Bildungs- und Entwicklungsmisere - eindrücklicher Artikel

Wenn man dieses Spiel mitspielt, dann sollte man sich aber auch nicht darüber beschweren;-).
Eben! Als KL bedient man keine Gesamtgesellschaft sondern einer sehr kleine Nische und es gibt keinen Grund, sich einer "gesamtgesellschaftlichen Bildungs- und Entwicklungsmisere*" zu unterwerfen.

*) jaja, die Verrohung der Gesellschaft, so alt wie die Gesellschaft selbst ;-)
 
@.marcus.
Zitat von .marcus.:
Es handelt sich entweder um Kinder von überambitionierten Eltern, die für Jahre in die Nachhilfe geschickt werden als quasi 2. Schule, weil sie nur gute Noten erreichen statt sehr gute, oder es sind Kinder mit Migrationshintergrund, auf deren spezielle Bedürfnisse die Schule nicht eingestellt ist.

Sie müssten nämlich eigentlich Unterricht in Deutsch als Fremdsprache bekommen. Das ist aber ein völlig anderer Unterricht als der Deutschunterricht, der vorgesehen ist*. Der richtet sich aber selbstverständlich an Muttersprachler und ein Kind, dessen Muttersprache nicht Deutsch ist, kann da eigentlich nur scheitern und das ist sehr traurig.
*Scherzmodus an*
Als Nicht-Muttersprachler, der einen Text strikt nach den Regeln liest, frage ich mich:
Warum werden die Eltern in die Nachhilfe geschickt?
und
Warum richtet sich der Unterricht zwar an alle Muttersprachler, aber nur an ein Kind, dessen Muttersprache nicht deutsch ist? Und warum ist das Kind traurig? Weil der Unterricht nur scheitern kann?
*Scherzmodus aus*

Ich hoffe, Du haust mich nicht beim nächsten Treffen:-D
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Problem der Nichtmuttersprachler ist meines Erachtens noch gar nicht richtig erkannt worden

Nur mal ein kleiner Einwurf:

Eine nahe Verwandte war bis zum Ruhestand vor kurzem Grundschullehrerin in einer Großstadt. Das Problem gab es schon spätestens in den 90ern. Wer es thematisierte, bekam eins auf den Deckel. Es hatte nicht zu existieren, die Lehrer sollten sich doch mal Mühe geben...Später hat die Schulobrigkeit zwar nicht mehr leugnen können, dass das Problem da ist, getan wurde trotzdem nix. Es ist also ein Scheitern mit Ansage.
Inzwischen ist deren Enkel in der ehemaligen Schule der Verwandten eingeschult worden, obwohl er durch die (mehr als) halbe Stadt gebracht werden muss, weil dort noch die Kollegin X vom alten Schrot und Korn unterrichtet, bei der in der Grundschule noch ordentlich (so weit es die Umstände zulassen) das Lesen, Schreiben und Rechnen vermittelt wird, was an den Schulen im Umfeld eher nicht gesichert wäre...Armes Deutschland....:puh:
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Die Antwort ist einfach: Würde man den Deutschunterricht teilen in "Unterricht nach Lehrplan" und "Deutsch als Fremdsprache" zöge das hohe Kosten nach sich. Man müsste die Stundenpläne einer Stufe oder zumindest mehrerer Klassen so angleichen, dass sie zeitgleich Deutschunterricht haben, und eine zusätzliche Lehrkraft bezahlen, die dann DaF parallel unterrichtet. Außerdem entsteht dann die Frage der Vergleichbarkeit: Wie lange darf man ein Kind versetzen, das im regulären Fach "Deutsch" keinen Leistungsnachweis erbringt, weil es ein anderes Fach besucht?
Alternativ könnte man DaF zusätzlich am Nachmittag anbieten. Auch das würde höhere Kosten verursachen und womöglich auf Unverständnis bei Schülern und Eltern stoßen, außerdem noch mehr Hausaufgaben und Stress verursachen...

Ich war mit 16 ein paar Monate auf einer französischen Schule. Die Franzosen haben mich getröstet: "Wenn wir Voltaire analysieren, verstehen wir selber auch nichts." Problem gelöst :lol:
 
Habe mir nicht alles durchgelesen aber so recht verstehe ich das Jammern von @hasenbein nicht. Schmeiß doch die Schüler raus, die unpünktlich, faul, respektlos und ohne Manieren daherkommen. Wo ist das Problem?
Peter, meine Schüler sind tatsächlich allesamt ganz reizende, intelligente Menschen, die ich jede Woche gerne wiedersehe. Ich will die keinesfalls rausschmeißen!

Es sind nur so einige in mancherlei Hinsicht verkorkst. Auch der Autor des Artikels hat ja geschrieben, dass die Stundenten in aller Regel sehr umgänglich sind, das ist nicht das Problem.

Ich habe das hier nicht geschrieben, um mich über meine Schüler zu beschweren. Sondern weil ich den Artikel gelesen hatte, ihn Euch zukommen lassen wollte und ich, wie viele andere hier auch, der Meinung bin, dass in unserer Gesellschaft Entscheidendes passieren muss, damit das nicht demnächst ein schlimmes Ende nimmt.
 
Ach naja, es liegt doch an jedem selbst, welche Werte er weitergibt. Was sonst noch soll denn "Entscheidendes" passieren?
Natürlich verändert sich die Gesellschaft und alles, was als gesellschaftsfähig angesehen wird und was nicht, immer schwankend mal in die eine und mal in die andere Richtung. Vor 50 Jahren wurde die preußische Disziplin verteufelt und heute haben wir halt die Früchte dieser Entwicklung. Entwickelt sich auch wieder in die andere Richtung. Siehste ja, gibt schon Artikel drüber. :-)
 
Ja, und damit es sich in die andere Richtung entwickelt, müssen ja erstmal genug Leute kundtun, dass sie ein Problem sehen und eine andere Richtung wollen. Wenn alle so drauf wären wie Du, würde sich ja nichts tun.
 
Sogar die "Fachhochschule" wurde in "Hochschule" umbenannt. Klingt edler.
Schlimmer noch: die meisten dieser aufgehübschten FH zieren sich im Nebentitel
als angemaßte Universitäten ......"University" of Applied Scienses
z.B.
bis 2014 Fachhochschule Frankfurt!!!
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Die in dem von @hasenbein verlinkten Artikel geschilderten Erfahrungen mache ich auch. Einzelne Erwartungen des Autors halte ich - wie @chiarina - für etwas überzogen, aber die sind vielleicht auch aus dem Fachbereich des Autors heraus vor dem Hintergrund der dort behandelten Inhalte der Studieneingangsphase anders zu beurteilen.

Es braucht jedenfalls für duchschnitllich gute Studierende schon seine Zeit, um wirklich zu begreifen, was wissenschaftliche Begriffe sind, warum wir die brauchen, was die können und wo ihre Grenzen liegen. Das ist soweit völlig ok. Allerdings braucht es eines Maß an Fähigkeit zu abstraktem Denken, auf dem die Lehre an der Universität aufbauen können muss. Und da ist auch mein Eindruck, dass diese Abstraktionsfähigkeit bei immer weniger StudienanfängerInnen im ausreichenden Umfang gegeben ist.

Ja, es tummeln sich zu viele Studierende an den Unis, die da eigentlich nicht hingehören. Ein Aspekt dabei: für gar nicht so wenige ist das aktuelle Studium kein Wunschstudium, sondern eine Ersatzlösung, weil ihnen der eigentlich angestrebte Bildungsweg (Spezialausbildungen and Fachhochschulen, Kollegs und anderen Bildungseinrichtungen) verwehrt geblieben ist. Dort haben sie (wohl auch, weil es da keine organisisierten Vorbereitungskurse gibt, wie für Medizin) die Aufnahmeprüfungen nicht bestanden oder jedenfalls zu schlecht abgeschnitten. Für manche Studierende sind wir gar nur die dritte Wahl.

Was mich in der letzten Zeit zunehmend beunruhigt, ist die mangelnde muttersprachliche Kompetenz der Studierenden, die zunehmenden Schwierigkeiten beim Verstehen von Texten und die zunehmenden Probleme beim Verfassen kohärenter Texte.

Ich weiß nicht, wie sehr das auf Lehrinhalte und Didaktik in den diversen Schulstufen zurückzuführen ist. Ich weiß, wir hatten seinerzeit wesentlich mehr Pflichtlektüre als das heute der Fall ist. Wichtiger aber erscheint mir, dass Kinder und Jugendliche heute anscheinend wesentlich weniger aus eigenem Antrieb lesen. Das Textuniversum, das den meisten StudienanfängerInnen vertraut ist, verdient diesen Ausdruck (mangels Ausdehnung) nicht wirklich. Darin sehe ich den Hauptgrund dafür, dass der aktive Wortschatz, aber auch der passive, deutlich spürbar zurückgegangen ist. Das Buch hat heute natürlich wesentlich mehr Konkurrenz um die Aufmerksamkeit von Kindern und Jugendlichen als zu meiner Zeit. Natürlich gab es auch zu meiner eigenen Studienzeit Studierende, die schlechte Texte (inkohärent, in sich wiedersprüchlich, stilistisch flach) produziert haben, mittlerweile muss ich aber damit rechnen, dass Studierende mit Muttersprache Deutsch völlig unidiomatische Wendungen verwenden, die mir körperliche Schmerzen verursachen, und sogar Determinationsfehler machen, also bestimmte und unbestimmte Artikel falsch verwenden.

Ein anderer Aspekt: Die neuen Technologien machen vieles einfacher und gleichzeitig geht dabei auch etwas verloren. Ein Referat zu einem Thema zu halten, das einem noch unbekannt ist, ist heute wesentlich einfacher, weil die dafür nötigen Informationen in Nullkommanichts verfügbar sind. In den Mühen, die man im Vor-Internet-Zeithalter bei der Informationsbeschaffung hatte, lag aber ein eigener Lerneffekt. Ich habe unter anderem Russisch studiert und bin dem Rat der Lehrenden gefolgt, beim Lesen russischer Texte möglichst viel mit einsprachigen Wörterbüchern zu arbeiten. Dabei lernt man sehr viel, weil man auf dem Weg zur eigentlich benötigten Information Vieles wahrnimmt, was bereits Gelerntes verstärkt und/oder um Neues ergänzt. Mein Eindruck ist, dass es dadurch auch leichter wird Neues dazuzulernen und auch zu behalten, weil das Neue viel mehr Andockmöglichkeiten hat. Bei elektronischen Wörterbüchern ist man schneller fertig, es bleibt aber weniger hängen.

Ich denke mir: Vor dem Hintergrund der permanenten Zugänglichkeit von beliebigen Informationen muss für die Masse der Schülerinnen und Schüler die Überwindung, Dinge, die man selbst nicht akut benötigt, so zu lernen, dass man das Wissen darüber langfristig zur Verfügung hat, heute noch viel größer sein als zu meiner Schulzeit. Das macht es natürlich auch schwerer, in einer Lehrveranstaltung an der Uni an "Allgemeinwissen" (bei uns sind ja die meisten Gymnasien "allgemeinbildende höhere Schulen") anzuknüpfen, um irgendetwas zu erklären.

Die Sache mit der Selbständigkeit sehe ich teilweise auch wie der Autor. Das gesamte System auch immer verschulter, was in der Hinsicht nicht hilfreich ist. Die Studierenden stehen heute auch unter wesentlich höherem Druck, möglichst schnell fertig zu werden.

Liebe Grüße
Gernot
 

Der Abschluss an einer Fachhochschule ist keinesfalls billiger zu haben. Man hat dort nur mehr Praxisbezug von Anfang an, was an den Unis vielleicht fehlt.
 
Es wird, was Schule betrifft, bei allem Palaver gegenwärtig nix nützen:

--- einzig selbst die (Nach)Beschulung übernehmen, für die Grundschule:

als kleine Minimalvariante

Mildenberger-programm 1-4 Deutsch und Mathematik mit den entsprechenden Materialien und Klett "Sicher ins Gymnasium " Deutsch 3., 4., Mathe 3.,4.,

und täglich Blitzrechenrunden, Kinderbuchlektüre und Schreibarbeiten, häufige Diktate usw.


bei den von mir und Freunden durchgeführten "Einzelfall"-maßnahmen wurden glatte 1er Schnitte erreicht und nicht nur nach Luschenlehrermaßstab*, sondern nach verschärften und gepfefferten Sonderprogrammen....
(*sorry liebe wenigen Superlehrer, Euch meine ich nicht)


Deu+Ma:
-ABC der Tiere silbierte Version 1-2, unsilbiert 3+4 kompletter Lehrgang plus Übungshefte
-Mathelehrgang
https://www.mildenberger-verlag.de/page.php?modul=GoShopping&op=show_rubrik&cid=949


für Sachkunde:
Pusteblume, Schroedel, LB und AH
https://verlage.westermanngruppe.de...einland-Pfalz-und-das-Saarland-Schuelerband-3

Repetitorium 3+4:
https://www.amazon.de/Gymnasium-Deu...2&sr=1-14&keywords=klett+sicher+ins+gymnasium

Mutti oder Vati muss täglich ein-zwei Stündchen zusätzlich frei schaufeln!, bis zur 4. Klasse, sonst könnt ihrs in "Hochrisikozonen" jedenfalls vergessen:drink::drink::bye:
 
Maxe, damit gehörst Du ja dann auch zu einer der Bekloppten-Gruppen:

nämlich zu den Turbo-Eltern, die zusätzlich zur Schule noch täglich 1-2 Stunden mit dem Kind pauken.

Das ist alles einfach nur verrückt.

Kinder brauchen KINDHEIT, nicht so was.
 
Dieser Artikel liefert auch noch interessante Zusatzinformationen (seht mal einfach vom süffisanten und antifeministischen Zungenschlag ggf. ein wenig ab und betrachtet einfach die genannten Zahlen und Fakten):

https://sciencefiles.org/2018/08/23...-sozialarbeiter-juristen-und-kaum-ingenieure/

Es ist also Tendenz, dass wir immer weniger Leute in Berufen haben, die wirklich zur Wertschöpfung beitragen, und immer mehr in unproduktiven "Laberberufen" . Dass dies mittelfristig fatal ist für eine Volkswirtschaft, sollte unmittelbar einsichtig sein.
 
nämlich zu den Turbo-Eltern, die zusätzlich zur Schule noch täglich 1-2 Stunden mit dem Kind pauken.
Du hättest Recht, wenn die im Schulerholungsheim reichlich Unterricht machen würden. Dort wird aber eher reichlich entspannt.

Meine Große konnte zur Einschulung fast den gesamten 1. Klassen Stoff, aber wir haben sie normal weiterlaufen lassen. Damit war ausreichend Sicherheitspolster gegeben. Dieses haben wir natürlich relaxed ausgebaut und durchgehalten...., und nicht wie die Lehrer meinten eine Klasse übersprungen.
Sie braucht ja die eigentliche Zeit für ihre Musik:musik::-D; du @hasenbein weißt ja ungefähr, was bei mehreren Instrumenten an Zeitansatz fällig wird plus Auftritte, Orchester, Musiktheorie usw:ballon:
Schule ist da nur (wichtige) Nebensache, die aber unbedingt ordentlich zu erledigen ist.
 
Ja, und daher ist ihr Tag stets voll verplant. Schul-Zusatzpauken, Üben, Unterricht, Proben, etc.

Das ist kein Kinderleben, so was. Schlimm!

Ein Kind muss nachmittags Zeit haben, um ungeplant zu spielen, an die frische Luft zu gehen etc. Und auch vor allem ohne Erwachsene zu sein!! Das ist ja das Schlimme, dass alle meinen, Kinder müssten ständig "betreut" und "gefördert" werden! Genau das ruft einen großen Teil der Entwicklungsdefizite - u.a. auch sozial und körperlich - hervor!
 
Die obigen Lehrmaterialien sind dem KMK-plus Kanon gemäß und hervorragend aufgearbeitet. Man muß sich halt die Mühe machen, die Bücher durchzuarbeiten , komplett!!, das macht selbst dem beratenden Elternteil (jedenfalls mir) Spaß, wunderschöne Lehrmaterialien...., da gibts nix zu meckern.
Nur ; mir haben mehrere Lehrer gesagt, die Materialien wären zu umfangreich für die Masse; dem widerspreche ich energisch! Die Lehrer haben oft keinen Bock, diese umfangreichen Materialien aufwendig umzusetzen, das würde sehr viel Arbeit machen, und ich rede hier im Einzelfall für Lehrer , die es mit braven , unproblematischen, bestens sozialisierten Schülerschaften zu tun haben...!
Allerdings unterstützen 2 sehr gute Junglehrer meine Position, können sich aber gegen die alten Platzmuffel im Kollegium nicht durchsetzen, da kommen dann Sprüche: "Ihr werdet Euch in 10 Jahren auch die Hörner abgestoßen haben, wir wollen Ruhe und keine Experimente....." :super::konfus:

Wohlan denn...
 
Peter, meine Schüler sind tatsächlich allesamt ganz reizende, intelligente Menschen, die ich jede Woche gerne wiedersehe. Ich will die keinesfalls rausschmeißen!

Es sind nur so einige in mancherlei Hinsicht verkorkst. Auch der Autor des Artikels hat ja geschrieben, dass die Stundenten in aller Regel sehr umgänglich sind, das ist nicht das Problem.

Ja, und damit es sich in die andere Richtung entwickelt, müssen ja erstmal genug Leute kundtun, dass sie ein Problem sehen und eine andere Richtung wollen. Wenn alle so drauf wären wie Du, würde sich ja nichts tun.

Auf der anderen Seite muss man aufpassen, dass man nicht alle Verhaltensweisen/Reaktionen von Schülern und anderen durch die selbst aufgesetzte Brille "heutzutage kann keiner Kritik vertragen, ist unselbstständig, trägt keine Verantwortung etc." sieht. Zu leicht sortiert man gern in die eigenen, im Laufe seines Lebens fröhlich zusammengeschusterten Schubladen und Vorurteile und das bringt herzlich wenig.

Warum ein Schüler zwei Wochen vor dem Vorspiel sein Stück noch nicht kann und eine Woche vorher auf Chorfreizeit ist, kann verschiedene Gründe haben. Es KANN sein, dass er den Ernst des Vorspiels nicht versteht oder nicht verstehen will, es KANN auch sein, dass private Gründe dafür verantwortlich sind, die der Lehrer nicht kennt. Vielleicht hat er auch keine Lust auf das Stück, das Vorspiel, Klavierunterricht überhaupt oder den Lehrer... . So gern interpretieren wir Dinge, wie sie gerade in unser Weltbild passen.... .

Ladenthin spekuliert überhaupt nicht, sondern benennt Dinge, die ihm auffallen und die er für besorgniserregend hält. Gerade das gefällt mir so gut an dem Artikel! Natürlich kann man sich in diesem Faden darüber unterhalten, was man gegen diese Entwicklung machen könnte, aber dabei sollte man aus meiner Sicht sehr vorsichtig agieren. Wir wissen oft zu wenig.

Um ein paar Punkte zu nennen:

a) seit einigen Jahren nimmt Deutsch als Zweitsprache/Fremdsprache besonders in den Bildungsplänen der Kindergärten und Grundschulen einen zentralen Platz ein, s. z.B. hier. Dass gerade in Grundschulen noch Entwicklungsbedarf ist und leider nicht jede Grundschule so qualifiziert ist, wie sie sollte, hängt mit der Entwicklung der Flüchtlingspolitik der letzten drei Jahre zusammen. Es wird leider immer erst reagiert, wenn ein Problem auftaucht. Aber es ist schon allen klar, dass da großer Entwicklungsbedarf herrscht. Hier mal ein positives Beispiel einer Grundschule mit über 60% Anteil an Migranten: http://gs-sued-west.eschborn.schule.hessen.de/wir_ueber_uns/schulgemeinde/index.html .

b) die persönlichen Erfahrungen mit dem Bildungssystem werden immer sehr unterschiedlich sein und hängen auch mit dem Standort und der dortigen Infrastruktur zusammen. Ich z.B. kann all das, was hier erwähnt wurde, gar nicht bestätigen. Klausuren im Multiple-Choice-Verfahren kenne ich auch nicht.

c) ich bin absolut gegen Notengebung in den ersten zwei Grundschuljahren. Barratt schreibt dazu sehr richtig:

Die Motivation darf sowieso nicht erfolgen, weil es Noten gibt. Noten sind das Ergebnis der Motivation. Motivation ist die Grundvoraussetzung für jeden Lernerfolg.

Gerade eingeschulte Kinder haben fast immer jede Menge Motivation. Sie sind stolz, in die Schule gehen zu dürfen und WOLLEN Rechnen, Schreiben, Lesen lernen. Diese natürliche intrinsische Motivation sollte auf keinen Fall durch extrinsische Motivation, wie es Noten sind, gestört werden. Wer aber oft Noten will, sind die Eltern.

d) Schreiben nach Gehör ist aus meiner Sicht eine hervorragende Methode, um Lesen und Schreiben zu lernen. Wie beim Klavierunterricht lernt das Kind erst einmal zu hören. Die Muttersprache spricht man einfach so, aber mal darauf zu hören, was das für Laute sind, wie sie klingen und wie sie in Schrift umgesetzt werden können, ist wie die audiomotorische Herangehensweise beim Klavierspielen sehr richtig! Es werden sofort alle Laute genommen wie beim Klavier alle Töne.

Leider folgt diesem ersten Herangehen an Sprache und Schrift oft, dass es dabei in den ersten Jahren bleibt. Nach ein paar Monaten muss unbedingt mit den Rechtschreibregeln begonnen werden, sonst gibt es das Desaster, was hier schon eindrücklich beschrieben wurde. Das liegt aber nicht an der Methode an sich, sondern an dem (weiteren) Umgang mit ihr.

e) Frustrationstoleranz: wenn Eltern Zeit für ihre Kinder haben und eine Beziehung zu ihnen entwickeln, die Platz hat für Achtsamkeit, Wertschätzung, Respekt und viel Liebe sowohl gegenüber den eigenen Bedürfnissen wie denen der Familienmitglieder/Kinder, ergibt sich Frustrationstoleranz von selbst. Gewaltfreie Kommunikation verhindert auf keinen Fall Frustrationstoleranz, lieber @dilettant :), außer sie wird ganz falsch verstanden.

Wenn ich als Eltern mit meinen Kinder lebe, treten immer verschiedene Bedürfnisse auf. Immer müssen Kompromisse gefunden werden, mal zugunsten des einen, mal zugunsten des anderen. Das Kind lernt zu warten, weil ich gerade keine Zeit habe, mit ihm zu spielen. Oder mal eine Pause brauche. Das Kind lernt zu verlieren, wenn es beim "Mensch ärgere dich nicht" nur Einsen würfelt. Das ganz normale Familienleben bringt den Erwerb solcher Kompetenzen mit sich und ich finde es wichtig, dass es solch ein Familienleben gibt. Ich mache mir eher Sorgen, dass Kinder nicht mehr gemeinsam auf der Strasse spielen, dass schon Grundschulkinder erst ab 17 Uhr Klavierunterricht nehmen können, weil sie in der Ganztagsbetreuung sind. Ich sehe wie andere hier auch die zunehmende Digitalisierung und Ablenkbarkeit als Problem. Aber auch das sind meine ganz persönlichen Werte, die keine Allgemeingültigkeit haben.

Es kann ja auch sein, dass die Reise ganz woanders hingeht. Dass das humanistische Bildungsideal durch anderes ersetzt wird. Ich hoffe das nicht, aber wer weiß, wie sich alles entwickelt. Untergehen wird so schnell nichts, aber verändern sicherlich. Ich setze da durchaus auf die Fähigkeiten unserer Jugend! :)

Zum Schluss noch ein link von der Bundeszentrale für politische Bildung: http://www.bpb.de/apuz/27610/bildungsmisere , darunter besonders der letzte Artikel von Ludger Wößmann http://www.bpb.de/apuz/27626/famili...leistungen-im-internationalen-vergleich?p=all .

In der Bildung etwas zu verändern, dauert leider schrecklich lange, weil Bildung vor allem Ländersache ist und der Föderalismus (hihi, ich hatte schon Förderalismus geschrieben :D) dem Fortschritt ziemlich entgegensteht. Hoffen wir mal!

"Ein jeder, nur zehn Jahre früher oder später geboren, dürfte, was seine eigene Bildung und Wirkung nach außen betrifft, ein ganz anderer geworden sein." J.W. v. Goethe

Liebe Grüße

chiarina
 
Ein Kind muss nachmittags Zeit haben, um ungeplant zu spielen, an die frische Luft zu gehen etc. Und auch vor allem ohne Erwachsene zu sein!!
Wenn ein Kind aber Orchesterspielen toll findet und gerne übt, soll ichs dann unterbinden und es raus auf die Straße treiben? Pro Tag 2h "Freigang" sind schon irgendwie möglich, an freien WE durchaus wesentlich mehr....
Außerdem, wo soll es mitten in Berlin alleine auf der Strasse spielen?

PS: wie kommen die Kinder bis 16/18 übrigens auf die berühmt berüchtigten ca.10.000 Übestunden ?; wenn sie ihr Instrument wenigstens einigermaßen "leidlich" beherrschen wollen? Bei uns gabs früher noch keine Asiaten, Osteuropäer und sonstige Extremübende in diesen Mengen...., also falls jemand den Weg zum Profi offenhalten möchte.........,
@hasenbein, wie kommt man gleich nochmal ins Spitzenorchester (wobei heute selbst C-Orchester hart umkämpft sind:lol:).........üben, üben, üben (das gilt aber für alle Berufsgruppen)

Die Kinder vom Bauern melken auch häufig noch vor der Schule die Kühe usw......., also
 

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