was ist eigentlich die Argumentation gegen eine geschützte Bezeichnung? Ich meine, mich dunkel zu entsinnen, dass du mal geschrieben hattest, dass der DTKV eher dagegen ist. Denn wäre die Berufsbezeichnung geschützt, gäbe es doch auf einen Schlag nur noch total wenig Klavierlehrer und die Nachfrage müsste rapide steigen. oder sehe ich das völlig naiv?
Liebe chiarina,
inhaltlich gesehen kann man eigentlich nicht "gegen" den Schutz einer berufsständischen Bezeichnung sein - das sieht man beim DTKV ebenso. Im Prinzip geht man aber davon aus, dass die recht weitläufig auslegbare Berufsbezeichnung "Klavierlehrer"
nicht schutzfähig ist. Irgendjemand müsste also diese Bezeichnung schützen lassen (natürlich nicht zum Nulltarif). Es gibt andere Branchen, wo sich auch vieles tummelt, was keine einschlägige und klar definierbare Qualifikation hat - man denke nur an Esoterik, Lebensberatung, Geistiges Heilen oder wie das alles heißt. "Klavierlehrer" sein, heißt zunächst mal nur, das Erlernen des entsprechenden Instruments mit den achtundachtzig (oder weniger) Tasten als Dienstleistung anzubieten, wobei die Qualitätsbeurteilung einigermaßen schwierig im objektiven Sinne möglich ist. Sehr wohl geschützt sind aber die entsprechenden akademischen Grade und Abschlüsse, die wir beiden und alle anderen Mitschreibenden vom Fach hier im Forum und andernorts besitzen. Diese sind im Rahmen eines anerkannten Studiengangs zu erwerben und verbindlich nachzuweisen - und diese entsprechenden Qualifizierungsnachweise sind selbstverständlich gesetzlich geschützt.
Gegenfragen in Form eines Vergleichs: Welche Erfolgsperspektiven hat jemand, der die Dienstleistungen eines Klavierlehrers anbietet, nachdem er entsprechende Abschlüsse erworben und langjährig anerkannt und erfolgreich mit dem Nachwuchs gearbeitet hat - und welche jemand anderes, der das alles nicht nachweisen kann? Letzterer kann ja nur in Bereichen tätig werden, in denen die beschäftigungstherapeutische Betreuung des Nachwuchses wichtiger sind als die vermittelten Ausbildungsinhalte und das Können am Instrument nicht weiter von Interesse wäre.
Daraus resultiert die entscheidende Schlußfrage: Wäre in dieser Grauzone für qualifizierte Anbieter ein zusätzliches Schülerpotential zu erwarten, sobald man mit entsprechenden "Schutzmaßnahmen" gewissermaßen "den Anbietermarkt bereinigen" würde? Ich befürchte eher, dass das Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage so extrem ist, dass es der Branche nachher keineswegs soviel besser ginge als jetzt - allerdings ist das eher Spekulation meinerseits als klar abgrenzbares Wissen.
Diese These muss ich so im Raum stehen lassen und mich zu meinen beiden Chören verabschieden, die ich jetzt gleich zu dirigieren habe...!
LG von Rheinkultur