das ist erfreulich
...ja, kanalisieren, da liegt der Hase im Pfeffer (und das hättest Du ohne Umschweife auch gleich sagen können)
Hallo Rolf,
ich habe meinen ersten post noch mal gelesen und glaube, dass ich mich nicht klar genug ausgedrückt habe. Für mich ist es dermaßen selbstverständlich, äußerst intensiv am Klangbild und der musikalischen Aussage eines Stückes sowohl bei mir selbst als auch mit meinen Schülern zu arbeiten, dass ich dieses nicht genug betont habe.
Ich nehme mal an, dass du genau das auch meintest.
Die musikalische Aussage beinhaltet
alle Angaben des Komponisten. Diese Komponisten, deren Werke ja auch mehr oder weniger lange Epochen/Zeiten "überlebt" haben, verdienen meinen allergrößten Respekt!!! Da sie uns so wunderbare Werke überlassen haben, möchte ich ihnen dieses Geschenk zurückgeben, indem ich ihre Komposition(en) aufs Höchste wertschätze! Und dazu gehört eben, dass ich alles achte, was sie dazu aufgeschrieben haben
und was ihnen offensichtlich wichtig war. Selbst wenn man alles beachtet, hat man immer noch genügend Freiheiten. Wie stark ist ein forte, wie groß ein crescendo - alles steht in Relationen. Will der Komponist ein piano, habe ich in diesem piano noch sehr viele Gestaltungsmöglichkeiten: es sind ja oft mehrere Stimmen vorhanden und diese sind in der Regel unterschiedlich laut/wichtig. Die Melodiestimme wird herausgehoben, der Bass gibt das Fundament, die begleitenden Akkorde bilden die Füllung, so dass eine mf - f gespielte Melodie in ihrem Kontext durchaus piano
wirken/klingen kann. Welche Stimmen will ich herausheben ......... . Ein weites Feld! Daher gibt es so viele unterschiedliche Interpretationen, von denen die meisten alle Parameter berücksichtigen, aber unterschiedliche Prioritäten setzen ( mal ganz allgemein formuliert).
Wenn man jetzt alles so spielt, wie man will, bringt man m.M.n. der Komposition und ihrem Schöpfer nicht den nötigen Respekt entgegen und schafft es vor allem nicht, in die Tiefe einer Komposition zu gelangen. Man bleibt an der Oberfläche.
Lieber Dreiklang, wenn du eine Melodie im vorgeschriebenen Vivace
immer veränderst, weil du es anders schöner findest, beraubst du m.M.n. dich der Betrachtungsweise und Intention des Komponisten. Danach zu suchen, ist doch unabdingbar, wenn man dieses Werk spielt. Manchmal dauert es, aber wenn's dann klickt, hat man viel gelernt und hat wahrscheinlich noch Spaß dran. Gehst du nicht mit deiner intuitiven Art dieser Auseinandersetzung mit dem Werk und den Absichten des Komponisten aus dem Weg?
Ich vermute, das geht in Richtung Rolfs "Suboptimalität" und in Richtung "Effizientes Üben".
Chiarina wird sofort entgegenhalten: Ja, dafür lerne ich aber eben auch etwas, und zwar zu variieren ...
Bei meinen Schülern mache ich das Variieren bzw. Experimentieren mit Stücken nur beim Repertoire. Alles andere würde sie nur überfordern. Beim Erlernen eines Stückes gibt es schon Anforderungen genug, nämlich das Stück in all seinen Facetten auch durch vielfältige Übestrategien zu erfahren und hören zu lernen. Da braucht man schon so viel Flexibilität, das reicht völlig aus.
Es kommt auch sehr darauf an, wieviel Zeit man für das eine oder andere verwendet. Solches Experimentieren ist in meinem Unterricht nur ein Bruchteil, oft eher mal nach den Ferien .... . Allerdings ermuntere ich meine Schüler, zu Hause ihre Repertoirestücke
auch mal zu variieren.
Ich glaube nicht, Rolf, dass man damit den Stücken Gewalt antut. Man kann Stücken, auch wenn man alle Parameter beachtet, durchaus Gewalt antun ....:p . Im Gegenteil, finde ich, machen die Schüler dadurch sogar wichtige Erfahrungen. Ausgehend davon, dass sie mittlerweile eine klare Klangvorstellung von ihrem Repertoirestück haben, machen sie die Erfahrung, wie anders dieses Stück klingt, wenn man auch nur einen Parameter, z.B. das Tempo, verändert. Sie merken, wie wichtig es ist, das richtige Tempo zu finden, um einen bestimmten Ausdruck etc. zu erzeugen. Wie wichtig es eben ist, alle Parameter zu beachten, wenn man wirklich das Stück in seinem Innersten erfassen und ausdrücken will. Ich bin absolut überzeugt davon, allerdings ist es nur ein winziger Baustein und ich mache das auch nicht mehr mit sehr fortgeschrittenen Schülern. Abgesehen davon macht es allen ziemlich viel Spaß. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Mozart etc. etwas dagegen hätten, aber das weiß ich natürlich nicht :p .
Übrigens erfahren die Schüler all dies und mehr natürlich auch durch die vorherige Arbeit am Stück. Dies ist nur mal eine Methode, das Pferd mal anders herum aufzuzäumen. Es wird auch von Professoren der Klavierdidaktik empfohlen.
Ich bin nach wie vor der Meinung, dass du, Dreiklang, deinem Experimentierwillen ruhig nachgeben kannst. Allerdings ist das, bitte nicht böse sein, für mich keine "Spielweise", sondern ein Experimentieren. Mach doch mal den Versuch und versuch mal, alles zu realisieren, was in einem Notentext steht. Auch wenn es dir erst gegen den Strich geht und du länger brauchst. Mit diesem Stück würde ich dann
überhaupt nicht experimentieren!!! Vielleicht erfährst du Dinge, die sehr spannend sind und machst Erfahrungen, von denen du noch nicht mal träumen kannst ( nein, keine Albträume :p ). Lass dich mal drauf ein, nur Mut!
Noch ein kleiner Scherz zum Schluss und ich hoffe abermals, dass du mir nicht böse bist - er ist wirklich nur lustig gemeint:
"
Nicht daß ich damit ein großes Problem hätte - man muß nur ein dickes Fell haben - nur, ein Kompliment ist es gerade nicht! " Zitat von dir
Wie wär's mit folgendem:
"Es muss nicht, Kompliment! - ich habe(n) damit nur gerade ein Problem, daß ein großes ist - hätte man nur nicht ein dickes Fell!"
Na ja, so ganz geglückt ist es nicht. :D Aber vielleicht verstehst du, was ich damit sagen will. Dabei habe ich den ganzen Schrifttext so gelassen, nur ein bisschen vertauscht und ein "n" weggelassen und solch Kleinigkeiten.... *unschuldig guck*.
Liebe Grüße
chiarina