Warum wird keine geniale Musik mehr gemacht?
Gerade ist mir eine These eingefallen, die ich mal in den Raum werfen möchte: (Ich beziehe mich nur auf die "ernste Musik". Filmmusik , Pop&Rock etc. sind außen vor)
Meines Wissens nach war es in der Musikgeschichte nie der Fall, dass die aktuellen Kompositionen nur einem verschwindend geringen Teil der Bevölkerung bekannt war und auch noch so gering geschätzt wurden.
Leonard Bernstein meinte, im Herzen seien wir alle noch Romantiker. Vielleicht ist das der Grund, warum wir meinen, es werde heute keine geniale Musik mehr komponiert. Nach dieser Überlegung wäre es nämlich so, dass die zeitgenössische Musik durchaus genauso genial ist, wie Musik aus früheren Epochen, nur nimmt sie keine Rücksicht mehr auf den Geschmack der absolut überwiegenden Mehrheit (und wird deshalb nicht als genial empfunden).
Als uns im Musik-LK ein Komponist "neuer Musik" in die "neue Musik" eingeweiht hat, haben wir festgestellt, dass die musikal. Mittel ungeheuer differenziert sind und vom philosophisch/kulturellen Hintergrund unheimlich viel in der Musik steckt.
Ich denke deshalb nicht, dass die neue Musik qualitativ minderwertiger wäre als andere, aber sie entspricht nicht unseren Vorstellungen von Ästhetik (und wird daher negativ bewertet).
So, hoffe jemand kann diesen kurz skizzierten Gedanken nachvollziehen :D
lg marcus
Ich habe ja bekanntlich eine ziemliche Abneigung gegen neue Musik, und kann sie auch nach deiner Erklärung, die ich sehr gut verstanden habe, weder als objektiv , noch - und schon gar nicht - für subjektiv genial halten.
( Bachs Fugen beispielsweise halte ich für objektiv genial, da ich auf Grund vieler Berichte annehme, dass, wenn man sie erst einmal verstanden hat, einen nicht mehr loslassen. Da das bei mir aber noch nicht der Fall ist, kann ich sie nicht als subjekti genial bezeichnen)
Um zu erklären, warum ich absolut nichts von "neuer Musik" halte:
Der Komponist, der " neue " Musik komponiert, komponiert nicht nach dem, was seinem Gehör gefällt und nicht danach, was in ihm starke positive Emotionen auslöst. Bestes Beispiel ist hierfür die Zwölftonmusik Schönbergs:
Schönberg hat sich nicht im Kopf irgendwas schönes ausgedacht, nein, er hat ganz mechanisch eine Zwölftonreihe notiert, in der jeder Ton erst bei vorhandensein aller anderen Töne wieder erklingen darf, dazu Umkehrungen geschrieben und das ganze rythmisiert und dynamisiert.
Während diesem ganzen Prozess wird aber kein bisschen darauf geachtet, was dem Gehör gefällt.
Klar, es gibt ein System dabei, aber keines, mit dem das Gehör etwas anfangen kann.
Das hat daher meiner Ansicht nach überhaupt nichts mit unseren modernen Vorstellungen von Ästhetik zu tun.
Was viel eher mit dem Empfinden für Ästhetik zu tun hat ist m.E. das Nicht-Gefallen vieler Europäer was indische Musik angeht.
Das liegt nämlich daran, dass unser Gehirn keine Musik gewöhnt ist, welche aus Halbtonschritten besteht.
Würde sich das Gehirn aber erst einmal daran gewöhnen - z.B. indem man sich über einen längeren Zeitraum täglich diese Musik anhört- würde die einem mit Sicherheit auch gefallen.