Was haltet ihr davon?

Für mich klingt es furchtbar.:008:
setzt die Bereitschaft voraus, alle bisherigen Hörgewohnheiten eine Zeit lang in der liebgewordenen Notenschublade zwischenzulagern.
Ich habe schon Konzerte mit Orgelmusik dieser Art erlebt und durchaus genossen.
Das nennt man dann psychedelic organ.:blöd:
Was werden da eigentlich für Substanzen eingeworfen?
 
Allerdings würde ich 10mal lieber eine solche Art Musik selber improvisieren, als genau nach Partitur lernen
Das sehe ich genau so. Jedoch ist fraglich, ob mir die normalen Gottesdienst- und Konzertbesucher danken würden. Das ist eher was für Konzerte an großen Kirchen oder Konzerthäusern die moderne Orgel und auch ein spezielles Publikum haben, dass weiß, was sie erwartet.
 
Ich mag Ligeti. Allerdings würde ich 10mal lieber eine solche Art Musik selber improvisieren, als genau nach Partitur lernen.
Sobald Du Dich an den Notentext hältst (auch bei graphischer Notation), wird Dir schnell klar, dass es sich nicht um beliebig austauschbare Handlungen auf der Tastatur handelt - aber der erschreckte Hörer assoziiert damit Beliebigkeit und Chaos. Mir persönlich geht es exakt andersherum: Lieber eine Fixierung eines Satzbildes soweit möglich als eine (unwiederholbare) improvisierte Aktion.

Dieses Video setzt das Gehörte in Beziehung zum Notierten:



Und nun?

Jedoch ist fraglich, ob mir die normalen Gottesdienst- und Konzertbesucher danken würden. Das ist eher was für Konzerte an großen Kirchen oder Konzerthäusern die moderne Orgel und auch ein spezielles Publikum haben, dass weiß, was sie erwartet.
Im Gottesdienst wird vorrangig funktional musiziert: Gemeindegesang zum Lobe Gottes wird nicht gelingen, wenn man mit unvertrauten Sonoritäten mehr Verwirrung als Klarheit schafft. Auch das Konzert soll in herkömmlicher Gestalt eher ansprechend unterhalten als klanglich Angst und Schrecken verbreitend daherkommen. Trotzdem ist es nicht unmöglich, mit aufschlussreichen Werkkombinationen die Zuhörer auf Ungewohntes neugierig zu machen. Immerhin ist das Stück nun mehr als ein halbes Jahrhundert alt und dennoch vielen so fremd geblieben, dass immer noch viele einen Bogen darum machen in der Annahme, damit ohnehin nichts anfangen zu können. Interpreten kann man nur den Mut wünschen, die eigene Begeisterung über das Neue (soweit vorhanden) offen nach außen zu tragen. Mit authentischer Vermittlung gelingen nämlich immer wieder Überraschungen - solche Erfahrungen mache ich als Interpret immer wieder, da werden Sachen irgendwann bereitwillig akzeptiert, für die man ein paar Jahre zuvor noch gesteinigt worden wäre.

LG von Rheinkultur
 
…mit Ligeti werde ich glaube ich nie warm werden, mir persönlich ist seine Musik einfach zu „brutal“. Ist aber eine rein subjektive Wahrnehmung, die ich deshalb nicht verallgemeinern möchte.

Ich höre mir zeitgenössische Werke in Konzerten (mit Kirchenakustik) sehr gerne an, wo man nicht nur der Melodie, sondern auch dem Klanggeschehen (auch körperlich) folgen kann. Manche Zungenregister oder Intervallkombinationen gehen richtig „durch Mark und Bein“ bis hoch in den Magen… was ein tolles, aber auch surreales Gefühl ist (sein kann).

Zu sehen, welche Klänge eine Orgel (um bei dem Beispiel zu bleiben) produzieren kann und wie der Raum darauf reagiert, ist faszinierend.

Meine Welt ist es allerdings trotzdem nicht, da bin ich ehrlich. Ein oder zwei Stücke während eines Konzertes finde ich toll, aber einen ganzen Abend damit zu füllen? Eher weniger.

…dieses Stück kam letztes Jahr bei unseren Orgelkonzerten im Dom und es hat mich sehr beeindruckt. Selbst alle Besucher sind geblieben und haben gespannt nach oben geschaut… was nicht immer der Fall ist bei solchen Werken ;-)


View: https://www.youtube.com/watch?v=cCt-yIdT17c


Oder auch das Werk "Resurrexit" von Knut Nystedt, ich muss es noch mal erwähnen... unser Domorganist hat es heuer gespielt, am Ende einer Orgelmeditation und auch hier war ich wieder beeindruckt, diese schwere Melancholie am Anfang, das "leidende Schleppen" der Orgel, das "sich Aufbäumen" im Klang, gepaart mit "brutalen" Zungenklängen, die immer wieder auf dich einwirken... abgerundet bzw unterbrochen wird diese "schwarze Stille" von einer wunderschönen und sanften Sopranstimme, die am Ende dann einsetzt...

Ich muss mir mal nähere Informationen zu dem Stück einholen, da ich leider viel zu wenig darüber weiß...

Ich persönlich kann von mir sagen, dass ich (grade bei zeitgenössischen Werken) die Konzerterfahrung und den direkten Kontakt mit den Musikern, dem Publikum und dem akustischen Raum (!) noch sehr viel mehr brauche, als bei Werken, aus anderen Epochen... ansonsten geht viel von der eigentlichen Atmosphäre verloren...
 
Meine Antwort ist da ganz klar. Diese Musik löst bei mit Fluchtreflexe aus. Es ist absolut nicht das Meine.:008:
 
@altermann
Von den gehörten Stücken ist dieses das für mich interessanteste. Es erregte meine Aufmerksamkeit, ohne bei mir Fluchtreflexe auszulösen. Ich vermute, dass der Grund ist, dass ich eine Melodie identifizieren konnte. Mein Lieblingswerk wird es aber definitiv nicht.
 
Aufbäumen" im Klang, gepaart mit "brutalen" Zungenklängen, die immer wieder auf dich einwirken... abgerundet bzw unterbrochen wird diese "schwarze Stille" von einer wunderschönen und sanften Sopranstimme, die am Ende dann einsetzt...
Ah ja.

Aufbäumen mit brutalen Klängen plus schwarze Stille - klingt interessant.

Isses aber nicht.

CW
 
Ich oute mich als totale Orgelbanausin. :016:

Respekt vor den OrganistInnen habe ich hoch drei!
Allein ich mag den Klang generell nicht und beim Ligeti zieht es mir die Schuhe aus.
Solche Stücke ohne Einführung und Erklärungen geht für mich gar nicht, das ist für mich wie Folter, sorry. Ihr dürft mich dafür gerne steinigen.:008:

Wenn schon Orgel, dann kann ich sie mir nur direkt in einer Kirche anhören als Begleitung im Gottesdienst.:007:
 
Dieses Video setzt das Gehörte in Beziehung zum Notierten:

Tolle Einspielung. :super:

Mich würde eure Meinung zu diesem Video interessieren.

Disclaimer: Ich bin Laie und äußere mich als Laie.

Ligeti – das ist mir bereits wiederholt aufgefallen – ist von den Komponisten der "Neuen Musik" derjenige, zu dem ich einen spontanen Zugang entwickeln kann. Volumina ist beeindruckend. Wissenschaftlich wäre jetzt natürlich eine Begründung von Interesse, aber die kann ich mangels Kompetenz nicht liefern. Ich assoziiere "Urknall", die Entstehung und Veränderung des Kosmos. Weiß der Henker, wie dem Komponisten das gelingt.

Die Einspielung, die Rheinkultur verlinkte, erscheint mir persönlich gelungener. Sie wirkt ruhiger und weniger hektisch. Es bleibt mehr Zeit, sich auf die Clusterklänge, Klangwolken und ihre Veränderungen einzulassen und wirkt dadurch anders auf mich, "irgendwie differenzierter" (Laie).



P. S. Jetzt dürft Ihr Euch gern kaputtlachen über meine unbeholfene Ausdrucksweise, ich mach es auch. :004: Normalerweise halte ich brav die Klappe, wenn mir die Worte fehlen. Dieses Stück würde ich mir sehr gern in einem Konzert anhören.
 

Die Einspielung, die Rheinkultur verlinkte, erscheint mir persönlich gelungener. Sie wirkt ruhiger und weniger hektisch. Es bleibt mehr Zeit, sich auf die Clusterklänge, Klangwolken und ihre Veränderungen einzulassen und wirkt dadurch anders auf mich, "irgendwie differenzierter" (Laie).

Ich habe mir jetzt diese Version mal komplett angehört und gebe dir soweit recht.
Nur anfangen kann ich (trotz Notation) damit immer noch nichts. Zumindest möchte ich bei diesem Stück nicht schreiend davon laufen.

Wenn vor dem Konzert eine Einführung und Erläuterung zu den Stücken stattfindet, damit das gehörte irgendwie einen Sinn ergibt, dann könnte ich es mir vielleicht sogar vorstellen mir davon mal ein Konzert anzuhören.

Hier, so ohne weiteren Kontext in den Raum geworfen (vor allem der 1. Link), empfinde ich die Zeit zum Zuhören als verschenkte Lebenszeit und die Stücke sind es mir dann auch nicht wert, weil zu abschreckend, Zeit zu investieren, mich darüber weiter schlau zu machen. Dafür gibt es zu viel andere Musik und dann höre ich sogar lieber Jazz.
;-)
 
Ah ja.

Aufbäumen mit brutalen Klängen plus schwarze Stille - klingt interessant.

Isses aber nicht.

CW

...du musst es ja auch nicht interessant oder schön finden. Das ist ja das tolle an Musik, dass jeder seinen Geschmack haben darf, sowie auch die Freiheit, selbst zu entscheiden, was gehört oder nicht gehört werden möchte.

Mich persönlich hat das Stück von Nystedt jedenfalls beeindruckt und ein paar zeitgenössische Werke höre ich mir mittlerweile sogar privat an, will heißen: zu Hause und mit guten Kopfhören. Das war nicht immer der Fall. Und es gibt immer noch Stücke von Komponisten (wie Ligeti oder Heillers Salve Regina) bei denen ich - selbst mit Notenpartitur und vorheriger Erklärung - ebenfalls Fluchtreflexe bekomme.

Was ich aber trotzdem anerkennend sagen muss: die Stücke faszinieren vor allen Dingen LIVE auf ihre ganz eigene Art und Weise.

Ich musste mich vor ein paar Jahren dazu "zwingen" mich mit solcher Musik auseinanderzusetzen, da ich ab und zu als Registrantin eingesetzt werde: Heiller, Radulescu, Sauseng... oder heuer bei den Orgelkonzerten, zwar nicht ganz so zeitgenössisch, aber dennoch: Reubkes Orgelsonate in c-moll.

Im Laufe der Zeit lernt man "anders" zu hören und sich einem Thema sowie der Art und Weise, wie es umgesetzt wurde, neu darauf einzulassen. Oder, anders formuliert: mir persönlich erging es so. Was im Umkehrschluss aber nicht bedeutet, dass man alles gut finden muss... Geschmäcker sind verschieden und es ist vollkommen in Ordnung, wenn man mit gewissen, stilistischen Mitteln einfach nichts anfangen kann.

Arvo Pärt ist zB ein Komponist, den ich (bis auf die Berliner Messe) liebe. Er schafft es für mich persönlich hervorragend, eine gute Balance aus "Moderne" und "Altem" zu schaffen.


View: https://www.youtube.com/watch?v=f1CNNf9iU9Y


Oder Valentin Silvestrov:


View: https://www.youtube.com/watch?v=zs1XQtyg95Q&list=LLSStx8890kxRj5Ofx0p-tRA&index=136&t=0s


Bin ebenfalls nur Laie, höre sehr viel Musik, am liebsten den ganzen Tag, wenn ich Zeit dafür hätte, aber kenne mich eben auch auch nur "bedingt" aus, deshalb setze man alles in Anführungsstrichen ;-)
 
Zuletzt bearbeitet:
Nur anfangen kann ich (trotz Notation) damit immer noch nichts.

Musst Du ja auch nicht. :001:

Man muss sich drauf einlassen. Das ist nichts, was man zum beschwingten Werkeln im Hintergrund laufen lässt. Immerhin muss man nicht die komplette Musikgeschichte verstanden haben, damit man das Stück kapiert bzw. damit es wirkt. Das ist doch schon mal sympathisch, nicht wahr.
 
Für die Musik des 20. Jahrhunderts ff. kann man auch sagen, frei nach Thomas de Maizière:
Ein Teil dieser Musik würde die Bevölkerung verunsichern.

Man muss nur einen Film dazu machen. "Lux Aeterna" und "Atmosphères" von ligeti hat bei 2001 ja auch funktioniert, da ist keiner schreiend aus dem Kinosaal geflüchtet, so weit ich weiß. :-)

Grüße
Häretiker
 
Arvo Pärt ist zB ein Komponist, den ich (bis auf die Berliner Messe) liebe. Er schafft es für mich persönlich hervorragend, eine gute Balance aus "Moderne" und "Altem" zu schaffen.
Wunderbare Musik. Ich kannte den Komponist bisher gar nicht. Liebe aber auch melancholische Musik, wie zum Beispiel das hier:

Welches Album ist empfehlenswert? Ich habe mir mal Da Pacem bestellt.:super:
 
Man muss nur einen Film dazu machen. "Lux Aeterna" und "Atmosphères" von ligeti hat bei 2001 ja auch funktioniert, da ist keiner schreiend aus dem Kinosaal geflüchtet, so weit ich weiß. :-)
Auch György Ligeti hat nicht erschrocken das Weite gesucht, als er sein Requiem im Soundtrack wiedergefunden hat:



Er stellte bei seinem Kinobesuch in Wien nur mit Verwunderung fest, dass er nun auch noch Filmkomponist war: https://www.srf.ch/kultur/musik/wie-gyoergy-ligeti-durch-kubrick-zu-ruhm-kam-aber-nicht-zu-geld

LG von Rheinkultur
 
Wunderbare Musik. Ich kannte den Komponist bisher gar nicht. Liebe aber auch melancholische Musik, wie zum Beispiel das hier:

Welches Album ist empfehlenswert? Ich habe mir mal Da Pacem bestellt.:super:


„Da pacem“ ist eine gute Wahl. Ich hab mir damals eine Box mit drei CD´s zugelegt: „Paul Hillier conducts Arvo Pärt“. Darin enthalten sind „De profundis“, „Da pacem“ und „Creator Spiritus“.

Empfehlen kann ich aber auch die CD „Spiegel im Spiegel“.

Für Orgel solo (oder Cembalo…) hat Pärt leider nicht ganz so vieles komponiert. „Pari Intervallo“ ist ein wunderbares Stück… muss mal wieder meine Noten hervorholen und es durchspielen.


View: https://www.youtube.com/watch?v=tPW8Tq_illw


Dein verlinktes Stück kenne ich und mag es auch sehr gerne. Obwohl ich zugeben muss, dass ich erst vor kurzem darauf gestoßen bin ;-)
 

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