Einzelne Noten weglassen

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Pianojayjay

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17. Mai 2013
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Ihr kennt es sicher alle: irgendwann kommt man an eine Stelle, die wäre ohne die ein oder andere Note viel leichter zu spielen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es hier irgendjemand - auch bei den Profis - gibt, der wirklich jede einzelne Note in einem (großen) Werk spielt. Inwieweit gebt Ihr dem nach und „verzichtet“ mal auf eine Note? Und was haltet Ihr von der These „je unbekannter desto unbefangener“?
 
Das hat Herbert Schuch beim Meisterkurs im Mai mehrfach erwähnt und gezeigt.
Auf jeden Fall war das bei einem Liszt-Werk (wer hat eigentlich Liszt gespielt, Marco war das wohl nicht, er hatte die Barcarolle?),wo es überhaupt nicht darauf ankam, alle Töne zu spielen, sondern einen Klangeffekt zu erzeugen, der mit einem kleinen Zeitpuffer, gewonnen durch das Weglassen von einem oder zwei Tönen in der LH (war irgendein Parallellauf), viel besser gelang, denn die LH konnte ihren nachfolgenden Sprung geschickter und dadurch klangvoller durchführen.
Ähnlich war es bei meinem Rachmaninov-Trio an der Akkordstelle, da ich zu kleine Hände habe, um alle Griffe im erforderlichen Tempo sauber und kraftvoll zu spielen.
 
Naja, zugegeben: Ab und zu lasse ich bewusst Noten weg, und zwar aus folgenden Gründen:

- es klingt besser auf modernen Instrumenten, insbesondere wenn zu viele Füllnoten im Bassbereich komponiert sind (z.B. bei dem Schlussakkord von Rachmaninoffs Moment Musical No. 6 spiele ich links nur die Oktave statt den Vierklang)

- es ist für mich nicht zu greifen, weil es eben für extrem große Hände geschrieben wurde (z.B. bei einigen anderen Akkorde in Rachmaninoffs Klavierwerk)

- es ist wirklich sinnlos schwer und man hört den Unterschied wirklich fast nicht (ich verrate das jetzt nicht, wo... :-))

LG
 
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Im Übungsprozess ist sowieso klar, dass ich unbequeme, unbetonte Töne weglasse und erst nach und nach durch Optimierung der Fingersätze realisiere.
Aber auch im Zielzustand fehlen bei mir ganz seltene ungreifbare Töne (typischerweise Großdezimengriffe weiß auf schwarz, arpeggieren verboten). Ich bin da schmerzfrei.

Grüße
Manfred
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hab grad in einer Scarlattisonate einen Ton dazuerfunden, weil sonst ein Leitton ins Leere gelaufen wäre. Oktavparallelen gibt's auch... Ich bin zu sehr von Bach verwöhnt (da kann man auch oft Töne dazunehmen oder den Bass an den heutigen Tonumfang anpassen).
Weglassen mache ich sehr selten, kommt aber alle paar Jahre vor. Wenn ich es mir vorspiele und selbst keinen Unterschied höre, außer dass es besser klappt, erlaube ich mir das.
 
In einem aktuellen Stück lasse ich den letzten Ton in der Begleitung aus gebrochenen Akkorden weg, weil er direkt darauf in der Melodie gespielt wird und dadurch eine Repetition entsteht, die ich nicht mag. Selbst beim leichtesten und leisesten Spielen von diesem Begleitungston hört man trotzdem das Klappern (auch in verschiedenen Aufnahmen). Da die Stelle mit einer dynamischen Steigerung einher geht, kann durch ein crescendo und leichtes stretto vermieden werden, dass der Ton aus rhythmischen Gründen vermisst würde.
 
Momentan bin ich aus beruflichen Gründen gezwungen sämtliche Töne wegzulassen...:cry2:
 
Um irgendwelche Noten weglassen zu dürfen, dafür bin ich nicht gut genug...:cry2:;-)
 
Bei manchen Stücken lasse ich öfter den untersten Ton bei Akkorden weg, da ich nicht so weit greifen kann. Es beruhigt mich, dass selbst sehr gute Klavierspieler manchmal Noten bewusst wegelassen.
 
ja, meine rechte Hand kann ich nicht so weit spreizen
 

Bis jetzt hatte ich Ungreifbares gar nicht erst ernsthaft in Angriff genommen. Einmal entpuppte sich eins der Schumannschen Nachtstücke als dergestalt, so dass ich es nach der Hälfte zähneknirschend weggelegt habe. Da nützt auch späteres Hervorholen nichts, außer, wenn man die Hände noch nachwachsen lassen könnte. Wenn das Weglassen von Tönen also als legitim angesehen würde (meine KL ist da eher archaisch), nähme ich es wieder her. Das erste Stück daraus steht schon ewig auf meiner Wunschliste...
 
Bis jetzt hatte ich Ungreifbares gar nicht erst ernsthaft in Angriff genommen. Einmal entpuppte sich eins der Schumannschen Nachtstücke als dergestalt, so dass ich es nach der Hälfte zähneknirschend weggelegt habe. Da nützt auch späteres Hervorholen nichts, außer, wenn man die Hände noch nachwachsen lassen könnte. Wenn das Weglassen von Tönen also als legitim angesehen würde (meine KL ist da eher archaisch), nähme ich es wieder her. Das erste Stück daraus steht schon ewig auf meiner Wunschliste...

Es dürfte bekannt sein, dass man Schumann-Stücke erst nach entsprechender (Ueber)Streckung in der vorgesehenen Vorrichtung spielen/greifen kann. ;-)
 
Das hat Herbert Schuch beim Meisterkurs im Mai mehrfach erwähnt und gezeigt.
Auf jeden Fall war das bei einem Liszt-Werk (wer hat eigentlich Liszt gespielt, Marco war das wohl nicht, er hatte die Barcarolle?),wo es überhaupt nicht darauf ankam, alle Töne zu spielen, sondern einen Klangeffekt zu erzeugen, der mit einem kleinen Zeitpuffer, gewonnen durch das Weglassen von einem oder zwei Tönen in der LH (war irgendein Parallellauf), viel besser gelang, denn die LH konnte ihren nachfolgenden Sprung geschickter und dadurch klangvoller durchführen.

Das war nach meiner Erinnerung beim 1. Klavierkonzert von Liszt mit Mariko Sudo. Ähnlich hat sich übrigens auch Florian Uhlig beim damaligen Kurs bei Steinway in Köln geäußert, vielleicht erinnerst Du Dich da auch noch dran, war glaube ich im Zusammenhang mit der Begleitfigur der rechten Hand beim Schuberts Ges-Dur Impromptu von Chopinne. Das war auch ein sehr schönes und lehrreiches Wochenende.
Ich selber versuch auf jeden Fall immer, mehr Töne der notierten Stücke zu spielen als wegzulassen:idee::-D.
 
Menschen mit kleineren Händen als die männlichen Komponisten gehabt haben (weibliche Menschen zum Beispiel), können manche Mehrklänge schlicht nicht greifen. "Gehalten" geht´s oft noch irgendwie, aber aus dem Tempo heraus nicht. Und wenn man es auch durch geschicktes Arpeggieren nicht hinbekommt oder durch Einsatz der anderen Hand oder ähnliche Kniffe, schaut man halt, welcher Ton weggelassen werden kann, ohne dass am Klang etwas Wesentliches fehlt.

Ultima ratio und jedesmal eine kleine Kapitulation vor der eigenen Anatomie. :-(
 
"Echte" Konzertpianisten spielen in der Regel schon (fast) jede Note eines Werkes. Allerdings gibt es wirklich oft Stellen, die durch eine winzige Veränderung oder geringes Weglassen plötzlich spielbar werden. Das muss dann oft erst mal jemand hören, ohne auf die Finger zu schauen. Da wäre ich nicht zu dogmatisch. Die Frage ist ja: Was bringt einen näher dahin, das gewünschte Stück klingen zu lassen, bzw. was stört am Ende mehr: Die fehlende Note oder das Hängenbleiben an immer der gleichen Stelle.
 
Und was haltet Ihr von der These „je unbekannter desto unbefangener“?
Unbekanntheit sollte kein Freibrief dafür sein, dass man weniger sorgfältig mit dem Gedankengut des Komponisten umgeht.
Allerdings gibt es wohl Gründe dafür, dass die einen Namen (oder Werke) beliebt und bekannt sind und die anderen - weil vielleicht weniger genial? - in einem geringeren Grade den Anklang finden. Manchmal z.B. finden sich in den Werken von Komponisten "der 2. Liga" Parallelstellen, die eins zu eins transponiert sind, ohne Berücksichtigung einer anderen Lage (wie etwa enge Akkorde in tiefer Lage, was nicht unbedingt immer schön klingt) oder einer anderen Tonart (die es dem Pianisten u.U. sehr unbequem macht zu spielen). Bei den "Großen" sieht man dagegen immer wieder, dass sie nicht einfach sich selbst kopieren, sondern jede Stelle neu erfinden. Insofern könnte es schon was daran sein, dass die unbekanntere Klaviermusik derart Eingriffen öfter ausgesetzt wird.
 
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Insofern könnte es schon was daran sein, dass die unbekanntere Klaviermusik derart Eingriffen öfter ausgesetzt wird.
im lesenswerten "Klavierbüchlein" von Walter Georgii wird das Problem am Scherzo der 2. Brahmssonate*) erhellend durchleuchtet :-) (dort gibt es eine Passage, die für viele Hände zu weitgriffig/unbequem ist, dito in einem Prelude von Rachmaninov)
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*) diese ist weder unbekannt noch Produkt aus der zweiten Reihe
 

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