Wann spielt man Bach legato?

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dies sieht für mich nicht wie ein Autograph von J.S.Bach aus, aber ich kenne auch nur ein paar davon (Bach Digital ist ja eine Fundgrube dafür). Kannst du bitte die Quelle angeben, wo du das her hast?
Ich habe nicht geschrieben, dass das Beispiel aus dem Autograph stammt. Es ist aus einer der zahlreichen Abschriften, die schon zu Bachs Zeiten nach dem Manuskript angefertigt wurden und die die damalige Spielpraxis lebendig zeigen. Es gibt in der Tat ein paar kleinere Abweichungen bei den Bögen, die sicher den Fähigkeiten und dem Geschmack des jeweils abschreibenden Violinisten geschuldet sind. Die gezeigten Bögen über Taktgrenzen finden sich allerdings auch im Autograph:

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Die Regel, grundsätzlich keine Bögen über Taktgrenzen zu ziehen, mag in dieser Allgemeinheit in Lehrbüchern stehen - in der musikalischen Praxis sah man das ganz offensichtlich nicht so eng.
 
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Wenn ich nochmal das Wort "Taktgrenze" lese, dann geht es mir wie Steve Martin bei "Cleaning woman"!!
 
...das müsste zu einem Schluckauf vor jedem Taktschwerpunkt führen, den ich in keiner gesungenen Bacharie je zu hören bekam. Und was Tasteninstrumente betrifft, so müsste das Praeludium BWV 904 mit seinen massenhaften Überbindungen wohl eigens gegen diese "Regel" komponiert worden sein ;-)

Tja, dann macht es wohl die ganze HIP-Szene falsch.... Und durezze e ligatura ist nun eine andere Kategorie.
 
Hier ist die Grenze taktvollen Verhaltens eindeutig überschritten! Moderation bitte!!1!
 
...das müsste zu einem Schluckauf vor jedem Taktschwerpunkt führen, den ich in keiner gesungenen Bacharie je zu hören bekam.

Tja, dann macht es wohl die ganze HIP-Szene falsch....
Gilt die Regel, Auftakte nicht zu binden (und die anderen Regeln auch) gleichermaßen für Tasteninstrumente, die anderen Instrumente und vor allem für Gesang?
Oder anders gefragt: Wie z. B. wurden die häufig vorkommenden Auftakte in Chorälen ausgeführt?
Also absetzen nach der ersten Silbe in Chorälen wie "Was .../Gott tut, das ist/wohlgetan"
oder etwa "Ob.../wohl ich hier schon/ dulde".
Und muss dann vor jeder eins wieder entsprechend abgesetzt werden? Das wirkt in jedem Tempo befremdlich.
Bei Cembalo oder Orgel kann man vielleicht noch einwenden, dass diese Instrumente Töne nicht dynamisch differenzieren können und durch das Absetzen die Betonung verdeutlicht werden soll.
Aber was gilt für alle anderen Instrumente, die dynamisch differenzieren können?
Und war nicht Bachs Ziel "am allermeisten aber eine cantable Art im Spielen zu erlangen"
 
Tja, dann macht es wohl die ganze HIP-Szene falsch....
Natürlich macht es keineswegs "die ganze HIP-Szene falsch", aber dort sind jede Menge klischeehafte "Dos" und "Don'ts" verbreitet, die in der Form sicherlich Quatsch sind und mit der realen Musikpraxis von damals nicht viel zu tun haben.

Allein wenn ich schon diese dauernden Crescendi und Decrescendi auf Streichertönen in diesen "Originalinstrumente"-Orchestern höre, die jeden natürlichen "Groove" töten, kriege ich die Krätze.
 
Gilt die Regel, Auftakte nicht zu binden (und die anderen Regeln auch) gleichermaßen für Tasteninstrumente, die anderen Instrumente und vor allem für Gesang?
Oder anders gefragt: Wie z. B. wurden die häufig vorkommenden Auftakte in Chorälen ausgeführt?
Also absetzen nach der ersten Silbe in Chorälen wie "Was .../Gott tut, das ist/wohlgetan"
...
Und war nicht Bachs Ziel "am allermeisten aber eine cantable Art im Spielen zu erlangen"
Es geht ja nicht in erster Linie um Absetzen, sondern darum, die Taktschwerpunkte deutlich zu machen, mit welchen Mitteln auch immer. Der größte Taktschwerpunkt liegt am Taktanfang, in aller Regel. Das kann durch Absetzen geschehen oder aber auch durch besondere Betonung, auch und gerade in der Vokalmusik. Die Textverteilung ist daher meist so gewählt, das auf den Taktschwerpunkten das Wort oder die Silbe liegt, die am meisten betont werden soll. Selbstverständlich kann man in "HIP"-Aufführungen auch in Bach-Arien unschwer den Taktschwerpunkt im Gesang erkennen.
Um auf das Beispiel der 1. Invention zurückzukommen, heißt das, das man Mittel finden sollte, die Taktschwerpunkte zu verdeutlichen. Wenn man in den Taktanfang nicht hineinbindet, fällt das einfacher. Natürlich gibt es Ausnahmen - wenn Überbindungen sind, ist es in dieser Stimme nun mal gebunden. Eine andere Ausnahme sind Hemiolen, die ja auch die Taktschwerpunkte innerhalb eines Taktes aushebeln.
Aber wie es so schön heißt, Ausnahmen bestätigen die Regel...
Die Regel, grundsätzlich keine Bögen über Taktgrenzen zu ziehen, mag in dieser Allgemeinheit in Lehrbüchern stehen - in der musikalischen Praxis sah man das ganz offensichtlich nicht so eng.
Nur ist es so, dass die Verfasser historischer Lehrbücher auch aus der musikalischen Praxis kommen (ebenfalls in aller Regel)...
Und eine Regel, bei der "grundsätzlich" etwas gemacht werden soll, ist eigentlich auch keine Regel. Es sollte als "Faustformel" verstanden werden, und offenbar gibt es auch Ausnahmen - wie der Autograph der Partita BWV1002 in deinem Beispiel zeigt.
 
Es geht ja nicht in erster Linie um Absetzen, sondern darum, die Taktschwerpunkte deutlich zu machen, mit welchen Mitteln auch immer.
Genau. Und die Mittel sind auf einem Streichinstrument oder beim Gesang eben nicht dieselben wie auf dem Cembalo oder der Orgel. Ein modernes Klavier hat ebenso dynamische Möglichkeiten wie eine barocke Violine, und deshalb halte ich es für sehr angemessen, sich bei Artikulation und Phrasierung eher an der Violinmusik als an der Musik für Tasteninstrumente zu orientieren. Man schlägt ja auch nicht jede Note gleich laut an, nur weil das auf dem Cembalo nicht anders möglich war.

Dass man im Prinzip eine Transkription spielt, wenn man Bach auf dem Klavier interpretiert - darüber sollte man sich im Klaren sein. Die Busoni-Ausgabe der Inventionen wird Bach mit Sicherheit sehr viel mehr gerecht als jeder Versuch, auf dem Klavier das Cembalo zu imitieren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Bach selbst seine Werke auf dem Clavichord ganz anders gespielt hat als auf dem Cembalo - nicht nur, was die Dynamik angeht sondern auch hinsichtlich der Artikulation.
 
Dass man im Prinzip eine Transkription spielt, wenn man Bach auf dem Klavier interpretiert - darüber sollte man sich im Klaren sein. Die Busoni-Ausgabe der Inventionen wird Bach mit Sicherheit sehr viel mehr gerecht als jeder Versuch, auf dem Klavier das Cembalo zu imitieren. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Bach selbst seine Werke auf dem Clavichord ganz anders gespielt hat als auf dem Cembalo - nicht nur, was die Dynamik angeht sondern auch hinsichtlich der Artikulation.

Die grundsätzliche Musizierweise, nämlich das man die Taktschwerpunkte betont, ist instrumentenunabhängig, darüber sind wir uns offenbar einig.

Das Bach seine Werke auf den Clavichord ganz anders gespielt hat als auf dem Cembalo, ist ja wohl auch klar. Das Clavichord kann - noch viel extremer als das Klavier in der Dynamik nach leise hin - viele Dynamikunterschiede darstellen, also ganz im Gegensatz zum Cembalo. Und im Gegensatz zum Klavier sogar noch ein Vibrato erzeugen (wenn man an der Klaviertaste genauso wackeln würde, tut sich da leider nicht viel...).

Es ist zumindest eindeutiger, den Hauptschwerpunkt eben nicht nur durch Dynamikakzente, sondern auch durch Artikulation deutlich zu machen. Das umso mehr, als dass in der Barockmusik die verschiedenen Taktschwerpunkte normalerweise auch noch unterschiedlich gewichtet sind. Der Hauptakzent kommt - in aller Regel - auf den 1. Taktschlag eines jeden Taktes, der nächstwichtige Taktschwerpunkt ist der 3. Taktschlag (bei einem 4/4-Takt), usw.

Das war zur Bachzeit auch bei Tasteninstrumenten der Fall, die Dynamikunterschiede können (wie das Clavichord). Und es war auch bei der Violine der Fall. Daraus, das ein paar Stellen gefunden wurden im riesigen Bach-Oevre, wo z.B. bei Violinstücken in Taktschwerpunkte hineingebunden wurde wie im Beispiel der von dir gezeigten Courante aus der h-moll-Partita, sollte man nicht den Schluss ziehen, dass das die Regel war. Man findet im Gegensatz eher tausende Stellen, wo eben die Bögen am Taktende zu Ende sind. Das ist also die Regel, und nicht die Ausnahme, auch bei Instrumenten, die Dynamikunterschiede können. Kein Komponist hat sich die Mühe gemacht, Bögen einzuzeichnen, die der normalen Musizierpraxis der damaligen Zeit entsprachen, sondern eher, wenn etwas besonders deutlich gemacht werden soll, oder wenn die Bögen aus dem Schema ausbrechen wie in dem von dir gezeigten Beispiel (bei dem, wenn man genau hinschaut in der Vergrößerung, die Strichführung anders ist als bei anderen Bögen, also so als ob es nachträglich eingezeichnet wurde im Autograph - das nur nebenbei. Damit will ich aber nicht kleinreden, dass du da offenbar eine Stelle gefunden hast, abweichend vom "normalen" Schema).
 
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Zu ergänzen ist noch, dass es keine absulut unumstößlichen Artikulationsregeln gab, die auch noch für restlos alle Instrumente gelten sollen. Es wäre auch eine wenig musikalische Reduktion, der Barockmusik ein absolutes Regelkorsett oder -gefängnis zu unterstellen. Wie schon erwähnt: ein und dasselbe Motiv taucht bei Bach simultan mit unterschiedlicher Artikulation auf, wie Harnoncourt gezeigt hat - spätestens das beweist, dass von einer Absolutheit angenommener Regeln nicht die Rede sein kann. Die Barockmusik ist variabler und freier als die ihr zugeschriebenen "Regeln".
In diesem Sinn @Axel ist es auch nicht zutreffend, die HiP als absolut richtig oder absolut falsch zu bezeichnen (was ich beides wohlgemerkt weder getan noch impliziert habe. Das Cembalo muss andere Artikulationsmittel wählen als die Violine, was nicht bedeutet, dass sich alles am Cembalo orientieren müsste - das hat @mick sehr schön dargestellt)
 
Es ist zumindest eindeutiger, den Hauptschwerpunkt eben nicht nur durch Dynamikakzente, sondern auch durch Artikulation deutlich zu machen. Das umso mehr, als dass in der Barockmusik die verschiedenen Taktschwerpunkte normalerweise auch noch unterschiedlich gewichtet sind. Der Hauptakzent kommt - in aller Regel - auf den 1. Taktschlag eines jeden Taktes, der nächstwichtige Taktschwerpunkt ist der 3. Taktschlag (bei einem 4/4-Takt), usw.
Wie erklärst du dann das regelmäßig in 4/4 Takten vorkommende Phänomen, dass ein Thema um einen halben Takt versetzt auftritt? Ein schnell herausgesuchtes Beispiel: in der A-dur Fuge aus WK II : Dux setzt ein Achtel nach der eins, Comes ein Achtel nach der drei ein.
Oder die d-moll Fuge, auch WK II. Thema beginnt auf der eins, in Takt 10 setzt es aber auf der vier (!) ein, sprengt so ja völlig den metrischen Rahmen, ohne dass dies etwa durch eine Engführung zwingend notwendig wäre.

Ist es nicht eher so, dass die starke hierarchische Auffassung der Taktschläge ein Phänomen ist, dass erst in der Klassik wichtig wurde?
 
Ich bin mir ziemlich sicher, dass Bach selbst seine Werke auf dem Clavichord ganz anders gespielt hat als auf dem Cembalo - nicht nur, was die Dynamik angeht sondern auch hinsichtlich der Artikulation.


Vor allem weil Dynamik Agogik, Artikulation ja normaler Bestandteil der Sprache sind. Wie sollte man auf die Idee kommen, dass Bach ein Faible für Monotonie hatte und an Instrumenten, die diesen Ausdrucksmöglichkeiten näher kommen, bewusst darauf verzichtet haben soll?

Zudem war ja jeder Komponist mit den Möglichkeiten des Instruments irgendwo unzufrieden. Anders kann man nicht erklären dass sobald etwas „erfunden“ wurde was Dynamik und oder Artikulationsmöglichleiten erweitert hat in die Kompositionen eingeflossen ist (z.b. beginnende Dynamik- und Pedalangaben). So anders wird Bach nicht gewesen sein.
 
@rolf: mehrfach wiederholst du "absolut". Warum machst du das, wenn man lediglich Regeln darlegt, die es nun mal in der Barockmusik gab, was doch durch die historischen Quellen hinlänglich belegt ist?

Und aus dem Begriff "Regel" leitet sich auch ab, das es eben auch Ausnahmen geben kann. Wenn man aus den Ausnahmen für sich die Regel machen möchte - nun denn, jeder wie er mag...

@Jsp: ja, bei einem 4/4 Takt ist der nächstschwere Taktschwerpunkt auf der 3.Zählzeit. Und bei solchen Stücken wie die A-Dur Fuge sind diese Taktschwerpunkte 1. oder 3. Zählzeit eben eher gleich zu sehen. Ich sehe da übrigens den Hauptschwerpunkt beim Themenbeginn schon auf der 3. Zählzeit. Und der Taktanfang wird durch die Überbindung zum 2.Takt verschleiert. Aber das ganze löst sich auf im Laufe der Fuge, wenn weitere Stimmen dazukommen. Wenn man eben die 1. und 3. Zählzeit betont in den Stimmen, wo es keine Überbindung gibt.
Und auch gute Beobachtung bei der d-moll Fuge Takt 10. Für mich sehe ich bei der Fülle an 16-tel Noten und Triolen bei dieser Fuge auch schon eher größere Betonungen auf jedem Taktschlag, also auf jeder 4tel Note. Bei manch anderen Stücken sind es eher die Halben oder Ganztakte, je nachdem.

Aus den Büchern, die ich habe, geht nicht hervor, dass die hierarchische Auffassung der Taktschläge erst in der Klassik wichtig wurde. Es wird in dem Zusammenhang ja auch gerne von dem "grammatikalischen Akzent" gesprochen, den gab es eben auch schon im Barock.
 
Vor allem weil Dynamik Agogik, Artikulation ja normaler Bestandteil der Sprache sind. Wie sollte man auf die Idee kommen, dass Bach ein Faible für Monotonie hatte und an Instrumenten, die diesen Ausdrucksmöglichkeiten näher kommen, bewusst darauf verzichtet haben soll?
Also ich zumindest würde nicht auf die Idee kommen, dass Bach ein Faible für Monotonie hatte und auf Ausdrucksmöglichkeiten verzichtet haben sollte.
Das ändert nur nix am grundsätzlichen Aufbau der barocken Tonsprache, hier hinsichtlich Taktschwerpunkten, und wie diese bei Gesang, Bogen-, Blas-, Tasteninstrumenten realisiert wurden.
 
Die grundsätzliche Musizierweise, nämlich das man die Taktschwerpunkte betont, ist instrumentenunabhängig, darüber sind wir uns offenbar einig.
ich bin darüber nicht einig.
Grundsätzlich die Taktschwerpunkte zu betonen ergibt sehr plumpes, langweiliges Spiel.
Wenn ein Lauf auf dem vierten 16tel beginnt, ist es wunderbar, genau diesem die Betonung zu geben und nicht der eins, die dahinter habgierig wartet, dass man auf sie hereinfällt.
 
Grundsätzlich die Taktschwerpunkte zu betonen ergibt sehr plumpes, langweiliges Spiel.
Wenn ein Lauf auf dem vierten 16tel beginnt, ist es wunderbar, genau diesem die Betonung zu geben und nicht der eins, die dahinter habgierig wartet, dass man auf sie hereinfällt.
Tja. die einen sehen durch die Betonung der Taktschwerpunkte ein Hervorheben des tänzerischen Charakters, für andere ist es eben langweilig. Nicht jeder muss "HIP"-Aufführungen mögen.

Wenn Auftakte da sind, muss man die auch nicht unbedingt betonen. Sondern man könnte auch auf die Idee kommen, die folgende schwere Taktzeit zu betonen. Ich zumindest würde das von Fall zu Fall unterscheiden wollen.

Es kann jedoch nicht schaden, die zugrunde liegenden barocken grammatikalischen Akzentregeln wenigstens zu kennen. Missachten kann man sie ja immer noch...
 
@Jsp: ja, bei einem 4/4 Takt ist der nächstschwere Taktschwerpunkt auf der 3.Zählzeit. Und bei solchen Stücken wie die A-Dur Fuge sind diese Taktschwerpunkte 1. oder 3. Zählzeit eben eher gleich zu sehen. Ich sehe da übrigens den Hauptschwerpunkt beim Themenbeginn schon auf der 3. Zählzeit. Und der Taktanfang wird durch die Überbindung zum 2.Takt verschleiert. Aber das ganze löst sich auf im Laufe der Fuge, wenn weitere Stimmen dazukommen. Wenn man eben die 1. und 3. Zählzeit betont in den Stimmen, wo es keine Überbindung gibt.
Warum hat er dann nicht gleich 2/4 Takt geschrieben?
Und nochmal: Das Versetzen eines Motivs um einen halben Takt ist in der Barockmusik und bis zu Gluck sehr häufig anzutreffen. Ich blättere gerade einen Band mit Orgelpräludien und -fugen durch: in den Fugen BWV 541 (G-Dur), 542
(g-moll) sieht man solche Verschiebungen schon in der Exposition, in BWV 532 (6/8 Takt) Themeneinsatz meist auf 1. Achtel, gelegentlich auf dem 4.


Und auch gute Beobachtung bei der d-moll Fuge Takt 10. Für mich sehe ich bei der Fülle an 16-tel Noten und Triolen bei dieser Fuge auch schon eher größere Betonungen auf jedem Taktschlag, also auf jeder 4tel Note. Bei manch anderen Stücken sind es eher die Halben oder Ganztakte, je nachdem.
Eine Fülle von 16tel Noten ist bei Bach ja nun kein wirklich seltenes Phänomen.
Wann führen denn solche Anhäufungen von gleichen Notenwerten zu "größeren" Betonungen auf jeden Taktschlag und damit zur Einebnung der hierarchischen Abstufung der Zählzeiten? Diese Abstufung ist doch für den behaupteten mehr oder weniger durchweg "tänzerischen" Charakter von Barockmusik nötig?

Aus den Büchern, die ich habe, geht nicht hervor, dass die hierarchische Auffassung der Taktschläge erst in der Klassik wichtig wurde. Es wird in dem Zusammenhang ja auch gerne von dem "grammatikalischen Akzent" gesprochen, den gab es eben auch schon im Barock.
Charles Rosen, Der klassische Stil

Ein Hinweis auf die ab der (Früh-)Klassik stärker empfundene Hierarchie den Zählzeiten sind die vielen fz-Zeichen, die sich etwa bei Haydn finden und eben zeigen sollen, dass nicht (nur) die eins in dem jeweiligen Takt betont werden soll.

 
Warum hat er dann nicht gleich 2/4 Takt geschrieben?
Offenbar ist ihm der Charakter der Fuge durch eine Aufteilung in 4/4 Takt besser gewahrt, oder hast du eine andere Erklärung?
Und nochmal: Das Versetzen eines Motivs um einen halben Takt ist in der Barockmusik und bis zu Gluck sehr häufig anzutreffen.
Ja klar, na und? Ist ebenso eine schwere Taktzeit im 4/4 Takt, macht doch die Sache abwechslungsreicher, oder?

Eine Fülle von 16tel Noten ist bei Bach ja nun kein wirklich seltenes Phänomen.
Wann führen denn solche Anhäufungen von gleichen Notenwerten zu "größeren" Betonungen auf jeden Taktschlag und damit zur Einebnung der hierarchischen Abstufung der Zählzeiten? Diese Abstufung ist doch für den behaupteten mehr oder weniger durchweg "tänzerischen" Charakter von Barockmusik nötig?
Eine Fülle von 16tel Noten oder in dem Fall sogar 16tel Triolen legen nahe, dass das Zeitmaß der Fuge rel. langsam aufgefasst werden kann und demzufolge die einzelne Zählzeit innerhalb eines Taktes stärkeres Gewicht bekommt, findest du nicht auch?

Charles Rosen, Der klassische Stil

Ein Hinweis auf die ab der (Früh-)Klassik stärker empfundene Hierarchie den Zählzeiten sind die vielen fz-Zeichen, die sich etwa bei Haydn finden und eben zeigen sollen, dass nicht (nur) die eins in dem jeweiligen Takt betont werden soll.
Oder schon in den spätbarocken entsprechenden Veröffentlichungen. Das Buch von Paul Heuser "Das Clavierspiel der Bachzeit" ist ein aufführungspraktisches Handbuch, was viele Quellen der Barockzeit heranzieht, Mattheson usw. Da ist das ebenfalls beschrieben. Das sehr umfangreiche Kompendium "Orgelschule zur historischen Aufführungspraxis" von Jon Laukvik (Band 1: Barock und Klassik) geht auf diese Aspekte auch sehr gründlich ein, mit entsprechenden Primärliteraturangaben, durchaus nicht nur auf Orgel bezogen. Er schreibt dort, dass um 1700 das "Gerüst" von regelmäßig wiederkehrenden Taktkakzenten im sogenannten Betonungstakt erstmals theoretisch erörtert wurde und führt ein Beispiel an, wo die Betonung jeder 8tel Note eines 4/4 Taktes angegeben ist.
 
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