Hallo miteinander,
ich finde diesen Faden irgendwie großartig, habe ihn jetzt grob überflogen (für das genaue Lesen aller posts habe ich leider keine Zeit) und bin nun entschlossen, mich im folgenden zu meinen persönlichen Erfahrungen mit der comptine zu äußern:
1) Ich finde es herrlich, wie sich hasenbein zu dem statement von Yann Thiersen hinsichtlich seiner Kompositionstechnik (Faden-Nr. ???) ereifert!
2) Ich äußere mich zu diesem stück wie folgt:
Aus diesem Faden lese ich einen weitgehenden Konsens dahingehend heraus, dass die comptine musikalisch äußerst einfach, wenn nicht ungenügend, strukturiert ist und dass daher Hörer, denen dieses Stück gefällt dementsprechend (noch) eine ebenso einfache/ungenügende musikalische Strukturierung aufweisen (müssen).
Ist das wirklich so, oder könnte man nicht auch sagen: richtig beobachtet, aber die falschen Schlüsse gezogen???
Ich könnte mir jedenfalls vorstellen, dass es Musikprofis (z.B. Klavierlehrer) gibt, die Pädagogen und Pragmatiker genug sind, um zu erkennen, dass es 1) Menschen gibt, denen solche Musik gefällt und dass 2) falls einige davon ihre Klavierschüler sind, diese vielleicht auch mal solch ein Stück spielen wollen.
Ich gebe zu: Auch ich wollte vor ca. 1 1/2 Jahren nach einem guten Jahr Kalvierunterricht die comptine mal spielen. Das traf auf energischen Widerstand meiner KLin (mit der ich auch befreundet bin). Allerdings hatte meine KLin auch eine vielversprechende Schülerin im jugendlichen Alter, die die comptine ebenfalls spielen wollte. Das Beschaffen der Noten lehnte meine KLin aus musikalischer Überzeugung ab. Ich habe die Noten dann beschafft und das junge Mädchen und ich haben das Stück dann erlernt.
Es hat uns beiden nichts geschadet, auch wenn meine KLin ständig am Wettern und Schimpfen war, dass es sich hierbei um keine richtige Musik handele und dass bei ihr niemals mehr irgendein schüler dieses Stück zu spielen wünschen würde.
Zu meiner Begegnung mit dem Stück:
Beim Anschauen des Films gefiel mir die Musik ganz gut. Als ich die Noten sodann auf dem Notenständer sah, merkte ich wie schnell sie auswendig zu lernen waren und dass es sich eigentlich um eine relativ eintönige Angelegenheit handelte. Insbesondere der oktavierte zweite Teil klang auf meinem Digitalpiano überhaupt nicht. Daher habe ich mir aus einem Arrangement dieses Stücks ein Versatzstück herausgesucht, das es im Original nicht gibt und dieses vor die letzten 8 Takte des ersten Teils (der in der rechten Hand nur 16tel enthält gebastelt) und diesen veränderten ersten Teil dann zweimal gespielt und die Oktavierung einfach weggelassen. Das bekam mir und meinem Digitalpiano besser.
Die jüngere Schülerin meiner KLin war dadurch, dass sie die comptine spielen durfte so motiviert, dass sie zwei Stücke aus dem Album für die Jugend (Schumann) und die comptine in einer Woche richtig gut lernte - bei mir hat alles trotz Motivation natürlich länger gedauert!:D
3) Heute hat dieses Stück für mich eine eher nachgeordnete Bedeutung:
Es ist natürlich eine art Drehorgelstück, das man in einer Endlosschleife immer wieder durchnudeln kann (warum auch immer).
Ich spiele es heute nur noch dann, wenn ich bei einem anspruchsvollen neuen Stück (sei es Klassik oder Jazz) mich verkante, steckenbleibe, festbeiße. Dann fege ich alle Noten vom Notenständer und spiele ein paar Takte aus dieser einfach-strukturierten comptine, denn das geht immer und auch immer auswendig ohne Hinschauen: todmüde, nach Mitternacht, von neuen anspruchsvollen Stücken oder irgendwelchen Alltagsangelegenheiten gefrustet, die Finger fallen einfach dahin, wo sie hin müssen und das schafft damit wieder eine Motivation, die neuen anspruchsvollen Sachen zu lernen und sich da durchzubeißen.
Andere Menschen greifen in solch einem Fall vielleicht einfach auf ein Instrument zurück, das sie schon länger und besser beherrschen, greifen dann einfach zur Gitarre, Mundharmonika oder Blockflöte oder singen einfach - bei mir muss dann eben die comptine oder ähnliches Material herhalten, was ja genau genommen nicht mehr als Zuckerwatte für die Ohren ist!:D
LG
Debbie digitalis