Unterrichte zwar nicht, aber als ich meine erste Stunde hatte (mit 17), da hat meine Lehrerin eigentlich von Anfang an recht viel Wert auf meine Finger- Und Handhaltung gelegt und ich erachte das auch als ziemlich wichtig. Fällt einem erst später wirklich auf, dass man das irgendwie braucht ;)
Das kann ich auch nur bestätigen. Ich hatte mit sieben Jahren meinen ersten Unterricht bei einer sehr netten Lehrerin (aus dem damaligen West-Berlin). Sie hat, obwohl ich vorher ein viertel Jahr lang "blockgeflötet" habe, zunächst überhaupt keinen Schwerpunkt auf die Noten gelegt, sondern sich nur auf die Handhaltung und den Bewegungsfluss konzentriert.
Ich hatte am Anfang eine schlechte Angewohnheit. Ich habe mein Handgewölbe einfach zu tief angesetzt, nämlich auf Höhe des Beginns des Tastenbettes. Damit schränkt man sich ja seine bewußte Kontrolle und Beweglichkeit selbst ein. Sie hat das sanft korrigiert u. a. auch durch ihren lustigen Spruch im Berliner Dialekt :" Na, missen wa heude wieda n Brettchen druntanageln, weil de Handhaltung nich stimmt, wa?"
Also ein Lehrer, der bei einem Anfänger wohlgemerkt sich vor dem Thema Noten nicht mit der Handhaltung (durch Kontaktübungen und durch die Haltungskontrolle) befast, der ist irgendwie in meinen Augen sein Geld nicht wert. Denn wie soll man es denn sonst lernen?
Kontaktübungen: Dazu gehört z. B. auch diese Übung mit dem Fallenlassen der Hände (einmal als Faust, einmal mit gespreizten Finger) aus der Schulterhöhe auf die Klaviatur. Dann bleiben die Hände liegen und man betrachtet sich das Ergebnis, einfach um sich bewußt zu machen, dass man bewußten Kontakt zur Klaviatur aufgebaut hat und dass damit mechanische Arbeit verrichtet wurde (die Tasten tauchen "an der Einschlagstelle" unterschiedlich tief in das Tastenbett ein und die Hämmer sind auch in Bewegung, um die Saiten entsprechend anzuschlagen). Das ist als gedankliche Verschaltung sehr wichtig, dass man sich das zu Anfang klar macht, denke ich. Ich unterrichte zwar nicht, aber ich nehme hier entsprechende Details aus einem Fachbuch von Caland zur Grundlage.
Außerdem erwächst so ja auch die Erkenntnis, dass die Kraft beim Spielen aus den großen Rückenmuskeln kommt und die Arme als "kraftleitende Stränge" diese Muskelenergie über Schulter- und Arm- sowie Handgelenke in das Handgewölbe leiten. Von dort wird es durch die "mental gesteuerten" Finger nur noch abgerufen.
Auch das Handgelenk darf ja weder zu locker noch zu steif sein. Es sollte mit der Hand gemeinsam eine stabile Einheit bilden. Deswegen macht man ja am Anfang diese Übung mit der Münze auf dem Handrücken, die nicht herunterfallen darf, wenn man die Finger der Hand bewegt (z. B. bei Skalen, die mit dem Daumenuntersatz gespielt werden). Aber das darf natürlich nicht dazu führen, dass das alles wahnsinnig steif und damit auch verkrampft gehalten wird, weil ja trotzdem (insbesondere für Fortgeschrittene ist das schon wichtig) Handgelenksdrehungen noch möglich sein sollten, um den Bewegungsfluss zu garantieren. Das kann jeder nur selbst intensiv erfühlen. Da kann man, denke ich, nur sanfte Hinweise und Denkanregungen geben, so wie meine Lehrerin es getan hat.
Mit kleinen Kindern kann man auch die "Fahrstuhlübung" machen, habe ich mal gehört. Da stellen sie sich vor, die Taste sei ein Fahrstuhl, der im obersten Stockwerk steht und jetzt drücken sie sanft durch ihre Fingerkraft die Taste bewußt in das Tastenbett und "fahren bis ins Kellergeschoß". So erlernen sie auch, bewußten Kontakt zum Boden des Tastenbettes zu suchen und nicht einfach so über die Taste "hinwegzuhauchen". Ich finde solche fantasiereichen Übungen wunderschön, denn sie sind sehr kindgerecht.
Jede Klavierlehrerin / jeder Klavierlehrer sollte da entsprechend Fantasie haben, sich sowas auszudenken, um genau dieses Lernziel des bewußt-kontrollierten (niemals willkürlichen) Spiels von Anfang an in den Schüler /die Schülerin "einzupflanzen". Motto: Du kontrollierst das Instrument und erweckst es durch Dein Spiel als Stück tote Materie erst zum Leben. Es ist niemals umgekehrt."
Gruß
Razo!
P.S.: Da ich durch das interessierte Lesen hier im Forum weiß, wieviel Energie und fachliche Hochkompetenz ein Musikstudium und die entsprechende Lehrbefähigung erfordert, würde ich zwar interessierten Leuten mal allgemein erklären, wie man Klavier spielt und auf welche Techniken es ankommt (meinetwegen sie auch mal unter meiner Anleitung das ausprobieren und selbst fühlen lassen), aber niemals selbst unterrichten. Da kann nur Murks herauskommen. Dazu habe ich auch zu großen Respekt und zu große Hochachtung vor Denjenigen hier, die das entsprechend jahrelang studieren.
Da wäre ja so, als würde ich in meinem ministeriellen Arbeitsumfeld meinen Nachbarn in meiner Straße bitten, mal eben so eine komplette Verwaltungsvorschrift rechtssicher auszuarbeiten, nur weil er immer fleißig das städtische Bekanntmachungsblättchen (mit den kommunalen Ordnungen und Satzungen) gelesen hat. Da sollten doch eher die rangelassen werden, die das studiert haben (mein Studienschwerpunkt war öffentliches Recht und Verwaltungsverfahren)