Also hätte ich mir die Frage sparen können, ist jetzt zu spät.
Du hast die Frage aber gestellt, also war a) ganz offenbar noch ein Bedürfnis nach Aufklärung vorhanden, das bis jetzt im Klavierunterricht, aus welchen Gründen auch immer, noch nicht befriedigt wurde, und b) sagt Deine Fragestellung ganz klar aus: "Ich möchte ja (erstmal) nur Lieder nach Noten spielen und nicht improvisieren, also wozu brauche ich da denn dann Harmonielehre? Das leuchtet mir nicht ein." Jetzt behaupte bitte nicht, Du hättest die Frage ganz anders gemeint.
Wenn wir – hasenbein – alle unsere Klavierlehrer nach allem fragen würden, was uns zwischen zwei Unterrichtseinheiten so durch den Kopf geht dann könnte Clavio das Unterforum „Anfängerfragen“ vom Server nehmen und wir kämen beim Klavierlehrer nicht mehr zum Spielen weil wir nur Fragen stellen. Und davon habe ich jede Menge. Für solche Fragen ist dieses Forum gedacht und keiner sollte hier zögern müssen Fragen zu stellen.
Nein, für solche
absolut grundlegenden Fragestellungen ist der Lehrer zuständig, und die müssen so frühzeitig wie möglich als Bestandteil des Unterrichts integriert und geklärt werden.
Der Grundirrtum, der hier vorliegt, ist, daß "Theorie" irgendetwas
Zusätzliches sei, das man "auch macht" oder es sein läßt (und dann eben nur lernt, daß man, um das Stück "spielen zu können", erstmal den 5. Finger da drauf tut und dann den 3. Finger da drauf).
Ich spiele derzeit lieber weil da noch einiges im Argen ist – und er sieht und hört das jede Woche und handelt danach.
Du kannst Dir offensichtlich gar nicht vorstellen, daß das "Im-Argen-Liegen" auch und gerade dadurch behoben werden könnte, daß man sich mit den "Legobausteinen" der Musik - also Intervallen, Motiven, Patterns, Akkorden - beschäftigt und guckt, wie die zweckmäßig zu spielen und zu verbinden sind, und dies dann auf das konkrete Stück anwendet! So wurde, und da guckst Du jetzt währscheinlich ungläubig, bis ins 19. Jahrhundert hinein immer unterrichtet! Es war immer selbstverständlich, daß der Schüler die "Kochrezepte" der Musik verstand und anwenden konnte! Erst danach setzte sich leider (aus wirtschaftlichen Gründen, weil es auf einmal zu viele Schüler gab, die irgendwie versorgt werden mußten) immer mehr der "Klaviergouvernanten"-Unterricht durch, dessen Prinzip im Grunde lautete: Heft mit Stücken her, und dann nach Noten versuchen, eins nach dem anderen "hinzukriegen", ergänzt durch "Fingerübungen". Heute erkennt man das immer mehr als Irrweg, aber die Korrekturversuche sind oft genug halbherzig - indem man z.B. "auch Theorie" oder "auch Improvisation" macht, anstatt den grundlegenden Lernansatz zu verändern.
Und was nutzt mich Harmonielehre wenn meine Finger noch nicht in der Lage sind gewisse Dinge zu vollbringen!
Ein Dur- oder Moll-Dreiklang beispielsweise ist ein musikalisches und auch spieltechnisches Grundelement, ganz einfach. Einmal ein lineares Pattern (in der Grundstellung z.B. eines, bei dem Finger 1-3-5 nacheinander zum Zug kommen), zum anderen ein Grundelement der Akkordtechnik, bei der mehrere Töne gleichzeitig gespielt werden.
Ich denke, es ist nicht allzu schwer einzusehen (und auch nicht allzu schwer als Lehrer zu vermitteln), daß, da solch ein Grundelement äußerst oft in Stücken vorkommt, es überaus lohnend und wichtig ist, dieses Grundelement erstmal in allen möglichen Tonarten kennenzulernen.
Bums, weiß man über kl. und gr. Sekunde, kl. und gr. Terz, Quarte, Quinte (und, spätestens wenn man sich verspielt, auch über den Tritonus, den man so schön raushört) sowie über Dur- und Moll- Dreiklang Bescheid und kann das zur ganz praktischen Realisierung vorgegebener Stücke nutzen. Nicht nur zur schnelleren flüssigen Ausführung, sondern auch zur schnelleren und besseren Memorisierung.
Von „hoher Intelligenz“ habe ich nicht geschrieben. Das stammt von Dir!
Muß ich hier wirklich zitieren?
Zum Glück erfreue ich mich ja eines ansehnlichen IQ
LG,
Hasenbein