Immerhin kann man auf dem Klavier/Flügel (fast) alles machen, Stichworte: Chopin, Nocturnos, Bartok, Allegro Barbaro.
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Ich hätte hinzufügen müssen, daß ich Wiedereinsteiger bin. Ein gewisses Repertoire an Stücken ist vorhanden, aber nicht mehr auf befriedigendem Niveau. Anderes, was der Anfänger oder etwas fortgeschrittene Schüler noch lernen muß (ich bezeichne das einfach mal als Routine) ist weitgehend noch vorhanden. Angeregt durch Rolfs Hinweis auf das Buch von Kratzert und dessen Lektüre bin ich dann zu der Überzeugung gekommen, daß es am sinnvollstem wäre, die Grundlagen der Klaviertechnik in einem Zeitraum von etwa sechs Monaten gründlich aufzuarbeiten, und dabei parallel einige der alten Stück aufzupolieren und an einigen wenigen neu zu beginnen. Daher die rigorose Bevorzugung der „Technik“: Wenn die Zeit nicht zu mehr, als 30 oder 45 Minuten reicht, wird an der Technik gearbeitet (ein kurzes Stück zum Vergnügen ist auch dann natürlich drin), an Stücken dann, wenn mehr Zeit zur Verfügung steht (aber nicht unmittelbar danach).
Da Kratzert sich sehr an Cortot anlehnt, habe ich mir Cortot’s Technischen Übungen besorgt. Die sind kurz, systematisch geornet und knapp erläutert, so daß man sich eigentlich (trotz des riesigen Gesamtumfanges) gut darin zurechtfindet. Angeleitet durch Kratzert und geführt durch eigenes Gefühl (wo sind Lücken, was ist sinnvoll) kommt so nach und nach eine sinnvolle Auswahl an Übungen zusammmen.
@ rolf: - aber ganz egal, ob gerade eine Übung geübt wird oder ein Klavierstück: auf schönen Ton und zweckmäßig lockere Bewegungen muss immer geachtet werden ....
Ich liebe Chopin und Debussy ....
@ rolf: ... In aller Regel sind es die Grundlagen, an denen zu wenig gearbeitet wird ...
Eben das versuche ich, z.B. (was ich schon immer ganz gut konnte) eine schöööne Cantilene zu spielen oder bei Doppelgriffen beide Töne wirklich gleichzeitig anzuschlagen ...
Zur Erläuterung: Es gibt bei Cortot einige Sekunden- und Terzenübungen im 5-Tonraum (als Vorübung für die entsprechenden Tonleitern), mit denen die Gleichzeitigkeit und die Gleichmäßigkeit des Anschlages geübt wird. Ich hatte diese Übungen zunächst über 14 Tage täglich ca. 5 -10 Minuten – langsam, kontrolliert und in verschiedenen dynamischen Abstufungen – geübt und dann zur Kontrolle Debussy’s Clair de Lune gespielt: Die (in diesem Zusammmenhang) relevanten Stellen, die Terzen im Anfang, aber auch die Akkorde im weiteren Verlauf des Stückes klangen nun besser – obwohl ich längere Zeit bewußt nicht an dem Stück gearbeitet hatte. Und mit anderen vergleichbaren Stücken verhielt es sich ähnlich.
@ Bachchopin: und wieviel Zeit verwendest du dann für Stücke (Repertoire) erarbeiten?
Nur mal so Interesse halber. Nach meiner Aufteilung müsste ich dann auf ca. 3-5 Stunden für Repertoire kommen.
Bei Dir also Verhältnis Technik –Stücke etwa 1:6?
Bei mir bleibt z.Zt. etwa 20 - 40 Minuten für Stücke, aber nicht jeden Tag, überwiegend für „alte“, schon früher geübte. Ich denke, ab Mitte des Jahres nehme ich mir nach und nach Chopin (einige Preludes, eventuell eine Etüde) anhand der Arbeitsausgaben von Cortot vor. Dann sind die Technikübungen eben mehr auf Stücke Bezogen, die „allgemeinen“ werden zurückgeschraubt, so daß sich insgesamt das Verhältnis stark zugunsten der Stücke verschiebt. In seinen Arbeitsausgaben schraubt er die Anforderungen an die Übungen ja bewußt höher, als die Anforderungen des Stückes selbst sind, so daß (schöner Wunsch) das üben des Stückes selbst dann keine sonderlichen technischen Probleme mehr aufwerfen sollte.
@ chiarina: Lieber pennacken, ich weiß aber nicht, ob du es überhaupt so gemacht hast.
Du siehst, wie ich es mache. Hanon mag ich nicht. Czerny auch nicht, die Sachen sind mir zu lang, und wenn ich schon ein Stück übe, dann gewiß keine Etüde, die kaum musikalischen Reiz hat. (Da ist man mit Clementi vielleicht schon besser bedient). Bei den technischen Übungen kann ich mich - häufig mit wenigen Noten – auf das eigentlich Problem konzentrieren, z.B. den Daumenuntersatz. Wenn der nicht funktioniert, kann ich Czerny, Mozartsonaten, Tonleitern usw. bis zum umfallen üben – es nützt eben nichts. Und dann zeigt sich aber auch – Bachchopin! – daß 30 Minuten sehr wenig Zeit sind, zumal wenn man laaangsam und kontrolliert übt! Den Zweck dieser Übungen sehe ich darin, Arm-, Hand-, und Fingergelenke zu trainieren (Cortot: Gescheidigkeit der Gelenke) um so Treffsicherheit, Präzision, Gleichmäßigkeit, Dynamik usw. zu verbessern. Das alles vor dem Hintergrund, daß ich vor vielen Jahrzehnten ein Jahrzehnt Unterricht hatte, dann aber nie mehr systematisch geübt habe und manches Jahr auch kein Klavier angerührt habe. Es geht damit aber ähnlich, wie mit schwimmen oder Fahrrad fahren: Man verlernt es nie ganz.
@ chiarina: „, einmal ganz davon abgesehen, dass die musikalische Seite dessen, was man mechanisch vor sich hinspiele, schnell verloren gehe.“
Die Gefahr besteht natürlich ebenso, wenn ich Passagen aus Stücken, deren technische Seite ich mir ersten erarbeiten muß, bis zum Überdruß üben muß. Dann leidet aber das ganze Stück. Ich denke, beides muß parallel gehen und der mit einem Stück angestrebte technische Fortschritt darf nicht zu groß sein. Ich kann mir nicht vorstellen, daß M. Argerich nie technische Übungen in größerem Umfang absolviert hat. (Das Buch ist bestellt!)
Ich geh jetzt üben!
LG
Pennacken