Zum getrennt üben, die meisten älteren hier, die in der Jugend (zumindest zeitweise) durchschnittlichen Klavierunterricht verabreicht bekommen haben, kennen das Getrennt Üben als Standard
Du kennst Dich mit den Gepflogenheiten der Zunft garantiert besser aus als ich. Deshalb glaube ich Dir jetzt einfach mal, dass es Zeiten gab, wo standardmäßig zu getrenntem Üben aufgefordert wurde.
Es überrascht mich, dass Klavierlehrkräfte Anfänger zum Getrennt-
Üben ermutigt haben (also nicht zum Kennenlernen einmal rechts, einmal links durchklimpern, sondern wirklich "üben").
Begründung meines Erstaunens: Im Anfängerbereich liegt die Herausforderung ja gerade nicht in der dringend getrennt zu "übenden" Virtuosität der Einzelstimmen, sondern die Herausforderung besteht grundsätzlich im Zusammenspiel unterschiedlicher Stimmen (= Oberstimme und Unterstimme müssen gemeinsam erfasst werden, aber linke Hand macht was anderes als rechte Hand). Also muss zuvorderst das Zusammenspiel geübt werden.
Nicht, dass es schadete, getrennt zu üben - aber es ist verschenkte Zeit, weil man nicht das übt, was die eigentliche Herausforderung darstellt.
Einsteigerstückchen sind nicht so quälend einfach gestrickt, damit man sie getrennt übt. Auch ist verständlich, wenn ein bereits erwachsener Einsteiger sich von dem "Babykram" in seinem Intellekt verletzt fühlt. Nützt aber nichts! Da muss man durch. Ein Stück, dass man nicht auf Anhieb beidhändig spielen kann (mit u. U. entsprechend reduziertem Tempo), ist eben noch zu schwer.
Ich glaube, eine wesentliche Tücke des "autodidaktischen" Lernens besteht darin, Stücke zu finden, die, aufeinander aufbauend, trotz steigendem Schwierigkeitsgrad gleichwohl jeweils direkt beidhändig zu bewältigen sind. Wenn es aus irgendwelchen Gründen nicht möglich sein sollte, sich von einer professionellen Lehrkraft unterstützen zu lassen (es gibt gewiss solche Konstellationen), wäre eine ausdrücklich zum Selbststudium geeignete, didaktisch strikt linear aufgebaute Klavierschule umso wichtiger.