Hallo an alle!
Bin zurück aus Leverkusen. Meinen Auftritt kann man glaube ich als gelungen bewerten. Das wird die dortige Presse in der nächsten Tagen eventuell auch noch tun. Die Begeisterung war jedenfalls groß, die Rückmeldungen überschwänglich positiv.
Das Instrument war ein etwa 30 Jahre altes, frisch generalüberholtes 1,80 m langes KAWAI, an dessen Resonanzboden diese leicht esotherisch anmutenden Metalldinger zum Ausgleich zu starken Resonanzen für 2.500,-€ (!!!) angebracht waren "zum präzisen und ausgeglichenen Spielen". Davon kann jeder halten, was er will - ich habe das Instrument vorher nicht gehört, halte aber von solchen äußerlichen Korrekturen nicht sonderlich viel. Ein besser gebautes Instrument gewinnt noch immer...
Das Instrument steht nun in der evangelischen Kirche, darf im nächsten Monat ausgiebig getestet werden. Und soll über 12.000,-€ kosten.
Spiel- und Klangqualität des Instruments für mich zusammengefasst: Schrott. Für 12.000,-€.
Der Klavierbaumeister muste nach dem Üben nochmals kommen, da das Instrument nach kaum einer halben Stunde sich arg (!) verstimmt hatte. Bevor er kam, sagte er am Telefon, dass dies durchaus normal wäre, da das Instrument erst einen Tag davor in der Kirche aufgestellt wurde und sich noch nicht akklimatisieren konnte. Dann schaute er mir aber 2 Minuten beim Üben zu und sagte dann folgenden Satz (ich habe seinen Einverständnis, ihn zu zitieren!): "Wenn ich Ihnen an diesem Instrument zusehe, habe ich den Eindruck, als würden Sie sich in einer viel zu kleinen Sakko zwängen wollen". Besser hätte er es nicht formulieren können!
Dann fragte ich ihn: "können Sie noch etwas mit dem Instrument machen?" Er: was erwarten Sie denn? Es ist ein 12.000,-€ Flügel und keiner um 100.000,-€." Wow. Das hat ein Klavierbaumeister gesagt.
Meine Technik fand er übrigens toll. Kein Vorwurf von wegen "Eindreschen" usw. kam aus seinem Munde. Keine beleidigte "wie spielen Sie denn, das arme Instrument!". Und noch etwas: ich verriet ihm, dass ich neuerdings ausschließlich auf dem V-Piano übe und erzählte ihm, dort könne man jede Saite einzeln verstimmen. Er fand es toll und war sehr interessiert! Überhaupt nichts hatte er vom sonst von Klavierbauern und einigen Usern hier im Forum ach so bekannten Herabschauen auf "digitalen" Instrumente!
Er fuhr dann weg (1/2 Stunde Autofahrt!) kam aber am gleichen Abend extra zum Konzert wieder, "um Sie zu hören!", wie er sagte. Und er war mit meiner Vorstellung mehr, als zufrieden - obwohl ich angstbedingt keineswegs fehlerlos spielte.
Am Konzert nahmen auch zwei professionellen Konzertpianistinnen teil. Sie haben mein Stück, mein Spiel und meine Technik durchwegs gelobt. Den Flügel haben sie vorsichtig als "sehe griffig" und "ganz gut" beurteilt, gaben aber unumwunden zu, dass die Stücke, die sie zu spielen hatten, technisch bei weitem nicht so anspruchsvoll waren, als das meine. Ich wollte Ratschläge holen, weil auf dem KAWAI nach dem Üben die Hände Weh taten - sie sagten nur das Gleiche, wie der Klavierbauer: was erwarte ich von einem 1,80 m-Flügel um 12.000,-€?
Den Klavierbauer habe ich dann - Herbert Schuh zitierend - auf die Frage angesprochen, ob man auf einen kleineren Flügel, als Steinway D WIRKLICH leise (sprich: risikofrei, es kommen bei gleichem Anschlag auch WIRKLICH alle Töne bei pppp) spielen kann. Er stimmte Schuh zu - NEIN, das geht wirklich nur mit ganz langer Mechanik - ergo mit ganz langen Flügeln.
Nur fasse ICH mal für mich zusammen:
1.) Für ein perfektes Spiel von anspruchsvollen Stücken (auch, oder gerade sehr leisen Werken!) ist "das bestmögliche Instrument" notwendig, datunter ist nicht alleine die Bauqualität, sondern auch die BauLÄNGE zu verstehen. Diese kosten leicht mal 100.000,-€ und mehr!
2.) Das ausschliessliche Üben auf dem V-Piano hat meiner Technik nicht nur nicht geschadet, sondern sie sehr nach vorne gebracht - immerhin habe ich auf einem sehr ungenügendem Instrument das Irini vor etwa 400 Leuten (bei Weitem nicht nur Musikern oder Fachleuten!) Begeisterung erweckend geschafft.
3.) Die Leute, die über das V-Piano besonders abwertend reden, haben keine Ahnung davon - sprich: haben die ganzen Flügeln / Klaviere noch nie ausprobiert und lang genug, anständig, mit verschiedener, anspruchsvoller Literatur an guter Abstrahlung getestet
4.) Wer behauptet, auf dem V-Piano würde auch bei e8nem Anfänger alles gut klingen, hat noch weniger Ahnung: in Wirklichkeit deckt das V-Piano gerade jeden noch so kleinen (Anschlag-, Dynamik- etc.)-Fehler auf! Er macht einfach das, was ein sehr sehr guter Flügel auch macht: das, was der Pianist mit seinen Fingern befiehlt!
5.) Wer sich über die optische Schönheit einer adäquaten Abstrahlung den Kopf zerbricht, den interessiert nicht der überirdisch schöner Klang.
6.) Wer behauptet, der Ton eines Samplingklaviers würde unter irgend beliebigen Umständen "echter" klingen, wie der des V-Pianos, hat letzteres noch nie richtig getestet
7.) Ich wüsste auch nicht, warum Kopfhörer-Üben den Anschlag kaputt machen soll?! Die hierzu erbrachten Argumente sind -zumindest auf die KAWAI CA-Serie und auf das V-Piano bezogen aus meiner Erfahrung einfach nicht stichhaltig und lächerlich
8.) Spätestens jetzt hat sich das "Tolle 8.000,-€-Flügel"-Theorie ad absurdum geführt - war für mich vom Anfang an sowieso realitätsfremd und lächerlich
9.) Dass Leute es hinnehmen, dass man auf einem 12.000,-€ Flügel "halt kein Wunder erwarten darf", sich aber beschweren, dass das V-Piano samt einer sehr guten Abstrahlung 8.000,-€ kostet, spricht Bände über Voreingenommenheit
10.) Dass sogar der Women Acceptance Factor ins Felde geführt wird (hat von euch jemand schon seiner "Women" versucht, einen 2,27 m 450 kg Semikonzertflügel schmackhaft zu machen?), bedeutet für mich nur, dass die - eigentlich nie vorhandenen - echten Argumente ausgegangen sind.
Insgesamt muss ich feststellen, dass sich - zumindest in diesem Forum - immer noch eine Menge Leute von der Fraktion "alles, was einen Stecker dran hat, ist vom Teufel" herumtreiben - also eine ernsthafte Diskussion über Vergleich V-Piano vs. Flügel schon "aus Glaubensgründen" nicht möglich ist / sein wird.
Ich hätte mich doch als Kandidat für solch einen Vergleich wirklich hervorragend geeignet. Jahrzehntelange Erfahrung mit sehr schlechten, aber genauso auch hervorragenden akustischen Instrumenten, gleichzeitig schon seit Anbeginn der Digital-Era Spiel / Test / Vergleich der digitalen und akustischen Instrumente; allein 20 Jahre mit verschiedenen Digitalinstrumenten verbracht - immer parallel zu akustischen; besitze anerkannter Weise doch eine recht hohe Grad an angeeigneter Klaviertechnik, welche eine fundierte Beurteilung der Möglichkeiten verschiedener Instrumente erlaubt...
Und doch: von der Mehrheit hier erntet man blanke Häme und Polemik, Verzetteln in Seitenthemen, Auslassen über Befindlichkeiten, Prov9zieren... statt evtl. Umdenken, oder zumindest mal das Threadthema Testen!
Ich verschließe meine Augen jedenfalls nicht von neuen Errungenschaften. Auch auf dem akustischen Sektor nicht. Oder hat sich noch jemand außer mir mit dem "Wunderklavier" (="csodazongora") aus Ungarn befasst? Für schlappe 240.000,-€ wird der ganze Resonanzkasten und integrierter Schallwerfer-Bein aus Carbonfiber gebaut; etwa 50 akustische und technische Patente / Innovationen darauf.
Ich sehe und spiele (!) beide Seiten. Immer wieder, dauerhaft, ab und an auch vor Publikum. Auf den Wettbewerb will ich jetzt gar nicht eingehen...
Wie stellt ihr euch einen objektive(re)n Beobachter vor?
Dieser Thread soll sich doch mit den Vor- und Nachteilen des V-Pianos befassen. Ich habe mit meiner Erfahrung / Vergangenheit / Fähigkeiten in den Monaten seit Pfingsten nur - sehr gewichtige - Vorteile entdecken können. Keiner zahlt mir dafür und ich hätte in dieser Zeit das Instrument immer noch jederzeit ohne Verluste zurückgeben können, hätte er mir nicht gefallen, oder hätte ich gemerkt, dass es auf meine Klaviertechnik IRGENDWELCHE negative Auswirkungen gehabt hätte. Nein, nichts dergleichen.
Ich besitze auch einen echten Flügel, der immer noch mind. 3× so gut ist / klingt / sich spielen lässt, als der KAWAI in der evangelischen Kirche. Also mind. so viel Wert sein sollte... und bei mir wird er nicht mal einmal die Woche gespielt. Nicht, weil ich die Flügel schlecht machen will, es gibt wirklich sehr gute (allerdings um ein Vielfaches von dem Geld!). Nicht, weil ich vorgenommen habe, Digitalklaviere, oder im Besonderen das V-Piano über den grünen Klee zu loben. Warum sollte ich dies auch tun? Hier mache ich mit meinen Erfahrungen das Leben schwer, bekommen tue ich von niemandem was dafür. Mir selbst in die Tasche lügen bringt nichts, ich habe nun Auftritte und will meinen Anschlag / meine Technik mit Sicherheit nicht kaputtmachen. Und wie gesagt, das Geschäft hätte das V-Piano jederzeit zurückgenommen, ich muss mir also auch keinen teueren Fehlkauf rechtfertigen...
Nein. Das V-Piano ist für mich einfach das Beste, was mir bis jetzt passiert ist. Auf meine Klaviertechnik hat es nur positive Einflüsse (Klavierlehrer-Kollegen, die mich lange kennen, staunen ob der Fortschritte), an echten Flügeln spielte ich nur ganz ganz wenige in meinem Leben, welche an diese Nuanciertheit und Reaktionsfähigkeit verfügten, bei derartig über jeden Zweifel erhabenem Klang. Diese waren allesamt länger als 2,20 m; waren meist neu und von den Kosten her über mind. 80.000,-€. Und sie waren jeweils 1 Instrument, wohingegen das V-Piano 44 eigenständige Instrumente, welche auch noch dem persönlichen Geschmack angepasst werden können, bietet. Das tut übrigens auch kein noch so teurer Sampling-Klavier...
Wenn jemand ähnlich viele Erfahrungen mitbringt (ganz besonders was das V-Piano angeht - immerhin geht es um dieses Instrument hier!), diskutiere ich mit ihm / ihr gerne argumentativ darüber. Für Polemik von den anderen habe ich keine Lust / Geduld mehr - Sorry.
Liebe Grüße :
Jenö Hajdu