, dabei ist es viel einfacher im Grunde genommen. Man kann sehr viel übern - auch völlig ohne Ego. Man stellt sich zB vor, wie eine Stelle klingt und dann spielt man sie "einfach so". Natürlich muss man mal hier und da einige Basics lernen, aber aus Spaß und Freude, niemals aus Angst, Wut oder Ehrgeiz.
Es gäbe noch so einiges zu sagen, doch ich denke, dass ich hier den Kern des Loslassens-Dilemma einigermaßen gut beschrieben habe. Es wird nicht das motorische Gedächtnis oder die mechanische Motorik beschrieben, die es natürlich gibt und die sehr hilfreich eingesetzt werden kann, wie ein Autopilot sozusagen. Es geht darum, dass man lernt, so schnell zu denken, wie man spielt! Da ist einem die Biomaschine nämlich manchmal voraus ind der Geschwindigkeit. So schnell kann man fast gar nicht denken, wie sich manchmal die Finger bewegen! Das geht eben nur, wenn man sich ganz den Dingen hingibt, quasi in einen Zustand der Meditation befindet oder eben "höherer Geisteszustand". Dann wird man zum Ton, man IST Musik. Das können im übrigen sogar schon Anfänger, auf jedem Niveau ist das möglich! Man "verbindet" sich mental mit dem, was IST. Das bringt uns zum Thema "Verbundenheit", Verbundenheit mit sich und der Welt, der Musik, den Menschen.
Alles Liebe
Viola