Das schwerste Klavierstück

op.106

hallo Rolf,

das ist ja eine seltsame Übereinkunft. Auch ich habe die gesamte 106 einstudiert und mehrfach unterrichtet- leider ohne die Fuge. Da geht es mir so, dass ich ahne, was da notiert ist, aber in meinem Verständnis befinden sich sozusagen weisse Flecken -
Es ist aber wirklich meine Schuld, denn ich habe das ernsthafte Studium dieser fuge immer wieder vor mir hergeschoben und mich dann anderen Stüclen gewidmet, die natürlich wichtiger waren. Aber aus meinem Bewusstsein ist sie nie verschwunden, sondern sie erinnert mich ständig an einen Mangel.

Und meine Bemerkung mit der Wochenfrist ist in der Tat ein bischen speziell. Aber ich habe in meinem schon etwas längeren Leben einige Konzertpianisten kennengelernt und da sind alle irgendwie dieser Meinung. Nochmal genauer: Die ausarbeitung des Werkes mag ein Jahr dauern, aber irgendwie sollte man nach einer Woche so weit sein, dass man es seinem Mentor vorspielen kann.

Als Maßstab nehme ich da die Meisterkurse, wie einige sie sicher kennen. Bei allen derartigen Kursen, die ich mitgemacht habe, war es üblich, dass die Stücke so gut vorbereitet sein mussten, dass der Kursprofessor mit einem hautpsächlich künstlerisch arbeiten konnte. Absolute Voraussetzung war, das Werk im Tempo auswendig und einigermaßen angemessen zu spielen. Alles andere wäre lächerlich gewesen. Und ebenso wurde verlangt, dass ein ausgegebenes Werk innerhalb einer Woche im Abschlusskonzert gespielt wurde.

Es ist sehr schwer , in Worte zu fassen, was ich mit Verstehen des Werkes meine, aber ich denke, dass Pianisten, die auftreten genau wissen, was damit gemeint ist. Den pianistischen "Werkzeugkasten2 haben wir doch alle genug geübt und der steht zur Verfügung.
Bei einer tonleiterpassage muss ich mir doch nur merken, wo fängt sie an, wo hört sie auf und in welchem Modus steht sie und welche Varianten werden gebraucht. Genauso verhält es sich mit allen anderen Werkzeugen, seien es terztriller, Repetitionen oder schwierige doppelgriffe usw. Das muss doch nur noch auf das Werk angepasst werden und muss nicht jedesmal neu geübt werden.

Mit Verstehen meine ich eher, die innere Logik des Werkes nachvollziehen können, den beabsichtigten Klang richtig vorstellen und die Struktur als zwingend begreifen. Dies ist mir z.b. bei der fuge zur op. 106 noch nicht gelungen - aber ich gebe zu, ich war in diesem Stück einfach nicht konsequent genug, also zu faul.

Noch ein wort aus der eigenen familie. Viele User mögen sich daran erinnern, dass ich von meiner Mutter oft berichtete, in deren Schatten ich meine Laufbahn einrichten musste.
Ich habe ihr Jahrzehnte beim Üben zugehört. Sie hat ein Repertoire, dass sicher den Grossteil der gängigen Klavierliteratur abdeckt. Natürlich kann auch sie nicht alles spielen und da bleiben eben genug Lücken, den dankenswerterweise ist die Klavierliteratur fasst unendlich.
aber ich habe es nie! erlebt, dass nicht innerhalb eines Tages aber spätestens am 2. Tag das neu einstudierte Werk bereits toll klang. Das war dann noch nicht konzertreif, aber bereits in seiner Anlage präsentabel.
auch sie spielt- wie Brendel - keinen rachmaninoff und wenn wir uns unterhalten, merke ich, dass sie keinen zugang zu diesem Komponisten hat.
Demnach gibt es auch bei absoluten hervorragenden Pianisten Stücke, zu denen sie keinen zugang haben.

Und ich denke, wenn ich innerhalb einer Woche nicht diese Initialzündung des verständnisses erfahre, dann hat es für mich wenig zweck, auf Biegen oder brechen, jetzt diesen Werk trotzdem spielen zu wollen.

Ich hatte etwas über Stefan Mickisch geschireben, der meiner Meinung nach einer der besten Darsteller Wagner´scher Klänge amm Klavier ist. Kennt den Jemand ?
 
Stefan Mickisch

Off Topic:
Ich kenne Stefan Mickisch. Natürlich nicht persönlich. Aber meine Oma wohnte in Bayreuth und hat mich damals (vor ca. 10 Jahren) in einen von Mickischs Einführungsvorträgen geschleppt. Eigentlich habe ich mich nicht besonders für Wagner interessiert, und für Opern auch nicht. Aber sie meinte, ich müsse wenigstens einen Einführungsvortrag von Mickisch miterlebt haben, weil der so hochgelobt worden sei. Ich muss sagen, der Vortrag hat sich gelohnt. Ich kann mich zwar nicht mehr an Details erinnern, auch nicht an die Oper, um die es ging. Aber dass es sehr humorvoll und interessant war, das weiß ich noch. Mein Oma ließ es sich dann zu meinem nächsten Geburtstag nicht nehmen, mir eine signierte CD von Mickisch zu schenken, auf der er einige seiner Wagner-Paraphrasen und -Transkriptionen und auch einige Stücke von Friedrich Nietzsche eingespielt hat ("Stefan Mickisch auf Wagners Steinway" heißt die CD).
Seit einiger Zeit hält Mickisch seine Einführungsvorträge auch in Wien. Außerdem glaube ich mich erinnern zu können, dass er eine Konzertreihe gemacht hat, bei der er die Tonarten mit bestimmten Sternzeichen in Verbindung brachte. Vielleicht sollte ich mir auch mal wieder einen seiner Vorträge anhören.

Viele Grüße von
Fips


PS: Ich habe irgendwann mal in dem Haufen Schallplatten gestöbert, den ich von verschiedenen Leuten nach und nach "geerbt" habe. Und da fand ich eine Schallplatte mit Einspielungen von "Jugend musiziert"-Preisträgern, auf der auch Stefan Mickisch drauf war. Er hat 1976 als 14jähriger mit Chopins Etüde in cis-Moll, op. 25,7 den 1. Preis in der Solowertung gewonnen.
 
Hey, rolf, das mit der Fuge aus op. 106 hat mich echt neugierig gemacht. Mal eine Laienfrage, hast du bei Youtube die Masterclasses von Barenboim zu dieser Fuge gesehen? Ich fand es sehr interessant, ich glaube ich mag die Fuge seitdem sogar, anscheinend ist es doch so, dass man bestimmte Musik unbedingt verstehen muss oder sich selbst irgendwie erklären muss, damit man sie geniessen kann. Jedenfalls würde mich deine Meinung zu Barenboims Masterclasses interessieren:

http://www.youtube.com/watch?v=dLRvOnbbpnI

Gruß
 
Barenboim Meisterklasse Fuge op.106

hallo andris,

danke für den Hinweis!! Habe mir das angeschaut, und es hat mir sehr gefallen. Interessant ist, welche Verbesserungen durch Klangbalance und Sinngebung (bzw. Verständis der Klangzusammenhänge und Relationen) auf diesem Niveau der "Lehrer" dem "Schüler" vermitteln kann - und interessant ist zu hören, um wie viel einleuchtender die Balance hier (die Differenzierung) beim "Lehrer" - immerhin Barnboim - ist!

zunächst würde jeder sagen "wow, spielt der Bax die Fuge schön" - und dennoch klingts bei Barenboim Klassen besser und sinnvoller, kurzum Bax hat da sehr viel gelernt!

Allerdings finde ich, dass hier die manuelle Schwierigkeit der Fuge nicht diskutiert wurde - sie liegt tatsächlich im von Beethoven geforderten irrwitzigen Tempo! Es ist nutzlos, jetzt zu debattieren, ob Beethovens Tempovorgabe (Metronom) sinnvoll oder sinnlos ist. Vielmehr stellt sich die Frage, ob man die Fuge wirklich sehr sehr schnell dennoch differenziert und klar und sinnvoll-dramatisch darstellen kann - ich kanns nicht.

in "spielbarem" Tempo ist sie natürlich zu schaffen, das hat man oft genug gemacht, und es gibt fantastische Aufnahmen (ich mag z.B. Kempff sehr, aber auch Pollini und Gulda, Barenboim selber spielt sie verglichen mit Gulda und Pollini langsam), und man kann sie romantisch-schön wie auch sachlich-klar spielen - aber wie sieht es bei Viertel = 144 aus? Schnabel hats vor langer Zeit versucht, und selbst er hatte da nicht wenige Probleme...

die berühmten non ligato Takte - die sind schon bei 120 schwierig...

also: die Fuge ist ein böses Biest, wenn man sie wirklich schnell zu realisieren versucht - zumal man das rasante Beethoventempo nicht im Ohr hat. Da hindern evtl. die schönen Aufnahmen, denn in höherem Tempo will sich der schöne Klang nicht mehr unbedingt einstellen... und dann spielt man wie gehetzt gegen die eigene Klangvorstellung an, und schwupp gehts irgendwie ins bloss noch mechanische und hört auf zu klingen.

Ich glaube nicht, dass Beethovens Tempo falsch ist - ich glaube, dass man es sich nicht vorstellen kann. Und da auch in den "gewohnten" spielbaren Tempi die Fuge ungeheuer anspruchsvoll (banal gesagt manuell schwierig) ist, gerät man an eine Art Schallmauer, die man nicht zu durchbrechen wagt...

Mehr fällt mir momentan nicht dazu ein, übrigens liegt sie bei mir wieder im Giftschrank und bleibt da eine Weile verschlossen - auch wenn sie nicht so viel spektakuläre "Pianistisches" bietet wie die Tannhäuser Ouvertüre oder Petrouchka oder Gaspard: für mich ist sie deutlich schwieriger, ja nach mehreren Jahren des immer wieder mal übens muss ich sagen: für mich ist sie zu schwer!

Gruß, Rolf
 
Hey, rolf, das mit der Fuge aus op. 106 hat mich echt neugierig gemacht. Mal eine Laienfrage, hast du bei Youtube die Masterclasses von Barenboim zu dieser Fuge gesehen? Ich fand es sehr interessant, ich glaube ich mag die Fuge seitdem sogar, anscheinend ist es doch so, dass man bestimmte Musik unbedingt verstehen muss oder sich selbst irgendwie erklären muss, damit man sie geniessen kann. Jedenfalls würde mich deine Meinung zu Barenboims Masterclasses interessieren:

http://www.youtube.com/watch?v=dLRvOnbbpnI

Gruß
Ich find das Video echt super!
Sogar als Zuhörer versteht man dann etwas besser die Strukturen und die "Logik" des Stückes.

Besonders beeindruckend finde ich immer, wie schnell so ein Pianist wie Bax das alles umsetzen kann. Das geht ja immer Schlag auf Schlag. Immer neu einsetzen, abbrechen, sofort korrigieren, usw.

Nach so ner "Unterrichtsstunde" wär ich vollkommen am Ende :D scheint aber außerordentlich ergiebig zu sein.

lg marcus
 
hey Andris_kaya, ich hoffe du versuchst dich jetzt nicht an der legendären Hammerklavier-Fuge?^^
 
hey Andris_kaya, ich hoffe du versuchst dich jetzt nicht an der legendären Hammerklavier-Fuge?^^

:) Ne, das glaube ich nicht. Im Gegenteil habe ich neulich verstanden, dass ich sehr schlecht spiele und bin zurürckgekerht zur Russischen Klavierschule: Annushka, Galopp und im Gärtchen sind meine aktuellen Stücke, habe aber noch zusätzlich angefangen mit meiner Lehrerin Noten zu singen und ein bisschen das Gehör zu bilden, soweit es geht: macht aber wirklich Spaß :):)
 
Jetzt bin ich aber echt enttäuscht (von Barenboim) :cool:

4 1/2 videos lang bespricht er die Überleitung vom Adagio zur Fuge (1 1/2 Seiten!!!) dann wird der Anfang der Fuge (3 von 15 Seiten) noch kurz drangepappt, und dann "ich denke, mehr Zeit haben wir heute nicht".

Ich dachte, ich krieg hier die Fuge erklärt... :rolleyes: :p
 
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Jetzt bin ich aber echt enttäuscht (von Barenboim)
Ich dachte, ich krieg hier die Fuge erklärt... :rolleyes: :p
Dafür kann doch der Barenboim nichts ;)

Ich nehme an, da gabs noch mehr solche "Unterrichtseinheiten" und da hats halt nur für die Einleitung und den Anfang der Fuge gereicht.

Ich bin jetzt jedenfalls zumindest Fan des Lehrers Barenboim. Ich finde nämlich, das hat er ganz klasse gemacht.

lg marcus
 
Hammerklavier-Fuge

Busoni hat das WKT mit Kommentaren herausgegeben. Meines Wissens gibt es im letzten Band dieser Ausgaben eine Analyse dieser Beethoven-Fuge.

Ich besitze nicht alle diese Busoni-Bände, aber ich meine, das mal gesehen zu haben.

Bei mir in der Provinz gibt es eben keine Musikbibliotheken.
Aber die Musikabteilung der Stadtbücherei in Kehrweek-City hat das sicher.

Grüße aus dem Ländle ins Ländle

Walter
 
Busoni hat das WKT mit Kommentaren herausgegeben. Meines Wissens gibt es im letzten Band dieser Ausgaben eine Analyse dieser Beethoven-Fuge.
Die Busoni-Analyse findest Du in folgendem Band:
J.S. Bach: Klavierwerke. Busoni-Ausgabe Band 1. Das Wohltemperierte Klavier erster Teil. Heft 4 (Nachtrag zum ersten Teil. Wiesbaden (Breitkopf & Härtel) o.J. Best.-Nr. EB 6863​
 

Hab mir gestern nacht trotz hohen Müdigkeitspegels noch die Klaviersonate in Fis-Dur, op. 27 von Medtner zu Gemüte geführt und dabei die Noten mitgelesen. Was hier dem Pianisten auf 42 Seiten an musikalischen und technischen Schwierigkeiten aufgebürdet wird, das sprengt jeden Rahmen!!!

Deshalb momentan für mich gefühlsmäßig das schwerste Klavierstück.

Grüße von
Fips


PS: Eigentlich wolle ich zumindest den 1. Satz irgendwann mal üben, weil darin nach wie vor eine der schönsten Stellen vorkommt, die ich je in einem Klavierstück gehört habe. Aber bei diesen pianistischen Anforderungen wird das mindestens ein 2-Jahres-Projekt... :rolleyes:
 
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Hättest Du vielleicht einen LInk, auf youtube finde ich das Stück nicht!
 
Hättest Du vielleicht einen LInk, auf youtube finde ich das Stück nicht!

Es gibt von dem Stück keine Aufnahme auf YouTube. Wundert mich auch nicht. Kann deshalb nur auf diverse CDs verweisen.

Ich kenne drei Aufnahmen (es gibt aber noch mehr). Die von Tozer ist zum vergessen, - obwohl er andere Medtner-Werke sehr gut spielt. Die von Hamelin ist spitze, - und fast zu perfekt. ;) Und die von Medtner selber ist zwar alt, aber auch sehr gut und - da er selber spielt - natürlich völlig unverzichtbar. 8)

Grüße von
Fips
 
Es gibt von dem Stück keine Aufnahme auf YouTube. Wundert mich auch nicht. Kann deshalb nur auf diverse CDs verweisen.

hallo,

aus Vorsicht will ich mich nicht darüber äußern, warum evtl Alkan in Schatten von Chopin und Liszt, Medtner im Schatten von Rachmaninov und Skrjabin wahrgenommen werden (evt. ändert sich das, aber entre nous glaube ich es nicht: bald 100 Jahre hätten doch als "Bewährungsfrist" ausreichen können)

die statistische Häufigkeit von Aufnahmen hängt auch davon ab, welcher Stellenwert dem aufzunehmenden Werk aufgrund allerlei unterschiedlicher Kriterien zuteil wird - nebenbei hatte Horowitz sein Projekt einer "Medtner-Platte" aufgegeben (mit der Begründung, das könne man nur in Russland machen)

was den manuellen Schwierigkeitsgrad der Klavierwerke Medtners betrifft: er ist gelegentlich sehr sehr hoch, etwa den beiden Sonaten von Rachmaninov vergleichbar - aber insgesamt ist es sehr "pianistische" Musik, die oft besser liegt, als es sich anhört und liest (ähnlich wie Islamey). Den krassen "sportiv-artistischen" Schwierigkeitsgrad etwa der Trois Mouvements von Strawinski oder der Lisztschen Version der Tannhäuser Ouvertüre erreichen Medtners Sonaten wohl nicht ganz - lustig ist, dass man den Noten von Strawinski ansieht, wie grausig sie zu spielen sind, den Noten von Liszt (Tannhäuser) sieht mans nicht an... und hören? ach, hören kann man nicht immer, wie schwierig es tatsächlich ist (aber darum geht es ja der Musik auch gar nicht!!!)

ob es mal eine "Medtner-Renaissance" geben wird?

liebe Grüße, Rolf

(freilich bleibt die Fuge aus Beethovens op.106 mit Viertel = 144 immer noch der ärgste Brocken)
 
Hast du mal Medtner gespielt, Rolf?
 
hallo,

ja, ich durfte und sollte und musste einiges von Medtner spielen, da ich bei drei nicht unbekannten Russen "in die Lehre gehen" durfte - mich selber hat nicht alles, was ich von Medtner gespielt (und "angespielt") hatte, überzeugt: mir sagt Skrjabin mehr zu. Geschmäcker sind nun mal verschieden.

ich habe sicherlich sehr davon profitiert, mich mit Medtners Klaviermusik zeitweilig auseinander setzen zu müssen und zu dürfen - aber da geht es mir ganz subjektiv genauso wie mit Bach, Brahms, Reger: ich spiele nur sehr weniges davon, auch wenn ich vieles gelernt habe und nach wie vor noch wenigstens mechanisch/manuell "kann": ich kann mich nicht damit identifizieren, kann mich nicht ganz hineinfühlen. Mir selber sind andere Klavierwerke nun mal lieber.

ich kann verstehen, dass manche Sonaten etc von Medtner faszinierend wirken und gefallen - nur für mich selber gibt es diese Faszination nicht. ich will jetzt auch nicht herum-urteilen oder gar mäkeln, sondern teile einfach nur meinen Geschmack mit.

was die manuellen Probleme betrifft: eigentlich sind sie nur eine bestenfalls sekundäre Frage, aber da sie hier "rekordmäßig einstufbar" befragt werden, teile ich meine (gewiss auch vorläufigen) Erfahrungen und Kenntnisse mit: ich habe bei allem, was ich von Medtner wahrgenommen habe, noch keine ganz so wüsten "Schwierigkeiten/Schwierigkeitshäufungen" etc wie in Strawinskis dreiteiliger Transkription von Teilen seines Petruschka-Ballets oder wie in der grausam anstrengenden Lisztschen Tannhäuserouvertüre gefunden. das heisst nicht, dass Medtners Werke "leicht" sind - ich meine nur, dass es doch schwierigere gibt. neben den genannten wären noch Regers "Donauwalzer Metamorphosen", Godowskis Fledermausparaphrase, Brahms Paganinivariationen und sicher noch ein paar andere zu nennen (z.B. manches von Ginastera, evtl auch Villa-Lobos brachiale Rudepoema u. a.)

liebe Grüße, Rolf
 
Hi Rolf,

interessant, was du schreibst. Ich hätte natürlich gern noch genaueres darüber erfahren, welche Werke du von Medtner gespielt hast und welche davon dir gefallen oder nicht gefallen haben. Ich mag übrigens auch nicht alle Stücke von ihm, die ich bis jetzt kenne. Aber es sind einige dabei, die ich aus heutiger Sicht zum schönsten zähle, was für Klavier je komponiert wurde. Natürlich ist das mein sehr subjektiver Eindruck. :rolleyes:

Ich denke auch, dass die manuellen Schwierigkeiten bei Medtner ganz anderer Natur sind als bei Strawinsky oder Liszt. So wie ich das sehe, liegen bei ihm oft viele Schichten übereinander, viel mehr als bei den meisten anderen Komponisten, - mehrere kontrapunktische Linien, sich aneinander reibende Rhythmen und dabei natürlich sehr differenzierte Harmonik. Gerade bei der Fis-Dur-Sonate, op. 27 ist das besonders ausgeprägt. Dieses mehrschichtige Geflecht zu spielen, erfordert schon manuell einiges.

Aber das Schwierige besteht meines Erachtens auch darin, die einzelnen Schichten hörbar zu machen und sie miteinander so in Bezug zu setzen, dass die Struktur nachvollziehbar bleibt und das Stück dennoch fließt. Wenn das gelingt, dann wird die ganze Tiefe dieser Musik spürbar. Ich bin gelegentlich schon fast verzweifelt bei dem Versuch, diese Vielfalt wirklich zum Klingen zu bringen (aber nicht in der Fis-Dur-Sonate, an die hab ich mich noch nicht gewagt). Diese Art Schwierigkeiten der Medtner'schen Werke würde ich deshalb als "musikalische" bzw. "interpretatorische" bezeichnen, nicht nur als manuelle.

Grüße von
Fips
 
hallo,
natürlich habe ich nicht alles von Medtner durchgeschaut! ich hatte verschiedene russ. Noten bekommen, die Sonate op.38 Nr.1 hatte ich ganz gespielt (und die finde ich sehr schön, ein nostalgisches Stück - aber ins frühe 20. Jh. neben Ravel oder Debussy gehört sie irgendwie nicht) und spiele manchmal jetzt noch daraus, auch in der Sonate op.27 musste/durfte ich üben (das Finale), und ich würde nie sagen, dass op.27 "leicht" sei - aber eben auch nicht ganz so schwierig wie Strawinski etc.
ansonsten aus allerlei Sachen diverse "Stellen" angespielt, quasi als Ergänzung und Vergleich zu dem, was etwa bei Ravchmaninov passiert.
viel hören durfte ich (russ. Platten) und kannte daher vieles, aber wie schon gesagt: mich jedenfalls hatte es nicht "umgehauen", lediglich op.38 Nr.1 mag ich sehr.
ich hatte auch mal das Scherzo aus Francks Violinsonate A-Dur üben müssen, weil es vertrackt ist und man da einiges lernen kann - sinngemäß so ging es mir auch mit Medtner: gerade weil seine Klavierwerke nicht so allgemein im Ohr von Klavierstudenten waren (als ich das lernte), boten sie eine gute Möglichkeit unabhängig von "Vorbildern" (wer Liszts Sonate übt, hat ja von Gilels über Horowitz zu Pollini usw viel im Ohr, ist quasi akkustisch "vorgeprägt") die eigene Technik und das Klangverständnis zu testen wie zu trainieren.
in op.38 Nr.1 freilich ist seine Musiksprache sehr "typisch romantisch", man würde sie beim ersten Hören irgendwo zwischen Chopin und Liszt einordnen :) und damit meine ich, dass man sie stilistisch leicht "einordnen" kann.

na ja, auf diese Weise (immer wieder "noch unbekanntes, ungehörtes" einüben müssen - wofür ich dankbar bin und was ich gerne empfehle!) hatte ich auch andere "vergessene" bzw. (mir) kaum bekannte Klavierwerke kennen gelernt und verschiedenes gespielt (Cyrill Scott, MacDowell, lustige Glitzersachen von Gottschalk, verschiedene Zirkusnummern nach Johann Strauss, Tausig, von Bülow etc etc)

so in aller Kürze meine Erfahrungen mit und meine Eindrücke über Medtner.

liebe Grüße, Rolf
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Laut Klaus Wolters ("Handbuch der Klaviermusik zu zwei Händen") galt früher Liszts "Spanische Rhapsodie" als "unspielbar".
Brendel hat mal gemeint, dass Busonis "Toccata" eines der schwersten Stücke ist, die er je gespielt hat (und Brendel hat bekanntlich eine ganze Stange höchst schwieriger Stücke im Repertoire). Wolters stuft diese Toccata wiederum "nur" mit Schwierigkeitsgrad 14 (von 15) ein. Tja, so unterschiedlich sind die Meinungen.

Übrigens zu Langs "Träumerei": Ich denke, dass das ganz offensichtlich ein PR-Trick nach dem Schema "Mann beißt Hund" ist. Auf die Frage nach dem schwierigsten Stück erwartet natürlich jeder, dass jetzt "Scarbo" o. ä. als Antwort kommt, aber nein (surprise, surprise), es kommt ein Werk, das jeder Amateur kennt und schon mal gespielt hat. Gut Klavier spielen reicht eben heutzutage nicht mehr um profitbringende Aufmerksamkeit zu erregen.
 

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