Wie spielt man eine Oktave ?

Richtig. Natürlich wird mit zunehmendem Tempo die Zeit zum Entspannen immer geringer und somit auch der Effekt, aber das Prinzip bleibt erhalten.
naja, ab einem bestimmten Tempo dürfte das Entspannen selber zum Stress ausarten, wenn man nämlich nicht mehr genug Zeit zwischen den Anschlägen hat, um die Hand durch passive Muskelrelaxation in die entspannte Position zu bringen.
Entweder ziehe ich dann aktiv, also durch Muskelanspannung, die Finger in die entspannte Position, oder ich belasse die Hand direkt in der gespreizten Position, was mir in dem Fall doch sinnvoller erscheint.
Finger spreizen und zusammenziehen im Sekundenbruchteiltakt? Stelle ich mir wirklich sehr unergonomisch und anstrengend vor.
 
Anderseits kann ich in manchen Situationen ganz ohne Kontrollblick und auch ganz ohne "geistige Visualisierung" blind die richtige Taste treffen. Das ist dann eher so ein diffuses Wissen aus dem Unterbewusstsein.
Es ist leider selten und dann auch nicht verlässlich reproduzierbar. Es scheint aber Anlass zur Hoffnung.

Das kenne ich.

Dazu ist mir eine Stelle in R.Kratzerts Buch " Technik des Klavierspiels" eingefallen.
Er sagt, dass wir alle einen automatischen Distanzen-Finder im Gehirn haben.

Hier sind die Auszüge:

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Er sagt, dass wir alle einen automatischen Distanzen-Finder im Gehirn haben.
Danke für den Auszug. Ich kann definitiv meine KL von diesem Vorwurf freisprechen. Das Problem habe ich nicht nur am Klavier, sondern auch an der Computer Tastatur. Dort tippe ich schon seit 1981 auf einem genormten Layout (seit 20 Jahren mehrere Stunden täglich) mit genormten Abständen und bin immer wieder erstaunt, was für Buchstabensalat da regelmäßig in den Texten steht.

Alleine im vorigen Absatz musste ich 8x korrigieren. Buchstaben ausgelassen, Abstände mitten im Wort, Rechte Hand überholt beim Schreiben die Linke, die Buchstaben sind richtig, aber in der falschen Reihenfolge, Buchstaben mit ähnlichen Lauten beim Tippen verwechselt, obwohl ich genau weiß wie das Wort geschrieben gehört und dass das gar kein "Zielproblem" ist. Noch einmal drei schwere Tippfehler...

Ich habe immer das Gefühl, dass derjenige, der den Text vorgibt und derjenige der die Finger steuert zwei unterschiedliche Personen sind, die sich über eine schlechte Telefonleitung verständigen. (Und noch einmal zwei Fehler).

Ich werde das mit den Sprüngen noch einmal genau beobachten - auch wenn es gar nicht immer die Sprünge sind, sondern oft nur "Septime anstatt der Oktave erwischt" oder auch gelegentlich "am falschen Halbton" orientiert = ich ziele auf's C und sehe wie der Finger am F landet. So als wäre ich "Massenblind". Dabei schneide ich bei den beliebten "finde die 9 in einem Haufen von 400 8en" Tests sehr gut ab.

Anfänger eben. Ich übe weiter.
 
Versuch herauszubekommen, wann genau das eintritt (und die Gründe zu analysieren).
Russische Klavierschule Band 1, Stück 109. Menuett. Wenn ich wieder am Scanner bin, kann ich das Noten Sample hier rein stellen.

Takt 6 und 8 der rechten Hand. Die Tonfolge nach der Pause. Vom g auf's f mit der 4 kriege ich regelmäßig blind hin, auch wenn ich die Hand in der Pause absichtlich ganz woanders hin plaziere.

Das gleiche Stück linke Hand 4. Takt d-A-D, kommt oft nur auf ein d-A-E, und wenn ich das "D" noch so anstarre. Die Töne werden ohnehin staccato gespielt, ich muss also nicht die Finger strecken, sondern kann die paar Tasten hin springen.

Das mit den Oktaven passiert mir aber auch in der Rechten. Meine Finger sind ziemlich kurz und die Oktave ist schon meine Grenze. Ein Bisschen zu wenig gespannt - schon ist es (ohne Sichtkontrolle) eine Septime geworden. Es sind vermutlich mehrere Einzelprobleme, die sich hier zusammen finden.
 
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Ich werde das mit den Sprüngen noch einmal genau beobachten - auch wenn es gar nicht immer die Sprünge sind, sondern oft nur "Septime anstatt der Oktave erwischt" oder auch gelegentlich "am falschen Halbton" orientiert = ich ziele auf's C und sehe wie der Finger am ......

Ich habe R.Kratzert so verstanden, dass es von Vorteil ist, sich überwiegend auf seinen inneren unbewussten Distanz-Finder zu verlassen, als auf das bewusste Anpeilen der Zieltaste.

Mir kommt allerdings auch immer meine Denkerei in die Quere.
Manchmal gelingt es mir kurzzeitig, ich versuche es auch oft im Blindspiel, das klappt sogar ganz gut.

Bei manchen Phrasen fluppt es mit traumwandlerischer Sicherheit, bei anderen nicht oder nur nach mühevollem Üben. Vielleicht fehlt mir dann die kindliche Unbekümmertheit. :konfus:
 
Der in unserer Zivilisation früh vernachlässigte Instinkt fürs räumliche Sehen kann (wieder auf)trainiert werden. Sportler vieler Sportarten (über)leben damit. Unter normalen Umständen ist das kein allzu großes Problem und bedarf der Erfahrung langsam gesteigerter Aufgabenstellungen.

Wie immer gibt es auch Ausnahmen, Menschen, die damit ein dauerhaftes Problem haben (über die Gründe kann ich keine valide Aussage treffen, aber ich vermute, dass bei Vielen die andressierte Sorge "etwas falsch zu machen" eine bedeutende Rolle spielt).


Die werden zum Beispiel Dressurreiter, weil sie sich im Parcours ständig vermetern und wegen dieser ihrer Unsicherheit noch nicht einmal verlässlichen "Selbstfahrern" vertrauen können/wollen. ;-)
 
Wie immer gibt es auch Ausnahmen, Menschen, die damit ein dauerhaftes Problem haben (über die Gründe kann ich keine valide Aussage treffen, aber ich vermute, dass bei Vielen die andressierte Sorge "etwas falsch zu machen" eine bedeutende Rolle spielt).
Ja Mensch, warum hat mir mein Augenarzt nie gesagt, dass ich mich einfach mal ein wenig anstrengen und nicht so ängstlich sein sollte, damit das mit dem räumlichen Sehen vernünftig funktioniert. ;-)
 
muss da nochmal nachhaken, bezüglich 'Hand nicht gespreizt oder gespannt lassen", beim Oktavspiel.
Erzählt dieser Herr

View: https://youtu.be/MYkDj-05Pwc

somit Unsinn?
Ab ca. 0:50: "...dass die Spannung der Hand so bleibt, dass ich die Oktave fixiere.... "
 

dass die Spannung der Hand so bleibt, dass ich die Oktave fixiere
Wie soll man denn deiner Meinung nach schnelle Oktavketten sonst spielen? Mal davon abgesehen, dass eine Oktave in einer durchschnittlichen, trainierten*) Hand nur eine äußerst geringe Spannung verursacht.

*) In der Anfängerliteratur - also dort, wo die Hand noch nicht entsprechend konditioniert ist - kommt sowas ja gar nicht vor.
 
wie man sie sonst spielen soll?
Keine Ahnung, mir leuchtet ja die Erklärung im Video ein.

Das Problem ist, dass man hier im Forum immer wieder zu lesen bekommt, dass man keine Spannung in der Hand erzeugen soll, und oder die Hand nicht durch Anspannung spreizen, bzw. nicht gespreizt lassen soll, weil ja alles ohne Spannung gespielt werden soll und bei musikalischem Spiel die Finger quasi von alleine ohne jegliche Spannung die Tasten finden.

Auch in meiner "Anfängerhand" erzeugt eine Oktave nur eine äußerst geringe Spannung, trotzdem ist selbst eine äußerst geringe Spannung jach meinem Verständnis immer noch eine Spannung.
Wie ich zuvor im Thread ausgeführt habe, beträgt die Spannweite meiner entspannten Hand ca. eine Quinte bis Sexte.
Für eine Oktave muss ich sie demzufolge aktiv spreizen.
Ohne aktive Muskelbeteiligung kriege ich die Finger nicht so weit auseinander, wie es für das Greifen einer Oktave notwendig ist.
Und ich wage zu bezweifeln, dass es Menschen mit normal großen und anatomisch intakten Händen gibt, bei denen dies anders wäre. Eine Hand, die zwischen Daumrn und kleinem Finger im entspannten Zustand eine Quinte breit ist, benötigt nunmal Muskelanspannung, um breiter zu werden.
Deshalb finde ich die Beiträge zu Spannung und Lockerheit der Hände und Finger zuweilen irritierend.
Der unbedarfte Leser könnte da auch mal auf die Idee kommen, dass man unter keinen Umständen Spannung in der Hand und in den Fingern aufbauen oder gar halten darf.
 
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Permanente Anspannung ist immer gefährlich.
1. klingt´s nicht gut
2. wird man schnell müde
3. beschweren sich auf kurz oder lang Sehnen.
Es ist gut, in Zeitlupe zu üben, dann kann man die Entspannungsphasen sehr gut spüren.
Wie im wirklichen Leben besteht Klavierspielen immer aus kurzen Phasen der Anspannung und Entspannung.
Und Pianisten sind grundsätzlich bequem. Nur soviel anstrengen, wie nötig :-)
 
Der unbedarfte Leser könnte da auch mal auf die Idee kommen, dass man unter keinen Umständen Spannung in der Hand und in den Fingern aufbauen oder gar halten darf.

Das gilt in erster Linie für jegliches Passagenwerk. Bei Doppelgriffen und Akkorden ist das logischerweise nicht immer möglich. Da ist in erster Linie wichtig, dass das Handgelenk durchlässig und flexibel bleibt, auch wenn die Hand eine gewisse Spannung aushalten muss.
 
Ich habe es so gelernt: Spannung, wo nötig und wieder entspannen, wo möglich. Keinesfalls "rastet" man die Finger in irgendeiner Stellung ein. Dann spielt man nicht lange... Ich glaube auch nicht, daß mick das macht. Wenn der Typ im Video bei dem Chopin-Beispiel links die Oktaven spielt, kann man auch sehr schön sehen, daß er nicht das tut, was er vorher behauptet. Er macht das, was ich auch gelernt habe: die Finger schnappen nach jeder Oktave neu. Natürlich wird diese Bewegung mit zunehmendem Tempo kleiner und die Möglichkeit zu Entspannung damit geringer.
 
Zuletzt von einem Moderator bearbeitet:
Fest "einrasten" sollen die Finger natürlich nicht - können sie auch nicht. Aber der Oktavgriff bleibt schon erhalten; anders kann man schnelle Oktaven nicht spielen. Das hier wird am Ende um einiges schneller als die Oktaven in der Chopin-Polonaise - da bleibt einfach keine Zeit, jede Oktave neu zu greifen. Das macht diese extreme Oktavenpassage leider sehr anstrengend:


View: https://www.youtube.com/watch?v=LhInwkq4nAw

(ab 4'20'' bis zum Ende)


Das hier (Nr. 1) ist auch ein schöner Spaß für eine "gespannte" Hand - auch da kann man nicht nach jedem Griff die Spannung lösen. Es kommt darauf an, mit so wenig Kraft wie möglich den Nonengriff zu fixieren und dabei im Handgelenk völlig gelöst zu bleiben:


View: https://www.youtube.com/watch?v=Qo90rVb4osk
 
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Danke für den Auszug. Ich kann definitiv meine KL von diesem Vorwurf freisprechen. Das Problem habe ich nicht nur am Klavier, sondern auch an der Computer Tastatur. Dort tippe ich schon seit 1981 auf einem genormten Layout (seit 20 Jahren mehrere Stunden täglich) mit genormten Abständen und bin immer wieder erstaunt, was für Buchstabensalat da regelmäßig in den Texten steht.

Alleine im vorigen Absatz musste ich 8x korrigieren. Buchstaben ausgelassen, Abstände mitten im Wort, Rechte Hand überholt beim Schreiben die Linke, die Buchstaben sind richtig, aber in der falschen Reihenfolge, Buchstaben mit ähnlichen Lauten beim Tippen verwechselt, obwohl ich genau weiß wie das Wort geschrieben gehört und dass das gar kein "Zielproblem" ist. Noch einmal drei schwere Tippfehler...
Ist vielleicht deine erlernte Technik extrem schlecht? Für die QWERT-Tastatur existiert ja das Zehnfinger-Tast-Tippen (Touch Typing), das jeder Taste einen spezifischen Finger fest zuordnet (und der Leertaste einen der beiden Daumen). Damit sind Tippfehler so gut wie ausgeschlossen, sobald der wesentliche Wortschatz ins Fingergedächtnis gegangen ist. Nach jedem Buchstaben gehen die Finger zudem zurück in die Ruhestellung auf der Grundreihe (Zeigefinger auf F und J).
 
Wie im wirklichen Leben besteht Klavierspielen immer aus kurzen Phasen der Anspannung und Entspannung.
So ein Spruch hört sich natürlich griffig und stimmig an @Tastatula - wie ist das dann mit den Oktaven (um Oktaven soll's hier gehen?) in Chopins op.25 Nr.11, Liszts Sonate oder Wagner/Liszt Tannhäuser?
Bevor du vorschnell antwortest: die genannten Sachen spiele ich im Konzert, kenne sie en detail (!!) und ich habe da keine Probleme, bin aber stets neugierig, wenn es um Hinweise zu Übungsweisen geht
((((alter Hut: ultralangsam ist fast alles kinderleicht))))
 
Ist vielleicht deine erlernte Technik extrem schlecht?
Das kann ganz leicht der Fall sein.

Ich hatte in der Schule noch das Fach "Stenographie und Maschinschreiben" - auf der mechanischen Schreibmaschine. Dort hätte ich das 10 Finger System auch "gelernt". Hat sich bei mir aber nie verfestigt. Da bin ich nur gerade so durch gekommen. Dafür bin ich mit der "4-6 Finger Adlerauge Suchtechnik" eigentlich recht flink.

Es ist jetzt schwer zu sagen, ob ein inhärenter Mangel in der Koordination mir das Maschinschreiben erschwert, oder der Mangel an Disziplin die Finger Koordination nachhaltig gestört hat. Es wäre vielleicht ein interessanter Versuch, ob ich das auf meine alten Tage, nach 40 Jahren "herum Gepfusche" in einem zweiten Anlauf vielleicht noch einmal besser hin bekomme.

Mich stört vor Allem, dass mein Körper und mein Geist scheinbar nicht gut miteinander kommunizieren. Dass das anvisierte Ziel trotz Sichtkontrolle in der Bewegungs Steuerung oft auf kaum nachvollziehbare Weise schlicht gar nicht "angefahren" wird. So als hätte sich ein Teil meines Gehirns zwischen Bewegungs Wunsch und Ausführen kurzfristig anders entschieden, aber vergessen, mir das anzukündigen.

Natürlich hauptsächlich dann, wenn es schnell gehen muss, wenn also das "intuitive Körpergefühl" die Ausführung übernimmt.
 

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