Mit dem Chopin der Mazurken, Walzer und Nocturnes hat der Chopin der Etüden nicht viel gemeinsam. Die Etüden sind überwiegend gewaltige, teilweise gewalttätige Werke (im Gegensatz zu vielen anderen Chopin-Stücken, die weitgehend zart gespielt werden, vielleicht missverstanden?)....
Ich habe übrigens erst über die Etüden zu Chopin gefunden, sonst spiele ich (bisher) nichts von ihm.
Andreas, es gibt ein paar Zeitzeugenberichte dazu, wie Chopin seine eigenen Etüden gespielt hat - siehe Eigeldinger "Chopin as seen by his students". Zumindest über 25/1 und 25/2 steht da was. Chopin hat niemals auf seinen Flügel eingedroschen, er war der Meister des Leisespiels. Schumann hat das Chopin-Spiel von 25/1 mit einer "Luftharfe" verglichen.
Demnach hat Chopins Interpretationsart seiner Etüden sehr viel mit dem Chopin der Walzer und Nocturnes gemeinsam. Natürlich kann man nicht alle Etüden über einen Kamm scheren, auch klar.
Aber da du nach eigenen Aussagen nichts weiter von Chopin gespielt hast ausser einigen Etüden, könnte es ja sein, dass sich deine Meinung hierzu ändert, wenn du eigene Erfahrungen mit dem "Restwerk" von Chopin neben den Etüden gesammelt hast (verstehe das bitte nicht arrogant!).
Weiterhin, heutige Flügel sind dermaßen lauter im Ton (nicht unbedingt schöner, siehe Link auf einen Pleyel-Flügel von 1836, wie ihn Chopin hatte):
Wenn Chopin also schrieb "so laut als möglich", muss das nicht zwangsläufig bedeuten, dass man auf heutigen Flügeln draufdreschen sollte, bis der Arzt kommt.
Im Gegenteil, seine Studenten hatten eine Übersetzungstabelle für Chopin'sche Dynamik gemacht, sinngemäss:
Angabe -> Chopin'sche Ausführung
pp -> Ton kaum hörbar, gehaucht, Hammerkopf berührt gerade noch die Saiten
p -> pp
ff -> mf
Genaueres auch im erwähnten Eigeldinger-Buch zu finden.
Dies nur als Anmerkung zur Diskussion über Lautstärken bei Chopin, z.B. bei Chopin-Etüden.
@ Haydnspaß:
Mir gefallen dein Chopinetüden-Aufnahmen auch sehr gut! Klingt niemals hektisch, sondern wirklich solide gespielt und mit schöner Dynamik. Ich nehme an, dass mehrere Jahre Beschäftigung damit verbunden waren?
Die Tempoangaben an den Etüden - lesen sich für mich interessant bis an der Grenze der Vorstellbarkeit bzgl. Realisierbarkeit. Auf jeden Fall aber gilt für mich, dass das Tempo genau das richtige ist, wo man noch das Gefühl hat, Herr/Frau der Angelegenheit zu sein und es nicht hektisch wird, Tempoangabe hin oder her.