Wie übt ihr, um von 80% gekonnt auf 100% zu kommen?

Für mich (und offensichtlich auch für Mick) geht die technische Erarbeitung einer schweren Passage von Anfang an von der Musik aus. Bevor ich die Fingersätze festlege, mache ich mir klar, wie Phrasierung und Artikulation zu gestalten sind, wo die Akzente sitzen, welche Einzelstimmen klar herauszuhören sein sollen, wie ein accelerando verlaufen soll und viele andere Dinge mehr. Erst daraus ergeben sich die Fingersätze und daraus das weitere technische Vorgehen.
Das ist bei mir eigentlich nicht anders... ausser, dass sich manche gestalterische Ideen durchaus auch während des Übens entwickeln können
Und natürlich ist das Üben Arbeit, aber auch das Üben ist schon Musizieren. Ich weiß nicht, wie Du "wirkliche Musik" definierst, aber für mich ist auch auch schon ein Abschnitt von sieben Takten aus einem längeren Musikstück Musik, die man auch wirklich musizieren kann.
Was mir immer ungemein hilft, ist, wenn auch kleinere Übeabschnitte für sich genommen "gut klingen". Ich hatte mal eine Passage einstudiert, nur um mal zu sehen, wielange ich dafür brauche. Die gefiel mir musikalisch allerdings nicht besonders - und bald hing sie mir dermassen zum Hals raus...
Ich weiß nicht, wie Du "wirkliche Musik" definierst
"Wirkliche Musik" ist für mich dann solche, die ich dann auch wirklich (schlagt mich nicht) geniessen kann (bitte nicht aus dem Zusammenhang heraus gerissen zitieren)
 
Das ist bei mir eigentlich nicht anders... ausser, dass sich manche gestalterische Ideen durchaus auch während des Übens entwickeln können

Dann sehe ich auch keinen Unterschied. Beim Üben können sich ja neue Einsichten ergeben.

"Wirkliche Musik" ist für mich dann solche, die ich dann auch wirklich (schlagt mich nicht) geniessen kann (bitte nicht aus dem Zusammenhang heraus gerissen zitieren)

Ich kann die Musik beim Üben schon genießen, und zwar schon vom allerersten Anfang an. Vielleicht mit Ausnahme von besonders "sperrigen" Stücken, wo der Genuß sich erst nach den ersten paar Übstunden einstellt.

Im Moment sehe ich als einzigen Unterschied zwischen uns beiden, daß Du irgendwie ein Problem hast, Musik zu genießen. Darum erscheint Dir so vieles nicht als "wirkliche Musik", was für mich ohne Zweifel "wirkliche Musik" ist.
 
Im Moment sehe ich als einzigen Unterschied zwischen uns beiden, daß Du irgendwie ein Problem hast, Musik zu genießen. Darum erscheint Dir so vieles nicht als "wirkliche Musik", was für mich ohne Zweifel "wirkliche Musik" ist.
Eigentlich... geniesse ich das Üben an sich auch... die Beschäftigung mit dem Instrument... sonst würde ich es ja gar nicht machen... ist mir überhaupt nicht so bewußt gewesen.

Man könnte in diesem Fall fast den alten Spruch anwenden: der Weg ist das Ziel...

Eine schöne Vorstellung...! Und neue Erkenntnis für mich.
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Mir spukt wieder diese blöde Idee im Kopf herum... es gibt doch heute schon Computerprogramme, an denen man sich seinen Ultrabrecher quasi über Notenwerte, Artikulation, Geschwindigkeit etc. zusammenstöpseln und dann abspielen lassen kann... dann würde es nicht Jahre, sondern vielleicht Wochen dauern, bis man eine "Interpretation" eines schweren Stückes erstellt hätte.

Ich verlasse mich immer noch old-fashioned auf die Echtzeit-Direkteingabe über die Finger an der Klaviatur, die zu lernen doch relativ viel Zeit kostet.

Ich hoffe nur, dass solche "Computer-Klavierspielerei" nicht gross in Mode kommen wird - zumindest nicht, solange ich noch aktiv klavierspiele.

Sonst ist der Weg von 80 auf 100% keine Frage von Wochen oder Monaten, sondern vielleicht Tagen...
 
Eigentlich... geniesse ich das Üben an sich auch... die Beschäftigung mit dem Instrument...

Sieh an, die vermeintlichen Unterschiede lösen sich auf. Wobei ich für meinen Teil sagen kann, daß das, was ich an der Beschäftigung mit dem Instrument* genieße, die Musik ist, die dabei raus kommt.

Man könnte in diesem Fall fast den alten Spruch anwenden: der Weg ist das Ziel...

Eine schöne Vorstellung...! Und neue Erkenntnis für mich.



Lieber Dreiklang,

da ist natürlich viel Wahres dran. Aber du kennst sicher das weise Sprichwort "der Weg ist das Ziel". :) Und man kann sich ja mal fragen, was es bedeuten soll.




* ich setze voraus, Du meinst das Musikinstrument, nicht das kleine Instrument, das die ganze Zeit tickt...
 
* ich setze voraus, Du meinst das Musikinstrument, nicht das kleine Instrument, das die ganze Zeit tickt...
Natürlich, das Grosse...;-) das Kleine brauche ich nur ab und zu zum Einhalten einer bestimmten Geschwindigkeit
Aber nein, werter Dreiklang.

Wie könnte ich einem Blinden Vorwürfe machen, dass er mit Farben nichts anfangen kann. Das wäre doch unfair. :heilig:
Wenigstens verstehe ich jetzt Deine (mir irrational erschienene) Abneigung gegenüber Kunst"genuß" ;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenigstens verstehe ich jetzt Deine (mir irrational einschienene) Abneigung gegenüber Kunst"genuß" ;-)

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Ich finde es prima, dass wir jetzt beide verstanden haben, was der jeweils andere nicht versteht!
 
Mir spukt wieder diese blöde Idee im Kopf herum... es gibt doch heute schon Computerprogramme, an denen man sich seinen Ultrabrecher quasi über Notenwerte, Artikulation, Geschwindigkeit etc. zusammenstöpseln und dann abspielen lassen kann... dann würde es nicht Jahre, sondern vielleicht Wochen dauern, bis man eine "Interpretation" eines schweren Stückes erstellt hätte.

Ist für mich so vergleichbar wie Reggissieur eines Pornos sein vs. das Liebesspiel selbst betreiben. :-)

Ich verlasse mich immer noch old-fashioned auf die Echtzeit-Direkteingabe über die Finger an der Klaviatur, die zu lernen doch relativ viel Zeit kostet.

Der Mensch ist auch Körper. Es ist halt ein anderes Gefühl, selbst 'mit die Fingers' zu gestalten anstatt die Maus zu schubsen. Für mich jedenfalls. Das Körperliche gehört zur Musik. Anfassen, Begreifen.

Und das sage ich als einer, der seit fast 40 Jahren Computerfreak ist.

Die Musik spüren .... den Impuls spüre ich manchmal dorten, wo der Körperschwerpunkt ist. Man kann ihn gut fühlen, wenn man z.B. Rollschuh oder Schlittschuh fährt. Dort spüre ich manchmal den inneren Beat. Das kann mir kein Computerprogramm bieten.

Oder bei einer Improviasation plötzlich ganz woanders zu sein, nicht mehr in dieser Welt, nur noch in der Musik. Solche Momente hatte ich selten, aber einer ist mir besonders verhaften geblieben. Das war während eines Auftritts mit Saxensemble, Schalgzeug und Sängerin. Sängerin als Hauptsolistin, ich quasi als nebensolit, spiele da, wo sie Pausen hat, umspiele ihre langen Töne. Und ich war echt zwischendurch ganz woanders, nicht auf dieser Welt. Irres Gefühl. Und das Publikum war begeistert, mein Lehrer auch.

Das alles kann kein Mausschubesen bieten.

Von daher:
Bleibe beim Selbstspielen. Das ist nicht old school, das ist menschlich.

Grüße
Häretiker
 

OT:
Duette mit Roger Whittaker, Jim Croce, Whitney Houston, Madonna, ... gesungen, indem ich eine zweite Stimme zu solchen Songs gesungen habe, die mir gefielen. Auch das aufgenommen... das Ergebnis ist allerdings musikalisch ziemlich jämmerlich.
Wenn man sowas mal macht (einen guten Pop-Song "verbessern" oder "anreichern" zu wollen mit zusätzlichen Stimmen, Rhythmusschichten etc.) dann merkt man erst, wie gut wirklich gute Pop/Folk-Songs austariert sind... der menschliche Gesang, die vorhandenen Instrumente, die Akustik, die Abmischung,...

Da einfach grob eine zweite Stimme oder sonstiges dazuzupacken, ist ungefähr so, wie eine Ladung Gewürz über ein Feinschmeckermenü zu kippen... es geht halt erstmal gründlich schief...
 
Ah, ich dachte gerade: Nee, so scheiße spielt Hamelin nie im Leben, selbst wenn er gerade 2 schlaflose Nächte hinter sich hat, 6 Bier gekippt hat und seine Frau ihm gerade mitgeteilt hat, dass sie einen anderen hat. Steht auf Youtube drunter: Ein Andrey Dubov klimpert das runter.

Gutes Beispiel jedenfalls für mechanisches, unmusikalisches Spiel. :party::pokal:
 
Bitte nicht... so schmeichelhaft es für einen künstlerisch Tätigen auch sein mag, dass sein Werk über so lange Zeit in Diskussion, Erinnerung und aller Munde ist:

Ich finde z.B. @Stilblüte hätte das viel mehr verdient...

Naja es ist ja nicht nur verstimmt, es ist auch einen Halbton zu tief und außerdem auch ansonsten schrottreif :) Ich habe übrigens unten im Gehäuse ein altes Gurkenglas entdeckt. Wer weiß, wieviele Jahrzehnte es da schon steht, leider ist es leer. Die Gurken sind vermutlich verdunstet.

So, und nun kann ich auch die ordentliche Version präsentieren:

(...)

DAS finde ich wirklich einzigartig... von ihr und dem Dirigenten...
 
Prinzipiell höre ich gerne jedem zu, der mir etwas mitteilen will, das ihn beschäftigt: ein Geschehen, eine Erkenntnis oder Lebenserfahrung. Man kann immer etwas lernen. Ich glaube, so wirst Du's auch halten.
Soll ich Dir was sagen...? Ehrlich gesagt, bewundere ich solche Leute, die über musikalische Werke, Komponisten, usw. usw. so viel mehr wissen als ich... zu jedem Stück Hintergrundinformation kennen oder zumindest wissen, wo sie sie rauskramen können...

Das hat schon was...
 
Nur so am Rande: ich hab mir gerade die Campanella, von Evgeny Kissin gespielt, angehört und bin mal wieder fasziniert, was Menschen zustande bringen können! :blume:
 

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