@Neronick
Der Sinn des klassischen Kla4unterrichts ist es, dass die Schüler die Lieder verstehen lernen und die nötige Technik vermittelt bekommen. Die eigene Kreativität wird durch guten Unterricht ebenfalls gefördert, da diese für das Klavierspiel erforderlich ist. Einfach nur vom Blatt zu spielen macht kaum Spaß - im Gegensatz zum auswendig gelernten (und verstandenen) Stück, bei dem man mit der erlernten Technik rumprobieren kann. Dabei entsteht dann vielleicht schon etwas Neues, was ohne den Unterricht gar nicht auf diesem Level hätte entstehen können. Deine Grundannahme, dass man irgendeinen Berg des Könnens erklimmen muss ist falsch. Man benötigt zum Spielen bestimmter bekannter Stücke eben bestimmte Technik und ein gewisses Musikverständnis. Das ist viel eher ein Berg der Erkenntnis. Magst du klassische Musik? Der von dir beschriebene "enge Trampelpfad" beinhaltet Stücke und Übungen, die sich eben bewährt haben - mit den ganzen Etüden und Co sind große Bereiche abgedeckt um bestimmte Schwierigkeiten zu meistern. Und so eng ist dieser Pfad gar nicht. Es gibt schier unendlich viele Bereiche mit denen man sich befassen kann - das ist nicht nur in der Klassik so.
...du hast gefragt, ob man was empfindet, wenn man irgendein Stück spielen kann. Ja, so empfinde ich das. Wenn ich Pachelbels Canon mag und das spielen kann, empfinde ich das tatsächlich als schön. Es gibt bestimmt auch Leute, die sich das dann gerne anhören, was ich auch schön finde.
...du strebst danach Technik zu erlernen mit der du dich dann selbst ausdrücken kannst. Das ist durchaus lobenswert und gut. Allerdings solltest du bedenken, dass du mit mehr Technik/Musikverständnis auch mehr (bisher unbekannte) Ausdrucksmöglichkeiten zur Hand hast. Denn kaum jemand weiß schon vor seiner Musikkarriere, welche Lieder er mal schreiben wird. Der Unterricht gibt dir im Idealfall Denkanstöße und fördert damit neben deiner Technik auch deine Kreativität. Was man draus macht, ist jedem selbst überlassen. Kaum ein Lehrer wir seinem Schüler verbieten, Stücke zu komponieren und vorzuspielen. Die Qualität der Stücke wird aber auch den aktuellen Stand des Schüler widerspiegeln, da da die bereits erlernten Dinge vorkommen werden.
..." jeder Unterricht bzw. jedes eigene Bemühen muss doch den Sinn haben, die WELT zu bereichern mit etwas UNGEHÖRTEM, mit etwas einmaligen". Das ist das, was heutige Speichellecker-Lehrer ihren Schülern erzählen, wenn sie ihnen sagen wie gut diese doch sind und wie einzigartig das doch alles ist. Ein gewisser Trampelpfad muss vorgegeben werden. Eine bestimmte Spieltechnik ist nunmal notwendig und da werden Wege beschritten, die eben schonmal beschritten wurden. Na und? Kaum ein Durchschnitts-Lehrer erfindet für jeden einzelnen Schüler neue Stücke. Der Lehrer gibt dem Schüler aber das nötige Handwerkszeug mit dem der Schüler dann experimentieren kann.
..."Was macht das für einen Sinn, die 100.000ste Version der kompletten Elise zu beherrschen?" Weil es ein schönes und beliebtes Klavierstück ist und (mir zumindest) es Freude bereitet, dieses zu spielen. Das ist der Sinn. Die darin enthaltene Technik (zugegeben nicht grade viel^^) kann man dann schon für eigene kreative Ergüsse missbrauchen.
..."Ich habe von klassik sehr wenig Ahnung, aber mir scheint diese Welt irrsinnig "ENG" zu sein und ABGESCHOTTET gegenüber einer musikalischen Weiterentwicklung; im Prinzip ist sie also tot?"
@Rolf: das ist nur eine Vermutung (die auf Unkenntnis beruht), keine Behauptung - nur mal so als Hinweis am Rande.
Klassik ist aus deiner Sicht vielleicht tote Musik. Aber wenn du dich damit beschäftigst, erkennst du völlig neue Sichtweisen, die dir vorher einfach nie aufgefallen sind. Die moderne Popmusik ist durch Radio, Fernsehen, Internet jedem bekannt. Fast jeder Mensch kennt jedes Stück und hat es schon tausendmal gehört. Da fallen Bearbeitungen und Veränderungen viel extremer auf - zumal die benutzen Elemente solcher Musik extrem viel Freiraum für Interpretationen lassen. Um wieder auf die Kreativität zurück zu kommen: verschiedene Sichtweisen erweitern deinen Horizont. Du bekommst durch die Beschäftigung mit der Musik wahnsinnig viel Material auf das du zurückgreifen kannst um es für dich selbst (deine eigene Musik) zu verarbeiten. Wenn du schreibst "ich hab davon keine Ahnung" interpretiere ich das als Bitte, dich in diesem Bereich aufzuklären. Rolf versteht das als eine Art dumme Anmache, er denkt, dass du dich gar nicht damit beschäftigen willst und hier nur rumstänkerst indem du wüste Unwahrheiten verbreitest. Da ist eben sein Horizont begrenzt und gehört erweitert (wobei er sich unwillig zeigt, im Gegensatz zu dir).
..."Ein anderes Bild: Man schwimmt Bahnen in einem Schwimmbad und der Lehrer misst die Strecke, wie weit man kommt. (ist das nicht auch trostlos langweilig?)" Es gibt viele Menschen, die genau darin den Sinn ihres Lebens sehen. Vorgegebene Bahnen zu schwimmen. Zugegeben sehr eintönig. ABER: Wenn einer der Schwimmer einen Bootsbauer unterrichtet, wie man schneller vorankommt, kann dieser mit den Erkenntnissen vielleicht etwas völlig neues erschaffen, was die Welt interessiert?
Vielen Dank fürs Lesen meines ersten Posts hier im Forum - und damit ein herzliches Hallo