Harmonielehre im Selbststudium (Krämer et al.)

Es geht nicht darum, etwas "kaputt" zu machen. Genauso könnte man ja argumentieren, man würde Bachs C-Dur-Präludium (BWV 846) "kaputt" machen, wenn man die den Arpeggien zugrunde liegenden Akkorde zu Übungszwecken als Akkorde spielt und nicht wie geschrieben. Das macht dem Stück aber gar nix, und manchen hilft es, das Stück besser zu verstehen.
Mit dem vorhandenen Material zu spielen ist nicht verboten :-)
 
Es fehlt eventuell die Vorgeschichte. Die ist in einem anderen Faden, sorry.

Das Stück habe ich aktuell von meiner KL bekommen. Ich hatte im Faden für Anfängerfragen eine Frage zur linken Hand. Nachdem die geklärt war, hat @mick den Vorschlag gemacht, dass und wie ich das neue Stück gleich analysieren könnte.

Da ich jetzt sowieso jedes neue Stück versuche zu analysieren so gut es eben geht, bin ich dem gefolgt. Vielleicht ist das hier in diesem Faden unglücklich untergebracht, aber ich wollte auch den Anfängerfaden nicht OT zuspammen.

Ich lerne und spiele aber selbstverständlich das Original, so wie Tschaikowsky das geschrieben hat, und nicht das Gerüst. Und parallel mache ich auch Krämers Aufgaben ganz normal weiter.
 
Es geht nicht darum, etwas "kaputt" zu machen.
Sicherlich, kaputt geht nichts. Nur wie im anderen Faden zu lesen, handelt es sich doch wohl um eine Hausaufgabe, das Stück bis zum nächsten Mal zu lernen. Und da würde ich es doch dann nach dem vorliegenden Notenblatt lernen, es so schön wie möglich zu spielen und mir für zwischenzeitliche Experimente etwas anderes suchen.
Ich habe ein neues Stück aufbekommen, wir haben aber nur die rechte Hand besprochen.
Hat sich überschnitten, sah erst einen Augenblick später, dass Du bereits selbst geantwortet hattest.
 
wohl um eine Hausaufgabe, das Stück bis zum nächsten Mal zu lernen. Und da würde ich es doch dann nach dem vorliegenden Notenblatt lernen, es so schön wie möglich zu spielen

Es geht genau darum, das Stück zu lernen. Normalerweise wiederhole ich neue Stücke in Teilstücken und als Ganzes so lange, bis ich sie flüssig komplett aus dem Gedächtnis spielen kann. Dabei lese und merke ich mir keine Noten - wie auch, bis vor kurzem (und selbst jetzt noch gelegentlich) habe ich unter jede Note den Notennamen geschrieben - sondern die Reihenfolge, in der die Tasten gedrückt werden müssen. Dabei habe ich dann immer Muster bemerkt, die ich mit als Gruppe einprägt habe, wie Telefonnummern (33 45 98 statt 3-3-4...). Verstanden habe ich aber nichts von dem, was ich gespielt habe.

Das hat immer gut geklappt, solange die Stücke max. 3 Seiten lang waren und relativ wenig Bewegungen enthielten. Und dann bin ich gleich an zwei Stücke nacheinander mit der Methode gescheitert. Beide waren spielbar, aber zu lang, so dass ich sie mir nicht mehr komplett merken konnte und jetzt auf's Blatt hätte schauen müssen - das keine Hilfe war.

Seit der Enttäuschung beschäftige ich mich mit Blattlesen (Harris) und Harmonielehre, da wohl, wenn ich das Gelesene hier im Forum richtig verstehe, das dabei helfen wird, sich auch längere Stücke merken und sie spielen zu können.

@micks Vorschlag hat bereits dazu geführt, dass ich Sequenzen im Stück verstehe und mir so viel besser merken kann.
 
In meiner Ausgabe steht bei 3.D.3. dieser Choral.

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den würde ich gerne zur Diskussion stellen. Wer die Aufgabe selbst lösen will, sollte das Lesen jetzt erst unterbrechen...

m.E. wimmelt es da von Parallelenfallen. Ich habe alle relevanten Stellen mit der m.E. einzig sinnvollen Harmoniefortschreitung markiert (im Rahmen der bisherigen Beschränkung versteht sich). Bei diesen Stellen schreitet die Melodie in gleicher Weise fort, wie der Grundton des Akkords. Bei den roten Noten hat die Melodie zusätzlich die Quint des Akkords, was nach Vorgabe zwangsläufig Quintparallelen oder mindestens Gegenparallelen hervorruft. Bei den anderen Stellen handelt es sich um die Terz in der Melodie, was zumindest umständliche Stimmführung erzwingt, wenn man Parallelen vermeiden will. Für diese beiden Fälle habe ich unten je ein Beispiel gemacht:

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Jetzt kommt meine Lösung, für die ich aus o.g. Gründen wieder Sextakkorde verwendet habe. Außerdem kenne ich für Takt 5 als Standardlösung die Folge IV-vii/6-I. So habe ich es gemacht. Und, wie ist die Lösung? Die Akzentparallelen in Takt 9 sind noch da. Sind die schlimm, mit einem Akkord dazwischen?

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hier sind alle Abweichungen von Krämers Vorgabe rot markiert.
 
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  1. Man kann den Satz in der Tat nur dann ausschließlich mit Grundakkorden der Hauptstufen aussetzen, wenn man Parallelen über ein Zeilenende (zwar mit Pause, aber dennoch...) und Gegenparallelen akzeptiert. Schön ist das nicht, und das Beispiel ist von Herrn Krämer denkbar schlecht gewählt, falls das so gemeint ist. Der Choral taugt eher für eine spätbarocke Aussetzung mit vielen Nebenstufen und Zwischendominanten.
  2. In Takt 5 müsste im Alt auf ZZ. 3/4 g' stehen statt a'. Der Quartsextakkord geht in dieser Form nicht. EDIT: wurde bereits geändert.
  3. Die Terzverdoppelung am Ende von Takt 6 ist etwas unglücklich. Besser wäre beispielsweise ein Terzquartakkord als Zwischendominante zur folgenden Subdominante (also a-c'-d'-fis'). Ist natürlich noch nicht eingeführt, ich weiß.
  4. Zwei Sextakkorde so kurz nacheinander würde ich in Takt 8/9 nicht schreiben. In Takt 9 kann man auch den Grundakkord nehmen. Die dadurch entstehenden Aktzentparallelen stören mich nicht - der Satz hat ja keinerlei Allabreve-Charakter.
 
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In meiner Ausgabe (7. Auflage, 2016) hat Herr Krämer diese Aufgabe durch eine andere Aufgabe ersetzt - vermutlich wegen genau solcher Probleme. Aufgabe 3.D.3 in meiner Ausgabe ist das vierstimmige Aussetzen des Gospel aus Aufgabe 2.D ("Hört wen Jesus glücklich macht"), zu dem @Robert M. schon irgendwo im Thread eine ausführliche Lösung geliefert hat.
 
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Der klingt gut. Allerdings kriege ich dann auf der S zwangsläufig eine Terzverdopplung.
Ja. So, wie beispielsweise auch bei einem Trugschluss in Moll. Bei einer zwingenden Stimmführung stören doppelte Terzen in der Regel nicht.

Die Terz in konsonanten Akkorden ist ein recht fragiles Element - wenn sie im Bass erscheint, sorgt das für eine gewisse Instabilität. Das kann im Einzelfall gewollt sein, aber hier sehe ich keinen Grund dazu. Dissonante Sextakkorde sind hingegen unproblematisch, die können gerne auch in unmittelbarer Nähe zueinander stehen.
 

Bei einer zwingenden Stimmführung stören doppelte Terzen in der Regel nicht.
Also so:
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wie ist denn der nachfolgende Sextakkord auf dem Pendel S-T-S? So wird die Phrase vom Anfang bis zum Ende langsam grundständiger/entspannter.

Ich würde als Grund das Dominantpendel sehen, das ja hier nicht "kadenzieren" soll, sondern eher durchgehend ist. Ist das nicht eine völlig übliche Figur? Stören tut vielleicht die schwere Z.Z.

Dissonante Sextakkorde sind hingegen unproblematisch
Was ist das denn?
 
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wie ist denn der nachfolgende Sextakkord auf dem Pendel S-T-S? So wird die Phrase vom Anfang bis zum Ende langsam grundständiger/entspannter.
Ja. Die Balance ist trotzdem nicht optimal, weil der Auftakt durch die Dissonanz viel Gewicht erhält und dem ein stärkerer Gegenspieler gut tun würde. Nach der Zwischendominante wähnt man sich in G-Dur und erhält damit ein Gebilde "starke D - T - schwache D - T", was ein spürbares Ungleichgewicht erzeugt. Deshalb habe ich ja weiter oben angedeutet, dass sich die Melodie nicht besonders gut für das eignet, was eigentlich daran geübt werden soll. Denkbar ist z.B. hier eine Fortschreitung [D7]-S-[Dv]-Sp mit der Basslinie a-g-dis-e. Nur wäre das eine spätbarocke Formel, die in diesem Stadium des Lernens das Pferd von arg weit hinten aufzäumt.

Ich würde mich nicht länger mit dem dämlichen Beispiel aufhalten...

Sextakkorde, die mindestens ein dissonantes Intervall enthalten, in der Regel den Tritonus.
 
Ich würde mich nicht länger mit dem dämlichen Beispiel aufhalten...
Gibt es überhaupt Melodien, die sich mit dieser Einschränkung angemessen harmonisieren lassen? Mir fallen da nur Volkslieder und Tänze ein, aber dann braucht man Durchgänge. Sonst vielleicht Kantionalsätze, aber da braucht man zusätzliche Akkorde, ggf. Querstände und merkwürdige Fortschreitungen, wie z.B. eine Sekunde abwärts.
 
Aufgabe 3.D.4.

Sopran und Bass sind vorgegeben, die Mittelstimmen sollen ergänzt werden.
 

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Aufgabe 3.D.5.

Sopran und Bass sind vorgegeben, Mittelstimmen zu ergänzen.

Das ist die letzte Aufgabe im Kapitel, danach kommen endlich Sextakkorde. :blöd::puh:
 

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So. Nun habt ihr mich soweit. Jetzt habe ich mir, angeregt durch die Diskussion in diesem thread, auch das Buch gekauft.
Ich bin ja noch so sehr ein Anfänger, das es mir wahrscheinlich deutlich schwerer als euch (die ihr schon erfahrener seid) fallen wird mit den Aufgaben zu Harmoniefremden Tönen oder den Quartsextakkorden umzugehen. Es kann also nun sein, das auch von mir die eine oder andere schüchterne Frage auftauchen wird. Natürlich versuche ich einen Überblick über schon gestellte Aufgaben zu behalten um die Cracks unter euch nicht mit den gleichen Fragen zu langweilen.

Interessant fand ich die Erkenntnisse die @robert M durch das Durcharbeiten gewonnen hat. Wie sehr ihm das Beschäftigen mit den Hinweisen aus dem Buch hilft die Stücke die er spielt, nun leichter lesen und besser verstehen kann. Du hast dich ja in sehr kurzer Zeit da ganz schön hinein gekniet! Hattest du Urlaub in dieser Zeit?

Warum ich das Buch auch noch gekauft habe? Beim Durchblättern im Hieber am Marienplatz habe ich mit großen Entzücken das Wort "Akkolade" auf Seite 1 kennenlernen dürfen. Das hat mir soviel Freude gemacht, das ich mir dachte, wieviel weiteres tolles mag in diesem Buch wohl noch drinnen stehen.
 

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Singe mal deine Tenorstimme und berichte, ob dir was auffällt (abgesehen davon, dass in Takt 5 der erste Akkord nur drei Töne hat).

Leider muss ich hier noch mal Kritik an Herrn Krämer üben. Die Melodie ist hier nur sinnvoll zu gliedern, wenn man sie unsymmetrisch versteht - der Vordersatz umfasst 3 1/2 Takte, der Nachsatz 2 1/2 Takte. Der Vordersatz erhält seinen öffnenden Charakter dadurch, dass er auf der Quinte endet. Indem Krämer hier auch noch die Dominante vorgibt, verstärkt er den öffnenden Charakter des Vordersatzes auf ziemlich groteske Weise. Der verkürzte Nachsatz wirkt anschließend wie ein viel zu schwaches Anhängsel, das da nicht hingehört. Man müsste nur am Ende des Vordersatzes die Funktionen vertauschen, um ein sehr viel natürliches Klangbild zu erhalten: Probier es mal aus und mach den letzten Akkord in T. 3 zur Dominante, dafür den ersten in T. 4 zur Tonika. Spiel es dir ein paar mal in beiden Varianten vor und höre genau hin. Der Nachsatz wirkt nach der Änderung, als würde er die Aussage des Vordersatzes bestätigen.

Der "Fehler" in der Vorgabe ist so offensichtlich, dass es schon weh tut!

Hier wäre ein Parallelen-Check zu empfehlen. Außerdem gibt es manchmal zwingende Gründe, eine Terz nicht zu verdoppeln. War das schon Gegenstand im Buch?
 
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