Für Harmonienliebhaber!

Die "Kadenz" B-E-A hört und ihre spätere Wiederholung nen Ton tiefer hört sich fast so zwingend an wie die normale Kadenz.

Das IST eine "normale" Kadenz.

Und zwar eine mit einem stinknormalen neapolitanischen Sextakkord (vermollte Subdominante mit erhöhter Quinte oder auch - in Jazzsprache ausgedrückt - die bII-te Stufe mit der Terz im Baß).

Gab's zu Wagners Zeiten schon ewig und kann man bei Bach, Mozart etc.pp. massenhaft ganz genauso wie in dem verlinkten Beispiel finden.

LG,
Hasenbein
 
Das IST eine "normale" Kadenz.

Gab's zu Wagners Zeiten schon ewig und kann man bei Bach, Mozart etc.pp. massenhaft ganz genauso wie in dem verlinkten Beispiel finden.

Hasenbein,

schau Dir nochmal das Notenbeispiel (Wanderer-Akkorde) an: selbstredend besteht es aus einer Sequenzierung, und es enthält als ganzes (es ist eines der Motive) folgende Akkorde:
1. H - D - B - E
2. A - C - As - D (das ist die Sequenz)
3. G7 - C

wie Du siehst, ist die melodische Zusammengehörigkeit und damit die Klangwirkung der Akkorde eine ganz andere: die Folge B -E - A wäre zwar eine Kadenz mit Neapolitaner, aber hier spielt das keine Rolle!!! Denn der Motivverlauf (siehe Notenbeispiel, beachte die Bögen) ist ganz anders.

also:
H - ungewohnte Zwischenstationen - E
A- ungewohnte Zwichenstationen - D
traditionell dann G7 - C

erst lesen, dann trompeten ;) :)
 

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Vielen Dank für die kleine musikhistorische Abhandlung!
Aus den Bildern einer Ausstellung habe ich nur mal Das große Tor gespielt, ist zwar schön, aber nicht ungewöhnlich. Die anderen werde ich mir noch einmal anschauen.
Zu der Kadenzfrage: Den neapolitaner hatte ich fast schon wieder verdrängt (Schulwissen^^). Und dass IIb im Jazz benutzt wird, heißt ja nicht, dass sie in der Kunstmusik vertreten sein muss. Aber ich war mir nicht ganz sicher, weil ich eigentlich nur an II-IIb7-I gedacht hatte und nicht an diese Kombi.

Aber es geht mir hier ja auch nicht darum ganz neue Sachen zu finden, sonder einfach gut klingende Harmonien, die wenigstens ein bisschen besonders sind. :)
Dass Bach schon die dollsten Dinger gemacht hat (z.b. nen Akkord der alle 7 Skalentöne, enthält) war mir auch bewusst. :)

Noch eine Frage zum Tristan-Akkord: eigentlich ist das doch nicht anderes als Fm7b5 - E7, also im Jazz würde man sagen statt der II-V in Eb-moll ist das II-IIb7 allerdings ohne Auflösung zum Ebm. So ausgefallen scheint mir das nicht, gibt es das wirklich nicht schon in früheren Werken?
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Aber es geht mir hier ja auch nicht darum ganz neue Sachen zu finden, sonder einfach gut klingende Harmonien, die wenigstens ein bisschen besonders sind. :)

völlig nachvollziehbares Interesse! Also meinen Segen hast Du :) und ich such ja auch interessante Sachen heraus - - das besondere an den Wanderer-Akkorden ist, dass da ganze zehn verschiedene Dur-Akkorde hintereinander folgen (nur einer, G-Dur hat ne Septime), wobei kaum dominantische Verbindungen auftauchen (außer natürlich am Ende G7 - C - - aber sowas musste man um 1860 noch machen, wenn man nicht von der Kritik gelyncht werden wollte... :D ...) - bedenkt man, dass es nur zwölf Dur-Akkorde gibt, ist das schon ungewohnt.

dass Dir aber im großen Tor von Kiew nichts aufgefllen ist, schockiert mich!! :(

schau mal in die drei Anhänge, allesamt aus dem großen Tor! das erste sind die herrlichen Glockenklänge mit dem Tristanakkord, das zweite hat sehr schöne Dissonanzen, das dritte bietet ungewöhnliche chromatische Durchgänge

Gruß, Rolf
 

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Wow! Ich glaube ich hatte damals eine vereinfachte Version für Dummies. Ist auch schon länger her. Seitdem improvisiere nur öfters über das Thema, weil man da so schön reinhauen kann. Ich muss mir aber mal die original Harmonien anschauen.
Habe übrigens heute die Sonate von Liszt gehört. Das ist ja ein richter Pfundskerl!!! :p Das muss richtig Spaß machen diese "fetten" Akkorde zu spielen. Muss ich mir auch mal genauer anschauen. Leider habe ich da noch so eine kleine Verpflichtung; mein Physikstudium. Da bleibt nicht sooo viel Zeit für die Musik.

@Hasenbein:
1. Helge Schneider ist super (zumindest als Musiker^^).
2. Wenn das langweilige Stellen sind, die wir hier besprechen, hättest du denn welche parat, die den Theoretiker verzweifeln lassen? :)
 
Habe übrigens heute die Sonate von Liszt gehört. Das ist ja ein richter Pfundskerl!!! :p Das muss richtig Spaß machen diese "fetten" Akkorde zu spielen. Muss ich mir auch mal genauer anschauen. Leider habe ich da noch so eine kleine Verpflichtung; mein Physikstudium. Da bleibt nicht sooo viel Zeit für die Musik.

das ist tatsächlich so mit der Sonate!

allerdings kannst Du die harmonisch äußerst kühne Coda trotz Deiner kleinen Verpflichtung :floet: durchaus spielen, denn die ist nicht schwer - siehe unten
 

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Das IST eine "normale" Kadenz.

Und zwar eine mit einem stinknormalen neapolitanischen Sextakkord (vermollte Subdominante mit erhöhter Quinte oder auch - in Jazzsprache ausgedrückt - die bII-te Stufe mit der Terz im Baß).

Gab's zu Wagners Zeiten schon ewig und kann man bei Bach, Mozart etc.pp. massenhaft ganz genauso wie in dem verlinkten Beispiel finden.

LG,
Hasenbein

Ja, mit was für Ohren hörst du das denn?

Deine Jazzharmonik Erklärung stimmt schon aber sie vergisst, dass hier das Ohr ständig umdeutet. Ausserdem scheint dir der mehrfache Querstand entgangen zu sein.

Da muss man sich im "glitschigen Terrain", wie rolf es nennt, schon etwas auskennen.
 
Ja das Ende klingt gut. Aber wer kann denn Tredezimen ohne Glissando spielen?^^ Also Duodezimen finde ich noch ok.
Die Stimmführung e-f-f# am Ende ist gut. Wobei ich die Kadenz schon ziemlich offen finde. Ob die jetzt zwingen in H enden muss und nicht in Em oder so, könnte ich nicht sagen.:)
 
Aber wer kann denn Tredezimen ohne Glissando spielen?^^

was für Dinger?? der weiteste Griff in der Coda ist g-e-c, also eine Undezime (Oktave plus Quarte), sonst gibt´s nur ein paar Dezimenakkorde.

spiel die letzten Takte ein paar mal, gewöhn Dich an den Klang - das ist zwingend, hat auch Leittöne (man nennt sowas auch leittönige Verbindungen), aber eben nicht den gewohnten von 7 nach 8. Das ist, nach allem, was vorher passierte, durchaus ein echter Schluß.

...aber sowas hatte die Leute im 19. Jh. arg verschreckt, einer davon, Eduard Hanslick, sprach bzw. schrieb vom dreisten verbindungslosen Nebeneinanderstellen von Tonarten... ... dem war das gar nicht recht :D
 
Ich frage mich gelegentlich, wie es sich anfühlen muss in einer Welt zu leben, in der man von solchen Dingen "arg verschreckt" wird. Das kann man sich im Grunde gar nicht wirklich vorstellen. Was für ein Lebensgefühl muss das gewesen sein?!

ich gehe davon aus, dass das weniger mit dem Lebensgefühl, als viel mehr mit den Hörgewohnheiten zu tun hatte - - z.B. Rellstab hatte über Chopin geschrieben, dass seine Musik krankhaft und bizarr sei (damit meinte er die aus seiner Sicht gequälten, unnatürlichen Harmonien und Dissonanzen)

wir sind heute mehr gewöhnt :)
 

ich gehe davon aus, dass das weniger mit dem Lebensgefühl, als viel mehr mit den Hörgewohnheiten zu tun hatte - - z.B. Rellstab hatte über Chopin geschrieben, dass seine Musik krankhaft und bizarr sei (damit meinte er die aus seiner Sicht gequälten, unnatürlichen Harmonien und Dissonanzen)

wir sind heute mehr gewöhnt :)

Ja, so kann man es auch sagen.

Ich denke, es hat damit zu tun, welche Bedeutung Traditionen früher noch hatten und wie wenig gesellschaftliche Freiheit es gab. Die Hörgewohnheiten sind ja Teil des gesellschaftlichen Bewusstseins, welches sich u.a. im allgemeinen Lebensgefühl ausdrückt.
Heutzutage leben wir in einer Welt, in der (fast) alles möglich ist und Grenzüberschreitungen schon so normal sind, dass sich kaum noch jemand drum schert. Unser ganzes Lebensgefühl sagt uns: (fast) alles ist möglich, (fast) nichts ist sicher. Da noch "arg verschreckt" zu werden, ist schwierig.

Grüße von
Fips
 
Ich denke, es hat damit zu tun, welche Bedeutung Traditionen früher noch hatten und wie wenig gesellschaftliche Freiheit es gab. Die Hörgewohnheiten sind ja Teil des gesellschaftlichen Bewusstseins, welches sich u.a. im allgemeinen Lebensgefühl ausdrückt.

da geraten wir ein schwieriges rezeptionsgeschichtliches Gebiet!

um das erste Drittel des 19. Jh. wurde von Heine der Begriff einer weiteren ästhetischen Qualität geprägt: das Häßliche, das Böse - und das ausgerechnet ausgehend von Musik, nämlich der "fantastischen Sinfonie" von Berlioz.

Diese Sinfonie, obwohl eine Erfolg, widersprach so manchen Erwartungshaltungen an Musik, kurzum wurde sie nicht nur bejubelt, sondern auch recht kontrovers aufgenommen. Die Erwartungshaltungen an Musik, die Traditionen und Regeln (was schön, was erlaubt, was krankhaft oder kakophonisch sei) änderten sich zwar beständig, aber oft genug war so manche Musik diesen Änderungen eben doch weit voraus - - - in solchen Momenten schlug dann die Gruppe der Kritik, die eben traditioneller eingestellt war, vehement zu.

Im 19. Jh. entwickelten sich nicht nur neue musikalische Formen, sondern auch eine neuartige erweiterte Harmonik - die stieß nicht nur auf Zustimmung.

Eigentlich ist es heute auch nicht großartig anders, nur dass wir uns heute wohl weniger über Kunstmusik aufregen :)

Nehmen wir die Lisztsche h-Moll Sonate:
1853 komponiert
1857 uraufgeführt
1881 findet sich eine Kritik von Eduard Hanslick, die mit folgendem Satz schließt: "Wer das gehört hat und es schön findet, dem ist nicht zu helfen" - - Peter Cornelius und Richard Wagner dagegen waren von der Sonate sehr angetan :)
 
Ich hoffe, das weicht nun nicht zu sehr vom eigentlichen Thema ab.

um das erste Drittel des 19. Jh. wurde von Heine der Begriff einer weiteren ästhetischen Qualität geprägt: das Häßliche, das Böse - und das ausgerechnet ausgehend von Musik, nämlich der "fantastischen Sinfonie" von Berlioz.
Könntest du das zu Heine noch etwas näher ausführen? Interessiert mich.

Diese Sinfonie, obwohl eine Erfolg, widersprach so manchen Erwartungshaltungen an Musik, kurzum wurde sie nicht nur bejubelt, sondern auch recht kontrovers aufgenommen. Die Erwartungshaltungen an Musik, die Traditionen und Regeln (was schön, was erlaubt, was krankhaft oder kakophonisch sei) änderten sich zwar beständig, aber oft genug war so manche Musik diesen Änderungen eben doch weit voraus - - - in solchen Momenten schlug dann die Gruppe der Kritik, die eben traditioneller eingestellt war, vehement zu.

Aus meiner Sicht zeigt sich hier die bewusstseinsverändernde Kraft der Musik bzw. der Kunst überhaupt. Es gab und gibt ja immer Individuen, die weit über die herrschende Ordnung hinausdenken und -fühlen und die es gerade deshalb sehr schwer haben. Ich könnte nicht sagen, ob das heute noch immer im selben Ausmaß der Fall ist wie früher. In bezug auf frühere Zeiten fällt es aus heutiger Sicht zumindest leichter, das zu erkennen.

Diese einzelnen Menschen bündeln etwas und bringen etwas zum Ausdruck, was sich zum einen aus der gesellschaftlichen Entwicklung heraus ergibt und zum anderen die gesellschaftliche Entwicklung weiter vorantreibt, indem es das Bewusstsein der Menschen wandelt. Die Kunst hat die Grenzen ihrer Zeit immer überschritten und die Menschen "arg verschreckt". Aber gerade dadurch hat sie sie auch gezwungen, neues geistiges Terrain zur Kenntnis zu nehmen und zu betreten.

So in etwa sehe ich das.

Grüße von
Fips
 
Könntest du das zu Heine noch etwas näher ausführen? Interessiert mich.
(...)
Die Kunst hat die Grenzen ihrer Zeit immer überschritten und die Menschen "arg verschreckt". Aber gerade dadurch hat sie sie auch gezwungen, neues geistiges Terrain zur Kenntnis zu nehmen und zu betreten.

das findest Du in Heines Werken, es ist die Rezension der Uraufführung der fantastischen Sinfonie - einmal gab es einen Sonderband "Heine, Schriften zur Musik" (DDR Reklam), dann aber müsste das in jeder etwas besseren Heine Gesamtausgabe zu finden sein. Der Heine hatte so manche berühmt gewordene Rezension verfasst, cum grano salis könnte man ihn als den Erfinder des Musik-Feuilletons bezeichnen (wollte Gott, alle heutigen Feuilletonisten könnten schreiben wie Heine :rolleyes::D... )

das ist sehr schön formuliert, sehe ich eigentlich auch so.

Gruß, Rolf
 
Dann werde ich das bei Gelegenheit mal lesen. Danke für den Hinweis.

Ich habe gerade zehn Bücherregale und mehrere Bücherstapel gefilzt, aber ich finde momentan das DDR Reklam Bändchen mit Heines Schriften zur Musik nicht - tut mir leid, dass ich Dir den genauen Titel momentan nicht nennen kann. Das ist ein blaues Taschenbuch, ich seh das Ding vor mir, hab´s auch oft genug gelesen - aber wo es gerade rumliegt, weiss ich nicht... zudem ist dort sehr kenntnisreich uns lesenswert kommentiert.

Heine hatte in Paris mehrere Musikkritiken geschrieben, über Liszt, über Rossini, Meyerbeer und eben auch über Berlioz. Sinngemäß schreibt er, dass das beste der Sinfonie in einem Hexensabbat eine Parodie auf die Messe sei, dass dort der Teufel die Messe lese usw. - aber das relevante in der Rezension sind die Überlegungen zur ästhetischen Kategorie des Häßlichen.

hoffentlich findest Du die Rezension in einer ordentlichen Gesamtausgabe!
 
retour zu schönen bzw. interessanten Harmonien:
unten angehängt die Katakomben aus Mussorgskis Bildern einer Ausstellung
 

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Moin Rolf & Klavigen,

ich weiß - jede Gelegenheit, mich in die Schranken zu weisen, muß eifrigst genutzt werden. Daher überrascht mich insbesondere Rolfs Belehrung nicht.

Wenn DU, lieber Rolf, aber in Ruhe vernünftig gelesen & verstanden hättest (was bei der hohen Zahl Deiner Postings sicher nicht einfach ist), hättest Du gesehen, daß xfvxfv von einer "Kadenz B-E-A" geschrieben hat und daß diese ungewöhnlich sei. Und allein darauf bezog sich meine Antwort - nicht darauf, ob im Kontext des Wagner-Ausschnittes es überhaupt Sinn macht, von einer Kadenz B-E-A zu sprechen!

Wenn Du schon unbedingt belehren mußt, hättest Du zumindest im gleichen Atemzug xfvxfv mitbelehren müssen, daß hier eigentlich gar keine Kadenz B-E-A vorliegt und er das Notenbeispiel mißverstanden hat.

LG,
Hasenbein
 

täusch Dich mal nicht, Hasenbein, denn das muss ich nicht, keiner zwingt mich :D - - nebenbei: keine vollständige Kadenz fängt mit dem Neapolitaner an... ... soviel zu B-E-A ;)
kurzum: erst lesen, dann wettern - - und wenn noch nachdenken dazu kommt, stellt man fest, dass xfvxfv hier Anregungen und Informationen sucht, da könntste auch was zu beitragen, statt recht patzig daherzukommen.
 

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