Was haltet ihr von den Thesen von Wim Winters (AuthenticSound auf YT) zu Tempo-Angaben ?

  • Ich lese mitunter alte Texte über Klavierunterricht. Falls wirklich so unterrichtet wurde, wie es meinem (Disclaimer: laienhaften) Eindruck entspricht, wurde viel Wert auf technisches "Fingertraining" gelegt. Dies jedoch würde wenig Sinn ergeben, wenn damals die Langsamkeit angesagt gewesen wäre.
  • Die alten Tasteninstrumente waren anders zu bedienen, wie @Stilblüte erwähnte. Einfach weniger Masse, dadurch leichter. Auch dies KÖNNTE dafür sprechen, dass eine höhere Geschwindigkeit leichter erzielt werden konnte als bei den stattlicheren Instrumenten der späteren Epoche.
  • Musik ist nicht nur Klaviermusik. Es müssten folgerichtig dann auch Orchesterwerke und Opern halb so schnell gespielt werden? Auch "Fin qu´han dal vino calda la testa"? Seriously?
  • Es gibt Anekdoten von Beethoven, er habe denjenigen, die über seine Tempoangaben jammerten, etwas an den Kopf geworfen, das sinngemäß später von der Werbung für Fisherman´s Friend aufgegriffen wurde.
  • Ein Metronom macht "klick, klick" und nicht "klick, klack". WARUM sollte jemand warten, bis er zweimal "klick, klick" hört? Bevor es das Metronom gab, hat man auch schon ausgezählt. Hat man die Viertel doppelt gezählt? Warum sollte man MIT Metronom plötzlich auf die Idee kommen?
 
Clara Schumann edierte in den 1880er Jahren das Werk zweimal.
In der Gesamtausgabe gibt sie an: Halbe = 76
Und in der "instruktiven Ausgabe": Viertel = 126 (also Halbe = 63)
Steht denn nicht alles in Relation zum eigenen Herzrhythmus? Wenn der sich bei Komponistinnen und Komponisten mit den Jahren verändert, könnte es sich dann nicht ebenfalls auf eine Veränderung von derartigen Angaben auswirken?
 
Es geht eher darum, dass ein innerer, regelmäßiger Puls im wahrsten Sinne angeboren ist. Da ist nicht nur das Herz, sondern zb. auch Schritte.
 
Zuletzt bearbeitet:
regelmäßiger Puls im wahrsten Sinne angeboren ist
Das sicherlich.

Da ist nicht nur das Herz, sondern zb. auch Schritte.
Dann müsste sich der angeborene Takt ja mit der Größe ändern. Kinder haben wesentlich schnellere Schritte, weil die Beine kürzer sind.

Der angeborene Takt ist im Gehirn. Kann man ja auch Wellen messen: Alpha, Beta, Theta, schlagmichtot...
 
Kurze Beine bedeuten doch lediglich kleinere Schritte, oder nicht?
Lügen haben kleinere Schritte.
 

...weder angeblich angeborene Takte noch große oder kleine Tiere erklären, warum man vor 1850 das ticktick Metronom auf bescheuerte Art und Weise verwendet worden sein soll... (die bescheuerte Anwendung: man soll die notierte Zahl halbieren...)
 
Es gehört schon eine gewisse Ignoranz dazu, wenn man die durchaus vorhanden Quellen über das Metronom ignoriert und sich stattdessen eine wilde Theorie über halbierte Tempi zurechtbastelt:

Zitat von Johann Nepomuk Mälzel:
[...] each single beat or tick forms a part of the intended time, and is to be counted as such, but not the two beats produced by the motion from one side to the other.

Zitat von Carl Czerny:
Wenn daher zum Beispiel die Vorzeichnung vorkommt:
M.M. ♩ = 112, so rückt man das metallene, an der vorderen mit Einschnitten versehenen Stange angebrachte Dreieck genau auf jenen Einschnitt, der mit der rückwärts befindichen Zahl 112 in einer Linie steht, lässt die Stange frei schlagen, und spielt jede Viertelnote genau nach den hörbaren Schlägen des Metronoms.
(Unterstreichungen von mir)

Davon abgesehen hat Beethoven beispielsweise im zweiten Satz von op. 18/6 die Angabe 1/16 = 80 hinterlassen, was für diese Musik extrem langsam ist - die meisten Quartette spielen in der Gegend von 1/16 = 100. Hier das Tempo zu halbieren, ist völlig absurd; der Satz würde komplett zerfallen und eine geschlagene Viertelstunde dauern.

Interessant im halben Tempo wäre sicher auch das Freudenthema aus dem Finale der 9. Sinfonie - ich empfehle jedem, das mal im Tempo 1/2 = 40 zu singen und dann zu überlegen, ob man das wirklich noch als ein Allegro assai empfinden kann... :blöd:
 
Es ist ganz einfach: Wenn man das Metronom auf 60 einstellt, dann tickt es 60x pro Minute.
Alles andere braucht einen nicht zu interessieren.

Die meisten Metronomangaben sind schlicht sinnlos, egal ob man mit normalem oder mit halbem Tempo spielt.
 
Es ist ganz einfach: Wenn man das Metronom auf 60 einstellt, dann tickt es 60x pro Minute.
Alles andere braucht einen nicht zu interessieren.

Letztendlich bleibt der Gemeinde der Tempohalbierer nichts anderes übrig, als die Minute als Zeiteinheit von 120 Sekunden zu definieren. Manche sind da völlig schmerzfrei.
O-Ton (Quelle gern auf Nachfrage):

Mit diesem Befund unserer Begriffsuntersuchung, wonach in den analysierten Texten die (aus der Zuordnung von Notenwert und Metronomskalenziffer bestehende) Metronomangabe auf den Doppelschlag des Pendels bezogen wird, geraten wir nun aber in Konflikt mit der in sämtlichen Quellen eindeutig formulierten Tatsache, dass die auf der maelzelschen Skala angegebenen Grade die Anzahl "Schläge" innerhalb einer Minute anzeigen. Sind mit diesen "Schlägen" wirklich Doppelschläge gemeint, dann hätte dies eine doppelt so lange Zeitdauer zur Folge: Im Zusammenhang mit der Taktmessung müsste mit "Minute" konsequenterweise eine Zeitdauer von tatsächlich zwei Minuten (oder eine "Doppelminute") gemeint sein. Dass genau dies eine sorgfältige Lektüre einschlägiger Quellen nahe legt, soll abschließend gezeigt werden.
 
Mir ist seinerzeit bei den 25 "leichten" Etüden des Friedrich Burgsmüllers in der Ausgabe von Adolf Ruthardt die teilweise doch recht sportliche Metronomisierung aufgefallen. Mehr kann ich zum Thema leider nicht sagen. ;-)
 
:idee: Wie sieht es denn mit dem Hummelflug aus?

Die Version in diesem Video empfinde ich als ..... echt gruselig. Manchmal ist weniger mehr ... :schweigen:
 

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