Ich denke, es hat damit zu tun, welche Bedeutung Traditionen früher noch hatten und wie wenig gesellschaftliche Freiheit es gab. Die Hörgewohnheiten sind ja Teil des gesellschaftlichen Bewusstseins, welches sich u.a. im allgemeinen Lebensgefühl ausdrückt.
da geraten wir ein schwieriges rezeptionsgeschichtliches Gebiet!
um das erste Drittel des 19. Jh. wurde von Heine der Begriff einer weiteren ästhetischen Qualität geprägt: das Häßliche, das Böse - und das ausgerechnet ausgehend von Musik, nämlich der "fantastischen Sinfonie" von Berlioz.
Diese Sinfonie, obwohl eine Erfolg, widersprach so manchen Erwartungshaltungen an Musik, kurzum wurde sie nicht nur bejubelt, sondern auch recht kontrovers aufgenommen. Die Erwartungshaltungen an Musik, die Traditionen und Regeln (was schön, was erlaubt, was krankhaft oder kakophonisch sei) änderten sich zwar beständig, aber oft genug war so manche Musik diesen Änderungen eben doch weit voraus - - - in solchen Momenten schlug dann die Gruppe der Kritik, die eben traditioneller eingestellt war, vehement zu.
Im 19. Jh. entwickelten sich nicht nur neue musikalische Formen, sondern auch eine neuartige erweiterte Harmonik - die stieß nicht nur auf Zustimmung.
Eigentlich ist es heute auch nicht großartig anders, nur dass wir uns heute wohl weniger über Kunstmusik aufregen :)
Nehmen wir die Lisztsche h-Moll Sonate:
1853 komponiert
1857 uraufgeführt
1881 findet sich eine Kritik von Eduard Hanslick, die mit folgendem Satz schließt: "Wer das gehört hat und es schön findet, dem ist nicht zu helfen" - - Peter Cornelius und Richard Wagner dagegen waren von der Sonate sehr angetan :)