Begabung/Talent verselbständigt sich und produziert/reproduziert sich selbst. Es handelt sich dabei um einen "positiven Teufelskreis" (ömmm...
gibt es einen Begriff dafür?)
Engelskreis? Aufwärtsspirale?
Die hier anwesenden Lehrenden bitte ich abzuschätzen,
wie oft es vorkommt, dass ehrlich interessierte, fleißig und korrekt übende Schüler aus tatsächlichem TALENTMANGEL aufgeben mussten. Und zwar nicht auf dem Niveau "Scheitern bei Aufnahmeprüfung an MuHo", sondern wg Scheitern an den simpelsten Menuettchen aus Anna Magdalenas Notenbüchlein.
Die wollen/müssen zwar nicht aufgeben, aber auch hier im Forum gibt es Leute, die sich nach Jahren zwar schon mit allerhand Stücken beschäftigt haben, aber irgendwie keine Musik machen, sondern nur Töne aneinanderreihen. Trotz aller Begeisterung, allen Wollens und Übens.
Das Riecht irgendwie nach "Talent". Nach der Frage: Was ist das Beschäftigungsfeld, das mir liegt?
- Entweder bedarf es nämlich keines Talents, sondern nur Interesses und Fleißes, um sich auf durchaus ansprechendem Level zu bewegen (z. B. Henle 5/6/7). Dort kann man lebenslang verharren, ohne sich je langweilen zu müssen.
Ich glaube an das Gegenteil. Eine gewisse Talenthürde als Tor, das einem den Zugang ermöglicht oder versperrt.
Wobei es einen breiten Bereich von genügendem Talent zu geben scheint, um mit Fleiß sehr viel zu erreichen, aber auch absolute Talentfreiheit, die einen hindert überhaupt die Schwelle zum Musikmachen zu überschreiten.
Und dann natürlich die extra Schippe, die einem erlaubt mit viel weniger Fleiß sehr viel zu erreichen oder mit viel Fleiß unvorstellbar viel (aber vielleicht schneller).
"Begabt" jedenfalls mit einer Zielvorstellung und der Bereitschaft, das Nötige für die Erreichung des Ziels zu tun. Die vielleicht wichtigste Begabung überhaupt. Wenn das Motiv stark genug ist, reicht der feste Wille (
@Sven würde es "müssen" nennen).
Vielleicht ist das Kriterium die tatsächliche intrinsische Motivation.
Nicht nur, dass einen niemand zwingt Musik zu machen, sondern dass man sich nur aus dem Bedürfnis nach der Beschäftigung mit Musik heraus mit Musik beschäftigt. Nicht, weil man gerne ein Stück spielen möchte, nur gerne Musik hört oder sonst einen Grund hat, der mehr mit dem Ergebnis, als mit dem Weg zu tun hat.
Wenn überhaupt, sollte man also über "Hochbegabung" sprechen. Wenn das Anfängerchen im Alter eines durchschnittlichen ABC-Schützen die Facile nach einem halben Jahr spielt, auswendig natürlich, und heimlich nebenher schon mal einige Chopin-Nocturnes eigenständig vorbereitet hat, die es der verblüfften Lehrkraft zu Gehör bringt.
Oder wenn das Kind nach Gehör vom Plattenspieler La Legierezza spielt, wegen zu langsamer Tellerdrehung um einen Halbton zu tief (diese irre Story erzählte Feuchtwanger über sich selbst).
Wofür ist die Frage danach überhaupt wichtig?
Wer (besonders) begabt ist, bekommt es irgendwie immer wieder gesagt und es öffnen sich dadurch Türen. Gute Lehrer ermahnen einen dann auch, trotzdem fleißig zu sein. Dem Betroffenen ist es sowas von egal, der macht einfach sein Ding und wundert sich eher, dass das nicht jeder kann. Die Frage danach, wie man erkennt begabt zu sein oder ob man selbst begabt ist, höre ich immer nur von unbegabten.
Die Beschäftigung mit der Frage nach Talent oder Begabung scheint so etwas wie ein Spectator Sport zu sein. Der Zeitvertreib der Unbeteiligten.
Gibt es Hochbegabung, die es duldet, verborgen zu bleiben? Die nicht mit Macht in die Wirklichkeit drängt? Ich glaube nicht.
Richtig!
Wenn man keine Möglichkeiten bekommt, ist einem vielleicht eine rechtzeitige ausreichend fundierte/tiefe/zielgerichtete/fleißige Beschäftigung im Begabungsfeld verwehrt, um dort eine Karriere einzuschlagen. Man wird sich jedoch bei jeder bietenden Gelegenheit in diesem Feld tummeln und dort glänzen.
Ich habe mit vielen Leuten zu tun, die sich etwas anmaßen, deutlich zeigen, dass ihnen das Gebiet nicht liegt, und dann Ausreden auffahren, von wegen keine Zeit etc.
Meine Antwort dazu: Ein Musiker macht Musik, ein Programmierer programmiert, ein Tänzer tanzt. Alles Andere ist Gelaber.